Solidarität mit Enrico Frank

von Peter Nowak
01/07

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„Wir schlagen Schaum  wir seifen ein,“  hieß es in dem von Ernst Busch in der Endphase der Weimarer Republik bekannt gemachten Seifenlied. Er ironisierte damit die SPD, die  im Wahlkampf 1928 Seifenstücke verteilte.  Am 2. Januar 2007  haben einige selbsternannten Erwerbslosensprecher  vor den Amtssitz des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Beck zum öffentlichen Schaumschlagen und Rasieren eingeladen.

Wollten sie das Stempellied szenisch darstellen? Oder darauf hinweisen, dass die Kosten für einen Friseur im Budget eines Hartz IV-Empfängers zu knapp bemessen sind? Mitnichten. Sei wollten Beck nur beim Wort nehmen.

Während eines öffentlichen Auftritts hatte der  im Zweitberuf SPD-Vorsitzende  gegenüber den  leicht renitenten Enrico Frank seinem Ressentiment freien Lauf gelassen: „Waschen und rasieren sie sich, dann bekommen sie auch einen Job.“

Beck wiederholt hier nur, was vor ihm Vertreter in und außerhalb seiner Partei immer wieder gefordert haben. Ein Erwerbsloser soll gefälligst selbst dafür sorgen, dass er immer und überall seine Arbeitskraft verkaufen kann. Das fängt bei der Ortswahl an und hört beim Outfit nicht auf.

Da will ein lediger HartzIV-Empfänger unter 40 partout sein Lebensumfeld nicht verlassen und irgendwelchen Arbeitsplätzen hinterher fahren. Dann ist er selbst Schuld, wenn er keinen Job bekommt. Wer zwar so flexibel ist, seine Reisepläne aber nach seinen Interessen und nicht den nach den Jobbedingungen  wählt, bekommt ganz schnell den geballten Neid der Gesellschaft inklusive   vieler Erwerbsloser zu spüren. Die Kampagne um den berühmten  Florida-Rolf dürfte noch bekannt sein.

Frank war in dieser Hinsicht eindeutig ein mustergütiger Erwerbsloser. Er ließ sich  von einer Lokalzeitung  zum Rasieren und Haarreschneiden überreden. Das konnte noch als  guter Joke durchgehen.

Doch dann hatten sich einige Erwerbslosenmentoren,  die um die Jahreswende wohl viel Zeit hatten, der Sache angenommen und daraus eine Aktion entwickelt. Gleich zu Jahresanfang wollte man sich vor Becks Amtssitz freiwillig einseifen und barbieren lassen, um dann frisch gefönt zu rufen: Wer kauft meine Arbeitskraft? Die Zumutung, die hinter der Forderung steckt, sein Outfit schon mal freiwillig den  Vorstellungen der Personalmanager und ihrer politischen Lautsprecher anzupassen, wurde natürlich schon gar nicht infrage gestellt. Es sollte höchstens skandalisiert werden, dass auch dann noch nicht genug Jobs vorhanden sind.

Und wer sich dieser Zumutung verweigert? Der bekommt nicht nur von der FAZ den Ehrentitel Anarcho-Arbeitsloser angehängt, sondern auch den Zorn besagter Erwerbslosenfunktionäre  zu spüren. Weil er der Sache der Erwerbslosen geschadet hätte, wurden Enrico Frank erst gar nicht zum Einseifen vor Becks Amtssitz eingeladen.  Doch nicht,  dass er die Anpassungsleistung vollbracht hat und sich tatsächlich rasierte und frisierte, wird  moniert. Dass Frank nicht schon vor Weihnachten bei Landesvater Beck im Büro stand und dessen Jobangebote huldvoll entgegengenommen hat,   ist diesen  Erwerbslosensprechern sauer aufgestoßen.   

Zwar hatte er sogar driftige Gründe angegeben, dass er wegen anderer gesellschaftlicher  Verpflichtungen den Termin nicht wahrnehmen konnte.  Für die Bewegungssimulatoren galt  das als unentschuldigtes  Fernbleiben und musste  deshalb sanktioniert werden. Hoffentlich  kommen die nicht auf die Idee, sich beim Jobcenter als Fallmanager zu bewerben. Dann ging es den Erwerbslosen noch mehr an den Kragen.    Zur Zeit können die ihre Kunden noch nicht innerhalb von drei Tagen antreten lassen und Gründe für eine Verschiebung können noch akzeptiert werden.

Editorische Anmerkungen

Der Artikel wurde uns vom Autor am 5.1.07 zur Veröffentlichung gegeben.