Nach vielen Jahren findet ein revolutionärer Prozess in einem
arabischen Land statt. Das Regime des
tunesischen Ex-Diktators Ben Ali konnte die
Unruhen, die sich wegen der gestiegenen
Lebensmittelpreise zuerst in der
Hauptstadt entzündet und sich dann auf mehrere Städte
ausgebreitet hatten, nicht aufhalten. Das
diktatorische Regime von Ben Ali hat einen Todesstoß
erfahren, und die Imperialisten haben wieder einmal ihr
wahres Gesicht gezeigt, indem sie wieder
einmal ein trauriges Beispiel seiner
Doppelzüngigkeit zum Besten gaben. Für die europäischen
Imperialisten, die sich bis zum Ende
auffallend zurück mit Kritik an Ben Ali hielten, hatte
sich der nun Ex-Diktator mit einer Liberalisierung der
Wirtschaft sehr beliebt gemacht. Deshalb
würde es ihnen auch zusagen, wenn die tunesische
Bourgeoisie es schaffte, das Ruder an sich zu reißen. Ein
Machtvakuum muss geschlossen werden. Nach
der Flucht von Ex-Diktator Ben Ali ins saudische
Exil hatte zunächst Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi
am Freitag die Amtsgeschäfte übernommen.
Am Samstag ernannte der Verfassungsrat nun den
77-jährigen Foued Mbazaa zum Interims-Präsidenten.
Neuwahlen wurden ausgerufen. Merkel,
Sarkozy und Obama mahnen zur Vernunft und
Gewaltlosigkeit. Das Land ist immer noch in Aufruhr. Die
verhasste Polizei schießt und wütet
weiterhin. Die Soldaten, die sich gestern mit
Demonstranten verbrüdert hatten, nahmen am Nachmittag des
15.01 Hunderte Elite-Polizisten des
früheren Präsidenten fest, die auf wehrlose
Demonstranten geschossen hatten.
In Tunesien ist ein revolutionärer Prozess im Gange, in dem die
Avantgarde nicht islamistischen Kräften
angehört. Es sind arbeitlose junge Akademiker,
Rechtsanwälte, und Arbeiter in den Industrie- und
Bergbauzentren, die einen Generalstreik
von zwei Stunden am 14.01 ausübten und den Aufstand tragen.
Dieser Prozess, der von den Massen der ganzen Region
aufmerksam verfolgt wird, wird enorme
Auswirkungen im ganzem nahem Osten und Nordafrika haben.
Dort haben sich mit der Unterstützung aller imperialistischen
Länder, autokratische Regimes
eingenistet, die den Massen Armut, Elend und
Ausbeutung aufzwingen. Jetzt zittern sie.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Massen immer weniger
bereit sind, sich mit Versprechungen und
Almosen abspeisen zu lassen. In Jordanien
demonstrierten am Freitag mehrere tausend Menschen gegen die
Regierung, obwohl
die Regierung in dieser Woche nach einer ersten Protestwelle ein
Maßnahmenpaket beschlossen hatte, durch das die
Preissteigerungen der vergangenen Monate
abgemildert werden sollten. Sie forderten den Rücktritt
der Regierung von Ministerpräsident Samir Rifai. Die
korrupten proimperialistischen
Regierungen der Region fürchten nun die Ansteckung. In
der bürgerlichen Presse fragt man sich besorgt: Wann
stürzt der nächste Präsident der
arabischen Welt? (ARD).
Die Ereignisse in Tunesien und eine mögliche Destabilisierung
Nordafrikas und dem Nahem Osten werden
auch enorme Auswirkungen auf die zig Tausenden
von TunesierInnen und MaghrebinerInnen, die in den
imperialistischen Zentren
allen voran Frankreich aber auch im übrigen Europa, leben. Die
sozialen Unruhen und spontanen Proteste
der vergangenen Wochen beunruhigen nun auch
die Machthaber Europas. So weigerte sich der französische
Staatschef Sarkozy aus Angst vor Unruhen
im eigenen Land, dem Ex-Diktator Exil zu gewähren. Am
vergangenen Dienstag bot die französische Außenministerin
Michèle Alliot-Marie in der
Nationalversammlung in Paris, Tunesien (und Algerien)‚
polizeiliches Know-How’ an. Dadurch könnte es den - in ihren
Augen überforderten - Polizeien beider
Länder erlaubt sein, „sowohl die Sicherheit
als auch das Demonstrationsrecht zu gewährleisten“. Die
USA und EU riefen zu
friedlicher Entwicklung (sic!) in Tunesien auf. Doch nun haben
sie schwer zu schlucken. Wir feiern heute
die Rebellion des tunesischen Volkes.
Nun rufen wir:
-
*Es lebe die tunesische Revolution!*
-
*Nieder mit allen Autokraten des Maghreb und Nahen Osten!*
-
*Für eine sozialistische Föderation des Maghrebs und dem
Nahen Osten!*
In den vergangenen Monaten sind viele arabische Staaten
von Unruhen
erschüttert worden:
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Im Dezember griffen Polizisten in Kuwait Akademiker und
Parlamentarier an.
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In der jordanischen Stadt Maan rumort es, seitdem dort
drei Arbeiter ermordet wurden.
Die Bevölkerung bezichtigt staatliche Sicherheitskräfte,
in den Fall verwickelt zu sein,
bei Protesten wurden Regierungsgebäude in Brand
gesteckt.
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In anderen Städten Jordaniens kam es wiederholt zu
Protesten wegen der steigenden
Lebensmittelpreise.
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In Saudi-Arabien demonstrierten am vergangenen
Wochenende 250 ausgebildete
Lehrer gegen ihre schlechten beruflichen Aussichten.
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Libyen und Marokko versuchten jüngst, dem Volkszorn über
Preissteigerungen die Spitze zu
nehmen, indem sie Sonderrabatte gewährten. So sollten
Demonstrationen verhindert werden. (Quelle:
Spiegel Online)
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Editorische Anmerkungen
Wir erhielten den Artikel vom Autor.
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