Texte zur Oktoberrevolution


Aufrufe und erste Dekrete der Sowjetmacht

25./26. Oktober 1917

Der II. Allrussische Sowjet-Kongreß wurde am Tage des siegreichen Aufstandes des Proletariats, am 25. Oktober (a. St.) eröffnet. Es waren 670 Deputierte anwesend. Davon waren 390 Bolschewiki, 179 Linke Sozialrevolutionäre, 35 Menschewik-Internationalisten, 21 Ukrainer, der Rest verteilte sich auf Rechte Menschewiki, Bund, Rechte Sozialrevolutionäre, Poale-Zion, Anarchisten und Parteilose. Den Vorsitz im Präsidium führte Kamenew. Die erste Sitzung, die um 10 Uhr 40 Minuten eröffnet wurde, dauerte bis 6 Uhr morgens und war ausgefüllt mit der Abgabe von Deklarationen der einzelnen Parteien und von heftigem Kampf mit den Rechten.

Auf der Sitzung vom 7. November nach Entgegennahme der Mitteilungen über die Eroberung des Winterpalastes, über die Verhaftung der provisorischen Regierung, über den Übertritt der von Kerenski gegen Petrograd mobilisierten 3. und 5. Kraftfahrerbataillone zu dem Militär-Revolutionären Komitee, beschloß der Kongreß folgenden Aufrufe:

AN DIE ARBEITER, SOLDATEN UND BAUERN!(*)

Der Zweite Allrussische Sowjet-Kongreß der Ar­beiter- und Soldaten-Deputierten ist eröffnet. Auf ihm ist die ungeheure Mehrzahl der Sowjets ver­treten. Auch zahlreiche Delegierte von Bauern-Sowjets sind auf dem Kongreß anwesend. Die Voll­machten des kompromißlerischen Zentralen Voll­zugsausschusses sind aufgehoben. Gestützt auf den Willen der ungeheuren Mehrheit der Arbeiter, Sol­daten und Bauern, gestützt auf den in Petrograd stattgefundenen siegreichen Aufstand der Arbeiter und der Garnison, nimmt der Kongreß die Macht in seine Hände.

Die provisorische Regierung ist abgesetzt. Die Mehrzahl der Mitglieder der provisorischen Regie­rung ist bereits verhaftet.

Die Sowjetmacht wird allen Völkern einen sofor­tigen demokratischen Frieden und den sofortigen Waffenstillstand an allen Fronten vorschlagen. Sie sichert auch die entschädigungslose Ubergabe aller gutsherrlichen Ländereien, Domänen und Kloster­güter an die Bauernkomitees, sie wird für die Rechte der Soldaten eintreten, indem sie die gänzliche Demokratisierung der Armee durchführt, sie wird die Arbeiterkontrolle über die Produktion ein­führen, die rechtzeitige Einberufung der National­versammlung sichern, die Belieferung der Städte mit Brot und des flachen Landes mit den nötigen Gebrauchsgegenständen, sie wird allen dem russi­schen Staate angehörenden Nationen das wahr­hafte Selbstbestimmungsrecht sichern.

Der Kongreß beschließt: Alle Macht an den einzelnen Orten geht auf die Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauern-Deputierten über, die eine wirkliche revolutionäre Ordnung gewährleisten müssen.

Der Kongreß fordert die Soldaten in den Schützengräben zur Wachsamkeit und Ausdauer auf. Der Sowjet-Kongreß ist davon überzeugt, daß die revolutionäre Armee die Revolution vor jeg­lichen Attentaten des Imperialismus schützen wird, bis die neue Regierung den Abschluß eines demo­kratischen Friedens erreicht hat, den sie allen Völkern direkt vorschlagen wird. Die neue Regie­rung wird alle Maßnahmen treffen, um die revolu­tionäre Armee mit allem Notwendigen zu versehen, und zwar im Wege einer entschlossenen Politik der Requisition und der Besteuerung der besitzenden Klassen, und wird ebenso für die Verbesserung der Lage der Soldatenfamilien Sorge tragen.

Die Kornilow-Anhänger Kerenski, Kaledin u. a. machen Versuche, Truppen gegen Petrograd zu führen. Einige Abteilungen, die von Kerenski irre­geführt und in Bewegung gesetzt waren, sind auf die Seite des aufständischen Volkes übergegangen.

Soldaten! Setzt dem Kornilow-Anhänger Kerenski aktiven Widerstand entgegen! Seid auf der Hut!

Eisenbahner! Bringt alle Züge zum Stehen, die von Kerenski gegen Petrograd gesandt werden!

Soldaten, Arbeiter, Angestellte! In Euren Händen liegt das Schicksal der Revolution und das Schicksal eines demokratischen Friedens!

Es lebe die Revolution!

Der Allrussische Sowjet-Kongreß der Arbeiter­und Soldaten-Deputierten
Die Delegierten der Bauern-Sowjets

An die Front!

Der Allrussische Sowjet - Kongreß schlägt allen Armeen die Bildung von provisori­schen revolutionären Komitees vor, die für die Erhaltung der revolutio­nären Ordnung und der Festigkeit der Front verantwortlich sind. Die Oberkommandierenden sind ver­pflichtet, sich den Verfügungen der Komitees unterzuordnen. Die Kom­missare der provisorischen Regie­rung werden abgesetzt. Die Kommissare des Allrussischen Sowjet-Kongresses begeben sich an die Front. Über alle unternommenen Schritte ist sofort zu telegraphieren.

An alle Gouvernements- und Bezirks-Sowjets der Arbeiter-, Soldaten- und Bauern-Deputierten.

Auf Beschluß des Allrussischen Sowjet-Kongresses sind alle verhafteten Mitglieder der Bodenkomitees so­fort zu befreien. Die Kommissare, die sie in Haft genommen hatten, sind zu verhaften. Die ganze Macht gehört von jetzt an den Sowjets. Die Regierungskommissare sind ab­zusetzen. Die Vorsitzenden der Sowjets treten unmittelbar mit der revolutionären Regierung in Ver­bindung.

Am 8. November um 9 Uhr abends wurde die zweite und letzte Sitzung des Allrussischen Sowjet-Kongresses eröffnet.

Sie tagte bis 7 Uhr morgens. Auf der Tagesordnung standen die Fragen des Friedens, des Bodens und der Bildung der Arbeiter und Bauern-Regierung: des Rates der Volkskommissare.

Kamenew machte Mitteilung über die Erlasse, die wir oben bereits wiedergegeben haben. Gutman erklärt im Namen der Menschewiki-Internationalisten ihren Beschluß, den Kongreß zu verlassen. Losowski erklärt im Namen der auf dem Kongresse verbleibenden Menschewiki-Internationalisten, daß sie das Verlassen des Kongresses für einen Fehler halten, auf dem Kongreß im Interesse der revolutionären Einheitsfront verbleiben, jedoch gegen die Übergabe der Macht an die Sowjet?Regierung stimmen werden.

Jetzt erhält Lenin(**) das Wort zur Frage über den Frieden:

"Die Frage des Friedens ist eine brennende Frage, die wunde Frage der Gegenwart. Vieles ist darüber gesprochen, geschrieben worden und Ihr alle habt Euch damit wahrscheinlich nicht wenig beschäftigt Erlaubt mir daher, zur Verlesung der Deklaration überzugehen, welche die von Euch gewählte Regierung zu erlassen haben wird:"

Dekret über den Frieden

Die von der Revolution am 7. und 8. November gebildete und auf die Sowjets der Arbeiter-, Sol­daten- und Bauern-Deputierten sich stützende Ar­beiter- und Bauern-Regierung schlägt allen krieg­führenden Völkern und ihren Regierungen vor, un­verzüglich Verhandlungen über einen gerechten demokratischen Frieden einzuleiten.

Als einen gerechten oder demokratischen Frie­den, nach dem die erdrückende Mehrheit der durch den Krieg erschöpften, gequälten und ruinierten werktätigen Klassen aller kriegführenden Länder lechzen, — als einen Frieden, wie ihn die russi­schen Arbeiter und Bauern nach dem Sturze der zaristischen Monarchie in der bestimmtesten und eindringlichsten Weise forderten, — als einen solchen Frieden sieht die Regierung den sofortigen Frieden ohne Annexionen fremder Gebietsteile, ohne die gewaltsame Angliederung fremder Völkerstämme und ohne Kontributionen an.

Die Regierung Rußlands schlägt allen kriegführenden Völkern vor, einen solchen Frieden un­verzüglich abzuschließen, und erklärt ihre Bereit­schaft, ohne die geringste Verzögerung sofort alle entscheidenden Schritte — selbst bis zur end­gültigen Bestätigung aller Bedingungen eines solchen Friedens durch die bevollmächtigten Versammlun­gen der Volksvertreter aller Länder und aller Na­tionen zu unternehmen.

Unter einer Annexion oder Besitzergreifung frem­der Gebietsteile versteht die Regierung gemäß dem Rechtsbewußtsein der Demokratie überhaupt und der werktätigen Klassen im besonderen, — jede Angliederung eines kleinen oder schwachen Volks­stammes an ein großes oder starkes Reich ohne den klar, deutlich und freiwillig geäußerten dahingehen­den Wunsch oder das Einverständnis dieses Volks­stammes, unabhängig davon, wann diese gewalt­same Angliederung erfolgt ist, unabhängig auch davon, auf welcher Entwicklungsstufe die gewalt­sam angegliederte oder gewaltsam innerhalb der Grenzen eines gegebenen Staates zurückgehaltene Nation steht; unabhängig endlich auch davon, ob es sich um eine Nation in Europa oder in fernen, transozeanischen Ländern handelt.

Wenn irgendeine Nation innerhalb der Grenzen eines Staates gewaltsam zurückgehalten wird, wenn ihr entgegen ihrem deutlich ausgesprochenen Wun­sche — ganz gleich, ob dieser Wunsch in der Presse, in Volksversammlungen, in Parteibeschlüssen oder Auflehnung und Aufständen gegen die nationale Unterdrückung zum Ausdruck kommt — nicht das Recht eingeräumt wird, nach vollständiger Eva­kuierung der der angliedernden oder überhaupt stärkeren Nation gehörenden Truppen —, ohne den geringsten Zwang die Frage der Formen ihres staatlichen Daseins zu entscheiden, so ist eine solche Angliederung eine Annexion, d. h. eine Be­setzung und ein Gewaltakt.

Den Krieg aus dem Grunde fortzusetzen, um die schwachen Völkerschaften unter die starken und reichen Nationen zu verteilen, — das hält die Regie­rung für das größte Verbrechen gegen die Mensch­heit, und sie erklärt feierlich ihre Bereitschaft, un­verzüglich einen Frieden zu schließen, der dem Kriege unter den erwähnten, für alle Völkerschaften gleich gerechten Bedingungen ein Ende macht. Zu­gleich erklärt die Regierung, das sie die oben er­wähnten Friedensbedingungen keineswegs als ulti­mative ansieht, d. h. daß sie auch bereit ist, jegliche anderen Friedensbedingungen zu erörtern und nur auf einem möglichst schnellen Vorschlage irgend­eines der kriegführenden Staaten, auf der aller­größten Klarheit und auf dem unbedingten Aus­schluß jeglicher Zweideutigkeit und jeglichen Ge­heimnisses beim Vorschlag der Friedensbedingungen besteht.

Die Regierung schafft die Geheimdiplomatie ab und erklärt ihren festen Entschluß, alle Verhand­lungen vollkommen offen vor dem ganzen Volke zu führen, indem sie sofort zur restlosen Veröffent­lichung der von der Regierung der Gutsbesitzer und Kapitalisten vom Februar bis zum 25. Oktober 1917 bestätigten oder neu abgeschlossenen Verträge schreitet. Den gesamten Inhalt dieser Geheimver­träge, soweit sie, wie es in der Mehrzahl der Fälle geschah, auf die Sicherung von Vorteilen und Privi­legien für die russischen Gutsbesitzer und Kapita­listen, auf die Erhaltung oder Erweiterung der An­nexionen der Großrussen gerichtet waren, erklärt die Regierung als unbedingt und sofort beseitigt.

Indem sie sich an die Regierungen und Völker aller Länder mit dem Vorschlage wendet, sogleich offene Verhandlungen über den Abschluß eines Friedens einzuleiten, erklärt die Regierung Ruß­lands ihrerseits ihre Bereitschaft, diese Verhand­lungen sowohl im Wege eines Schriftwechsels, durch den Telegraphen, wie auch im Wege direkter Ver­handlungen zwischen den Vertretern der verschiede­nen Staaten oder auf einer Konferenz dieser Vertreter zu führen. Zur Erleichterung solcher Ver­handlungen ernennt die Regierung einen bevoll­mächtigten Vertreter für die neutralen Staaten.

Die Regierung schlägt allen Regierungen und Völkern der kriegführenden Staaten den sofortigen Abschluß eines Waffenstillstandes vor und hält es ihrerseits für erwünscht, daß dieser Waffenstill­stand auf eine Mindestfrist von 3 Monaten abge­schlossen wird, d. h. auf eine Frist, in der Friedens­verhandlungen unter Beteiligung der Vertreter zum Abschluß gebracht werden können all jener Völker­schaften und Nationen, die in den Krieg hineinge­zogen oder zu einer Beteiligung an demselben ge­zwungen waren, — und in der die Einberufung be­vollmächtigter Versammlungen der Volksvertreter aller Länder zur endgültigen Ratifizierung der Frie­densbedingungen möglich sein kann.

Indem sie sich mit diesem Friedensvorschlage an die Regierungen und Völker aller kriegführenden Länder wendet, wendet sich die provisorische Ar­beiter- und Bauern-Regierung Rußlands aber auch zugleich insbesondere an die klassenbewußten Ar­beiter der drei fortgeschrittensten Nationen und größten Kriegsteilnehmer, England, Frankreich und Deutschland. Die Arbeiter dieser Länder haben sich die größten Verdienste um die Sache des Fortschrittes und des Sozialismus erworben und die großen Beispiele der Chartistenbewegung in Eng­land, wie die Beispiele einer Reihe von Revolutio­nen von welthistorischer Bedeutung, deren Träger das französische Proletariat war, endlich die Bei­spiele eines heldenmütigen Kampfes gegen das Aus­nahmegesetz in Deutschland und einer für die Arbeiter der ganzen Welt musterhaften, hartnäckigen Disziplin bei der Schaffung proletarischer Massen­organisationen in Deutschland, — all diese Beispiele des proletarischen Heroismus und der historischen Schöpferkraft dienen uns als Gewähr dafür, daß die Arbeiter der genannten Länder die auf ihnen ruhen­den Aufgaben für die Befreiung der Menschheit von den Schrecknissen des Krieges und seiner Folgen begreifen werden, denn diese Arbeiter werden uns durch allseitige entschlossene und unentwegt ener­gische Tätigkeit in der Vollendung der Friedens­sache und bei der Befreiung der werktätigen und ausgebeuteten Massen von jeder Knechtschaft, von jeder Ausbeutung unterstützen.

Das Dekret über den Frieden wird unter Ovationen für Lenin und unter Absingen der „Internationale" und des Trauermarsches zum Andenken an die Gefallenen, einstimmig angenommen.

Dekret über Grund und Boden(***)

vom II. Allrussischen Kongreß der Sowjets der Bauern- und Soldaten-Deputierten in der Sitzung vom 26. Oktober 1917 um 2 Uhr Nachts.

1. Das Eigentumsrecht der Gutsbesitzer am Grund und Boden wird sofort ohne jede Entschädigung aufgehoben.

2. Die gutsherrlichen Ländereien, ebenso wie die Ländereien der Domänen, der Klöster und der Kirchen, mit dem gesamten lebenden und toten Inventar, mit den Gutsbaulichkeiten und allem Zu­behör gehen bis zur Einberufung der Nationalver­sammlung in die Verwaltung der Bezirksagrarkomi-tees und der Kreissowjets der Bauern-Delegierten über.

3. Jede Beschädigung des beschlagnahmten Eigen­tums, das von nun an dem ganzen Volke gehört, wird als schweres Verbrechen betrachtet und vom Revolutionstribunal geahndet. Die Bezirksräte der Bauern-Delegierten ergreifen alle notwendigen Maß­nahmen zur Wahrung der strengsten Ordnung bei der Beschlagnahme der Güter. Es muß festgestellt werden, bis zu welcher Größe und welche Grund­stücke der Beschlagnahme unterliegen, es muß ein genaues Verzeichnis des beschlagnahmten Inventars gemacht werden, es muß der denkbar strengste, revolutionäre Schutz der ganzen auf das Volk über­gehenden Wirtschaft eingeführt werden, der auf alle Gebäude, Werkzeuge, Vieh, auf alle Vorräte an Produkten usw. ausgedehnt werden muß.

4. Als Anleitung für die Durchführung der großen agrarischen Reformen bis zur endgültigen Sanktionierung durch die Nationalversammlung muß jene Bauerninstruktion dienen, die auf Grund der 242 örtlichen Bauernberichte von der Redaktion der ,,Iswestija des Allrussischen Sowjets der Bauern-Delegierten" zusammengestellt und in der Nr. 88 dieser ,,Iswestija" veröffentlicht wurde. (Petrograd, Nr. 88, 19. August 1917.)

Resolution des II. Sowjet-Kongresses aus Anlaß des Austrittes der Menschewiki und Sozialrevolutionäre

Der II. Allrussische Kongreß konstatiert: Das Verlassen des Kongresses seitens der Delegierten der Menschewiki und Sozialrevolutionäre stellt sich als ein ohnmächtiger und verbrecherischer Versuch dar, die bevollmächtigte Allrussische Vertretung der Arbeiter- und Soldatenmassen in dem Augenblicke zu sprengen, in welchem der Vortrupp dieser Massen mit den Waffen in den Händen den Kongreß und die Revolution gegen den Druck der Konterrevolution verteidigt.

Die kompromißlerischen Parteien haben mit ihrer vorausgegangenen Politik der Sache der Revolution unermeßlichen Schaden zugefügt und sich hoffnungslos bloßgestellt in den Augen der Arbeiter, Bauern und Soldaten.

Die Kompromißler haben die verderbliche Offensive vom 18. Juni vorbereitet und gutgeheißen, welche die Armee an den Rand des Abgrundes führte.

Die Kompromißler haben die Regierung der Todesstrafe und des Volksverrats unterstützt. Die Kom­promißler haben im Laufe von 7 Monaten die Politik des systematischen Betruges der Bauern in der Bodenfrage unterstützt.

Die Opportunisten haben die Zerstörung der revolutionären Organisationen, die Entwaffnung der Ar­beiter, die Einsetzung der Kornilowschen Disziplin in der Armee und die sinnlose Verlängerung des blutigen Schlachtens unterstützt.

Die Opportunisten haben in der Tat der ihnen verbündeten Bourgeoisie geholfen, den wirtschaftlichen Ruin im Lande zu vertiefen, Millionen der werktätigem Massen dem Tode weihend.

Durch diese Politik das Vertrauen der Massen verlierend, haben die Kompromißler dennoch künstlich und gewissenlos ihre Positionen in den längst schon nicht neu gewählten Spitzeninstitutionen der Sowjet-und Armee-Organisationen für sich behalten.

Das ZEK hat auf Grund der genannten Umstände mit allen Mitteln nach der Sprengung des Kongresses gestrebt, wobei es sich auf die opportunistischen Armee-Komitees und auch auf die direkte Unterstützung der Regierungsmacht stützte.

Als diese Politik der Obstruktion und Fälschung der öffentlichen Meinung der revolutionären Klassen ihren schmählichen Zusammenbruch erlitt, als die von den Kompromißlern gebildete provisorische Regie­rung unter dem Drucke der Petrograder Arbeiter und Soldaten fiel, als der Allrussische Sowjet-Kongreß ein deutliches Überwiegen der Partei des revolutionären Sozialismus, der Bolschewiki, zeigte und als der Aufstand sich als der einzige Ausweg für die revolutionären Massen erwies, welche die Bourgeoisie und ihre Handlanger betrogen und gequält hatten — da zogen die Opportunisten die letzte Konsequenz, indem sie mit den Sowjets brachen, deren Kraft sie zu unterwühlen trachteten.

Der Auszug der Kompromißler schwächt die Sowjets nicht, sondern er stärkt sie, weil er die Arbeiter­und Bauernmacht von konterrevolutionären Beimischungen säubert.

Nach Anhören der Erklärung der Sozialrevolutionäre und Menschewiki setzt der II. Allrussische Kongreß seine Arbeit fort, deren Aufgabe durch den Willen des werktätigen Volkes und durch seinen Aufstand am 24. und 25. Oktober vorbestimmt ist.

Nieder mit den Kompromißlern!
Nieder mit den Handlangern der Bourgeoisie!
Es lebe der siegreiche Aufstand der Soldaten, Arbeiter und Bauern!

Dekret über die Einsetzung des Rates der Volkskommissare

Zur Regierung des Landes ist bis zur Einberufung der Konstituierenden Versammlung eine zeit­weilige Arbeiter- und Bauernregierung zu bilden, die der Rat der Volkskommissare genannt wird. Die Verwaltung der einzelnen Zweige des staat­lichen Lebens wird Kommissionen übertragen, deren Zusammensetzung die Verwirklichung des von der Versammlung verkündeten Programms gewährleisten muß, und deren Tätigkeit in enger Verbindung mit den Massenorganisationen der Ar­beiter, Arbeiterinnen, Matrosen, Soldaten, Bauern und Angestellten stehen muß. Die Regierungs­gewalt steht dem Kollegium der Vorsitzenden dieser Kommissionen, d. h. dem Rate der Volkskommis­sare zu.

Die Kontrolle über die Tätigkeit des Rates der Volkskommissare und das Recht, ihn abzusetzen, steht dem Allrussischen Sowjetkongreß der Ar­beiter-, Soldaten- und Bauern-Deputierten und deren Zentral-Exekutivkomitee zu.

Gegenwärtig besteht der Rat der Volkskommis­sare aus folgenden Personen:

Vorsitzender des Rates der Volkskommissare: Wladimir Uljanow (Lenin).

Volkskommissare:

  • für Innere Angelegen­heiten: A. J. Rykow;
  • für Ackerbau: W. P. Miljutin;
  • für Arbeit: A. G. Schlapnikow;
  • für Kriegs- und Marineangelegenheiten besteht ein Komitee, zusam­mengesetzt aus: W. A. Owsejenko (Antonow), N. W. Krylenko und F. M. Dybenko;
  • für Angelegen­heiten des Handels und Gewerbes: W. P. Nogin;
  • für Volksaufklärung: A. W. Lunatscharski;
  • für Finanzen: J. J. Skworzow (Stepanow);
  • für Auswärtige An­gelegenheiten: L, D. Bronstein (Trotzki);
  • für Justiz: G. L. Oppokow (Lomow);
  • für Verpflegungsangelegen­heiten: N. A. Teodorowitsch;
  • für Post und Tele-graphie: M. P. Awilow (Glehow);
  • für Angelegen­heiten der Nationalitäten: J. W. Dschugaschwili (Stalin).

Die Stelle des Volkskommissars für Eisenbahn­angelegenheiten ist zurzeit unbesetzt.

Veröffentl. in Nr. 1 der Ztg. der Arbeiter- und Bauernregierung
vom 28. Oktober/10. November 1917.

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Quellen: Illustrierte Geschichte der russischen Revolution, Berlin 1928, Auszüge aus: S.446 - 458

*) Der Aufruf ist in Lenins Werken Band 26 enthalten (S.237f) Wir haben und für den Wortlaut  aus der " Illustrierten Geschichte der russischen Revolution" entschieden.

**) In Lenins Werken Band 26 sind die Rede und das Dekret, sowie sein Schlusswort zum Friedensdekret enthalten. Wir haben und für den Wortlaut  des Dekrets aus der " Illustrierten Geschichte der russischen Revolution" entschieden. Siehe dazu S. 239ff

***) Die Rede Lenins und das Dekret, sowie eine Handreichung, wie das Dekret im Hinblick auf Punkt 4 anzuwenden sei ("Bäuerlicherwählerauftrag zur Bodenfrage") befinden sich in Lenins Werken Band 26 S. 248ff. Dort wird ein Punkt 5 durch Lenin genannt, der offensichtlich nicht Teil des Dekrets ist: "Der Boden der einfachen Bauern und einfachen Kosaken unterliegt nicht der Konfiskation"(S.252) - In der "Illustrierten Geschichte": lautet es stattdessen: "Die Wirtschaften der im Heer dienenden Bauern und Kosaken unterliegen nicht der Beschlagnahme."(S.455)