Modifizierter Faschismus gehört auch zum
Wesen der bestehenden kapitalistischen
Gesellschaftsordnung.
Rassentheorie und Rassen - Antisemitismus waren der
unwissenschaftliche
Versuch, in Verbindung mit dem Antikommunismus, in
barbarischer Praxis, die Unterdrückung,
Ausraubung und Vernichtung bestimmter
Bevölkerungsschichten, politischer Vereinigungen und ganzer
Völker ideologisch zu rechtfertigen.
Rassentheorien, Rassenwahn und
Antisemitismus, dienten und dienen, den
jeweils gesellschaftlich herrschenden reaktionären Schichten
und Klassen, zur geistigen Ablenkung,
Kontrolle, Beherrschung und
Instrumentalisierung der Bevölkerung.
Bei der Mehrheit der großen
Privateigentümer der Deutschen Wirtschaft,
deren Repräsentanten im Staat und in der Gesellschaft:
im Industrie- und Bankwesen, in den
Verbänden und Vereinigungen, in den bürgerlichen
Parteien, gibt es keine Bereitschaft zur Überwindung
rassistischer und antisemitischer
Überzeugungen. Faschismus gehört zu
einer Option der in Deutschland herrschenden
Klasse.
Aktuelle Anmerkung: Die
auch staatlich finanzierte
Nachfolgeorganisation, die NPD, auch im Wahlbündnis mit der
DVU, erhielt vorläufig 850. Tausend
Wählerstimmen.
Zum Instrumentarium des deutschen Faschismus gehörte die
staatliche Justiz, die Gesetzgebung,
Verordnungen, Anordnungen, Weisungen und
Befehle. Neben der Finanzierung
und gesellschaftspolitischen Ausrichtung der
NSDAP, als Herrschaftsinstrument von wirtschaftlich
einflussreichen Schichten und Klassen,
war für den deutschen Faschismus (an der Macht)
entscheidend: die passive und aktive Teilnahme der
Mehrheit der Bevölkerung!
Auszug aus den Anmerkungen zu:
Victor Klemperer, Tagebücher 1933 -
1945.
Am 7.11.1938 erschoss ein junger polnischer Jude, Herschel
Grynszpan, in der Deutschen Botschaft
in Paris den Legationsrat Ernst vom Rath, um
auf die Not jüdischer Menschen aufmerksam zu machen.
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion waren am 27.10.1938
18.000 Juden polnischer
Staatsangehörigkeit, darunter auch die Verwandten Grynszpans,
an die polnische Grenze gebracht und dort im
Niemandsland ausgesetzt worden.
Die NS-Führung nahm das Attentat zum Anlass für die
Pogrome des 9. November 1938, die
sogen. "Reichskristallnacht".
In der Nacht vom 9. zum 10.11.1938 wurden in Deutschland 520
Synagogen in Brand gesetzt.
Der Führer der SA-Gruppe Nordsee erteilte am 9.11.1938
den Befehl: "Sämtliche jüdischen
Geschäfte sind sofort von SA-Männern in Uniform zu
zerstören. Nach der Zerstörung hat eine SA-Wache
aufzuziehen, die dafür zu sorgen hat,
dass keinerlei Wertgegenstände entwendet werden können.
Die Verwaltungsführer der SA stellen sämtliche
Wertgegenstände einschließlich Geld
sicher. Die Presse ist heranzuziehen. Jüdische
Synagogen sind sofort in Brand zu stecken, jüdische
Symbole sind sicherzustellen. Die
Feuerwehr darf nicht eingreifen. Es sind nur
Wohnhäuser arischer Deutscher zu schützen von der
Feuerwehr. Jüdische anliegende
Wohnhäuser sind auch von der Feuerwehr zu schützen,
allerdings müssen die Juden raus, da Arier in den
nächsten Tagen dort einziehen werden.
Die Polizei darf nicht eingreifen. Der Führer wünscht,
dass die Polizei nicht eingreift."
Auszug aus den Anmerkungen:
Auf Weisung des Chefs der
Sicherheitspolizei, Reinhard Heydrich, wurden
in Deutschland in den tagen nach dem 9.11.1938 etwa
26.000 jüdische Bürger verhaftet und in
Konzentrationslager, insbesondere nach
Buchenwald, verschleppt.
"Verordnung über Sühneleistung der Juden deutscher
Staatsangehörigkeit vom 12. November
1938. Die feindliche Haltung des Judentums gegenüber
dem deutschen Volk und Reich, die auch vor feigen
Mordtaten nicht zurückschreckt,
erfordert entschiedene Abwehr und harte Sühne. Ich
bestimme daher auf Grund der Verordnung zur Durchführung des
Vierjahresplans vom 18. Oktober 1936 (Reichsgesetzbl.
I, S. 887) das Folgende: § 1. Den Juden
deutscher Staatsangehörigkeit in ihrer
Gesamtheit wird die Zahlung einer Kontribution von
1.000.000.000 Reichmark an das Deutsche
Reich auferlegt. § 2. Die
Durchführungsbestimmungen erlässt der Reichsminister der
Finanzen im
Benehmen mit den beteiligten Reichsministern."
Ghettoisierung und "Judenbann" in Berlin - In der Anordnung
des Polizeipräsidenten von Berlin vom
28.11.1938 heißt es u. a.:
"§ 1. Straßen, Plätze, Anlagen und
Gebäude, über die der Judenbann
verhängt wird, dürfen von allen Juden deutscher
Staatsangehörigkeit und staatenlosen
Juden nicht betreten oder befahren werden.
§ 2. Juden deutscher Staatsangehörigkeit
und staatenlose Juden, die bei
Inkrafttreten dieser Verordnung noch innerhalb eines Bezirkes
wohnhaft sind, über den der Judenbann
verhängt ist, benötigen zum Überschreiten
der Banngrenze einen vom Polizeirevier des Wohnbezirks
ausgestellten Erlaubnisschein. Mit
Wirkung vom 1. Juli 1939 werden Erlaubnisscheine
für Bewohner innerhalb der Bannbezirke nicht mehr erteilt.
(...)
§ 4. Der Judenbann erstreckt sich in
Berlin auf
1. sämtliche Theater, Kinos, Kabaretts,
öffentliche Konzert- und Vortragsräume,
Museen, Rummelplätze, die
Ausstellungshallen am Messedamm
einschl. Ausstellungsgelände und Funkturm, die
Deutschlandhalle und den Sportpalast,
das Reichssportfeld, sämtliche Sportplätze einschließlich
der Eisbahnen;
2. sämtliche öffentliche und private
Badeanstalten und Hallenbäder
einschließlich Freibäder;
3. die Wilhelmstraße von der Leipziger
Straße bis Unter den Linden
einschließlich Wilhelmplatz;
4. die Roßstraße von der
Hermann-Göring-Straße bis zur Wilhelmstraße;
5. das Reichsehrenmal mit der nördlichen
Gehbahn Unter den Linden von der
Universität bis zum Zeughaus."
Quelle: Victor Klemperer.
Tagebücher 1933 - 1945. Hier: 1937 - 1939.
Seite 209/210 Aufbau Taschenbuch
Verlag
Editorische
Anmerkungen
Den Text erhielten wir
vom Autor zur Veröffentlichung in dieser Ausgabe. Er wurde
am 02.04.2006, an die
Bezirksgeschäftsstelle der "Linkspartei.PDS" -
Tempelhof-Schöneberg, Berlin, für die
Veröffentlichung in deren LUPE geschickt. Dies
ist bis Heute nicht erfolgt!