Bernard Schmid berichtet aus Frankreich  

40 Jahre rechtes Wochenmagazin
Valeurs actuelles, vom offenen Faschismus zum Thatcherismus (mit Le Pen-Einsprengseln)

01/07

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Zum Geburtstag gab’s ein neues Layout. Nach langen Jahren hat das französische Wochenmagazin Valeurs actuelles (Neue Werte) ein strenges dunkelblau-schwarzes Cover zum 1. Dezember 2006 gegen ein bläuchlich-graues, ungleich helleres Titelblatt eingetauscht. Auch das Seiten-Layout ist deutlich aufgelockert ; es gibt nunmehr Blickfänge, knackig-kurze Rubriken im Sinne eines modernen Infotainment (frei nach Helmut Markwort) und Kurzinterviews. Kurz, zu seinem 40jährigen Bestehen hat die Wochenzeitschrift einen gründlichen Relaunch durchgeführt. 

Das bedeutet nicht, dass die Ideen dadurch aufgefrischt geworden wären. In der ersten Ausgabe mit dem neuen Style vom 1. Dezember wird der Leser auf Seite Drei von einem Leitartikel aus der Feder von François d’Orcival, der als «Präsident des Herausgeberkomitees » firmiert und ferner seit dem 15. Dezember 2004 auch den Vorsitz des Arbeitgeberverbands der französischen Presseunternehmen innehat, begrübt. Derselbe François d’Orcival war übrigens im Jahr 1962 wegen Unterstützung der rechtsterroristischen OAS (die gegen den französischen Rückzug aus dem kolonisierten Algerien bombte und mordete) unter Präsident Charles de Gaulle in einem Sondergefängnis in den südfranzösischen Cévennen interniert worden. 1965 veröffentlichte er zusammen mit einem gewissen Fabrice Laroche ein glorifizierendes Buch über die OAS («Le courage était leur patrie», wörtlich: «Der Mut war ihr Vaterland», d.h. das Vaterland dieser Männer). Hinter dem Pseudonym Fabrice Laroche (das er später aufgegeben hat) verbirgt sich niemand anders als Alain de Benoist, der spätere Papst der Nouvelle Droite, der intellektuellen Neuen Rechten. Später haben sich die beiden Herren freilich politisch auseinander entwickelt. 

Doch nun zurück zum Editorial von d’Orcival, das die erste Nummer nach dem jüngst erfolgten Relaunch einleitet. Dort werden altbekannte Töne  angeschlagen : Es geht um die französische Dekadenz, die mit dem Mai 1968 beginnt. Die Maibewegung bringt eine « Gesellschaft, der es an Werten mangelt », und die deshalb gewalttätig wird, sowie eine zunehmende Kriminalität hervor. Vor 1968, das war die gute alte Zeit : « Man arbeitete im Durchschnitt 46 Stunden pro Woche, unsere Handelsbilanz wurde beneidet, und die Arbeitslosenzahl lag unter 170.000. » Danach wurde dieses Idyll mutwillig kaputt gehauen : « Revolution gegen die Autorität, die Verantwortung, die Arbeit, gegen die Übermittlung von Werten und von Wissen. (...) Die Familie, die Schule und die Angst vor der Polizei werden Schwierigkeiten haben, der Woge standzuhalten. » Und, schlimmer noch, hinzu kommen « der Zweifel und das schlechte Gewissen », aufgrund der Kolonialvergangenheit zum Beispiel : « Der Zeitgeist will Reue. » Da kann ja nur alles den Bach runtergehen. Seitdem also ist Frankreich im Niedergang, und endlich wissen wir, warum.

Nun ahnt man schon, was für Werte mit denen gemeint sind, die Valeurs actuelles im Titel führt. Es sind die Werte der Rechten, und dass dem so ist, dem würde sicherlich auch keiner der Blattmacher widersprechen. Die Titelstory der ersten Ausgabe nach dem Relaunch ist so einer groben Untersuchung zu folgendem Thema gewidmet : « Rechts sein im Jahr 2007 ».  

            « Rechts sein im Jahr 2007 » 

Dazu führte das Wochenmagazin eine Umfrage unter Wählern und Sympathisanten der politischen Rechten durch, um eine Liste von Prioritäten zu erstellen. Und dabei werden, wie selbstverständlich, zu der so anvisierten politischen Rechten die Sympathisanten des rechtsextremen Front National (FN) ebenso hinzu gerechnet wie jene des nationalkonservativen MPF des Grafen Philippe de Villiers, der konservativ-liberalen Regierungspartei UMP und der christdemokratischen Zentrumspartei UDF. Dies ist die gemeinsame Familie, an die Valeurs actuelles sich wenden will, und die es auch tatsächlich anspricht : Eine Medienstudie vom April 2004 erwies, dass 66 Prozent der Leser des Wochenmagazins konservativ wählen und 25 Prozent rechtsextrem.  

Ach ja, was bei der Umfrage heraus kam ? Die Prioritäten ähneln sich in der befragten Wählerschaft der vier Parteien, wobei sie aber bei den Sympathisanten des rechtsextremen FN am stärksten und bei der Zentrumspartei UDF mit Abstand am schwächsten ausgesprägt sind. Ansonsten finden sich überall – in unterschiedlicher Intensität - die Wünsche nach Einschränkung des Streikrechts im öffentlichen Dienst ; nach der Möglichkeit, Gefängnisstrafen leichter auch über Minderjährige zu verhängen ; nach Einführung eines Einkommens für Mütter, damit diese zu Hause bleiben statt einer Erwerbstätigkeit nachgehen können ; nach Abschiebung aller « illegalen » Immigranten ; und nach Steuersenkung.           

            68er greifen an 

Die Bedrohung durch die 68er Anti-Werte wird gleich mehrfach beschworen – im Leitartikel und in der Titelstory der Nummer vom 1. Dezember, in der Kolumne des konservativen Schriftstellers Denis Tillinac in der darauffolgenden Ausgabe... Dagegen gilt es die Wertvorstellungen hochzuhalten, die die Nation retten können. Das kirchliche Wertverständnis ist sind allerdings nicht so sehr angesprochen, auch wenn dessen Liebhabern auch Einiges geboten wird.  

In der Nummer vom 1. Dezember zum Beispiel dürfen zwei Erzkatholiken miteinander streiten. Es geht um da Vorhaben von Papst Benedikt XVI. streiten, den katholischen Fundamentalisten in Frankreich (die sich unter dem verstorbenen Bischof Marcel Lefevbre von der « modernistisch verkommenen und marxistisch unterwanderten » Amtskirche abgespalten hatten) wieder das Feiern der Messe ausschlieblich in Latein innerhalb der Amtskirche zu erlauben. Dafür streitet der Ultrareaktionär Abbé Guillaume de Tanouarn, der jüngst auch im rechtsradikalen Wochenmagazin Le Choc du mois (Ausgabe vom Mai 2006) zu Wort kam, um dort Samuel Huntingtons These vom « Zusammenprall der Kulturen » zu verteidigen. Gegen dieses Vorhaben, das die Fundamentalisten zurück in die römisch-katholische Kirche bringen soll, spricht Jean-Pierre Denis, Chefredakteur des moderat-christlichen Magazins La Vie. In der darauffolgenden Ausgabe von Valeurs actuelles, vom 8. Dezember 06, dann gibt es einen langen Artikel über den Papst und die Hintergründe seiner Türkeireise : « Was Benedikt XVI. wirklich gesagt hat... ».           

            Themen & Schwerpunkte 

Die Mehrzahl der Themen von Valeurs actuelles haben aber mit Kirche und Katholizismus nichts zu tun. Es geht vor allem, erstens, um die ökonomische Thematik, wo das Blatt wirtschaftsliberal-thatcheristische Positionen einnimmt. Bei seiner Gründung 1966 war es aus einem auf den Wirtschaftsbereich spezialistierten Fachmagazin heraus entstanden. Zum Zweiten geht es um Themen, die rund um die französische Armee – ihre Ehre, ihre Einsätze, ihre Rüstungskäufe – kreisen. Jüngst kommt etwa in einem ausführlichen Interview  der General Jean-Claude Fourcade zu Wort, der 1994 den französischen Einsatz in Ruanda leitete : Nein, es gab keine französische Komplizenschaft mit den Völkermördern (vgl. zu dieser, sehr realen, Komplizenschaft : http://www.trend.infopartisan.net/trd1206/t241206.html ), und ohnehin kennt man nicht die Wahrheit über den Genozid, dem über 800.000 Tutsi zum Opfer fielen. Die Position von Valeurs actuelles kommt überdeutlich in der Bildunterschrift zum Ausdruck : « Das Tutsi-Komplott ». Die Tutsi-Rebellen, sie sind an allem Schuld, nicht Frankreichs Verbündete, die die Mordwaffen führten. 

Zum Dritten geht es um alle politischen Themenfelder, die die Rechte bewegen. Die Mainstream-Linie des Blattes ist dabei eine Unterstützung für den konservativen Präsidentschaftskandidaten und Innenminister Nicolas Sarkozy. Dessen Konterfei ziert im übrigen auch die jüngste Ausgabe des Blatts vom vorigen Freitag (8. Dezember). In den verschiedenen Kurzrubriken werden dessen potenzielle Mit- oder Gegenkandidaten aus dem eigenen Lager, wie Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Mariot oder der EU-Skeptiker Nicolas Dupont-Aignan, gezielt abgeschossen. Nichtsdestotrotz finden auch die Liebhaber anderer, insbesondere noch weiter rechts stehender Parteien was für ihren Geschmack. In den Kurznachrichten der Rubrik « Hinter den Kulissen » etwa werden regelmäbig auch Details aus dem Innenleben rechtsextremer Parteien angeboten, und diese werden so behandelt, als handele es sich um völlig normale politische Kräfte. Im November wurde an dieser Stelle Werbung für die « liberale Vereinigung La Révolution bleue » betrieben. Von wegen liberal... Diese « blaue Revolution » ist in Wirklichkeit ein Zusammenschluss, der zwar thatcheristische Thesen zur Wirtschaft verteidigt, dem aber auch katholische Fundamentalisten und der frühere Chef der (inzwischen eingeschlafenen) Lehrerorganisation des rechtsextremen FN Olivier Pichon als Führungsmitglieder angehören. 

Dass Rechtsradikale bei Valeurs actuelles einen Unterschlupf finden, sofern sie sich an einen bestimmten Kanon von Themen und Positionen halten –  und insbesondere keinen nationalrevolutionären Pseudo-Antikapitalismus verbreiten - ist freilich alles andere als eine Neuigkeit. Vielmehr war diese Offenheit ins rechtsextreme Spektrum noch viel ausgeprägter, als Raymond Bourgine das Wochenmagazin 1966 gründete.           

            Valeurs actuelles 1966 ff. : Ein offenes Pro-Nazi-Blatt 

Bourgine, Sohn eines ehemaligen Kolonialgouverneurs in Afrika  (er hatte deshalb selbst eine « farbige » Mutter), stieb in der innenpolitisch aufgeheizten Atmosphäre, die in der Spätphase der Kolonialkriege und vor allem des Algerienkriegs in Frankreich herrschte, zur extremen Rechten. Deren führende Kader, die bis dahin seit der Beendigung der deutschen Okkupation 1944 hoffnungslos diskreditiert gewesen waren, konnten damals ihre Isolierung überwinden. Auf der Grundlage pro-kolonialer Positionen verbündeten sich auch einige ehemalige Résistance-Mitglieder und manche französische Juden mit ihnen. Die extreme Rechte wurde erstmals nach der Befreiung 1944 wieder zur Massenbewegung. 

 Der 1990 verstorbene Bourgine ging in dieser damaligen Phase äuberst weit. Er stellte schwer belastete Personen aus der Kollaboration und dem französischen Faschismus bei seinen beiden, in den sechziger Jahren gegründeten Zeitschriften Valeurs actuelles und Spectacle du monde ein. Korrespondent der Pressegruppe im Franco-beherrschten Spanien wurde Léon Dégrelle, der frühere Anführer der belgischen Rexisten-Bewegung, den einst Adolf Hitler persönlich zum General der Waffen-SS ernannt hatte. Die Kinokritik in Spectacle du monde besorgte Lucien Rebatet, der einer der führenden Propagandisten der französischen Kollabareteursbewegung (via Radio und zahlreiche Bücher) gewesen war.  

Einfluss des GRECE und der Nouvelle Droite 

Raymond Bourgine selbst wurde aber 1969 auch Mitglied des Patronagekomitees der Zeitschrift Nouvelle Ecole, die von Alain de Benoist und seinem damaligen Theoriezirkel GRECE herausgegeben wurde. Aus ihm ging die französische Nouvelle Droite hervor, die so genannte Neue Rechte, die in den siebziger Jahren versuchte, bisherige Rassentheorien – auf der Grundlage von Ethnopluralismus, natürlicher Ungleichheit und « genetischem Erbe » - neu zu formulieren.  

Bourgine stellte den damaligen « Sekretär » des GRECE, Jean-Claude Valla, 1969 auch als Journalist bei Valeurs actuelles ein. Dort sammelten sich ab 1970 alle führenden Kader der Neuen Rechten, aber auch anderer rechtsextremer Strömungen, als Journalisten. Unter anderem Alain de Benoist, François d’Orcival –- der heutige Herausgeber, der damals nicht dem GRECE angehörte, aber aus der rechtsradikalen Studentenbewegung während des Algerienkriegs in Gestalt der FEN (Fédération des étudiants nationalistes) kam und 1962 wegen Unterstützung des Rechtsterrorismus der OAS interniert gewesen war – oder Patrice de Plunkett. Später wanderten aber viele von ihnen zu einer Publikation ab, die ihnen noch vielversprechender erschien, da ihre Auflage weit höher war : dem 1978 als Wochenendbeilage der konservativen Tageszeitung Le Figaro gegründeten Figaro Magazine, das damals 1,8 Millionen Leser hatte. Mindestens neun aus der extremen Rechten kommenden Redakteure wurden dort eingestellt.  

Rechtsextreme in der Massenpresse 

Es war eine besondere historische Phase : Diesen Rechtsradikalen ging es damals nicht darum, die Machtfrage zu stellen und eine Massenpartei aufzubauen, denn dafür hielten sie die Zeit nicht gekommen. Vielmehr boten sie sich faktisch dem konservativen Lager als Hilfskräfte an, die ihm eine « geistige Wiederaufrüstung » ermöglichen würden, um « der intellektuellen und kulturellen Hegemonie der Linken » zu widerstehen. Da sie einige intellektuelle Potenziale versammelten, wurde das Angebot dankend aufgenommen. Es kam aber nicht in Frage, den Kapitalismus oder den westlichen Block von rechts her zu kritisieren, etwa im Namen eines völkischen antiwestlichen Kapitalismus. Vielmehr mussten der Rahmen der bestehenden Ordnung und das Primat des Antikommunismus, das bedeutet auch pro-amerikanische Positionen in der Aubenpolitik, aktiv oder passiv akzeptiert werden.  

1980 kam es jedoch zum Knall : Der öffentliche Druck wuchs, nachdem eine Artikelserie in der linksliberalen Presse (Le Monde; Nouvel Observateur) ab Ende 1979 die Aufmerksamkeit auf die « Faschisten in der Massenpresse » gelenkt hatte. In einem Leitartikel im Figaro zog dessen leitender Redakteur Max Clos im Herbst 1979 eine rote Linie für die nunmehr zur Belastung gewordenen Intellektuellen aus der extremen Rechten, die es nicht zu überschreiten gelte: Diese verlaufe  « zwischen Liberalismus und Diktatur», wobei freilich der französische Begriff des libéralisme sehr viel mehr auf die freie Marktwirtschaft denn auf Demokratie und Bürgerrechte bezogen ist. (Derselbe Max Clos verlor jedoch seinen damaligen Posten als Chefredakteur der Tageszeitung Le Figaro im Jahr 1988, weil er sich zu offen für ein Bündnis der konservativ-liberalen Rechten mit Jean-Marie Le Pen ausgesprochen hatte. Daraufhin wurde er zwar zum einfachen Redakteur herangestuft, vom Eigentümer Robert Hersant jedoch bis zu seinem Tod im März 2002 mit der Kommentar- und Leserbriefseite des Figaro betraut, wo in unregelmäßigen Abständen auch Sympathisanten und Führungsmitglieder des Front National zu Wort kamen.) 

Herausgeber und Pressemogul Robert Hersant, der selbst nicht wünschen konnte, dass allzu viel die Rede auf seine als unrühmlich bekannte Vergangenheit unter Vichy komme, feuerte Jean-Claude Valla 1980 als Redakteur beim Figaro-Magazine. Dies war sein « Bauernopfer ». Valla würde später, nach diesem Karriereknick, in immer unappatitlichere Fahrwasser abdriften und 1999 als offener Auschwitzleugner (in Form einer Autorenschaft in der aufgrund von ungeschminkter Holocaust-Leugnung verbotenen Zeitschrift Akribeia von Jean Plantin) in Erscheinung treten.  

Andere Redakteure mit rechtsextremem Hintergrund blieben dagegen beim Figaro-Magazine -- wie Patrice de Plunckett (inzwischen vom GRECE-Intellektuellen zum katholischen Fundamentalismus konvertiert), der dann schlussendlich 1997 seinen Job dort aufgab, weil ihm die Zeitschrift inzwischen zu sehr Mitte-rechts-orientiert war. Oder auch bei Valeurs actuelles, wie etwa François d’Orvical. Heute ist das Figaro-Magazine von offen rechtsextremen EInflüssen « gereinigt », was man von Valeurs actuelles so nicht behaupten kann. 

Aufspaltung der rechten Intellektuellen 

Der Einfluss von rechtsextremen Intellektuellen in der konservativen Zeitschriftenpresse war Ende der 1970er Jahre mit Abstand am stärksten. Später änderte sich freilich die Geschäftsgrundlage ihrer bisherigen Zusammenarbeit mit konservativ-liberalen Kräften. Auf der Rechten entstand eine neue Partei jenseits der Konservativen, in Gestalt des Front National (FN), der auch in der Lage schien, die « soziale Frage » zu stellen – um rassistische und/oder antisemitische Antworten darauf zu liefern. Die intellektuellen Führungskräfte, die in den 60er Jahren aus der nationalistischen Studentenbewegung oder in den 70er Jahren aus den Denkfabriken der Neuen Rechten gekommen waren, spalteten sich jetzt auf. Ein Teil von ihnen blieb auf der Linie einer pro-kapitalistischen und pro-westlichen, aber rassistischen und sozialdarwinistischen Rechten. Andere dagegen schlossen sich dem FN an, der sich anschickte, auch konservative Grundsätze etwa in der Aubenpolitik in Frage zu stellen, um etwa einen stärker antiamerikanisch geprägten Nationalismus zu propagieren. 

Ein Pro-Atlantiker-Blatt mit rechtsextremen Einflüssen 

Zweiteres ist bei Valeurs actuelles nicht möglich. Die redaktionelle Linie beinhaltet glasklar eine Unterstützung für die US-amerikanische Aubenpolitik, inklusive des Irakkriegs ; und einer ihrer Chefredakteure, Michel Gurfinkiel, ist darüber hinaus ein Freund der rechten Siedlerbewegung in Israel. Antiwestlicher Nationalismus oder eine Infragestellung des Kapitalismus im Namen eines « Primats der Politik über die Ökonomie », wie Alain de Benoist es in späteren Zeiten (nach seiner Phase als Journalist bei Valeurs actuelles) formuliert hat, kommt in der Redaktion nicht in Frage. Aber Artikel gegen Einwanderer, die eine « Last für die Sozialhaushalte » darstellten,  und entweder des Islamismus oder afrikanischer Polygamiepraktiken verdächtigt werden ; gegen so genannte Sozialschmarotzer ; gegen linke Lehrer ; gegen national unzuverlässige Intellektuelle ; gegen eine zu schlappe Justiz -- und natürlich gegen Gewerkschaften und jede denkbare Streikbewegung, all dies ist natürlich drin. Und auch das Schüren von Sozialneid, um etwa den Privatbeschäftigten vor Augen zu führen, dass es den öffentlich Bediensteten angeblich so viel besser gehe. 

Eigentumsverhältnisse und Auflage: Aktueller Stand 

Valeurs actuelles hat rund eine Viertelmillion Leser, bei einer verkauften Auflage von knapp 100.000 zu Anfang dieses Jahrzehnts und knapp 80.000 im vorigen Jahr. Damit übertrifft seine Auflage auf alle Fälle deutlich die sämtlicher offen rechtsextremen Zeitungen, von der altfaschistischen Wochenzeitung Rivarol (3.000) bis zur ebenfalls traditionsreichen Minute, die eine Scharnierfunktion zwischen Konservativen und Rechtsextremen einnimmt (30.000, jeden Mittwoch erscheinend). Das Wochenmagazin bietet somit rechtsextremen Positionen zumindest eine wichtige Nische in der Öffentlichkeit.  

Eigentümer war bis zu Anfang dieses Jahres (Januar 2006) der Rüstungsindustrielle Serge Dassault, der auch in der konservativen Politik tätig ist und bei seiner erstmaligen Wahl als Bürgermeister der Pariser Vorstadt Corbeil-Essonness (1995) von einem Kandidaturverzicht der extremen Rechten zu seinen Gunsten profitierte. Seit Anfang 2006 sind zwei Drittel der Kapitalanteile verkauft worden, doch diese hält nun ein persönlicher Freund Dassaults – Pierre Fabre- mit seiner Firma Sud Communication. Der Verkauf diente eher der Bilanzbereinigung. Der Sohn des Industriellen, Olivier Dassault, konservativer Abgeordneter im Parlament, bleibt Vorsitznder des Aufsichtsrats bei dem Presseunternehmen.

Editorische Anmerkungen

Der Artikel wurde uns vom Autor im Dezember 2006 zur Veröffentlichung überlassen.