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von Gruppe.Internationale.Webteam

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Eine Antwort auf das Leitartikel-Tribunal gegen das gruppe.internationale.webteam in der jüngsten Ausgabe der PDS-Bezirks-Jugendzeitung ROTDORN  „Die als Überschrift des Internetpamphlets gewählte,  pseudorevolutionäre Phrase ist keineswegs nur als rhetorische Floskel gemeint, sie soll Handeln evozieren. ... und willst Du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich Dir den Schädel ein." Wolfram Kempe, ROTDORN, Ausgabe 34

In der jüngsten Ausgabe des ROTDORN haben Redaktion und lokale Größen der PDS große publizistische Anstrengungen geleistet. Allerdings nicht, um etwa die von uns und anderen linksradikalen Gruppen erhobene Kritik an tendenziöser Berichterstattung und Heft-Qualität in eine offene Debatte im Heft überzuleiten. Nein, mit einer ganzen Batterie parteioffiziöser Leitartikel werden die Kritiker unsachlich angeschossen und für bekloppt erklärt, ihre Kritik oberflächlich zurückgewiesen. Schlimmer noch: Sie werden von gehobenen Mitgliedern der kommunalen und der Landesregierung als gewalttätig und gefährlich gebrandmarkt, 50er-Jahre-ND-Säuberungsjournalismus, im „Zwergenformat" der PDS. Und im restlichen Heft geht die völlig einseitige Darstellung des Themenkomplex Irak-Krieg / Nahost-Konflikt unverändert weiter, in der bekannten Mischung mit „Berliner-Kurier-Entertainment" und Jugend-Parteipropaganda.

Heilige zwei Könige im ROTDORN

Zu aller erst wollen wir mit einigen dreisten Lügen in den drei Statements von ROTDORN-Redaktion, Wolfram Kempe (PDS) und Klaus Lederer (PDS) aufräumen. Besonders die von der Redaktion formulierte Stellungnahme zu den Vorwürfen „der Antideutschen" strotzt nur so von Übertreibungen, Projektionen und Tatsachenverdrehungen. So schreibt sie in ihrer Stellungnahme, daß sie in der Debatte versucht hat, sich "von den Vorwürfen zu distanzieren". Dabei hatten wir gehofft, sie würde sich vielleicht einmal mit den Vorwürfen auseinandersetzen. Wir haben der Redaktion aber nicht ihre, inzwischen eingeräumten, Nachlässigkeiten vorgeworfen, die grotesken Karikaturen in ihren Heften oder die fehlende oder falsche Kennzeichnung von Zitaten. Schon gar nicht, daß sich die Autoren und Redakteuren des Heftes nicht steigern würden, im Gegenteil - genau das tun sie ja! Sie steigern sich! Wir werfen dem ROTDORN vor, daß sich dieses an Schulen verteilte PDS-Jugend-Magazin seit der „Friedens-Sonderausgabe" im Herbst 2001 mit jedem Heft inhaltlich gesteigert hat, jede neue Ausgabe noch antiamerikanischer, noch antizionistischer war als die vorherige.  Die Stellungnahme in der aktuellen Ausgabe spiegelt ein bekanntes Problem aller eben doch nicht parteiunabhängigen Organe wieder, aus dem inhaltlichen Streit heil herauszukommen, ohne sich inhaltlich mit der Kritik auseinandersetzen zu müssen. Entsprechend ist über den Inhalt der Kritik in der Redaktions-Erklärung wenig zu lesen, man flüchtet sich in Formalien, die niemanden interessieren. Wenn es versäumt wird, vor Veröffentlichung Texte zu redigieren, ist das natürlich „nur" ein formales Problem - aber daß der Autor so einen Müll schreibt, ist eben ein inhaltliches. Darauf gehen weder Redaktion noch Autor näher ein, und so bleibt der Grund der Kritik bestehen.

Wolfram & Klaus in da House

In dieser Erwiderung versuchen wir, in angemessener Form auf die Darstellungen und Fragen einzugehen, die in den drei Anklageschriften von der ROTDORN-Redaktion, Klaus Lederer und Wolfram Kempe formuliert werden. Doch zuerst dies: Die Zusammensetzung dieses Tribunals gegen uns steht dem ROTDORN schlecht zu Gesicht, wenn er sich wirklich als „unabhängige linke Jugendzeitschrift" versteht. Nicht deshalb, weil wir die Genossen Kempe und Lederer als üble Burschen betrachten.

Es geht um ihr Auftreten im ROTDORN in ihren Funktionen: Wie sieht es denn aus, wenn eine Jugendzeitschrift, die unabhängig sein will, sich gegen ihr linksradikales Umfeld verteidigt mit Hilfe von Parteigrößen, die Legislative, mittelbar sogar Exekutive Aufgaben in Bezirk und Land erfüllen? Erbärmlich sieht`s aus. Wir haben uns gefragt, ob man auf regierungsoffizielle/halbamtliche „Partei-Sozialisten-Statements" überhaupt näher eingehen sollte. Wir tun dies nun.

kommunistisch, nicht links, Klaus!

Krieg den deutschen Zuständen! Allerdings! Sie stehn unter dem Niveau der Geschichte, sie sind unter aller Kritik, wie der Verbrecher, der unter dem Niveau der Humanität steht, ein Gegenstand des Scharfrichters bleibt. Mit ihnen im Kampf ist die Kritik keine Leidenschaftlich des Kopfes, sie ist der Kopf der Leidenschaft. Sie ist kein anatomisches Messer, sie ist eine Waffe. Ihr Gegenstand ist der Feind, den sie nicht widerlegen, sondern vernichten will. Karl Marx

Klaus Lederer, der differenzierter schreibt als ROTDORN-Redaktion und Kempe, versucht uns und den LeserInnen des Rotdorns seine eigenen Ansichten als Allgemeinplätze zu verkaufen. Er selber erkennt nicht, daß er dabei in die Falle stolziert, die den „linken ReformistInnen" im und um den Rotdorn herum gestellt wurde. Er formuliert nämlich offen seine „linke" Sicht auf die „Lage der Nation" und formuliert als geübter Lokalpolitiker folgendes: „Wenn es für „links sein" in der historischen Erfahrung des letzten Jahrhunderts noch ein Synonym gibt, dann lautet es (in der Kürze etwas banal): Eingreifen in gesellschaftliche Kräfte-Auseinandersetzungen, Partei beziehen für die Marginalisierten, für Solidarität, Frieden und die sozialen Notwendigkeiten aller. Hier gibt es viele Optionen und reale Konfliktlinien, und (bei aller Kritik an abgestaubten - nichtsdestotrotz nach wie vor populären Vorstellungen) auch handelnde Akteure, Adressaten mit Bewegungsspielräumen, die Möglichkeit Druck zu erzeugen, die Perspektive politischer Veränderung." Nett formuliert, aber nichts weiter als ein Versuch, mit jeglicher Hoffnung auf die kommunistische Utopie, und damit auf Emanzipation, zu brechen. Und weiter von Lederer sehr richtig erkannt, ein sehr einfallsloser Versuch. Die stark verkürzten Formulierungen von Klaus Lederer mögen zwar für den realpolitischen Funktionär aus der PDS interessant sein, aber nicht für linksorientierte Jugendliche oder gar linksradikale Gruppen.

Wenn das Wort „Bewegungsspielräume" im Zusammenhang mit „Perspektive politischer Veränderung" fällt, ist die Kacke richtig am Dampfen. Reformismus? Zur Erinnerung, uns geht es nicht um eine irgendwie geartete „politischer Veränderung", nein wir wollen „alle Verhältnisse umwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist (1)". Oder praktisch gesprochen: „Die Auflösung von Deutschland und die gerechte Verteilung des gesamten gesellschaftlichen Reichtums (2)"!

Dies ist auch der evidente Unterschied zwischen einer/m „kosmopolitischen (3)" Kommunistin/en und einer/m „globalisierungskritischen" Linken. Wir denken, bevor wir schreiben? Nein keineswegs, die Ausgangslage ist eine andere. Wir, die noch eine kommunistische Utopie verfolgen, können das Unmögliche noch denken - die vollständige Emanzipation vom Wahnsinn: Ware, Geld, Volk, Nation und Staat. Diejenigen, die diese Utopie nicht nachvollziehen können oder wollen, denken in den üblichen geregelten Bahnen, also immer innerhalb dieses Systems.

Jugendzeitung national statt lokal

Das gilt auch für fast alle im ROTDORN repräsentierten Inhalte!  Zum Thema Frieden und Deutschland sei euch nur dies gesagt: Eure „ohrenbetäubenden Reden" von den Verbrechen und vom Krieg anderer, eignen sich besonders gut, um die Verbrechen des eigenen Landes nicht wahrzunehmen. Seit dem Ausbruch der „Wir sind wieder wer" - Stimmung 1990 trifft Deutschland regelmäßig auf alte Fronten. Wieder einmal militärisch gegen Serbien, wieder einmal für Staatengründungen entlang völkischer Linien, wieder einmal für kroatische Faschisten und wieder einmal zusammen im Bündnis mit Antisemiten im Nahen Osten. In der Debatte um die Frage, ob Deutschland im Namen der Menschenrechte als „ultima ratio" Krieg führen dürfe, ging es immer um die Mittel, nie um die Frage der Motive. Dies sollte Thema in eurer Zeitung sein.

Überhaupt: Wenn eine Jugendzeitung sich als eine politische, linke und lokal verbreitete versteht, dann müßte in der Berichterstattung das Hauptaugenmerk auf den lokal- und innenpolitischen Themen liegen, der „Auslands-Teil" ist unserer Ansicht nach die „Kür". Und genau diese „Kür" sollte eben nicht versuchen, mit einem gefährlich „naiv-verklärten" Blick von „Gut und Böse" zu argumentieren, sondern sich der Analyse und Kritik hingeben. So war es doch auch während des Krieges gegen Rest -Jugoslawien möglich, gegen die NATO-Intervention und die deutsche Beteiligung kritisch Stellung zu beziehen, ohne nun gleich zwanghaft als „Milosevic-Fanclub" durch die Straßen ziehen zu müssen. Und was da im ROTDORN unter Lokalpolitik verstanden wird, ein Kneipentest und Interviews mit Lokal-PolitikerInnen aus der PDS zu Wahlkampfzeiten, fällt wohl eher unter die Kategorie „Werbung".

mit Wolfram Kempe beim staatsaffirmativen Glashaus-Weitwerfen

Die Spekulationen von Wolfram Kempe wollen wir hier nicht einzeln auseinander pflücken, doch einige Vorwürfe verlangen nach Richtigstellung. Unsere Kritik an der Berichterstattung im Rotdorn zielt eben nicht auf die Zeitung als Objekt, sondern auf die mehrheitlich präsentierten Inhalte innerhalb dieser.  Zuerst stellt sich uns aber die Frage nach der Motivation eines Geschäftsführers einer Bezirks-Regierungs-Fraktion, in seiner knapp bemessenen Zeit auch noch Anklageschriften in eine - Zitat Kempe - „einfache Zeitung Jugendlicher" setzen zu lassen. Haben wir mit unserer Kritik schlafende Hunde geweckt?

Oder in einigen Aspekten den berühmten wunden Punkt getroffen?  Was es auch sein mag, wir wundern uns jedenfalls, mit welchem Temperament Wolfram sich hier um Kopf und Kragen formuliert. Verschämt schweigen wir zum Vorwurf des Fraktionsgeschäftsführers, wir seien staatsaffirmativ...

Wenn er schreibt, wir hätten nur „läßliche formale Fehler im inkriminierten Text der Ausgabe Nr. 33" kritisiert, blendet er völlig aus, daß unsere Kritik keine formalen Entgleisungen im Visier hatte, sondern inhaltliche. Im betreffenden Text ging es uns um die massive Verdrängung und damit Relativierung des Holocaust. Und ganz nebenbei um den plumpen, typisch deutschen Antiamerikanismus, der sich an den üblichen Schablonen „Indianermord", „Hiroshima" und zum als „Kriegsverbrechen der anglo-amerikanischen Bomber in Dresden" erklärten Luftangriffen mal wieder austoben durfte. Im Ganzen ging die Kritik darauf hinaus, dem „linksdeutschen Bibelkreis (4)" mal den Spiegel vor das Gesicht zu halten. Wer sich „als Teil der antifaschistischen Bewegung in Berlin" versteht und sich sogar selbst attestiert, „dementsprechend" zu agieren, der muss bei einem solchen Auftreten mit Kritik aus dieser Bewegung rechnen und sich entsprechend verhalten.

Die Kritik, die sich mit diesem Inhalt befaßt, ist die Kritik im Handgemenge, und im Handgemenge handelt es sich nicht darum, ob der Gegner ein edler, ebenbürtiger, ein interessanter Gegner ist, es handelt sich darum, ihn zu treffen. Karl Marx

politisch nicht nur polemisch !

Viele subjektive Projektionen werden uns gegenüber geäußert. Eine typische Projektion aus der ROTDORN-Redaktion ist: Die Redaktion ist natürlich unschuldig, und alle anderen, die dies nicht so sehen, sind eben „Antideutsche", und damit ist ihre Kritik mehr oder weniger unerheblich. Wir bleiben bei unserer Meinung, verweigern uns aber trotzdem, in dieses Konstrukt „Antideutsche" hineinverallgemeinert zu werden. Wer sich „deutschlandkritisch" positioniert und das auch noch kommunistisch begründet, wird schnell mit den Distanz-Keulen „antideutsch", „bellizistisch (5)" oder gar „Sharon-Linke" aus der Debatte geholzt. Diese Brandmarkungen sind verbunden mit der stillen Hoffnung, daß nun endlich mal bei den „an einer Universität" herumlungernden StudentInnen ein wenig Dreck hängen bleibt. Im allgemeinen, treffen diese aus dem Hinterhalt erhobenen Pauschalurteile nicht zu, zeichnen dafür aber deutlich ein Bild von den Kritikern, die diese erhoben haben.  Die Auseinandersetzung ist viel älter als es die ROTDORN-Redaktion in ihrem Text zugibt. Das wissen auch alle Beteiligten sehr genau. Sie lässt sich auch nicht zwangsläufig auf die gegensätzlichen Koordinaten „antiimperialistisch" und antideutsch" reduzieren. Auch das glauben die zur Hilfe geeilten großen Brüder von der PDS zu wissen. Wer uns vorwirft, wir hätten von der ROTDORN-Redaktion behauptet, sie sei eine „besonders perfide Form von Braunhemden" die mit dem „Geld von dem Sozialdemokratismus zuneigenden Arbeiterverrätern - der PDS - antisemitische und antiamerikanische Ressentiments unter „der" Jugend sähen", hat unseren Text nicht gelesen, nicht begriffen, oder will einfach nur gehässig und unsachlich gegen uns polemisieren.

was soll man da noch machen...

Quo vadis? Nach dem durchsehen der neuesten Ausgabe geht es uns eigentlich nicht mehr um einen kritischen Dialog. Schon wieder drei Texte vom „Alterspräsidenten des ROTDORNs", Klaus Körner, und dann noch der übliche Rest, gleichbleibend schlecht, einfach nicht der Rede wert. Für uns geht es jetzt in erster Linie um die Richtigstellung der menschenverachtenden Äußerungen und pseudo-linken Bibelsprüchen. Schon über ein Jahr warten wir darauf, dass sich die ROTDORN-Redaktion zu den von ihnen veröffentlichten Texten äußert, und zwar als Redaktion! Öffentlich und nicht einzeln in der Kneipe. Seit dem Erscheinen der Ausgabe 31 im Oktober 2001 ist der Redaktion mehrmals schriftlich unsere Kritik übermittelt worden. Natürlich haben wir auch die Kritik einer begrenzten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, nicht als Denunziation, sondern als Information.

Ein Jahr verstrich, und bei uns kam keine Reaktion der Heftmacher an, aber dafür wurden noch schaurigere Texte in den folgenden Ausgaben veröffentlicht. Auch in der aktuellen Ausgabe bleibt die Redaktion dieser Strategie treu, einerseits wird zugegeben, daß einige Formulierungen „mißverständliche Färbung haben bzw. mißverstanden werden könnten" und eine Zeile weiter wird sich sogar artig entschuldigt, aber der Inhalt hat sich kaum verändert. Der Eindruck, daß eine „linke unabhängige Jugendzeitung" langsam aber sicher zum „bürgerlichem Nahost-Recherche Blatt" verkommt, drängt sich uns auf: Nicht nur uns!  Die Redaktion sieht sich weiterhin als Opfer der Kritik, und will einfach nicht verstehen, daß ihr Verhalten jedes mal der Auslöser weiterer, noch viel härterer Kritik war und sein wird. So ist auch zu verstehen, warum die Wahrnehmungen der zwei angeblichen „Aussprachen" bei uns und der ROTDORN-Redaktion so grundsätzlich anders sind. Die Selbstsuggestion als Opfer verschwörerischer „Antideutscher" muß innerhalb der Redaktion aufrechterhalten werden, auch wenn dabei dreist gelogen wird. Tatsache ist doch, daß eine Veranstaltungsankündigung irgendwo im Heft nun mal keine Einladung an uns ist. Weiterhin stimmt auch die unverschämte Behauptung nicht, daß der ROTDORN uns nach dem [nu pagadi]-Festival ein „zweites Mal" zum „Reden" eingeladen habt. Von dieser „Aussprache" waren einige Menschen von der Redaktion schon im Vorfeld ausgeladen worden, und wir wurden, wie bei der ersten „Veranstaltung", erst gar nicht eingeladen.

reflektiert antideutsch - nicht affirmativ deutsch !

Hierzulande ist der unbedingte Pazifismus nichts als pures Ressentiment derjenigen, die es dem Weltpolizisten USA verübeln, daß er ihren Eltern das friedliche Morden in Auschwitz ausgetrieben hat. Wolfgang Pohrt

„Seit über dreißig Jahren streiten deutsche Linke darüber, wie die hehren theoretischen Ansprüche und die gesellschaftliche Realität in Einklang zu bringen wären", schreibt Wolfram Kempe in seinem Text. Da hat er mal wieder unrecht. Die Auseinandersetzung um „die" Theorie und „die" Praxis ist viel älter, und „geistige Verirrungen" mögen nichtsdestotrotz sehr oft an der „Tagesordnung" gestanden haben, Antiamerikanismus gehört dazu. So schreibt die Gruppe Les Croquembouches, daß die „Anschlußfähigkeit der Linken in Deutschland an das Ressentiment" erschreckend sei. Weiter heißt es in ihrem Text „The New Roman Empire": „Doch reproduziert die hiesige Linke nicht nur, allzu oft ist sie auch Stichwortgeber. Möglicherweise greift gerade die Linke in historisch spezifischen Situationen auf ein Repertoire an Ressentiments bezogen auf die USA zurück, das seit knapp 200 Jahren anscheinend jederzeit hervorgeholt werden kann. Daß eine radikale emanzipatorische Kritik der Verhältnisse dabei auf der Strecke bleibt, versteht sich von selbst." Schließlich stellt die Gruppe Les Croquembouches richtig fest, daß Antiamerikanismus eine „konformistische Rebellion" ist, die sich „an nicht Erreichbarem schadlos halt". Die eigene Autorität wird nicht kritisiert, sondern mit ihr wird sich „identifiziert", um an ihr „teilzuhaben".  Der Chor der Anklage uns gegenüber ist vielstimmig, und trotzdem eindeutig. Der Vorwurf, quasi als „Antideutsche" automatisch schon wieder „deutsch" zu sein, ist der am meisten erhobene. Doch diesen müssen wir prompt wieder an den ROTDORN und seine Verteidiger zurückgeben. Die Rückbesinnung auf eine irgendwie geartete „ostdeutsche Linke", die sich „gegen die materielle Fremdbestimmung durch das westdeutsche Kapital genauso wie gegen die ideologische Fremdbestimmung durch die westdeutsche Linke" gerichtet habe, ist weder fortschrittlich noch irgendwie lustig.  Der einfache Umstand, daß vor allem in Deutschland das anzuzweifelnde Recht, „die eignen Fehler selber zu machen und unter Umständen das Fahrrad zum zweiten Mal zu erfinden" regelmäßig zu völkisch motivierter Grausamkeit und Vernichtung führt, scheint egal zu sein. Hermann L. Gremliza schreibt zu diesem Thema: „Antiamerikanismus, der nicht Antikapitalismus ist und also sich hierzulande nicht zuerst gegen das nationale Kapital und seine Gesellschaft richtet, erweist sich von rechts bis links - als mindestens nationales, häufig völkisches Ressentiment".

Es scheint so, als ob in ihrer Verzweiflung, Angesichts der von ihnen analysierten Lage, den ROTDORN-Redakteuren und ihren Verteidigern nur noch ein „protestantisch geprägter Linkspluralismus" übrig bleibt, der ihnen die Hoffnung gibt, selber besser zu sein als der „Rest der Welt". Daß so etwas leicht in verkürzter Kapitalismuskritik, antisemitischen Projektionen und plumpen Antiamerikanismus endet, ist nicht gerade neu. Linke Kritik in diesem Land muß zuerst die herrschenden Zustände hier und jetzt thematisieren, nicht die „anderen Schweinereien" irgendwo in der Welt. Unsere Anforderung an euch war, die Kritik am „Fremden" zu unterlassen und statt dessen eigene Verstrickungen zu analysieren und die Auflösung der hier herrschenden Zustände zu betreiben, individuell sowie innerhalb der deutschen Sozialgemeinschaft. In diesem Sinne wünschen wir der ROTDORN-Redaktion viel Erfolg bei der Selbstreflektion und einen hohen Erkenntnisgewinn.

Anhang:

1 frei nach Karl Marx
2 aus dem linksradikalen Aufruf zur Demonstration während der Antifa-Aktionswoche 2003
3 weltweit verbreitet
4 Schmähname aus der linksradikalen Szene, bedeutet „ROTDORN-Redaktion"
5 kriegstreiberisch

weitere Informationen findet ihr unter:

„...den Rotdorn von der Straße fegen!" vom GI.Webteam
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/gi/rotdorn.pdf
„Das Letzte ... Imperialismus!" von Ralf Fischer

http://www.nadir.org/nadir/initiativ/gi/imperialismus.pdf

„The New Roman Empire." von Les Croquembouches
http://www.copyriot.com/sinistra/reading/croq01.html

 

Editorische Anmerkungen

Der Text wurde uns am 12. Jan. 2003  von der  gruppe internationale gi@mail.nadir.org mit der Bitte um Veröffentlichung zugeschickt.