Bernard Schmid berichtet aus Frankreich  

Toter Fubballfan nach den Vorfällen beim PSG
Die extreme Rechte baut sich einen Märtyrer auf

01/07

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Jede Bewegung, die sich als eine «Gemeinschaft» versteht und auf Mythen aufbaut, benötigt ihre Märtyrer. Rechtsextreme oder faschistische Bewegungen verstehen sich traditionell als Kampfgemeinschaft ; und deshalb zählt das Beschwören von « Opfern » im Kampf zu ihrem geistigen Rüstzeug, wie etwa am Beispiel des Märyterkults um den 1930 getöteten SA-Mann Horst Wessel deutlich wird. Nicht umsonst verleiht Jean-Marie Le Pen regelmäbig bei gröberen Anlässen die so genannte « Ehrenflamme » des Front National (dessen Parteisymbol ist die Flamme in den drei Nationalfarben, eine Nachahmung des früheren Symbols des italienischen neofaschistischen MSI) an solche Mitglieder, die « im Dienst an der Sache verletzt » worden sind. 

Im Augenblick versucht die extreme Rechte offenkundig aktiv, sich einen solchen Märtyrer zu erheben, der sogar « vom Staat ermordet » (so die am aggressivsten Stimmen) worden sei. Dass es sich dabei nicht um einen politischen Aktivisten aus ihrer Reihen handelt, sondern « lediglich » um einen Fußballfan, der sich im weiteren Hooligan-Milieu bewegt hatte, tut der Sache dabei keinen Abbruch. 

Neben der politisch strukturierten extremen Rechten ist im Laufe des Dezember auch die Hooligan- und Fan-Szene um diesen Aufbau eines Märtyrers bemüht. Rund 1.200 ihrer Angehörigen demonstrierten Anfang Dezember in Paris unter der  Parole « Pouvoir assassin » (Machthaber, Mörder), die man bislang eher von progressiven Oppositionsbewegungen kannte, und forderten Aufklärung über ein angebliches Staatsverbrechen. 

Die Vorgeschichte 

Am Abend des 23. November 2006 wurde nach einem Spiel zwischen dem PSG (Paris-Saint Germain) und einem Gastclub aus Tel Aviv der 25jährige Fußballfan Julien Quemener durch einen Schuss aus der Dienstwaffe des 32jährigen Polizisten Antoine Granomort tödlich verletzt. Der Schuss war nicht gezielt auf ihn abgefeuert worden, sondern der Polizist hatte einen einzigen Schuss abgegeben, während er durch eine aufgebrachte Menge – um nicht zu sagen, einen Lynchmob – bedrängt worden war. Nachdem der kurzsichtige Beamte dabei seine Brille verloren hatte und nur noch eine bedrohlich auf ihn zukommende schwarze Masse wahrnehmen konnte, feuerte er einen einzigen Schuss aus seiner Pistole an, um loszukommen. Voraus ging die Bedrohung des 23jährigen französisch-jüdischen Fußballzuschauers Yanniv Hazout durch eine Meute, die sowohl rassistische als auch antisemitische Parolen (gegen den jungen Juden, und gegen den ihn schützenden schwarzen Polizisten) rief. 

Im Augenblick geht die Staatsanwaltschaft Paris davon aus, dass der Beamte dabei auf rechtlich nicht zu beanstande Weise gehandelt hat, d.h. dass sein Verhalten von Notwehr gedeckt ist. Einzelne Fragen bleiben dabei übrig, da die Laufbahn der Kugel offenkundig horizontal verlief (ein erster Fußballfan war in der Höhe der Lunge getroffen und durch die Kugel durchquert worden, bevor der zweite tödlich in der Herzgegend getroffen wurde). Dies könnte im Widerspruch zu ersten Schilderungen stehen, wonach der Polizist zu Boden gestürzt war und von dort aus geschossen hatte. Bisher erlaubt jedoch nichts, von einer Tötungsabsicht des Polizisten oder einer strafwürdigen Handlung seinerseits auszugehen – bis zum Beweis des Gegenteils. In jedem Falle bleibt die Verantwortung des Lynchmobs, der sich zuvor formiert hatte, bevor es zu dem entscheidenden (einzigen) Schuss kam, zu unterstreichen.           

Inzwischen hat der Fußballclub PSG (Paris-Saint Germain) erstmals mit ernsthaften Konsequenzen auf die rassistische und antisemitische Zusammenrottung in bestimmten Teilen seines Publikums reagiert. Zwei Strehtribünen im PSG-Stadion Parc des Princes, wo sich bislang der harte Kern des rechten Fanpublikums immer besonders konzentriert (auf der Südseite des Stadions, mit dem Rücken zu Boulogne) wurden mittlerweile geschlossen.                       

«Die Weiben sind unterdrückt » 

Die rechtsextreme Wochenzeitung Minute (Auflage : circa 30.000) stellt in ihrer Ausgabe vom 29. November eine Karikatur zum Thema oben auf ihre Seite Eins. Dort sieht man einen dunkelschwarz gezeichneten Mann (in Wirklichkeit ist Granomort ein Antillenfranzose, und diese sind wie die gesamte Bevölkerung der Inselgruppe « durchmischt » und nicht wirklich tiefschwarz), der eine rauchende Pistole in der Hand hält. Der als Zwerg, der auf einer Kiste steht, gezeichnete Nicolas Sarkozy (dessen geringe Körpergröbe von rechtsextremen Karikaturisten immer wieder ins Visier genommen wird) flüstert ihm ins Ohr : « Und Du bekommst das Verdienstkreuz, wenn Du morgen noch Frêche umlegst ! » Diese Worte beziehen sich auf den rechtssozialdemokratischen Regionalfürsten Georges Frêche, Regionalpräsident in Montpellier und eine äuberst umstrittene Figur. Frêche, zu dessen Wählerbasis eine nicht unwesentliche Anzahl von revanchistischen ehemaligen Algeriensiedlern (« Pieds noirs »-) gehört, die besonders stark in dieser Region angesiedelt worden sind und die eine Art reaktionären « Vertriebenenmilieus » bilden, fiel schon öfter durch rassistische Sprüche auf. Jüngst mokierte er sich vor circa einem Monat darüber, dass « zu viele Schwarze in der französischen Fußballmannschaft » seien, ein Vorwurf, den Jean-Marie Le Pen in (bis in die Wortwahl hinein) identischer Form zuletzt im Frühsommer geäußert hatte. Die französische Sozialdemokratie hat ihrem Parteimitglied Frêche mit Sanktionen gedroht, hat es aber bis heute nicht geschafft, seinen Hinauswurf auf die Tagesordnung zu setzen. Der Regionalbaron sitzt schließlich auf einem Haufen Wählerstimmen. 

Die Überschrift auf derselben Titelseite lautet : « Je nachdem, ob ihr <Vorstadtjugendliche> oder <Hooligans> seid... Das Frankreich danach, von Sarkozy ! » (« Frankreich danach », also nach der proklamierten Wende, ist einer der zentralen Wahlkampfslogans des konservativen Präsidentschaftskandidaten Sarkozy.)  Das Ganze sollte genau dies bedeuten : Im Frankreich nach den Vorstellungen des möglichen künftigen Präsidenten und jetzigen Innenministers Nicolas Sarkozy wird man anders behandelt, je nachdem, ob man <Vorstadtjugendlicher> in Anführungsstrichen (und dieser Begriff mitsamt den Anführungszeichen signalisiert mit einem in der Öffentlichkeit wohl verstandenen Unterton : aus einer Einwandererfamilie) oder <Hooligan> ist. Im ersten Falle, so die glasklare Aussage, wird man zuvorkommend behandelt, auch wenn man gewalttätig ist/wird. Aber wehe, wenn man zur zweiten Kategorie gehört, und nicht « farbig » ist...  

Dieselbe Idee wird auf der Doppelseite in der Heftmitte, die dem Thema durch Minute gewidmet wird, breit ausgewalzt. Die Story fängt mit einer fiktiven Schilderung an, wobei ein Bericht aus den vergangenen Monaten über polizeiliche Todesschüsse in Trabantenstädten oder « sozialen Brennpunkten » in einem Unterschichts- oder Einwandererviertel und nachfolgende Unruhen herangezogen wurde. Zur Grundlage der fiktiven Story wurde ein (realer oder stilisierter) Artikel aus der bürgerlichen Presse zu diesem Thema genommen, der infolge von Polizeigewalt aufflammende Unruhen als eine Angelegenheit von « ethnischen Minderheit » behandelt, was die Realität in den Trabantenstädten natürlich äuberst vergröbernd darstellt und teilweise verfälscht. Minute behält diesen Tonfall bei. Nur wird in dem fiktiven Artikel der Hinweis auf die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit durch einen Hinweis auf die Zugehörigkeit zur « weißen » Bevölkerung sowie auf die Gruppe der Fußballfans ausgetauscht. Im Nachfolgenden wird ein fiktiver Aufruhr der ethnischen Minderheit der Weißen geschildert, um dann die Fiktion platzen zu lassen. Unter dem Strich stehen bleibt die Aussage : Die Weißen sind in diesem Land selbst zu einer unterdrückten Gruppe geworden, aber im Gegensatz zu den Anderen randalieren sie nicht. Im Anschluss wird dann die Idee ausgewalzt, die sich in folgendem Satz konzentriert findet : « Auf der Waage der Emotionen wiegt das Leben eines Julien Quemener weniger schwer als das eines Zyed Benna oder Bouna Traoré. Keine offizielle Träne wurde vergossen, und es wird auch niemals eine vergossen werden, über dem bereits erkalteten Körper des PSG-Fans. » Wir erinneren uns : Die beiden 15- und 17jährigen Einwandererkinder Bouna und Zyad wurden am 27. Oktober 2005 in der Pariser Trabantenstadt Clichy-sous-Bois durch ein Sondereinsatzkommando der Polizei (die BAC, Brigade Anti-Criminalité) zu Tode gehetzt. Die beiden hatten keinerlei Straftat begangen, sondern waren zusammen mit ihren Freunden auf dem Nachhauseweg von einem Fußballspiel. Ihr Tod löste in den folgenden drei Wochen die Unruhen in den französischen Banlieues aus, weil man sich vielerorts in ihrer Situation (Polizeiwillkür, dadurch ausgelöst Todesfälle, flagrante rassistische Diskriminierung) wiedererkannte. Im Gegensatz zu den PSG-Hooligans am Abend des 23. November dieses Jahres hatten sie auch nicht an einem Lynchmob teilgenommen, der zwei Personen auf den Leib rückte und ihnen unmittelbar gefährlich zu werden drohte. 

Verschwörung gegen den Front National ? 

Die parteieigene Wochenzeitung des FN, National Hebdo (der Titel bedeutet « Nationale Wochenzeitung » in Kurzform), widmet sich in ihrer Ausgabe vom 30. November vor allem dem vorgeblichen « Komplott gegen den Front National ». Hintergrund ist, dass Augenzeugen der Szene, die sich eine Woche zuvor zwischen dem Stadion Parc-des-Princes und der Endstation der Métro abspielte, wiederholt berichtet hatten, neben rassistischen Sprüchen sei auch wiederholt die Parole « Le Pen, Président ! Le Pen, Président ! » gerufen worden. Der Pariser Staatsanwalt Jen-Claude Marin, der zu der Affäre rund um den Todesschuss und die vorausgehenden Ereignisse ermittelt, hatte dies in einer öffentlichen Erklärung erwähnt. Der Chef des FN, Jean-Marie Le Pen, hat deshalb am 28. November Strafanzeige gegen den Staatsanwalt erstattet, und hielt eigens dafür eine Pressekonferenz ab. Aus seiner Presseerklärung, die in National Hebdo abgedruckt wird, geht zwar nicht die strafrechtliche Qualifizierung hervor, die der studierte Jurist Jean-Marie Le Pen dieser angeblichen Verleumdung geben möchte. Aber hervorgehoben zu werden verdient eines der Argumente, das Le Pen in eigener Sache anführt : Hätten die Hooligans oder der Lynchmob « François Hollande wird von seiner Frau betrogen » gerufen (Hollande ist der sozialdemokratische Parteivorsitzende und der, inzwischen wohl nur noch offizielle, Lebensgefährte von Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal) -- dann hätte der Staatsanwalt dies nicht in der Öffentlichkeit hervorgehoben. Kommentar überflüssig... 

Darüber hinaus widmet National Hebdo dem angeblichen Komplott gegen den FN einen ganzseitigen Artikel, der die volle Seite 2 (Ausgabe vom30. November) einnimmt. Die Überschrift lautet : « Ein neues Carpentras hinter dem Tod des PSG-Fans ? »  Auch Le Pen hatte in seiner Presseerklärung auf das angebliche Komplott von Carpentras angespielt. 

Carpentras ist ein Städtchen in Südfrankreich, dessen jüdischer Friedhof im Mai 1990 geschändet worden war. Dies rief damals höchste Aufmerksamkeit hervor, zumal die Täter nicht « nur » Grabsteine umgeworfen und beschädigt, sondern auch noch eine frisch beerdigte Leiche auf einen Sonnenschirm-Pfahl aufgespießt hatten. 200.000 Menschen demonstrierten kurz darauf in Paris. Der FN und Jean-Marie Le Pen wurden damals in breiten Kreisen beschuldigt, zur Schaffung eines politischen Klimas beigetragen zu haben, das diese Tat ermöglicht hatte. Aber die Täter konnten zunächst Jahre lang nicht gefasst werden. Der FN begann deshalb 1995 eine breit angelegte Gegenkampagne, bei der die rechtsextreme Partei behauptete, es handele sich um eine « Manipulation von Staats wegen ». Falls es überhaupt reale Täter (und nicht nur bewusst handelnde Provokateure) gebe, dann hätten sie nichts mit der extremen Rechten zu tun, sondern seien in Kreisen satanistischer Sektenanhänger oder bei Jugendlichen, die Mutproben absolviert hätten, zu suchen. Am 11. November 1995 charterte der FN deshalb einen Sonderzug von Paris aus, um mit  Jean-Marie Le Pen an der Spitze in Carpentras zu demonstrieren, wo die rechtsextreme Partei ihre Rehabilitierung in dieser Affäre und « eine Entschuldigung von Staats wegen » einforderte. Diese Affäre, die sich dem FN zufolge um einen « fingierten angeblichen Antisemitismus » drehte, ist als angebliches « Komplott von Carpentras » im Gedächtnis der extremen Rechten geblieben. Was der FN heute nicht dazu sagt, ist, dass die realen Täter aber inzwischen längst gefasst und verurteilt worden sind : Im Juli 1996 hatte einer der vier Täter, Bertrand Nouveau (ein ehemaliger Neonazi, der inzwischen zum Buddhismus konvertiert war) aus freien Stücken ausgepackt. Bei den vieren handelte es sich tatsächlich um Rechtsradikale ; sie hatten keine Mitgliedskarte beim FN, aber derjenige, der als Erster ein Geständnis ablegte, hatte ihr Handeln explizit dem Einfluss der « Ideen von Jean-Marie Le Pen » zugeschrieben.  

Ansonsten nimmt National Hebdo den getöteten Julien Q. gegen den Vorwurf in Schutz, ein Hooligan oder Gewalttäter gewesen zu sein. Alleiniger Gegenbeweis : Ein Interview mit dessen eigener Mutter in der bürgerlichen Presse, bei dem die gute Frau nichts Schlechtes an ihrem braven und tüchtigen Sohn erkennen möchte. Ein bisschen dünn... Und der suggestive Schlussatz lautet, ganz im Sinne der These, wonach die Weiben die wahren Unterdrückten im Lande seien : « Was hätte man nicht alles gehört, wenn das Gegenteil passiert wäre : Wenn der mordende Polizist weib und das erschossene Opfer eine farbige Person gewesen wäre ? » 

In der darauffolgenden Ausgabe (7. Dezember) kommt NH nochmals über eine halbe Seite hinweg auf die Affäre zu sprechen. Dieses Mal unter der Überschrift : « Die Ermittlungsergebnisse stellen die These von der Notwehr (des Polizisten) in Frage ». Die Staatsanwaltschaft war allerdings zuvor zur gegenteiligen Auffassung gekommen. 

Rechtsbürgerliche Presse 

Nicht so offen wie in der rechtsextremen Presse als « Mörder » angegriffen wird der Polizist Antoine Granomore in manchen rechtsbürgerlichen Zeitungen - die sich dennoch bemühen, ihn aus Sensationslust oder welchen Gründen auch immer ins Zwielicht zu ziehen. So berichtet die rechtsbürgerliche Tageszeitung France Soir am 1. Dezember ausführlich (auf größeren Teilen einer Doppelseite) und unter der Überschrift: « Antoine Granomore vor dem Strafgerichtshof ». Im Titel wird keine unmittelbare Verbindung zur jüngsten Affäre um den toten PSG-Fan gezogen, doch da sich das darüber stehende Foto darauf bezieht, wird indirekt ein Zusammenhang suggeriert. Doch in Wirklichkeit geht es in dem Artikel gar nicht um den Todesschuss. 

Dessen Thema ist vielmehr eine völlig andere Angelegenheit, aufgrund derer der Beamte Granomort sich voraussichtlich im Juni 2007 vor einem Gericht wird verantworten müssen (der Prozess sollte ursprünglich im Februar oder März stattfinden, ist aber anscheinend verschoben worden). Antoine Granomort wird beschuldigt, mit der Bankkarte seines Schwiegervaters rund 5.200 Euro abgehoben zu haben, aber – um Vorwürfen in dieser Sache zu entgehen – eine falsche Strafanzeige gegen Unbekannte, die ihn unter Gewaltandrohung zur Herausgabe der Karte und des Geheimcodes gezwungen hätten, erstattet zu haben.  

Nun ist es möglich, dass dies zutrifft (die falsche Strafanzeige scheint jedenfalls erwiesen zu sein), aber es besteht definitiv keinerlei Zusammenhang mit der jüngsten Affäre, die Granomort berühmt bzw. öffentlich bekannt gemacht hat. Nun mag es ja sein, dass der Mann in sonstiger Hinsicht kein 100prozentiger Engel ist, denn viele Menschen vereinigen nun mal sehr unterschiedliche (positive und negative) Charakterzüge oder Lebensstationen auf widersprüchliche Art und Weise in sich. Ekelhaft ist jedoch, wie France Soir auf diese Weise mit seiner Sensationsberichterstattung die Polemik über die Todesschuss-Affäre (und die Tatsache, dass Antoine Granomort dabei wahrscheinlich korrekt gehandelt, d.h. den bedrohten jüdischen Fußballfan geschützt und Notwehr geübt hat) überlagert. Auch die konservative Tageszeitung Le Figaro berichtete ihrerseits kurz über den Prozess, auf den Granomort im kommenden Frühjahr wartet, aber auf einer hinteren Seite, ohne blickfängerische Schlagzeile – und unter sofortigem  Hinweis darauf, dass kein Tatsachenzusammenhang zur aktuellen Affäre besteht. Das ist korrekte Berichterstattung. Die andere große Boulevardzeitung, Le Parisien, unterschied sich vom Boulevardblatt France Soir wiederum dadurch, dass sie noch eine weitere Episode aus dem Leben des Antoine Granomort ausgegraben hat, bei der dieser aber wiederum ausgesprochen positiv wegkommt. Le Parisien hat einen behinderten Mann entdeckt, dem Granomort eine Woche vor der Affäre um den toten PSG-Fan in der Pariser Métro das Leben gerettet hat - nachdem der Mann (in verwirrtem Zustand) auf den Geleisen der Untergrundbahn herumgeklettert war und damit sein Leben in akute Gefahr gebracht hatte. Auch das ist eine Facette im Leben des Polizisten Antoine Granomort. 

Rechtsextreme im Internet 

Auf der Homepage des Radiosenders Radio Courteoisie (das allen Strömungen der konservativen Rechten und extremen Rechten offen steht, die dort miteinander kohabitieren möchten) wurde in den ersten Dezembertagen ein Blog zum Thema eingestellt. Er stand gleich unzweideutig unter der Überschrift : « PSG : Jagd auf Weibe » (PSG : Chasse aux blancs). Inzwischen wurde dieser Titel durch einen Link auf eine Webpage « Gerechtigkeit für Julien » ausgetauscht : http://justicepourjulien.fr/main/  

Die nationalrevolutionäre Homepagne « Vox NR » (Stimme der revolutionären Nationalisten) durfte da natürlich nicht zurückstehen. Aus der Feder bzw. Tastatur von Christian Bouchet, einer der Hauptfiguren dieser Strömung, kann man dort unter anderem lesen : « In meiner letzten Chronik, die unmittelbar nach dem Mord an Julien Quemener verfasst wurde, hob ich hervor, dass in den Augen des Systems die Bürger nicht gleich sind. Es gibt die <Auserwählten> und das gemeine Volk ; d.h. Sie und ich, die Schlecht-Denkenden und Schlecht-Geborenen. Seitdem haben eine Anzahl von Elementen den Beweis dafür erbracht, dass diese Affäre noch ekliger ist und noch mehr durch die Medien, die Lobbys und die Tugendbünde instrumentalisiert wird. (...) » Christian Bouchet zieht zunehmend eine Parallele zu einer angeblichen polizeilichen Aggression (die in Wirklichkeit ein banaler Polizeieinsatz infolge eines in einer öffentlichen Hochschuleausgesprochenen Hausverbots war) gegen den « Schriftsteller » Alain Soral. Soral ist ein Antisemit und Provokateur, inzwischen auch Berater von Jean-Marie Le Pen ; er steht aber auch nachweislich im häufigen Kontakt mit dem schwarzen Antisemiten Dieudonné M’ bala M’bala, bekannt unter seinem Vornamen und Künstlernamen Dieudonné.  

Die militante Neonazi-Gruppierung GRIF (der Name wird gesprochen wie « griffe », die Klaue oder Kralle, aber bedeutet auch die Abkürzung für «   Französische identitäre Widerstandsgruppe »), berichtete über die Angelegenheit ebenfalls unter der Überschrift : « Gerechtigkeit für Julien ! »  und verspricht Rache für den toten Fan. Die Gruppe bezeichnet sich als parteiunabhängig, erklärt aber, dass sie zur Wahl des FN aufrufe  ; sie kann wohl ungefähr mit den Freien Kameradschaften in Deutschland und ihrem Verhältnis zur NPD verglichen werden. Auf ihrer Homepage findet sich u.a. auch ein Artikel zum Thema : « Wie Adolf Hitler Europa vor einem sowjetischen Weltreich gerettet hat. »

Editorische Anmerkungen

Der Artikel wurde uns vom Autor im Dezember 2006 zur Veröffentlichung überlassen.