Zwischen Ressentiment und Heldenmythos
Das Bild der Palästinenser in der deutschen Linkspresse

von Martin W. Kloke

 

Vorbemerkung

Wer heute von den Verflechtungen Deutschlands mit der jüngeren Geschichte Palästinas/Israels spricht, denkt häufig ausschliesslich an jenen dialektischen Prozess jüdisch-zionistischer Staatswerdung, der sich erst im Schatten der Shoah als geschichtsmächtig erweisen sollte. Bezugspunkte, die auf die arabisch-palästinensische Seite verweisen, scheinen auf den ersten Blick rar zu sein. Dabei markieren die Jerusalem-Visite von Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1898, das zweifelhafte Zweckbündnis des Jerusalemer Muftis Amin al-Husaini mit dem NS-Regime in den Jahren 1941 bis 1945 sowie langjährige Aktivitäten orientpolitischer Freundschaftsgesellschaften nur unvollständig die schillernden Wurzeln jener deutsch-arabischen Beziehungsgeschichte, deren politisch-psychologischer Fokus nicht zuletzt das Verhältnis der Deutschen zu den Palästina-Arabern betrifft.

Die in Palästina/Israel wohnenden Araber - "Palästinenser", wie wir sie heute zu nennen pflegen - tauchen in der Berichterstattung deutscher Medien bis weit in die sechziger Jahre als eine vergleichsweise Quantité négligeable auf. Auch Publikationen, die der politischen Linken zugerechnet werden, können retrospektiv von dieser Einschätzung nicht ausgenommen werden. Dies gilt, obwohl der Linken gemeinhin bescheinigt wird, für die Probleme und Anliegen von Minderheiten in besonderem Masse sensibilisiert zu sein. Im folgenden Beitrag soll der Versuch unternommen werden, jenen Spuren in linken Publikationen nachzugehen, die Aufschlüsse über Kontinuitäten, Entwicklungen und mögliche Bruchstellen in den jeweiligen Wahrnehmungen von Palästinensern erlauben. Einen Schwerpunkt der Untersuchung wird die Frage bilden, welches Palästinenserbild der "neulinken" (1) Medienlandschaft nach 1967 prägend geworden ist. Mentalitätsgeschichtlich besonders aufschlussreich dürfte die Nachzeichnung jener Phase sein, in der die gegen Israel kämpfenden palästinensischen Fedajin (2) vorübergehend zu Publikumslieblingen linksradikaler Antizionisten wurden. Die Auswertung vornehmlich neulinker Primär- und Sekundärquellen wird die Basis für eine historisch-politisch orientierte Deutung abgeben, die in ideologiekritischer Intention auch sozialpsychologische Hintergründe widersprüchlicher Wahrnehmungsprozesse aufzeigen soll. Dass das Palästinenserbild "altlinker", d.h. sozialdemokratischer und realkommunistischer Strömungen vernachlässigt werden musste, hängt mit der spezifischen Fokussierung dieser Untersuchung zusammen; doch ist zum besseren Verständnis der skizzierten Palästinenserbilder bei Bedarf der zeitgeschichtliche und nahostpolitische Kontext eingearbeitet worden.

Palästina-Araber und die deutsche Linke
Zur Vorgeschichte eines Nicht-Verhältnisses

Schlaglichter zum Proisraelismus der Nachkriegzeit (1945-1959)

Soweit die Palästina-Araber als Gegenüber überhaupt registriert wurden ist ihnen seit Anfang dieses Jahrhunderts lange Zeit auch von linken Publizisten bestenfalls wohlmeinender, sich folkloristisch gerierender Paternalismus, häufig aber auch koloniales Ressentiment entgegengebracht worden. Erst recht hat es in Deutschland - unmittelbar nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes - zunächst kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit nahostpolitischen Themen gegeben. Die inmitten der Trümmer sich reorganisierenden Überreste der politischen Linken waren ebenso wie die meisten anderen Deutschen in erster Linie an Fragen des täglichen physischen Überlebens und am Wiederaufbau des eigenen Landes interessiert. In Anbetracht der zurückliegenden Massenverbrechen beschränkte sich ihr aussenpolitischer Horizont einstweilen auf die ungesicherten Perspektiven Deutschlands in Europa. Erst im zeitlichen Vorfeld der zionistischen Staatsgründung rückte auch das Thema "Palästina" allmählich in den Blick sozialistisch orientierter Beobachter. Als Beispiel mag an dieser Stelle die 1946 in Ost-Berlin neu edierte Wochenzeitschrift "Die Weltbühne" stehen: Sie begann ihre Leser im Zusammenhang mit dem UN-Teilungsbeschluss vom November 1947 ausführlich über die Hintergründe des jüdisch-arabischen Konfliktes zu informieren. In ihrer inhaltlichen Konzeption waren die Beiträge durchaus vergleichbar mit den publizistischen Akzenten "westlicher" Linker. Von Mai 1947 bis Anfang 1949, als die Sowjetunion aus in erster Linie geopolitischen Gründen eine zionismusfreundliche Aussenpolitik betrieb, (3) setzte sich auch "Die Weltbühne" energisch für eine Zweistaatenlösung in Palästina ein. (4) Angesichts der jüdischen Leidensgeschichte wurden die zionistischen Ansprüche im britischen Mandatsgebiet als kompensatorischer Akt historischer Gerechtigkeit begriffen, (5) denen im Hinblick auf die "sozialistischen Bestrebungen seiner Arbeiterbewegung [...] die Sympathien und die tatkräftige Hilfe aller fortschrittlichen Kräfte" gelten müsse. (6) Araber erfuhren in der "Weltbühne" eine überwiegend negative Charakterisierung: Seit 1933 durch nazistische "Agenten" aufgehetzt, würden die "arabischen Feudalen" "nationalistische Leidenschaften" entfachen und sich jeder Kompromisslösung widersetzen. (7) Gegen die jüdischen "Freiheitskämpfer der Haganah" habe sich eine unheilige Allianz aus arabischen Potentaten, deutsch-faschistischen Legionären und britischen Militärs gebildet, die das jüdische Gemeinwesen existentiell bedrohten. (8) Zu diesen "Meuchelmördern" gesellten sich noch immer einzelne Repräsentanten der palästinensischen Araber wie der "Grossmufti von Jerusalem" oder auch der "Freischärler Hassan Salama", die mit den Nazis gemeinsame Sache gemacht hätten. Ansonsten, so betonten die Autoren der "Weltbühne", verhalte sich die politisch unorganisierte arabische Bevölkerung Palästinas durchweg pragmatisch, stehe "den Treibereien Abdullahs [des transjordanischen Königs] völlig fern" und sei durchaus zu einer friedlichen Koexistenz "mit ihren jüdischen Nachbarn" bereit. Erst durch äussere Einmischung und Steuerung - etwa in Form finanzieller Hilfen durch bestimmte "Araberhäuptlinge" - habe überhaupt erst ein antizionistisches "Befreiungskomitee" aus Palästina-Arabern entstehen können. (9)

Die Durchsicht von Nahost-Publikationen auch der westdeutschen Linken in der Nachkriegszeit zeigt, dass die Palästina-Araber zunächst ausserhalb des Interesses standen. Lediglich Randbemerkungen lassen sich vereinzelt finden wie jene, wonach die Araber Palästina über die Jahrhunderte - wie es vorwurfsvoll hiess - "verfallen liessen". (10) Von Schuldgefühlen geprägte Versöhnungsappelle an die Judenheit und den Staat Israel, die Unterstützung materieller Reparationsleistungen an die überlebenden Opfer der Shoah und den jüdischen Staat sowie das Engagement für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Israel bildeten die zentralen Bezugspunkte nahostpolitischer Reflexionen in der Linken. Wenn der jüdisch-arabische Konflikt überhaupt thematisiert wurde, dann so, als handele es sich dabei ausschliesslich um eine Auseinandersetzung zwlschen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten. (11) Zudem erweckten linke Nahost-Beobachter den Eindruck, der Konflikt zwischen Israel und den Arabern beruhe im Grunde auf einem gigantischen Missverständnis, in der die arabische Seite sich als unfähig erweise, ihr "wahres Interesse" zu erkennen. "Es ist nicht das nationale Interesse der Araber, das sie zu Todfeinden Israels macht", betonte der linkskatholische Publizist Walter Dirks, "sondern der blinde nationalistische Affekt." (12)

Wendezeichen: Zur publizistischen "Entdeckung" der Palästina-Araber (1960-1967)

Erst Anfang der sechziger Jahre - nachdem der Höhepunkt einer philosemitisch motivierten Pro-Israel-Welle in der Linken wieder abgeklungen war - wurde allmählich den Palästina-Arabern publizistische Aufmerksamkeit gezollt. Bemerkenswert ist, dass sich das Meinungsspektrum bereits zu diesem Zeitpunkt innerhalb jenes argumentativen Dreiecks bewegte, das noch heute die Auseinandersetzungen um Palästina/Israel bestimmt:

a) Mehrheitlich altlinke Akteure beschränkten sich in schlichter Weise auf die Reproduktion zionistischer Rechtfertigungsstrategien, wonach der jüdische Staat einen potentiell wichtigen Beitrag zur sozio-ökonomischen Entwicklung der gesamten Nahostregion leisten könne; schon heute verfügten die in Israel lebenden Araber über einen höheren Lebensstandard als ihre Landsleute in den arabischen Nachbarstaaten. (13)

b) Weniger apologetisch nahmen sich die sorgenvollen Überlegungen jener studentischen Israel-Aktivisten aus, die im Rahmen erster Begegnungen mit dialogbereiten Kibbuzniks en passant auch auf das "Araberproblem" stiessen. Lakonisch heisst es in einem Erfahrungsbericht von Lutz Niethammer: "Wir stellten unsere Fragen, über die Sache mit den Arabern meist, traurige oder aggressive Fragen [...], worauf er [der israelische Gesprächspartner] uns nur die Antwort vom Drang übler Notwendigkeiten geben konnte." (14)

c) Schliesslich muss der Befund überraschen, dass bereits 1960 ein längerer Beitrag in einer ansonsten israelfreundlichen Zeitschrift erschien, in der die prekäre Lage der Palästina-Araber zur Legitimierung antiisraelischer Ressentiments missbraucht und schliesslich gar die Existenz des Judenstaates zur Disposition gestellt wurde. (15)

Für die radikale studentische Linke, die sich in den frühen sechziger Jahren zu konstituieren begann, hielt Israel als Heimstätte überlebender jüdischer Opfer der Shoah zunächst überaus positiv besetzte Identifikationsmöglichkeiten bereit. Der jüdische Staat, der tendenziell Ideen eines zionistisch grundierten Sozialismus zu verwirklichen suchte, erschien in seinem bunten gesellschaftlichen Experimentcharakter als eine praktische Bestätigung linker Restaurationskritik gegenüber der bürgerlichen Bundesrepublik.

Dennoch konnte bald die Linke nicht mehr umhin, sich im Rahmen ihres Israel-Engagements auch der Tragödie der anhaltenden jüdisch-arabischen Fehde zu stellen: Symptomatisch für die tastenden Versuche einer Einbeziehung auch der arabischen Komponente war ein Vortrag des evangelischen Theologen Helmut Gollwitzer. Am 24. Juni 1963 anlässlich einer Veranstaltung zum 15. Jahrestag der israelischen Staatsgründung sprach Gollwitzer vor der Deutsch-Israelischen Studiengruppe an der Freien Universität Berlin über das Thema "Der Staat Israel und die Araber". Über weite Teile seines Vortrags erweckte auch Gollwitzer den Eindruck, als sei der Streit um das Land zwischen Mittelmeer und Jordan im Wesentlichen eine Auseinandersetzung zwischen staatlichen - arabischen und israelischen - Akteuren. Erst zum Schluss ging er ausführlich auch auf das arabisch-palästinensische "Flüchtlingsproblem" und die Rolle der "Araber in Israel" ein. Dass der Nahostkonfiikt im Kern von einem Kampf der zwei in Palästina/Israel lebenden Völker um das Eine Land bestimmt werde, schimmerten in Gollwitzers Schlussbemerkungen zur Instrumentalisierung der Flüchtlinge "als Hauptagitationspunkt der arabischen Propaganda" schon einmal schemenhaft durch. (16) In einer 1964 veröffentlichten Materialsammlung des Verbandes Deutscher Studenten (VDS) zu "Deutschland und Israel" erschien das "Flüchtlingsproblem" der Palästina-Araber sogar als eine der zentralen "Belastungen" des deutsch-israelischen Verhältnisses. Wenn auch das vorrangige Interesse der Aufnahme bilateraler diplomatischer Beziehungen galt, so leitete doch ihr Herausgeber, der Berliner VDS-Landesvorsitzende Heinrich Kerlen, die Publikation mit einigen Reflexionen über "Palästina" ein. Wie schon Gollwitzer analysierte auch Kerlen den Konflikt vornehmlich unter zwischenstaatlichen Gesichtspunkten, machte aber zugleich keinen Hehl aus seiner Überzeugung, wonach "das brennendste Problem in der Palästina-Frage zweifellos das Flüchtlingsproblem [ist]." (17)

Zwei Ereignisse zeigten ab Mitte der sechziger Jahre an, dass die bundesdeutsche Linke der strukturellen Voraussetzungen ihres Pro-Israel-Engagements verlustig zu gehen drohte:

1. Nach einer Kette demütigender Niederlagen der arabischen Seite im kompromisslosen Kampf gegen Israel waren die Palästina-Araber nicht mehr länger bereit, ihr Schicksal in die Hände ihrer arabischen "Brüder" zu legen: 1964 gründeten in Kairo Vertreter verschiedener politischer Strömungen die "Palästinensische Befreiungsorganisation" (PLO) (18), die als Dachorganisation der palästinensischen Nationalbewegung, als eine unverwechselbare Stimme im Chor der arabischen Frontstaaten in Erscheinung treten sollte.

2. Die erst 1965 herbeigeführten diplomatischen Beziehungen der Bundesrepublik zu Israel bewirkten in der studentischen Neuen Linken eine Identitätskrise ganz eigener Art. Anders als die "herkömmliche" sozialdemokratisch geprägte Linke glaubten die studentischen Israel-Aktivisten jetzt, der historisch exklusiven Rolle des Pioniers einer solidarischen Aussenpolitik gegenüber Israel beraubt worden zu sein. Die amtliche Bonner Kehrtwende erlaubte es ihnen nicht mehr, proisraelisches Engagement mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der bundesdeutschen Gesellschaftswirklichkeit zu verbinden. (19)

Sowohl die innerpalästinensische Selbstorganisation als auch die "Normalisierung" der deutsch-israelischen Beziehungen bereiteten den geistigen Nährboden dafür, dass die studentische Neue Linke grundlegende Prämissen ihres nahostpolitischen Engagements zu überdenken begann. Der Prozess einer Entfremdung von der israelischen und einer politischen Annäherung an die palästinensische Seite war damit vorgezeichnet; veränderte Akzentsetzungen in der linken Medienlandschaft rückten als die auffälligsten Indikatoren ins Blickfeld.

Antizionismus und Propalästinensismus als Weltanschauung (1967-1979)

Etappen eines neulinken Paradigmenwechsels

Für einen Grossteil der studentischen Neuen Linken löste der nahöstliche Sechstagekrieg vom Juni 1967 eine radikale israelpolitische Zäsur, mitunter sogar einen biographischen Bruch aus: Der jüdische Staat - militärisch erfolgreich gegenüber einer von der Sowjetunion ausgerüsteten quantitativen Übermacht arabischer Staaten - war jetzt endgültig ein Teil des Westens geworden. Israel vermochte durch den Krieg buchstäblich über Nacht die Sympathien bürgerlich-konservativer Kreise auf sich zu ziehen. "Wenn Springer für Israel ist, können wir nur dagegen sein", schlussfolgerten Anhänger der aufkommenden Studentenbewegung. In dieser innenpolitischen Konstellation wurde der einst als progressiv begriffene jüdische Pionierstaat nun beinahe ausschliesslich als "Brückenkopf des US-Imperialismus" in Arabien wahrgenommen. Zudem warteten die der Studentenbewegung nahestehenden Medien schon kurz nach dem Junikrieg mit immer gröber gezeichneten Schreckensmeldungen über eine angeblich bedenkenlos brutale Kriegsführung der Israelis auf. Arabische Kriegspläne, die eine Vernichtung Israels implizierten, gerieten in den Hintergrund und lösten kaum mehr differenzierte Reflexionen aus. (20) Etappenweise lässt sich ein Positionswandel beobachten, der spätestens 1969 vollends zu einer antizionistischen, israelfeindlichen Haltung führte. (21)

Die israelkritische Linke stand 1967 zunächst noch weitgehend in der Tradition jener Nahost-Beobachter, die auf der israelischen Gegenseite lediglich eine arabische Staatenwelt, kaum aber die Palästina-Araber als ein spezifisches Völkerrechtssubjekt ausmachten. Die "Gesamtinteressen" der Linken, so formulierte es Anfang Juni 1967 prototypisch der Marburger Politikwissenschaftler Wolfgang Abendroth, stimmen "stärker mit denen der arabischen Staaten [...] als mit den Interessen Israels" überein. (22) Aber bereits im September 1967, als der "Sozialistische Deutsche Studentenverband" (SDS) als erste Organisation einen radikal antizionistischen Kurswechsel vorgenommen hatte, überraschte der Verband mit einer palästinenserzentrierten Blickrichtung: "Zionistische Kolonisierung Palästinas hiess und heisst bis heute: Vertreibung und Unterdrückung der dort lebenden eingeborenen arabischen Bevölkerung durch eine privilegierte Siedlerschicht." (23)

In der Folgezeit richteten studentische Linke ihr nahostpolitisches Interesse immer stärker auf die Palästina-Araber. Mochte die zunächst noch rüde artikulierte chauvinistische Rhetorik der PLO in der linken Öffentlichkeit Skepsis oder sogar Abscheu hervorrufen, (24) so stiess der 1968 von einzelnen palästinensischen Organisationen forcierte Linksruck des Dachverbandes bald auf wachsende Sympathien. Eine PLO, die sich vor dem Hintergrund eines marxistisch-leninistisch getönten Selbstverständnisses als ein integrales Glied in die Kette sozialrevolutionärer Befreiungsbewegungen der Dritten Welt einzureihen anschickte, indem sie ihren antizionistischen Kampf mit einer imperialismustheoretischen Legitimation versah, konnte sich der Zustimmung neulinker Internationalisten gewiss sein. Waren gemäss der neomarxistischen Theorie die marginalisierten Massen der Dritten Welt als die neuen Subjekte chiliastisch erwarteter weltweiter Emanzipationsprozesse ausgemacht, schien der Kampf der palästinensischen "underdogs" gegen die nunmehr offen vom US-Imperialismus unterstützten Israelis keine kritischen Anfragen mehr zuzulassen. Ob in Algerien, Vietnam, Lateinamerika oder in Palästina: In das theoretische Korsett des Antiimperialismus eingezwängt, traten die historischen Besonderheiten und Widersprüche der einzelnen Konfliktgebiete zugunsten antikolonialer "Eindeutigkeit" zurück. (25) Beeindruckt von der militärischen Schlagkraft palästinensischer Fedajin, die am 21. März 1968 in der sogenannten Schlacht von Al Karamah an der jordanisch-israelischen Demarkationslinie Einheiten der israelischen Streitkräfte empfindliche Verluste beigebracht und auf diese Weise - wenigstens für ein paar Stunden - die verletzte arabische "Würde" wiederhergestellt hatten, (26) verloren weite Teile der Neuen Linken ihre letzten Hemmungen gegenüber der vorbehaltlosen Identifikation mit einem zunehmend mythisch verklärten palästinensischen "Volksbefreiungskrieg". Die von der PLO nach dem Muster anderer nationaler Befreiungsbewegungen erprobte Strategie, ihren Kampf im Vertrauen auf die eigene Stärke aufzunehmen - notfalls auch gegen die Interessen der arabischen Staatenwelt -, büsste ungeachtet der Weigerung, das Heimat und Selbstbestimmungsrecht der jüdisch-israelischen Nation auch nur ansatzweise anzuerkennen, (27) nichts von ihrer Faszination ein. Vor diesem Hintergrund war das nahostpolitische Engagement "progressiver" Aktivisten bald nicht mehr durch Studien und Arbeitsaufenthalte in Israel, sondern durch Informationsreisen in den Libanon oder nach Jordanien gekennzeichnet. Linke Publizisten begannen ein Palästinenserbild zu zeichnen, das mehr und mehr von der unkritischen Übernahme heroischer Selbstdarstellungen palästinensischer Kampforganisationen bestimmt wurde.

Studenten christlicher Provenienz innerhalb der Neuen deutschen Linken bildeten die Vorhut des propalästinensischen Paradigmenwechsels. So unterstützten und verteidigten die deutschen Vertreter eines internationalen Nahost-Seminars des "christlichen Studentenweltbundes" (WSCF) eine das Existenzrecht Israels negierende Erklärung, die im Mai 1968 im Beirut verabschiedet worden war. (28) Im Oktober 1968 - nach der Rückkehr von einem Besuch palästinensischer Einrichtungen in Jordanien - pries der Bochumer Nachwuchs-Theologe Hans-Jürgen Benedict die grösste palästinensische Terrororganisation Al Fatah (29) als "revolutionäre Bewegung mit humanen Zielen" an. (30) Für Israel-Freunde des linkskirchlichen Milieus brach eine Welt zusammen. (31) Im Selbstverständnis der beteiligten Akteure entwickelte sich der Schulterschluss zwischen linken Studenten und in der Bundesrepublik lebenden arabischen Fatah-Anhängern im Verlauf des Jahres 1969 zu einem zentralen Kennzeichen internationaler "Solidarität". Initiatoren nahostpolitischer lnformationsveranstaltungen, die von linksradikalen Eiferern als "prozionistisch" eingestuft werden, mussten fortan mit massiven Störungen rechnen. (32)

Eine besonders intensive Kooperation praktizierte der SDS, der sich inzwischen des "traditionalistischen" Flügels entledigt hatte: Auf Einladung von Al Fatah und der "Democratic Front for the Liberation of Palestine" (DFLP) (33) brachen Ende Juli 1969 ein knappes Dutzend führender SDS-Mitglieder mit beinahe 100 weiteren internationalen Teilnehmern zu einer mehrwöchigen Informationsreise nach Jordanien auf. Die aus Sicherheitsgründen selbstauferlegte Nachrichtensperre verhinderte zunächst die Weitergabe von Hintergrundinformationen selbst an die eigene politische Klientel. (34) Die Folge war, dass kursierende Gerüchte über die Aufstellung internationaler Brigaden durch die Al Fatah erst Mitte August dementiert wurden. (35) Als eigentliches Ziel der Reise deutete der SDS-Bundesvorstand an, über die nötige Informationsbeschaffung hinaus Möglichkeiten einer engeren Kooperation zwischen der antizionistischen Neuen Linken und den Organisationen der palästinensischen Freischärler ausloten zu wollen. Die Idee einer anschliessenden Erkundungsreise nach Israel, mit der Möglichkeit einer kritischen Überprüfung des eigenen Standpunkts hielt man inzwischen für völlig abwegig. (36) Die von der Fatah eigens für die Reisegruppe ausgerichteten politisch-ideologischen Schulungsveranstaltungen verfestigten die antizionistische und revolutionsromantische Grundeinstellung der SDSler. Ihrem neuen Weltbild entsprechend stilisierten sie die Fatah-Bewegung zum avantgardistischen Subjekt sozialrevolutionärer Umwälzungsprozesse in der Dritten Welt hoch. Nicht zuletzt aufgrund ihrer militanten Strategie eines "Volksbefreiungskrieges", die dem Konzept der Vietkong entlehnt schien, fungierte die Fatah zunehmend als Hoffnungsträger antiimperialistischer Sehnsüchte linker Studenten. Zeitweise übersetzte und veröffentlichte der SDS als Mitglieder-Service sogar die beklemmend heroisch anmutenden Fatah-"Militärkommuniques" zu "erfolgreichen" terroristischen Aktionen in Israel. (37)

Ideologisch gefangen in einem modischen Dritte-Welt-Mythos, mochten sich die SDS-Aktivisten nicht länger mit den historischen Ausgangsbedingungen des Zionismus und den deutschen Schuldanteilen auseinandersetzen. Die Ignorierung der konkreten Leidensgeschichte von Juden und Linken im Nationalsozialismus ging mit einer Zionismuskritik zusammen, die die Besonderheiten des Palästina/Israel-Konflikts völlig negierte. Flankiert von wohlfeilen antiimperialistischen Erklärungsmustern, vertrat der SDS bis zu seiner Selbstauflösung im Jahre 1970 eine Politik der revolutionären "Unschuld", in der unter antizionistischen Vorzeichen auch schon einmal Fragmente eines "linken" Antisemitismus virulent werden konnten. Als der dem linksliberalen Flügel der Arbeiterpartei angehörende israelische Aussenminister Abba Eban im Februar 1970 die Bundesrepublik bereiste, liess der Frankfurter SDS in einem gemeinsam mit verschiedenen ausländischen Gruppierungen verfassten Aufruf wörtlich verlautbaren: "Der Besuch Abba Ebans, der als Vertreter eines rassistischen Staates in die Bundesrepublik reist, muss zu einer Demonstration und zum Protest gegen den zionistischen, ökonomisch und politisch parasitären [sic!] Staat Israel und seine imperialistische Funktion im Nahen Osten werden [...]. Unsere Unterstützung und Solidarität kann nur dem palästinensischen Volk und seinem Widerstand und den antizionistischen Sozialisten in Israel gelten. Diese Kräfte werden heute von den arabischen und friedliebenden Völkern sowie den progressiven und sozialistischen Kräften in Europa und den USA unterstützt [...]. Der palästinensische Kampf ist ein Bestandteil des Kampfes aller unterdrückten Völker der Dritten Welt gegen den Imperialismus [...]. Nieder mit dem chauvinistischen und rassistischen Staatsgebilde Israel." (38)

"Palästina-Solidarität" - Erscheinungsformen eines Mythos im Spiegel neulinker Publizistik

Zum politischen Erbe des SDS und seines kulturellen Umfeldes zählen nicht nur einige kleine marxistisch-leninistische und häufig maoistisch orientierte Kaderparteien, sondern seit 1969 auch zahllose sogenannte Palästina-Solidaritätsgruppen und -komitees, die das antizionistische "Vermächtnis" der zerfallenden Studentenbewegung mit ideologischer Strenge jahrelang aufzugreifen und politisch umzusetzen versucht haben. Zentren deutscher "Palästina-Solidarität" wurden Universitätsstädte, in denen sich vornehmlich Studenten des neulinken Spektrums - gemeinsam mit arabischen Akteuren - organisierten und als propagandistisches Sprachrohr des in der PLO organisierten palästinensischen "Widerstandes" fungierten. Beträchtliche Unterstützung leisteten jene evangelischen Studentengemeinden, die den propalästinensischen "Bündnispartnern" ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellten. Trotz unterschiedlicher politisch-ideologischer Akzente bemühten sich die lokalen Palästinakomitees (PKs) von Anfang an um Ansätze inhaltlicher Kooperation und zentraler Koordination propalästinensischer Aktivitäten. Die Mehrheit der Delegierten einer ersten Arbeitstagung europäischer PKs verabschiedete am 26. März 1971 in Wien eine "Plattform", die die antizionistische Identität der soeben entstandenen Gruppen festzuschreiben bemüht war. (39)

Einen organisatorischen Aufschwung nahm die Solidaritätsbewegung paradoxerweise just in jener Zeit, als der tödliche Überfall von Mitgliedern der palästinensischen Organisation "Schwarzer September" auf die israelische Olympia-Mannschaft im September 1972 in München ein Klima innenpolitischer Repression einzuleiten begann. Die Ausweisung hunderter vermeintlicher oder tatsächlicher Sympatisanten der palästinensischen Terrorszene ebenso wie das im Oktober 1972 vom Bundesinnenministerium verfügte Verbot der "Generalunion Palästinensischer Studenten" (GUPS) und der "Generalunion Palästinensischer Arbeiter" sollte ein warnendes Signal gegenüber den in der Bundesrepublik lebenden Arbeitern darstellen. (41) Die Reaktionen bundesdeutscher Behörden inspirierten die ausserparlamentarische Linke zu umfangreichen Solidaritäts- und Rechtshilfeaktionen für die bedrängten Araber; begleitet wurden sie von öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen, Veranstaltungsreihen, Presseerklärungen und dem Vertrieb von Agitationsbroschüren. (42) In Dortmund demonstrierten Anfang Oktober 1972 mehrere tausend Menschen gegen die Verschärfung des Ausländerrechts. (43) Wenig später kündigten Vertreter von 21 Studentenausschüssen, vierzig Verbänden, darunter eine Reihe örtlicher evangelischer Studentengemeinden - sowie eine Vielzahl kommunistischer Organisationen/Parteien des neulinken Spektrums unter Federführung des "Initiativkomitees gegen das Ausländergesetz" die Durchführung einer gemeinsamen Solidaritätswoche "zur Unterstützung des Befreiungskampfes des palästinensischen Volkes" an (44) Die beteiligten Initiatoren verständigten sich auf einen gemeinsamen Aufruf für die vom 11. bis 15. Dezember bundesweit stattfindende Palästina-Woche. Der antizionistische, das Existenzrecht Israels negierende Text liess an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Er wurde am Ende noch einmal durch jenes Arsenal apodiktisch formulierter Parolen zusammengefasst, das die Integration eines aggressiv antiisraelischen Weltbildes in das "antiimperialistische" und klassenkämpferische Selbstverständnis der überwiegend studentischen Neuen Linken sinnfällig verdeutlichte: "- Kampf dem Ausbau und der Militarisierung des staatlichen Unterdrückungsapparates! - Kampf dem reaktionären Ausländergesetz! - Kampf der Abschiebung fortschrittlicher Ausländer! - Weg mit dem Verbot von GUPA und GUPS! - Für freie politische und gewerkschaftliche Betätigung für alle fortschrittlichen ausländischen Organisationen! - Deutsche und ausländische Arbeiter eine Kampffront! - Schluss mit der Unterstützung der israelischen Aggressionspolitik durch die Bundesregierung! Nieder mit Imperialismus, Zionismus und der arabischen Reaktion! - Der Kampf des palästinensischen Volkes ist gerecht!" (45)

Trotz ihres archaisch anmutenden Manichäismus verzeichneten die PKs zunächst einen beträchtlichen Zulauf an Sympathisanten. Das in späteren Jahren nicht wieder zustande gekommene Aktionsbündnis weiter Teile der Linken vermochte die Komitees nicht nur zeitweise aus ihrer Vereinzelung zu lösen, sondern erlaubte ihren Anhängern vorübergehend die Illusion, einer kleinen aber wachsenden gesellschaftlichen Minderheit anzugehören. Andererseits offenbarten gerade die Vorbereitungen zur ersten bundesweiten Palästina-Woche einen tiefgreifenden ideologischen Dissens, der sich in der Folgezeit zu irreversiblen Fraktionierungen in der Solidaritätsbewegung auswachsen sollte: Während die im VDS mehrheitlich vertretenen Anhänger "traditionalistischer" und realsozialistischer Positionen die Aktionswoche thematisch auf die innenpolitische Dimension des Verbots palästinensischer Organisationen zu beschränken suchten, um den rigiden Antizionismus neulinker Prägung aus den Aktionen fernzuhalten, (46) beharrten die anderen Verbände auf der demonstrativen Unterstützung des "gerechten Befreiungskampf(es) der Palästinenser in all seinen Ausprägungen." (47)

Spätestens Mitte der siebziger Jahre gerieten die Palästinakomitees bundesweit immer stärker unter den Einfluss kleiner, aber lautstarker kommunistischer Kaderparteien. In martialisch betitelten "Zeitschriften" und sporadisch erscheinenden Winkelblättchen, (48) die häufig nur in Kleinstauflagen erschienen, suchten die inzwischen offen miteinander rivalisierenden Gruppen ihre spezifischen Vorstellungen von der "palästinensischen Revolution" in der Bundesrepublik zu verbreiten. Die ideologische Zersplitterung der palästinensischen Dachorganisation PLO fand ihre genaue Entsprechung im Selbstverständnis jener Komitees, die sich der exklusiven Unterstützung palästinensischer Partialinteressen verschrieben hatten. Bei allem Dissens im Detail zeichneten ihre Aktivisten in zahllosen Flugblättern und Broschüren das Bild vom "heldenhaften palästinensischen Volkes" gegen das "zionistische und imperialistische Gebilde 'Israel'". (49) Mit missionarischem Eifer richteten sie "Palästinawochen" aus und nutzten aktuelle Anlässe, um gegen das israelpolitische Engagement gesellschaftlicher und staatlicher Akteure agitieren zu können.

Im zeitlichen Zusammenhang mit dem beginnenden ägyptisch-israelischen Entspannungsprozess fanden sich auf Initiative der Bonner PLO-Informationsstelle "Palästina" im Spätherbst 1977 zwanzig deutsche PKs zusammen, um noch einmal den Versuch einer organisatorischen Vereinheitlichung und konzeptionellen Konzentration der Solidaritätsbewegung zu unternehmen. Auch jetzt, wo die Krisensymptome des linksradikalen "Internationalismus" erste Spuren zeitigten und sich eine Delegitimierung antizionistischer Aktivitäten einzustellen drohte, suchte man zwecks ideologischer Selbstvergewisserung das Heil erneut in der Formulierung einer gemeinsamen "Plattform": (50) Mit markigen Parolen berauschten sich die versammelten Komitee-Vertreter an der Forderung einer "vollständigen Zerschlagung des zionistischen Staates in Palästina" und beschworen ihre grenzenlose Identifikation mit dem Mythos palästinensischer Autoemanzipation: "Die Palästina-Komitees betonen, dass das palästinensische Volk sein eigener Befreier ist und im Vertrauen auf die eigene Kraft seine Revolution zum Sieg führen wird." (51)

Exkurs: Terroristische Abgründe

Militant-anarchistische Kreise der Neuen Linken trieben die Glorifizierung ihrer palästinensischen "Helden"-Figuren auf die Spitze. Publizistisches Forum der "libertären" Kommunisten wurde die West-Berliner "Underground"-Zeitung "Agit 883", die trotz wiederholter staatlicher Ermittlungen und Verbotsverfügungen zeitweise eine wöchentliche Verkaufsauflage von bis zu 20.000 Exemplaren erzielte. In immer neuen Variationen beschworen einzelne Autoren die "grossartige Wahrheit" des bewaffneten Widerstandes palästinensischer Fedajin, (52) "weil das Gewehr die einzige Ausdrucksmöalichkeit aller Unterdrückten ist - überall." (53) Doch beschränkten sie sich nicht auf eine revolutionsromantisch verklärte verbale Ästhetisierung von Gewalt, sondern warben unter dem Motto "Schlagt die Zionisten im eigenen Land!" auch für eine aktive Rolle militanter bundesdeutscher "Antiimperialisten" im Kampf gegen die "Erfüllungsgehilfen" Israels in der BRD. (54)

Die unverschleierte Militanz der Sprache, die selbst der ansonsten durchaus nicht zimperlichen K-Gruppen(55)-Presse weitgehend fremd war, fand in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1969 in West-Berlin erstmals ihre praktische Umsetzung in der Beschmierung jüdischer Erinnerungsstätten und der Deponierung einer Brandbombe im jüdischen Gemeindehaus. In jenem sogenannten Bekennerschreiben, das unter bis heute ungeklärten Umständen noch vor der Tatzeit in den Republikanischen Club lanciert worden war und diesen deswegen vorübergehend in Misskredit gebracht hatte,(56) erklärten die "Schwarzen Ratten TW" (Tupamaros Westberlin): "Am 31. Jahrestag der faschistischen Kristallnacht wurden in Westberlin mehrere jüdische Mahnmale mit 'Schalom und Napalm' und 'El Fath' beschmiert. Im jüdischen Gemeindehaus wurde eine Brandbombe deponiert. Beide Aktionen sind nicht mehr als rechtsradikale Auswüchse zu diffamieren, sondern sie sind ein entscheidendes Bindeglied internationaler Solidarität [...]. Der wahre Antifaschismus ist die klare und einfache Solidarisierung mit den kämpfenden Feddayin [sic!] [...]. Jede Feierstunde in Westberlin und in der BRD unterschlägt, dass die Kristallnacht von 1938 heute tagtäglich von den Zionisten in den besetzten Gebieten, in den Flüchtlingslagern und in den israelischen Gefängnissen wiederholt wird. Aus den vom Faschismus vertriebenen Juden sind selbst Faschisten geworden, die in Kollaboration mit dem amerikanischen Kapital das palästinensische Volk ausradieren wollen. Zerschlagen wir die direkte Unterstützung Israels durch die deutsche Industrie und die Bundesregierung, so bereiten wir den Sieg der palästinensischen Revolution vor und forcieren die erneute Niederlage des Weltimperialismus." (57) Welcher Gruppe die Urheber des misslungenen Bombenanschlags tatsächlich entstammten, hat sich bis heute, ungeachtet der Tatsachen verfälschenden und antisemitischen Diktion der TW-Erklärung, nicht restlos aufklären lassen.

Obwohl die Aktion auch unter den Aktivisten antizionistischer PKs auf heftige Kritik stiess,(58) war ein Fanal gesetzt, das nicht ohne Folgen bleiben sollte: Ein Teil der unter verschiedenen Namen auftretenden anarchistischen "Haschrebellen", aus denen bald die terroristische "Bewegung 2. Juni" hervorgehen sollte, hatte bereits im Sommer 1969 in palästinensischen Lagern Jordaniens eine militärische Grundausbildung durchlaufen. Mit "dem totalen Willen zu kämpfen sind die Leute dann aus Palästina zurückgekommen", berichtete später einer ihrer Mitstreiter.(59) Ungeduldig insistierte die "Palästinafront" auf einer handlungsorientierten Verschmelzung militanter Aktionsformen deutscher Kombattanten mit dem palästinensischen "Widerstand" im Nahen Osten: "Bei uns ist Palästina. Wir sind Fedajin. Heute nachmittag kämpfen wir für die revolutionäre Befreiungsfront." (60)

Zu einem der bekanntesten Wortführer des militanten Pro-Palästinensismus in Berlin wurde der Kommunarde und "Bürgerschreck" Dieter Kunzelmann. Um einem drohenden Strafvollzug zu entgehen, war der später zeitweilige AL-Politiker im Herbst 1969 für längere Zeit im Stadtteil Schöneberg untergetaucht, erweckte aber durch seine "Briefe aus Amman" den Eindruck, bei Guerillas der Al Fatah Unterschlupf gefunden zu haben.(61) In den unter linken Antizionisten ohnehin kaum noch verbliebenen Fragmenten historischer Sensibilität gegenüber den Opfern der Shoah vermochte Kunzelmann lediglich lästige Hindernisse einer bedingungslosen und militanten Parteinahme für den palästinensischen Kampf zu sehen: "Hier ist alles sehr einfach. Der Feind [gemeint ist Israel] ist deutlich. Seine Waffen sind sichtbar. Solidarität braucht nicht gefordert zu werden. Sie entsteht von selbst [...]. Palästina ist für die BRD und Europa das, was für die Amis Vietnam ist. Die Linken haben das noch nicht begriffen. Warum? Der Judenknax. 'Wir haben 6 Millionen Juden vergast. Die Juden heissen heute Israelis. Wer den Faschismus bekämpft ist für Israel.' So einfach ist das, und doch stimmt es hinten und vorne nicht. Wenn wir endlich gelernt haben, die faschistische Ideologie 'Zionismus' zu begreifen, werden wir nicht mehr zögern, unseren simplen Philosemitismus zu ersetzen durch eindeutige Solidarität mit AL FATAH, die im Nahen Osten den Kampf gegen das Dritte Reich aufgenommen hat. Was heisst Solidarität? UNSEREN KAMPF AUFNEHMEN [...]. Dass die Politmasken vom Palästina-Komitee die Bombenchance nicht genutzt haben, um eine Kampagne zu starten, zeigt nur ihr rein theoretisches Verhältnis zu politischer Arbeit und die Vorherrschaft des Judenkomplexes bei allen Fragestellungen." (62) Ein weiteres Schreiben "aus Amman" vom April 1970 proklamierte den Aufbau einer "festgefügten Front [...] alle[r] arbeitenden Palästina-Gruppen" gegen den zionistischen "Feind". Ungeduldig appellierte Kunzelmann an die "Genossen an der Heimatfront": "Wann endlich beginnt bei Euch der organisierte Kampf gegen die heilige Kuh Israel? Wann entlasten wir das kämpfende palästinensische Volk durch praktischen Internationalismus? Die Granaten auf dem Flughafen Riem lassen doch nur eine Kritik zu: die verzweifelten Todeskommandos durch besser organisierte zielgerichtetere Kommandos zu ersetzen, die von uns selbst durchgeführt werden und damit besser vermittelt werden können. Befreiung der verhafteten Palästinenser, Agitation unter den deutschen Juden, Kampf gegen die Emigration nach Israel, Verhinderung jeglicher Unterstützung (Waffen, Waren, Kapital) - noch nie hatten wir eine solche Chance, durch direkte Unterstützung eines Volksbefreiungskrieges die Revolution im eigenen Lande voranzutreiben." (63)

Erst die straff organisierte und professionalisierte "Rote Armee Fraktion" (RAF) begann im Frühsommer 1970, aus den militant-antizionistischen Phantasien der spontaneistischen West-Berliner Anarcho-Szene blutigen Ernst zu machen: In zwei Schüben reisten im Juni über zwanzig Mitglieder der RAF - darunter Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Horst Mahler - von Ost-Berlin via Beirut nach Amman ein, um in einem der militärischen Ausbildungslager der Al Fatah östlich der Stadt von palästinensischen Kämpfern in der Guerilla-Taktik unterwiesen zu werden. Interne persönliche und politische Unstimmigkeiten, die bis zur Denunziation eines Teilnehmers als angeblicher israelischer Spion reichten, aber vor allem auch kulturbedingte Spannungen zwischen Deutschen und Palästinensern offenbarten, führten nach zwei Monaten zu einem vorzeitigen Abbruch der Ausbildung. Weil sich die Deutschen fortwährend den rigiden militärischen Befehlsstrukturen der Fatah zu entziehen suchten, veranlassten die Palästinenser im August ihre Rückkehr nach Berlin. Dennoch hatten die Deutschen im Fatah-Ausbildungslager genügend terroristische "Fertigkeiten" erworben, um sie in der Bundesrepublik praktisch anwenden zu können. (64)

Trotz des Eklats in Jordanien blieben die politisch-ideologischen sowie in begrenztem Masse auch die organisatorischen Verbindungen zwischen palästinensischer und westdeutscher Guerilla auch in der Folgezeit bestehen: So agierte auch jene siebenköpfige deutsch-palästinensische Gruppe von Mitgliedern der "Revolutionären Zellen" (RZ), der "Bewegung 2. Juni" und der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) im Sinne eines sich "internationalistisch" gerierenden Terrorismus, als sie im Sommer 1976 eine zivile Verkehrsmaschine der Air France mit 257 Fluggästen - darunter 83 Israelis - auf der Route Paris-Tel Aviv in ihre Gewalt brachte und nach Entebbe (Uganda) umdirigierte. Der Deutsche Wilfried Böse organisierte in dieser Situation die räumliche Absonderung der jüdischen von den nichtjüdischen Passagieren.(65) Nicht zuletzt dieser neue Höhepunkt antizionistischer Gewaltpraxis vermochte in der Palästina-Solidaritätsbewegung einen Erosionsprozess auszulösen, der nicht ohne Auswirkungen auf das revolutionär verklärte Palästinenserbild in den Medien des linken Milieus bleiben sollte.

Ende der Funktionalisierung? Nahostpolitische Zerreissproben und ihre Folgen für Palästinenser-Wahrnehmungen in linken Medien (1979 bis heute)

Schockiert von den Berichten über die Selektionspraktiken eines deutschen Terroristen, mochten sich führende Anhänger der Neuen Linken - darunter auch PK-Aktivisten - jetzt nicht mehr der Einsicht verschliessen, dass der Kampf gegen Unrecht unter Umständen auch monströse Züge annehmen könne. Die Frage nach der Virulenz eines spezifisch "linken Antisemitismus" stellte sich immer drängender. So begannen Ende der siebziger Jahre Teile der Linken zunehmend auf Distanz zur traditionellen "Palästina-Solidarität" zu gehen und "das Zusammenbrechen alter Prinzipien" zu konstatieren. (66) Als Folge stellte sich bei den verbliebenen PK-Aktivisten eine wachsende Verunsicherung ein: Als die PLO ihren agitatorischen Schwerpunkt zunehmend auf politisch-diplomatische Initiativen verlegte und damit ihr politisches Ansehen verbesserte, witterten deutsche Antizionisten sogleich eine drohende "ideologische Zersetzung der PLO". Doch schien jetzt - nicht zuletzt unter dem Eindruck der enttäuschenden Nachrichten über die politischen Verhältnisse im befreiten Indochina - eine grundsätzliche Neubestimmung des Standortes der internationalen Solidarität" (67) unerlässlich zu sein. (68)

Andererseits: Die linke Nahost-Debatte spitzte sich vorübergehend noch einmal dramatisch zu, als die israelische Armee im Sommer 1982 in den Libanon einmarschierte, um dort befindliche PLO-Basen zu zerstören. In zahlreichen Zeitungen, Zeitschriften und Flugblättern wurde Israel des Völkermords an den Palästinensern bezichtigt. Publizisten erlagen der Faszination begrifflicher Tabubrüche und witterten triumphierend die Gelegenheit, Antifaschismus und Antisemitismus miteinander zu versöhnen. Nicht zuletzt Journalisten der linksalternativen Berliner "tageszeitung" (taz) beteiligten sich an jener historisch-psychologischen Entlastungsoffensive, bei der die betroffenen Palästinenser als die "neuen Juden" bezeichnet und die israelischen Invasoren mit den Nazis verglichen wurden. Die gezielte Vermischung historischer Ebenen gipfelte im Vorwurf des "umgekehrte[n] Holocaust[s]" bzw. einer "Endlösung der Palästinenserfrage". (69)

Noch auf dem Höhepunkt der hier nur angedeuteten verbalen Exzesse in weiten Teilen der linken Medienlandschaft wurden empörte Einsprüche gegen den Versuch laut, die deutsche Geschichte auf dem Rücken ihrer Opfer bewältigen zu wollen. Trotz der schon Ende der siebziger Jahre begonnenen Reflexionsprozesse zeichnete sich erst jetzt - im Sommer 1982 - eine dramatische Wende im Palästinenserbild neulinker Beobachter ab, die eine radikale Demontage des mythisch verklärten Palästinensers zugunsten einer betont nüchternen Sichtweise nach sich ziehen sollte. Lakonisch und zynisch zugleich kommentierte der Publizist Wolfgang Pohrt: "Unter die Völkermorde subsumiert, kann der Libanonkrieg nur als Kavaliersdelikt betrachtet werden [...]. Kein Grund zur Annahme, die Palästinenser würden sich, wenn sie Erfolg hätten, anders verhalten als die Israelis. Kein Grund freilich auch, von den Palästinensern zu erwarten oder zu verlangen, aus den Bombardements ihrer Flüchtlingslager durch die israelische Luftwaffe eine andere Lehre zu ziehen als jene Juden, die Israel gründeten: Dass man vertreiben und verfolgen muss, will man nicht zu den Verfolgten und Vertriebenen zählen". (70) Etwa zeitgleich und im Gleichklang mit zahlreichen anderen publizistischen Stimmen appellierte jetzt auch der biographisch dem neulinken Milieu verbundene Grünen-Politiker Joschka Fischer an seine langjährigen Mitstreiter, die nahöstlichen "Realitäten" zur Kenntnis und von "blinde(r) Solidarität" mit den Palästinensern Abstand zu nehmen. Ganz im Sinne des von der Frankfurter "Sponti"-Szene unterstützten nahostpolitischen Kurswechsels der Neuen Linken forderte er in einer Sonderausgabe der "Sponti"-Postille "Pflasterstrand": "Wir sollten endlich aufhören, palästinensischer als die PLO zu sein. Wir sollten mit unserer Solidarität durchaus eigene Ziele verfolgen, was uns sowohl mit den Israelis als auch mit den Palästinensern in Widerspruch bringen kann [...]. Ein zweites vietnamesisches Erwachen könnten wir uns dadurch ersparen." (71)

Dass die Mahnungen von Gallionsfiguren der Linken zu Nüchternheit und Fairness nicht ohne weiteres in den Niederungen politischer Praxis Gehör gefunden hatten, sollte sich im Nachgang zum Libanonkrieg herausstellen. Hatte die Invasion der israelischen Armee in weiten Teilen der Linken israelfeindliche Protestwellen wie nie zuvor entfesselt, so vermied die linke und linksliberale Öffentlichkeit entsprechend harsche Reaktionen, als sich ungefähr im selben Zeitraum vergleichbare innerarabische Gegensätze gewaltförmig entluden: Bereits im Februar 1982 hatte das syrische Baath-Regime unter Präsident Hafez al Assad einen Aufstand sunnitischer Fundamentalisten nach wochenlangen Kämpfen blutig niedergeschlagen. Die mörderischen Dimensionen jenes Bürgerkrieges, der nahezu 20.000 zivile Opfer forderte, wurden von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die liberale Wochenzeitung "Die Zeit" hielt es vier Wochen danach [!] zwar für geboten, die Ereignisse ausführlich zu bilanzieren; mit einer moralischen Grosszügigkeit ohnegleichen war ihr Nahost-Korrespondent aber bereit, die infernalischen Brutalitäten der Damaszener Regierungstruppen zu verharmlosen: "Der Rahmen der Verhältnismässigkeit wurde durch militärische Bestialität, Vandalenakte und die nachträgliche Sprengung von Moscheen und Kirchen zwar gehörig strapaziert, blieb aber letztlich doch gewahrt." (72)

Noch frappierender ist die auffällige Diskretion, mit der die Linke die nach dem israelischen Teilrückzug erneut eskalierten innerlibanesischen Machtkämpfe behandelte: Als im Herbst 1983 die im Libanon stationierten syrischen Truppen gemeinsam mit prosyrischen palästinensischen Milizen Bastionen loyaler Gruppen des PLO-Vorsitzenden Arafat stürmten, ezeugten die neuerlichen Übergriffe nicht mal einen Bruchteil jener Wogen der Betroffenheit, die ein Jahr zuvor die israelische Invasion begleitet hatten; dies, obwohl allein im Flüchtlingslager Baddawi nördlich von Tripoli mindestens eintausend Menschen den Tod fanden. (73)

Auch die mit syrischer Unterstützung erfolgte Belagerung und Einkesselung von drei Palästinenserlagern am südlichen Stadtrand Beiruts durch schiitische Amal-Milizen zwischen Mai 1985 und Januar 1988 stiess weitgehend auf eine Koalition des Schweigens, obwohl schon früh Berichte über Massaker an palästinensischen Bewohnern an die Weltöffentlichkeit gelangt waren, die alle bisherigen Greueltaten im libanesischen Dickicht früherer Jahre in den Schatten stellen sollten. (74) Doch das Leid der Palästinenser schien hierzulande nicht einmal das antizionistische Spektrum zu alarmieren und zu mobilisieren. Verzweifelt fragte taz-Korrespondentin Beate Seel: "Wo bleibt der sonst übliche Aufschrei über die Politik eines Hafez al Assad, eines Nabih Berri [...]? Heute sind es nur noch eine Handvoll Palästinenser, die in der Bundesrepublik mit Aktionen gegen die Belagerung demonstrieren. Offenbar gelten andere Kriterien, wenn die Täter nicht in erster Linie im prowestlichen Israel, sondern in arabischen Hauptstädten sitzen. Manch einem der sonst so aufrechten Demonstranten liegt offenbar das Schicksal des palästinensischen Volkes nicht länger am Herzen, wenn er nicht gleichzeitig gegen eine 'neue zionistisch-amerikanische Verschwörung' protestieren kann." (75)

In der Tat: "Die Palästinenser" sind von der Neuen Linken aus antizionistischem Antrieb jahrelang als Objekte martialischer Heldenmythen instrumentalisiert und funktionalisiert worden. Es besteht begründete Annahme zu der Vermutung, dass während des libanesischen Lagerkrieges die Reaktionen der linken Öffentlichkeit und Publizistik - anders als während der israelischen Invasion - über weite Strecken deshalb so verhalten ausfielen, weil ihnen das stimulierende Moment israelischer, mithin jüdischer Tatbeteiligung fehlte. Demnach schien "Solidarität" mit den Palästinensern zum einen die Funktion zu erfüllen, den seit der Shoah tabuisierten judenfeindlichen Ressentiments wieder ein gesellschaftsfähiges Forum bieten zu können; (76) zum anderen fungierte der neulinke "Antiimperialismus" unbewusst als nationaler Ersatzmythos: Da der Linken vor dem Hintergrund der Shoah bis heute eine "positive" nationale Identität weitgehend verwehrt geblieben ist, hat sich ein beträchtlicher Teil von ihr jahrelang um so empfänglicher für die nahtlose Identifikation mit der nationalen Befreiungsbewegung der Palästinenser gezeigt. Wolfgang Pohrt stellte nicht zufällig während des Libanonkriegs 1982 in der ihm eignen polemischen Diktion fest: "Was die Palästinenser für die westdeutsche Linke so sympathisch macht, was ihr erlaubt, sich mit den Palästinensern zu identifizieren, ist die Annahme, die Palästinenser führten eigentlich einen Stellvertreterkrieg für genuin deutsche Wünsche, Vorstellungen und Ideale: Für völkische Einheit und nationale Selbstbestimmung auf heimatlicher Scholle. Die Palästinenser firmieren gewissermassen als der grosse, militante Heimatvertriebenenverband, den die Westdeutschen gerade jetzt gerne hätten, den sie sich aber nicht leisten können." (77)

In den Printmedien linker und grün-alternativer Provenienz ist das unstete und widersprüchliche Nahost-Engagement der eigenen Klientel in den letzten Jahren ausführlich und zunehmend kritisch kommentiert worden. Insbesondere in der grünen Partei ist es dabei immer wieder zu "kathartische[n] Zerreissproben" gekommen. (78) Kleinere Organisationen wie die "Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste" und der "Deutsch-Israelische Arbeitskreis für Frieden im Nahen Osten" haben durch ihre publizistische Arbeit nicht unwesentlich zur nahostpolitischen Mässigung in der Linken beigetragen. (79) Seitdem selbst in der PLO die Einsicht in die Notwendigkeit eines politischen Kompromisses mit Israel kaum mehr in Frage gestellt wird, propagieren beinahe ausschliesslich "autonome" politische Kräfte noch jene "klassische" Palästina-Solidarität, die durch das seit 1987 andauernde palästinensische Aufbegehren gegen die israelische Besatzungsmacht (Intifada) neue Anknüpfungspunkte für radikalen Antizionismus und gewaltbereite propalästinensische Revolutionsromantik gewonnen hat. (80)

Mit der Ende 1989 einsetzenden Auflösung des sowjetischen Machtblockes ist das nahostpolitische Interesse linker Publizisten abgeflaut. Diese Entwicklung ist nicht allein mit einem simplen Gewöhnungseffekt oder - angesichts des Anwachsens auch innerpalästinensischer Gewalt gegen sogenannte Kollaborateure - mit den zunehmenden Legitimationsdefiziten manichäischer Feindbild-Kennzeichnungen erklärbar. Paralysiert vom kläglichen Abgesang des real existierenden Sozialismus und vom stürmischen Prozess der deutschen Vereinigung haben sich die Zerfallserscheinungen einer verunsicherten und über weite Strecken orientierungslos gewordenen Linken dramatisch beschleunigt. Kleinere linksradikale Organisationen sind heute nahezu von der gesellschaftlichen Bildfläche verschwunden oder haben sich, wie die "Marxistische Gruppe" und der "Kommunistische Bund", gänzlich aus der Geschichte verabschiedet. Nicht mehr nur Exzentriker fragen sich allen Ernstes, ob das historische Projekt der Linken, das sich gleichermassen auf das Erbe von 1789 und 1917 bezieht, an seinem Endpunkt angekommen ist.

Der Golfkrieg im Winter 1991, als der mit deutscher Hilfe hochgerüstete Irak Raketen auf den dichtbesiedelten Küstenstreifen Israels abschoss, hat sich innenpolitisch als weiterer Abgesang einer Linken herausgestellt, die sich diesmal den Vorwurf der "Gleichgültigkeit" gegenüber einer beispiellosen Bedrohung Israels einhandelte. (81) Saddam Husseins nachträgliche Hofierung der PLO stiess nicht nur auf palästinensischer Seite auf Beifall; auch Teile der Friedensbewegung glaubten fatalerweise, im Bekenntnis zur Verknüpfung der Kuwaitfrage mit der Lösung des Palästina/Israel-Konflikts der palästinensischen Sache zu dienen. Ansonsten aber gerieten "die Palästinenser" im Streit von Pazifisten und Bellizisten um die Legitimität der alliierten Intervention kaum mehr ins Blickfeld.

In den publizistischen Refugien linker Couleur konzentrieren sich heute zentrale Überlegungen auf die eigene Stellung zur bürgerlich-liberalen "Werte"-Gemeinschaft des Westens. Kein Zweifel: Die Mehrheit jener Personengruppe, deren politisches Selbstverständnis sich biographisch und ideologiegeschichtlich aus linken Traditionsbeständen speist, hat im neuen Deutschland einen nostalgischen "Frieden" mit der alten Bundesrepublik geschlossen. Die Bewahrung der freiheitlich-demokratischen und sozialstaatlichen Errungenschaften der Bonner Republik ist zum Identitätsmerkmal geläuterter Anhänger einer zivilen Gesellschaft geworden, die sich den bedrohlichen Symptomen einer rechtsextremen Renaissance ausgesetzt sehen. Unter dem Druck der welt- und innenpolitischen Veränderungsprozesse ist das Interesse an den Palästinensern hierzulande inzwischen mindestens so gering wie etwa an den Menschen im "jugoslawischen" Bürgerkrieg. Die existentielle "Überforderung" auch politisch engagierter Menschen ist allenthalben zu spüren; Hans Magnus Enzensbergers Plädoyer für eine partikularistische Solidarität, die den Abschied von universellen "Allmachtsphantasien" einfordert (82), ist längst zum Charakteristikum der politischen Kultur dieses Landes geworden. Wird der Israel/Palästina-Konflikt hierzulande überhaupt - und "die Palästinenser" wenigstens am Rande - noch wahrgenommen, bildet nach wie vor die entscheidende intellektuelle Herausforderung an linke Medien die Selbstverortung zwischen den Polen Anti-Faschismus, Neutralismus und Antizionismus auf der einen sowie Pro-Israelismus, Westbindung und Anti-Totalitarismus auf der anderen Seite. Dass sich in den neunziger Jahren die Gewichte beträchtlich zugunsten der letzteren verschoben haben, dürfte erwiesen sein; im postmodern geprägten Habitus auch der "linken" Medienwelt hat diese Selbstverortung freilich nicht mehr jene subjektive Bindungskraft, die sie einmal besessen haben muss.

 

Anmerkungen

1 Unter dem Begriff "Neue Linke" werden hier jene bestimmenden Kräfte der studentischen Protestbewegung der sechziger Jahre und ihrer politischen Erben subsumiert, die sowohl in Abgrenzung zur "reformistischen" Sozialdemokratie als auch zur "realsozialistischen" Orthodoxie radikale Spielarten marxistischer Theorieansätze vertreten bzw. entwickelt haben.

2 Eingedeutschte arabische Bezeichnung für palästinensische Kommandos (Fida'i, fida'iyun = "Der sich Aufopfernde, Kämpfer").

3 Ausführlich dazu Peter Brod, Die Antizionismus- und Israelpolitik der UdSSR. Voraussetzungen und Entwicklung bis 1956, Baden-Baden 1980, S.55-74.

4 Vgl. Freiherr von Schönaich, Das Palästina-Problem, in: Die Weltbühne (WB) vom 1.11.1947.

5 Siehe Paul Merker, Der neue Staat des jüdischen Volkes entsteht, in: WB vom 1.2.1948.

6 Ebenda.

7 Vgl. Frhr. von Schönaich, Palästina-Problem; Merker, Der neue Staat.

8 Vgl. Merker, Der neue Staat; Wolfgang Harich, Die Trage die der Juden, in: WB vom 15.6.1948.

9 Vgl. Margarete Merker, Der Kampf in Palästina, in: WB vom 8.6.1948; Harich, Tragödie.

10 So Julius Kaufmann, Israel im Kampf mit Sumpf und Wüste, in: Frankfurter Hefte (PH) 7(1955), S.sio.

11 Vgl. Rüdiger Proske, Kampf um Palästina, in: PH 2(1948), S.169; FH-Schriftleitung, Das jüdische Friedenswerk inmitten der arabischen Welt, in: PH 10(1956), S.715; Helmut Goliwitzer, Israel - und wir, West-Berlin(3)1959, S.20.

12 Walter Dirks, Vorwort zu: Elian J. Finbert, Pioniere der Hoffnung, Düsseldorf 1957, S.11; vgl. ferner Helmut Gollwitzer, Zehn Jahre Israel. Deutsche und Juden heute, in: Der Monat 8(1958), S.59.

13 So beispielsweise der sozialdemokratische Politiker Fritz Erler, Impressionen aus Israel, in: Neue Gesellschaft 3/4(1961), 5.143.

14 Lutz Niethammer, David, in: Israel-Forum 10(1962), S.15.

15 Vgl. Gerhard Knauss, Der Staat Israel, die Araber und die Bundesrepublik, in: PH 9(1960), S.609-619. In der gleichnamigen Novemberausgabe brachten zahlreiche Leser der Frankfurter Hefte - übrigens auch die Schriftleitung - ihre Empörung über die geschichtsklitternden Ausführungen und die fatalen Schlussfolgerungen von Knauss zum Ausdruck, in: FH 11(1960), S.747-752.

16 Vgl. Helmut Gollwitzer, Der Staat Israel und die Araber, in: Diskussion. Zeitschrift des Bundesverbandes Deutsch-Israelischer Studiengruppen, Juli 1963, S.3-17, hier besonders S.14.

17 Heinrich Kerlen, Palästina, in: ders. (Hrsg.), Deutschland und Israel, West-Berlin 1964, S.12.

18 Abkürzung für "Palestinian Liberation Organization".

19 Vgl. Martin W. Kloke, Israel und die deutsche Linke. Zur Geschichte eines schwierigen Verhältnisses, Frankfurt a.M. 1990, S.63f (eine aktualisierte und erweiterte Neuauflage - mit einem Vorwort von Micha Brumlik - erscheint im Herbst 1993).

20 Vgl. beispielhaft die Berichterstattung in Konkret 8(1967), S.14-19.

21 Einzelheiten in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.65-81.

22 So Wolfgang Abendroth am 5.6.1967 in einem Offenen Brief an den Frankfurter Erziehungswissenschaftler Berthold Simonsohn, SDS-Nachlass im Archiv "APO und soziale Bewegungen" am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung an der Freien Universität Berlin (im folgenden: ZIFU, APO).

23 Der Konflikt im Nahen Osten. Dem SDS von der 22. Delegiertenkonferenz als Material überwiesen, in: SDS-Bundesvorstand (Hrsg.), Die XXII. ordentliche Delegiertenkonferenz des SDS. Resolutionen und Beschlüsse, S.49.

24 So löste der erste PLO-Vorsitzende Achmed Shukeiri weltweit - nicht nur in Israel - beklemmende Reminiszenzen an den nazistischen Vernichtungsantisemtismus aus, als er im Vorfeld des Sechstagekrieges die Drohung ausstiess, "die Juden ins Meer zu treiben", vgl. Susan Heenen-Wolff, Erez Palästina. Juden und Palästinenser im Konflikt um ein Land, Frankfurt a.M. 1987, S.120f.

25 Dass die jüdischen Einwanderer nicht selten aus "Mutterländern" stammten, in denen sie mitunter gnadenlos Pogromen und Liquidationen ausgesetzt worden waren, belegt die analytische Kurzschlüssigkeit einer prinzipiellen - letztlich unpolitischen - Reduktion des Palästinakonflikts auf seine koloniale Dimension. Nur am Rande sei schliesslich noch vermerkt, dass billigerweise auch dem Kampf der jüdischen Siedler gegen die britischen Besatzungstruppen im Palästina der vierziger Jahre ein antiimperialistischer Impetus zugestanden werden muss.

26 Vgl. Friedrich Schreiber, Michael Wolffsohn, Nahost. Geschichte und Struktur des Konflikts, Opladen 1987, S.207ff

27 Vgl. die Artikel 6 und 20 des palästinensischen Nationalabkommens von 1968 (der Text ist dokumentiert in: Yehoshafat Harkabi, Palästina und Israel, Stuttgart(2)1974, S.72-91).

28 Vgl. Frank Ulrich Alms, Gerechtigkeit und Frieden im Nahen Osten. Eindruck von der Beiruter Konsultation, in: ESG-Nachrichten vom 28.10.1968.

29 Das umgekehrte Akronym von "Harakat at-tahirir al-watani al-filastini" (Palästinensische nationale Befreiungsbewegung) ergibt "Fatah".

30 Vgl. Hans-Jürgen Benedict, Überlegungen nach einem Besuch in Jordanien, in: Junge Kirche 10(1968), S.581.

31 "Ein Autor, der Friedensaufsätze schreibt, kann doch nicht die Al Fatah feiern [...], ohne auch nur mit einem Wort ihr politisches Konzept zu kritisieren", so Helmut Gollwitzer, "Unkenntnis oder blinde Einseitigkeit". Eine Antwort auf Hans-Jürgen Benedics Antwort auf Martin Stöhrs Stellungnahme zur Beiruter Erklärung, in: ESG-Nachrichten vom 1.2.1969.

32 Einzelheiten in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.78f.

33 Eine marxistisch-leninistische Einzelorganisation der PLO.

34 "Dass die Vorbereitung der Reise unter einigen Geheimhaltungserfordernissen stand, hat eine adäquate verbandsöffentliche Diskussion verhindert", so der SDS-Bundesvorstand in einer Erklärung zur "Informationsreise nach Jordanien", in: SDS-INFO, Nr.19, 8(1969), S.3.

35 Vgl. "J.P.", Manipulation in Israel, in: Agit 883 vom 12.9.1969.

36 "'Nach Israel fahren wir erst, wenn es sozialistisch geworden ist'', so Bundesvorstandsmitglied Hans~Jürgen Krahl, zitiert nach: Süddeutsche Zeitung (SZ) 14./15.8.1969.

37 Vgl. SDS-INFO, Nr.19, 8(1969), S.3; siehe auch die Berichte von Rudolph Chimelli und Olaf Ihlau, Sommerlager studentischer Revolutionäre in Jordanien. Da war Hanoi doch etwas anderes, in: SZ vom 14./15.8.1969. Publizistische Unterstützung erfuhr dieser der Kritischen Theorie entlehnte "Third Worldism" besonders von der Zeitschrift "Konkret": Siehe dazu Michele Ray, Bei den Partisanen in Israel (Teil 1) vom 18.11.1968; dies., Palästina-Partisanen (Teil 2) vom 16.12.1968; Detlef Schneider, Die dritte Front vom 24.3.1969 und 8.4.1969.

38 "Teach in zum Besuch des israelischen Aussenministers Eban". Unterzeichner des Flugblatts: SDS, Generalunion Palästinensischer Studenten (GUPS), Israelisches Revolutionäres Aktionskomitee im Ausland (ISRACA/D), Trikont, Vereine der arabischen, iranischen und afghanischen Studenten, Frankfurt a.M., 18.2.1970 (vgl. SDS-Nachlass).

39 Vgl. den Text der "Plattform" (ZIPU, APO).

40 Vgl. Rundbrief des VDS vom 30.9.1972; Frankfurter Rundschau (FR vom 13.10.1972.

41 Auch in der konservativen Presselandschaft waren nun gelegentlich Stimmen zu hören, die ihre Besorgnis über die Bedrohung der demokratischen Rechtskultur ausdrückten: "[...] warum hat das Bundesministerium des Innern in den Verfügungen, mit denen es ein Verbot der palästinensischen Organisationen GUPS und GUPA erliess, den Eindruck erweckt, dass die gesamte Organisation al Fatah die Sicherheit der Bundesbürger bedrohe? Die Bundesregierung sollte unmissverständlich erklären, dass zu einer undifferenzierten Araberangst kein Anlass besteht", Harald Vocke, Spaltungen in al Fatah, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7.10.1972; siehe auch ders., Die grosse Araberrazzia. Zu mangelnder deutscher Sachkenntnis kommt Nervosität und israelischer Druck, in: FAZ vom 29.9.1972.

42 Dazu vgl. Verband Integrierter Studentenschaften (VIS) NRW / Verband der Studentenschaften an Fachhochschulen und Höheren Fachschulen (SVI) in der BRD und Berlin-West (Hrsg.), Dokumentation Araberausweisungen ... GUPS- und GUPA-Verbot, Wuppertal, Oktober 1972; Kurt Groenewold u.a. (Hrsg.), Politische Justiz. Dokumentation über den Ausweisungsterror an Palästinensern, Hamburg 1972; Stephan Baier, Araberhetze, Deportationen und Aufrüstung, Bericht und Dokumentation über die Ereignisse seit dem Massaker in München, in: ROTE ROBE. Organ des Südwestdeutschen Referendarverbandes vom 6.11.1972; Trikont-Verlagskooperative (Hrsg.), Der neue Antisemitismus. Die Liquidierung von Ausländerorganisationen in der BRD: Zum Verbot von GUPS und GUPA, München 1972; Hakam Abdel Hadi u.a., BRD, Israel und die Palästinenser. Eine Fallstudie zur Ausländerpolltik, Köln 1973.

43 Die Angaben über die genaue Zahl der Demonstrationsteilnehmer sind widersprüchlich: Während die SZ von "4000 zumeist jugendliche[n] Demonstranten" zu berichten wusste (SZ vom 9.10.1972), sprach Hans Weingartz, führender Vertreter des Bonner PK, von einer "10.000 Menschen umfassenden Demonstration" (Der Kampf gegen das GUPS/GUPA-Verbot: Teil des demokratischen und antiimperialistischen Kampfes in der BRD, in: Hadi, BRD, Israel, und die Palästinenser, S.191).

44 Vgl. das Vorwort zu den vom Projektbereich Internationalismus im SVI hrsg. "Materialien zum antiimperialistischen Kampf" 1(1973), S.3.

45 Siehe ebenda, S.5 ff., hier besonders S.6 (Auszug aus dem "Aufruf Zur Palästina-Woche").

46 "Dieses Bündnis darf unseres Erachtens nicht dadurch verengt werden, dass wir als Vorbedingung der Aktionseinheit die Zustimmung zu den Zielen und Formen der 'palästinensischen Revolution' und des Kampfes 'gegen das zionistische Israel' in all seinen Ausprägungen verlangen" (so der vom Marxistischen Studentenbund Spartakus, Sozialistischen Hochschulbund und den Juso-Hochschulgruppen getragene VDS-Bundesvorstand in einem Brief vom 26.10.1972 an die Mitgliedsverbände des Initiativkomitees gegen das Ausländergesetz (ebenda, Anhang).

47 Vgl. den Brief des SVI an den VDS vom 14.11.1972, in: ebenda, Anhang. Ähnlich lautend war auch der Beschluss des Arbeitsausschusses der ESG vom 24./25.11.1972, dokumentiert in: Al-thaura - Die Revolution. Organ des PK Bonn, Nr. 10, 12(1973), S.31.

48 Frühe Beispiele sind: DIE FRONT. Zeitschrift Zur Unterstützung des Befreiungskampfes der Völker des Nahen Ostens, hrsg. vom Sozialistischen Palästina-Komitee Heidelberg; Al-thaura. Die Revolution. Organ des Palästina-Komitees Bonn; Freies Palästina. Zeitung zur Unterstützung der revolutionären Kämpfe im arabischen Raum, hrsg. von den PKs Aachen, Bonn, Göttingen, Hamburg, Kiel und Münster.

49 Vgl. N.N., Grosse Erfolge der PLO. Der Terror der Zionisten kann die palästinensische Revolution nicht aufhalten!, in: Internationale Solidarität 12(1974), S.16; vgl. auch das Flugblatt Kölner Maoisten von Mitte Oktober 1976 (Was ist los im Libanon?): "Die Aktionen der tapferen palästinensischen Partisanen haben sich auf sämtlichen besetzten Territorien wie Jerusalem und Galiläa, Jaffa, Gaza, den Golan-Höhen und bis in die Höhle der Zionisten, Tel Aviv erstreckt" (ZIFU, APO); viele andere Belege in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.82-109.

50 Vgl. das Protokoll des Treffens vom 19.11.1977 (ISPA-Archiv Bonn).

51 Plattform der Nah-Ost- und Palästina-Komitees in der BRD und WestBerlin, in: Nahost-Zeitung, hrsg. vom Nahostkomitee Hamburg, Nr.1, 2(1978), S.7.

52 Vgl. N.N., Emanzipatoriscne Bewegung der Palästinenser, in: Agit 883 vom 28.8.1969.

53 N.N., Alle politische Macht kommt aus den Gewehrläufen, in Agit 883 v. 7.5.1970

54 So das "Kommando Michele Pirk" in einem Schmähartikel gegen den BfG-Bankier Walter Hesselbach, in: ebenda.

55 Im Sprachgebauuch der Zeit verstand man unter K-Gruppen die hauptsächlich von Studenten gegründeten kommunistischen Kleinparteien wie KBW, KPD/AO, KPD/ML.

56 Vgl. FAZ vom 13.11.1969: Berliner Polizei sucht Bombenleger unter den Linksradikalen; ferner Claus Menzel, Bohnerwachs im Sprengstoffpaket. Wie Westberliner Polizei und Presse der APO einen Sprengstoffanschlag anlasten wollten, in: Konkret vom 27.11.1969.

57 Schwarze Ratten TW, Schalom + Napalm, in: Agit 883 vom 13.11.1969.

58 Vgl. z.B. die "Erklärung zum Bombenattentat auf das jüdische Gemeindehaus in Berlin" des Frankfurter PK, in der den Tätern vorgehalten wurde, einer fatalen "Identifizerung jüdischer Institutionen [ausserhalb Israels] mit zionistischen Basen" Vorschub geleistet zu haben (zum Wortlaut vgl. SDS-INFO vom 1.12.1969, S.29 f.). Selbst das "Redaktionskollektiv 883" erschrak über die "ungeplante[n] und selbstmörderische[n] Aktionen" der einem "kleinbürgerlichen Anarchismus" verhafteten "Palästinafront" (vgl. Agit 883 vom 20.11.1969: Warum veröffentlicht 883 diese Flugblätter?).

59 Michael "Bommi" Baumann, Wie alles anfing, Duisburg (3)1986, S.75.

60 Agit 883 vom 20.11.1969.

61 Vgl. Ernst Spandau, Die Kunzelmann-Story, in: Konkret vom 13.8.1970; Dirk Blumenthal, Von der Apo ins Parlament, in: STERN vom 3.11.1983; Tilman Fichter, Der Staat Israel und die neue Linke in Deutschland, in: Karlheinz Schneider, Nikolaus Simon (Hrsg.), Solidarität und deutsche Geschichte. Die Linke zwischen Antisemitistaus und Israelkritik, Berlin-West 1984, S.93 ff.

62 Dieter Kunzelmann, Brief aus Amman (1), in: Agit 883 vom 27.11.1969.

63 Ders., Brief aus Amman (II). Das palästinensische Volk wird in seinem bewaffneten Kampf siegen, in: Agit 883 vom 3.4.1970.

64 Einzelheiten in: Aust, Baader/Meinhof-Komplex S.103-116.

65 Vgl. Kloke, Israel und die deutsche Linke, 5.105 ff

66 Vgl. Editorial, Solidarität am Wendepunkt, in: Orient-Express. Informationsdienst der Orient (Nahost-Mittelost)-Kommission der Liga gegen den Imperialismus, Nr.3, 12/1979-1/1980, S.1.

67 Peter Tautfest, Palästina-Solidarität nach Indochina, Holcaust und Camp David in: Befreiung Nr.17/18, Frühjahr 1980, S.113; siehe auch Kursbuch 57, Der Mythos des Internationalismus, West-Berlin, Oktober 1979.

68 Weitere Einzelheiten in: Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.109 ff

69 Ebenda, S.137-143.

70 Wolfgang Pohrt, Entlastung für Auschwitz. Palästina, Israel und die Deutschen, in: taz vom 28.6.1982.

71 Joschka Fischer, Israel - Ein Alptraum der deutschen Linken, in: Pflasterstrand (Sondernummer Palästina) 9(1982), S.50.

72 Andreas Kohlschütter, Ein Blutbad wie im Mittelalter. Wie Assad die Stadt Hanna mit Tod und Zerstörung überzog, in: Die Zeit vom 2.4.1982.

73 Vgl. Der Spiegel vom 14.11.1983 (Nahost: Arafats Endkampf in Tripoli) und vom 21.11.1983 (Libanon. Stunde der Vergeltung).

74 Vgl. beispielhaft folgende taz-Artikel: 28.5.1985 (Berichte von Massakern aus Beirut. Keine Hilfe für Palästinenser); 29.5.1985 (Libanesisches Roulette); 3.6.1985 (Das Lager Sabra ist ein Trümmerhaufen); 7.6.1985 Tagesthema: Der Krieg gegen die Palästinenser in Beirut).

75 Beate Seel, Wo bleibt der Aufschrei? Beredtes Schweigen zum Lagerkrieg im Libanon, in: taz vom 10.2.1987.

76 Vgl. die - bei aller Polemik - dennoch lesenswerten Ausführungen von Henryk M. Broder, Die Opfer der Opfer oder: Warum die Palästinenser ihren deutschen Freunden eigentlich wurscht und scheissegal sind, in: Kommune. Forum für Politik und Ökonomie vom 5.7.1985.

77 Pohrt, Entlastung für Auschwitz, S.7.

78 Vgl. Martin W. Kloke. Kathartische Zerreissproben: Zur Israel-Diskussion in der Partei "Die Grünen", in: Herbert A. Strauss, Werner Bergmann, Chritsthard Hoffmann (Hrsg.), Der Antisemitismus der Gegenwart, Frankfurt a.M. 1990, S.124-128.

79 Vgl. Kloke, Israel und die deutsche Linke, S.130-136.

80 Vgl. ebenda, S.153-163.

81 Vgl. Martin W. Kloke, Und (k)ein bisschen weiser...? Westdeutschlands Linke im Konflikt um Israel, in: Ralph Giordano (Hrsg.), Deutschland und Israel: Solidarität in der Bewährung. Bilanz und Perspektive der deutsch-israelischen Beziehungen, Gerlingen 1992, S.133 ff.

82 Vgl. Hans Magnus Enzensberger, Ausblicke auf den Bürgerkrieg, in: Der Spiegel vom 21.6.1993.

 

in: Wolfgang Benz (Hg.), Jahrbuch für Antisemitismusforschung 3, FfM/New York: Campus 1994

 

Editorische Anmerkungen:

Der Text ist eine Spiegelung von: http://www.link-f.org/leute/w.fruth/deas/deas021.html