Presseerklärung:
Die Rote Hilfe begrüßt die Freilassung von Christian Klar
Göttingen,19.12.2008

01/09

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Am heutigen Freitag, den 19.12.2008, wurde Christian Klar nach mehr als 26 Jahren Haft aus der Justizvollzugsanstalt Bruchsal entlassen. Er war nach jahrelanger Suche am 16. November 1982 festgenommen und seitdem „unter Verschluss“ gehalten worden. 1992 wurde er unter anderem wegen angeblicher Beteiligung an den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback, an Bankier Jürgen Ponto und an Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt, die aus sechs lebenslangen Einzelfreiheitsstrafen und so genannten zeitigen Freiheitsstrafen von 15, 14 und zwölf Jahren gebildet worden war.

Die Rote Hilfe hat seit vielen Jahren die längst überfällige Freilassung der verbliebenen Gefangenen aus der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) gefordert. Dass diese Forderung nicht durchsetzbar war, zeigt nicht nur eine Niederlage der Solidaritätsbewegung. Es offenbart auch die Tatsache, dass der Umgang mit den Gefangenen aus der RAF bis zum heutigen Tag, mehr als zehn Jahre nach ihrer Selbstauflösung, von einem staatlichen Rachebedürfnis geprägt ist. Insbesondere Christian Klar ist als Symbolfigur für den Aufbruch der Stadtguerillagruppen in den 1970er Jahren abgestraft worden; er war länger inhaftiert als irgendein anderer Gefangener aus der RAF.

Die rechtsstaatlichen Sonderbehandlungen, die den ehemaligen und vermeintlichen Mitgliedern der Roten Armee Fraktion zuteil wurden, dämpfen die Freude allerdings erheblich. Gekaufte KronzeugInnen, verschwundene, unter Verschluss gehaltene oder vernichtete Beweise und Dokumente, ausgehebelte VerteidigerInnenrechte und Sondergesetze machten und machen diese Verfahren zur offensichtlichen Farce. Der Terrorparagraph 129a erübrigte in den meisten Fällen jeden individuellen Tatnachweis. Allen Mitgliedern der RAF wurden regelmäßig sämtliche, während ihrer Mitgliedschaft begangene Taten zur Last gelegt. Den auf dem Gewaltmonopol beruhenden bürgerlichen Rechtsstaat wurmte es besonders, dass einige Angeklagte, darunter Christian Klar, nicht zu justizgefälligen Reuebekundungen bereit waren. Erst letztes Jahr war Christian aufgrund antikapitalistischer Bekundungen auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz von Bundespräsident Köhler die Unterschrift unter ein so genanntes Gnadengesuchm verweigert worden.

Die Rote Hilfe, nicht nur der Bundesvorstand, sondern alle Ortgruppen, Gremien und Mitglieder, wünschen Christian Klar einen guten Start ins Leben außerhalb der Knäste. Bedanken möchten wir uns bei seinem Anwalt Dr. Schneider für die unermüdliche Arbeit, die er geleistet hat, und bei all jenen, die sich jahrelang für die Freilassungsforderung eingesetzt haben und dabei sehr solidarisch miteinander umgegangen sind.

Der Kampf gegen die politische Justiz und für die Freiheit der politischen Gefangenen ist aber keineswegs überflüssig geworden. So sitzt mit Birgit Hogefeld ein weiteres Mitglied der RAF im Gefängnis, in Stammheim findet zurzeit ein absurdes 129b-Verfahren gegen türkische Exil-Linke statt und in Berlin müssen sich aktuell drei Genossen wegen einer vermuteten Mitgliedschaft in der „militanten gruppe“ verantworten. Unsere Solidarität bleibt unteilbar: Angeklagt sind wenige, gemeint sind wir alle!

Die Rote Hilfe e.V. fordert auch weiterhin:
Weg mit den Gesinnungsparagraphen 129a und 129b!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!


Mathias Krause für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
 

Editorische Anmerkungen

Den Text spiegelten wir von der Website der Roten Hilfe.