Die ehrenwerten Damen und Herren der Bahamas-Redaktion

von Benjamin Rosendahl

01/05

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Die Redakteure der Zeitschrift Bahamas sind alles ehrenwerte Menschen.  Sie sind so ehrenwert, dass sie sich ein sehr ehrenwertes Ziel gesetzt haben: Den Antisemitismus zu bekämpfen. Nun verwunderte es ein wenig, dass im Nachruf auf Theo van Gogh  die judenfeindlichen Aussagen desselben mit keinem Wort erwähnt werden.

Da die Redakteure der Zeitschrift Bahamas alles ehrenwerte Menschen sind, kann man annehmen, dass es wohl einen guten Grund gibt, dass ihnen folgendes entgangen ist:

  • Leon de Winter (jüdisch-holländischer Schriftsteller) zitiert van Gogh: "er (schrieb) in einem viel gelesenen Amsterdamer Studentenblatt(...), meine Frau und ich könnten erst miteinander schlafen, wenn sie Stacheldraht um meinen Penis gewickelt hätte. Und ich würde dann auf dem Höhepunkt "Auschwitz! Auschwitz!" rufen. Der Vater meiner Frau hatte Auschwitz überlebt. (http://www.welt.de/data/2004/11/27/366315.html )
  • -Bemerkungen beispielsweise über "zwei kopulierende gelbe Sterne in
    der Gaskammer" brachten ihm 1984 eine Klage wegen Antisemitismus ein.
    (http://www.faz.net/)
  • Über jüdische Schriftsteller oder Filmemacher konnte er beispielsweise witzeln: "Hey, es riecht nach Caramel, hier wird bestimmt ein jüdischer Diabetiker verbrannt." (http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=9208&CategoryID=66)

Wo ist aber die ehrenwerte Zeitschrift, die den Kampf gegen den Antisemitismus an erste Stelle stellt, hier?

Da es sich bei der Bahamas-Redaktion -wie gesagt- um ehrenwerte Menschen handelt, entschloss ich mich, ihnen einen Leserbrief zu schreiben. In diesem fragte ich, wie es möglich sei, dass der Judenhass des van Goghs mit keinem Wort erwähnt wurde.

Und da die Redakteure der Zeitschrift Bahamas alles ehrenwerte Menschen sind, antworteten sie mir auch, und zwar u.a. folgendes:

"Interessant ist warum die antisemitischen Äußerungen von van Gogh immer wieder dann für den ganzen van Gogh in den Vordergrund gestellt werden, wenn dahinter die Frage steht, ob so jemand gut für eine Solidarisierung ist."

In anderen Worten heißt das, das ein Antisemit gut für eine Solidarisierung sein kann.

Anscheinend handelt es sich bei den Redakteuren der Bahamas-Redaktion wirklich um ehrenwerte Menschen. So ehrenwert, dass sie die Weste ihres Helden nicht mit so lächerlichen Kleinigkeiten wie judenfeindlichen Bemerkungen bekleckern wollen.

Hier sind noch ein paar Vorschläge von Menschen, die einen Nachruf der Bahamas verdient hätten:

  • Henry Ford, der sich z.B. stark für Arbeiterrechte ein setzte (Das verringert seinen Judenhass keineswegs)
  • Richard Wagner, Thomas Edison oder Martin Luther, deren Errungenschaften wohl bekannt sind (genauso wie ihr Antisemitismus)…

Alle diese Personen waren ehrenwerte Menschen, und - wie van Gogh - ehrenwerte Antisemiten. Und anscheinend sind - um ein Klischee zu benutzen - die besten Freunde der Bahamas Antisemiten. Aber keine Angst: Die Damen und Herren der Bahamas-Redaktion sind alle ehrenwerte Menschen. Sie finden bestimmt eine Antwort.

Editorische Anmerkungen

Anlass für diesen Artikel, der uns am 4.1.05 zugeschickt wurde, gab ein Briefwechsel zwischen dem Autor und der Bahamas-Redaktion wegen deren Nachruf auf Van Gogh.