Der Gründungskongreß der Grünen in Karlsruhe hat durch
«eine Beschlüsse zum Ausschluß der autonomen, bunten und alternativen
Delegierten vom Kongreß und zur Doppelmitgliedschaft deutlich gemacht, daß
eine Zusammenarbeit von Grünen, Bunten und Alternativen auf der Grundlage der
Gleichberechtigung nicht möglich ist. Im Gegenteil, es besteht die Gefahr,
daß die Bunten und Alternativen in die gleiche Rolle gedrängt werden, wie sie
die Juso« in der SPD spielen und daß die grüne Partei selbst mehr und mehr den
Part eines ökologisch orientierten bürgerlichen Wahlvereins spielen wird.
I.
Die Bunten und Alternativen Listen haben - entsprechend
ihrem Beschluß vom Frankfurter Beratungskongreß -
autonome Delegierte für den Karlsruher Gründungskongreß einer grünen, Partei
gewählt, weil
- nur so gewährleistet werden konnte, daß die in der
politischen Praxis der Bunten und Alternativen Listen gewachsenen Inhalte
auf dem Gründungskongreß eingebracht werden,
- nur durch einen Zusammenschluß der 'SPV-Die Grünen'
und der Bunten und Alternativen Listen wirklich ein neuer politischer
Anfang mit Aussicht auf Massenunterstützung möglich ist,
- ein Zusammenschluß gleichberechtigter Partner in der
Logik der bisherigen Vorbereitungen des
- Gründungskongresses
liegt, nach dem es den Offenbacher Kongreß der
Grünen, Bunten und Alternativen, die gemeinsame Programmkommission und die
gemeinsame Satzungskommission gegeben hat.
Eine Mehrheit de« Gründungskongress
hat die gleichberechtigte Teilnahme der autonomen Bunten und Alternativen
Delegierten abgelehnt. Sprecher der Grünen haben vorgebracht:
- den Mitgliedern der Bunten und Alternativen Listen
habe es freigestanden, der 'SPV-Die Grünen'
beizutreten und sich dort an den Delegiertenwahlen
zu beteiligen. Wir weisen dieses Argument zurück. Nur durch die Wahl
autonomer Delegierter, die durch imperatives Mandat an die Vertretung alternativer
und bunter Positionen auf dem Gründungskongreß gebunden sind, ist
sichergestellt, daß die Bunten und Alternativen ihre Positionen
gleichberechtigt einbringen. Im Übrigen ist es
unzutreffend, daß in allen Bezirks- und Landesverbänden
der 'SPV-Die Grünen' Mitglieder Bunter und Alternativer Listen die Aufnahme
gestattet worden wäre. So ist z.B. Mitgliedern der Alternativen Liste Bremen
die Mitgliedschaft in der SPV mit dem Hinweis auf ihre Mitgliedschaft in der
AL Bremen verweigert worden.
- Den Bunten und Alternativen Listen sei bisher
ausreichend Gelegenheit gegeben worden,, an der Vorbereitung des
Gründungskongresses mitzuwirken. Wir weisen dieses
Argument zurück. Die Mitarbeit von wenigen Mitgliedern Bunter und
Alternativer Listen in der gemeinsamen Programm- und Satzungskommission
kann nicht die gleichberechtigte Teilnahme auf dem Gründungskongreß
ersetzen.
- Der Bundeswahlleiter würde Einwendungen erheben, wenn
auch autonome Delegierte der Bunten und Alternativen Listen an der Gründung
der Partei mitwirken würden. Auch diese« Argument ist unzutreffend. Der
Bundeswahlleiter hat nichts, aber auch gar nichts über die Gründung einer
neuen Partei zu befinden. Für die Gründung einer neuen Partei gilt
vielmehr der Satz, daß sie 'frei'
ist -d.h. diejenigen, die die Partei gründen, bestimmen autonom, wie die
Gründungsprozedur von statten gehen soll.
Die Delegierten der Bunten und Alternativen Listen
bezweifeln die Glaubwürdigkeit des Anspruchs des Karlsruher
Gründungskongresses, ein Zusammenschluß all derjenigen »u sein, die für eine
neue radikalökologische und radikaldemokratische Politik mit
Parlamentswahlbeteiligung stehen. Sie sehen auch in
diesem Beschluß einen Schlag gegen die Bürgerinitiativen, aus denen sich die
Bunten und Alternativen Listen gebildet haben.
Wir sind enttäuscht, aber nicht entmutigt. Wir sehen
uns in unserer Auffassung bestärkt, weiter in unseren Listen und zwischen
unseren Listen zusammenzuarbeiten. Trotz unserer Kritik an der grünen
Parteigründung, wie sie in Karlsruhe vollzogen wurde, werden wir jede
Möglichkeit suchen, die inhaltliche Auseinandersetzung und die praktische
Zusammenarbeit weiter zu führen, um sie in unserem Sinne zu ändern und zu
offnen.
II.
Der Beschluß, daß in der künftigen Partei 'Die Grünen'
Mitglieder anderer Parteien nichts zu suchen haben, steht in direktem
Gegensatz zu den Prinzipien von Offenheit und Vielfalt, unter denen die Bunten
und Alternativen Listen angetreten sind. Angesichts der gravierenden
Bedrohungen für das Leben und alle Menschen, die sich in den Stichworten
Atomstaat, weltweite Kriegsgefahr, Giftkatastrophen u.a. ausdrücken, müssen
alle demokratischen und ökologischen Kräfte ohne jede Ausgrenzung an der
Formulierung einer grundlegenden Alternative zusammenarbeiten. Der am
12.1.1980 gefaßte Beschluß verbietet konkret den Mitgliedern der formalen
Partei 'Alternative Liste Berlin' wie den Mitgliedern
von SPD, FDP, KPD, KB, EFP usw. die Mitarbeit in den Grünen.
Der Paragraph 2 der Satzung ist für uns nicht nur formal
unvereinbar, sondern er zerreißt den politischen Konsens zwischen Grün und
Bunt. Inhaltlich führt er beim Versuch, eine politische
Alternative zur Partei zu finden, die gleiche Praxis der Gesinnungschnüffelei
wie bei den gewerkschaftlichen UVBs und der Berufsverbotepraxis der
etablierten Parteien wieder ein.
Eine Sonderregelung für die AL Berlin (weil diese ja
eigentlich eine Wählergemeinschaft sei) ist für uns in diesem Zusammenhang
nicht akzeptabel.
Wir werden den Beschluß in unserer künftigen politischen
Praxis nicht akzeptieren und weiterhin mit allem Nachdruck gegen jede Form von
Unvereinbarkeitsbeschlüssen kämpfen.
Karlsruhe, 13.1.1980
Autonome Delegierte Bunter und Alternativer Listen