Editorial
so goes it not


von Miriam Verleger

01/03
 
 
trend
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In einem der letzten von KommunistInnen regierten Orte im südlichen Portugal mache ich gerne Urlaub, wenn es hier nur Pisswetter gibt. Aber nicht nur deshalb, sondern auch weil sie dort in ihrer Stadtbibliothek einen open terminal haben.

Mit diesem  – so hoffte ich – könnte ich während meines Winterurlaubs die zur Veröffentlichung in der Januarausgabe bestimmten Artikel lesen und das Editorial posten. Doch Pech gehabt, während der Jahresendfeiertage findet in Portugal kein Klassenkampf statt. So sehn es jedenfalls die KommunistInnen, ergo braucht mensch auch keine (revolutionäre) Theorie. Die Bibliothek war geschlossen, die virtuell arbeitende Redaktion mithin für mich nicht erreichbar.

Ins Netz zurückgekehrt fand ich die Januarausgabe in ihrer jetzigen Fassung vor. Sie enthält u. a. zwei Artikel, die sich den brennenden Fragen der radikalen Linken widmen und beide auf ihre Weise zeigen: so goes it not.

Da entwickelt Daniel Dockerill Verständnis für die antideutsche Haltung zur Nahostfrage incl. deren Sympathien für den US-Imperialismus. Behilflich sind ihm dabei Trotzkys Schriften. Ebenfalls mit theoretischen Blick zurück kommt Helmut Loeven zu völlig entgegen gesetzten Auffassungen und beschimpft die Antideutschen als „dummfreche Jungen“. 

Sowenig wie bei der Beurteilung der hiesigen Sozialraubpolitik klassenanalytische Überlegungen Teil der Analyse sind, so theoretisch ausgedünnt geht die Linke an die  Einschätzung der Nahost-Situation heran. Dafür stehen diese beiden Artikel nun mal leider exemplarisch. 

Wer schafft den Mehrwert, wer beutet wen aus, welche Kapitalfraktionen ziehen welchen Nutzen aus dem Krieg in Nahost? Welchen internationalen Verflechtungen ist das dortige Kapital unterworfen? Welche Klassen herrschen? Etc. etc. Solche Fragen spielen im Kanon der schnellen Behauptungen über die Lage in Nahost keine Rolle. Eine rühmliche Ausnahme findet sich  - schon wieder Monate zurückliegend - im trend  7-8/02: Der politische Bankrott der PLO  und die Wurzeln der Hamas. Im besten Fall reicht es halt zu einem Kommentar wie etwa zum „Ja!“ der Grünen zum Überfall auf den Irak.

Von tatsächlich anderer Qualität ist der aus dem wildcat-Spektrum stammende Artikel China -Klassenkämpfe im Wirtschaftswunder. Daneben gibt es in dieser Ausgabe natürlich weitere lesenwerte Artikel, so z.B. über Querfrontprojekte in Frankreich und Österreich. Kurzum: Diese Ausgabe hat mir bis auf obige Artikel wieder gut gefallen.