„Wir schlagen Schaum wir seifen ein,“
hieß es in dem von Ernst Busch in der Endphase der Weimarer
Republik bekannt gemachten Seifenlied. Er ironisierte damit die
SPD, die im Wahlkampf 1928 Seifenstücke verteilte. Am 2.
Januar 2007 haben einige selbsternannten Erwerbslosensprecher
vor den Amtssitz des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten
Beck zum öffentlichen Schaumschlagen und Rasieren eingeladen.
Wollten sie das Stempellied szenisch
darstellen? Oder darauf hinweisen, dass die Kosten für einen
Friseur im Budget eines Hartz IV-Empfängers zu knapp bemessen
sind? Mitnichten. Sei wollten Beck nur beim Wort nehmen.
Während eines öffentlichen Auftritts hatte
der im Zweitberuf SPD-Vorsitzende gegenüber den leicht
renitenten Enrico Frank seinem Ressentiment freien Lauf
gelassen: „Waschen und rasieren sie sich, dann bekommen sie auch
einen Job.“
Beck wiederholt hier nur, was vor ihm
Vertreter in und außerhalb seiner Partei immer wieder gefordert
haben. Ein Erwerbsloser soll gefälligst selbst dafür sorgen,
dass er immer und überall seine Arbeitskraft verkaufen kann. Das
fängt bei der Ortswahl an und hört beim Outfit nicht auf.
Da will ein lediger HartzIV-Empfänger unter
40 partout sein Lebensumfeld nicht verlassen und irgendwelchen
Arbeitsplätzen hinterher fahren. Dann ist er selbst Schuld, wenn
er keinen Job bekommt. Wer zwar so flexibel ist, seine
Reisepläne aber nach seinen Interessen und nicht den nach den
Jobbedingungen wählt, bekommt ganz schnell den geballten Neid
der Gesellschaft inklusive vieler Erwerbsloser zu spüren. Die
Kampagne um den berühmten Florida-Rolf dürfte noch bekannt
sein.
Frank war in dieser Hinsicht eindeutig ein
mustergütiger Erwerbsloser. Er ließ sich von einer
Lokalzeitung zum Rasieren und Haarreschneiden überreden. Das
konnte noch als guter Joke durchgehen.
Doch dann hatten sich einige
Erwerbslosenmentoren, die um die Jahreswende wohl viel Zeit
hatten, der Sache angenommen und daraus eine Aktion entwickelt.
Gleich zu Jahresanfang wollte man sich vor Becks Amtssitz
freiwillig einseifen und barbieren lassen, um dann frisch gefönt
zu rufen: Wer kauft meine Arbeitskraft? Die Zumutung, die hinter
der Forderung steckt, sein Outfit schon mal freiwillig den
Vorstellungen der Personalmanager und ihrer politischen
Lautsprecher anzupassen, wurde natürlich schon gar nicht infrage
gestellt. Es sollte höchstens skandalisiert werden, dass auch
dann noch nicht genug Jobs vorhanden sind.
Und wer sich dieser Zumutung verweigert?
Der bekommt nicht nur von der FAZ den Ehrentitel
Anarcho-Arbeitsloser angehängt, sondern auch den Zorn besagter
Erwerbslosenfunktionäre zu spüren. Weil er der Sache der
Erwerbslosen geschadet hätte, wurden Enrico Frank erst gar nicht
zum Einseifen vor Becks Amtssitz eingeladen. Doch nicht, dass
er die Anpassungsleistung vollbracht hat und sich tatsächlich
rasierte und frisierte, wird moniert. Dass Frank nicht schon
vor Weihnachten bei Landesvater Beck im Büro stand und dessen
Jobangebote huldvoll entgegengenommen hat, ist diesen
Erwerbslosensprechern sauer aufgestoßen.
Zwar hatte er sogar driftige Gründe
angegeben, dass er wegen anderer gesellschaftlicher
Verpflichtungen den Termin nicht wahrnehmen konnte. Für die
Bewegungssimulatoren galt das als unentschuldigtes Fernbleiben
und musste deshalb sanktioniert werden. Hoffentlich kommen die
nicht auf die Idee, sich beim Jobcenter als Fallmanager zu
bewerben. Dann ging es den Erwerbslosen noch mehr an den
Kragen. Zur Zeit können die ihre Kunden noch nicht innerhalb
von drei Tagen antreten lassen und Gründe für eine Verschiebung
können noch akzeptiert werden.
Editorische Anmerkungen
Der Artikel wurde uns vom Autor am 5.1.07 zur
Veröffentlichung gegeben.