Weinstock, Nathan, Das Ende Israels?
Nahostkonflikt und Geschichte des Zionismus,
herausgegeben von von Eike Geisel und Mario Offenberg
Westberlin 1975

Nathan Weinstock
I. Die Entstehungsgeschichte Israels von 1882-1948 27
1. Eine marxistische Interpretation des jüdischen Problems 27
2. Bedeutung und Entstehungsgeschichte des Zionismus 50
3. Palästina zum Zeitpunkt der Geburt des Zionismus 69
4. Die Anfänge der zionistischen Ansiedlung in Palästina 81
5. Der Zionismus, das türkische Reich und die Araber 90
6. Der erste Weltkrieg und die Balfour-Deklaration 100
7. Die britische Politik in Palästina (1918-1939 112
8. Die Entwicklung des jüdischen Gemeinwesens in Palästina unter dem britischem Mandat 129
9. Die arabische Nationalbewegung in Palästina zwischen den beiden Weltkriegen 146

10. Die Palästinensische Arbeiterbewegung 1918-1939 162
11. Das britische Weißbuch von 1939 und der 2. Weltkrieg 174
12 Das Ende des britischen Mandats 188

Mit der virtuellen Wiedergabe des I. Kapitel beenden wir das Wiederzugänglichmachen dieser vergriffenen Schrift. Sowohl das II. Kapitel "Charakter und Entwicklung des Staates Israel (1948-1970)" als auch die Einleitung der Herausgeber, die Vorbemerkung des Verfassers und die Matzpen-Dokumente bringen aus unserer Sicht keinen Erkenntnisgewinn über die Entwicklung des Staates Israel, betrachtet unter dem Gesichtspunkt von Klassen- und Klassenkämpfen.

"Das Buch diente lediglich dazu, das gute Gewissen von bekennenden und unbewussten Antisemiten zu nähren.", schreibt Nathan Weinstock heute nach mehr als 30 Jahren. Damit reduziert er den Anspruch seiner Untersuchung auf das Niveau einer politischen Kampfschrift. Dem können wir uns nur bedingt anschließen. Zwar ist seine damalige trotzkistische Orientierung und die seiner Herausgeber überdeutlich zu spüren, doch führt sie nach unserem Erkenntnisstand nicht zu tief greifenden Geschichtsklitterungen(1) in den reprinteten Teilen. Schließlich existiert unseres Wissens keine vergleichbar geschlossene Darstellung der Entstehungsgeschichte Israels vom Standpunkt des historischen Materialismus.

So, wie die deutschsprachige Linke sich mehrheitlich unter dem Einfluss der "Antideutschen"(2) gegenwärtig zum Krieg in Nahost und seiner Genese inhaltlich positioniert hat, ist eine Untersuchung vom Standpunkt des historischen Materialismus auch nicht zu kriegen, stattdessen dominiert der "Anti-Antisemitismus", das heißt eine auf der Basis der Massenpsychologie und der Ideologiekritik daherkommenden Behandlung der Klassenauseinandersetzungen in Nahost.

Die Herausgeber im Dezember 2004

Anmerkungen

1) Außer in Bezug auf die Darstellung der Rolle der Sowjetunion, was aber im Hinblick auf den behandelten Gegenstand im Kapitel I nicht allzu schwer wiegt. Bedeutsam wird dies im Unterkapitel "Das Ende des britischen Mandats", wo die treibende Rolle des SU im Hinblick auf die Staatsgründung Israels und die Unterstützung der damaligen kommunistischen Weltbewegung nahezu ausgeblendet wird. Siehe dazu von Paul Merker: Der neue Staat des jüdischen Volkes. Erst im II. Kapitel tritt tatsächlich der Effekt ein, von dem der Autor heute spricht, wenn als Meßlatte für eine linke Position, die Anerkennung des Staates Israel genommen wird. 

2) Siehe dazu: Thomas Haury, Der neue Antisemitismusstreit der deutschen Linken, in: Neuer Antisemitismus, Hrg.: Rabinovici, Speck, Snaider, Ffm 2004