trend spezial: Berichte aus Kosova | redigiert von Max Brym

Bin ich eine schlechte Mutter?

01/12

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Hallo ich bin eine Mutter aus Kosovo. Leider stelle ich mir oft die Frage ob ich eine schlechte Mutter bin. Meine Kinder gehen betteln und Autowaschen in Prishtina. Die zwei kleinen hüpfen oft an und auf Autos an den großen Straßenkreuzungen in der Stadt. Geschwind hüpfen sie auf Autos und bieten das säubern von Autoscheiben an. Diebeiden kleinen garantieren mir und auch sich selbst, dass der Hunger nicht ständiger Gast an unserem Tisch ist. Ich
selbst habe keine Arbeit und bekomme kein Arbeitslosengeld. Die Behörde verweigert mir Sozialhilfe von 30 Euro pro Monat, da mein Mann Geld habe. Dieser Herr der Schöpfung ist allerdings spurlos verschwunden. Geld erhalte ich von ihm nicht. Meine armen Kinder organisieren das nötige Geld, damit wir nicht verhungern. Bin ich eine schlechte Mutter, oder ist im System etwas falsch? Stets blutet mir das Herz wenn ich meinen Kindern bei der Arbeit zusehe. Warum habe ich keine Arbeit? Vielleicht liegt es an der Tatsache, dass ich bereits 40 Jahre alt bin. Zu alt um von den Unternehmen genommen zu werden.. Eine Freundin von mir arbeitet als Prostituierte natürlich für Männer mit Geld. Diese Typen, hauptsächlich „ Internationale“, bezahlen für 2 Stunden 20 Euro. Darüber hab ich nachgedacht aber dies kann und will ich nicht machen. Nebenbei bemerkt würden sie mir nur 10 Euro geben, wegen meines Alters. Pardon wenn ich über solche Dinge spreche aber die Tabuisierung der Realität hilft nichts. Ich habe studiert und steh jetzt mit

meinen zwei Kindern auf der Straße. Auf der anderen Seite gibt es sehr reiche Damen und Herren. Diese schicken ihre Kinder auf teure Privatschulen. Die Kinder der Reichen sind wohlgenährt. Meine Kinder hingegen haben oft Hunger. Mein Herz will zerspringen. Oft gehen meine Kinder nicht zur Schule, weil sie kein Geld für Material und die Mahlzeit haben. Welche Katastrophe. Das alles nennt man bei uns Demokratie. Es gibt aber keine Demokratie ohne soziale Rechte. Sehr geehrte Damen und Herren von Kosova-Aktuell, ich will keine Spende von ihnen, ich will nur, dass die Welt erfährt wie es mir und vielen anderen Müttern in Kosova geht. Mein Name muss aufgrund der intimen Dinge geheim bleiben. Eine Freundin hat mir ihren Laptop geliehen. Der Artikel wird gerade bei kaltem Wetter mitten in Prishtina geschrieben. Meine Freundin passt gerade auf meine lieben Kinder an Autokreuzung auf. Ich lebe noch und will mich nicht umbringen. Ich hoffe auf eine radikale Veränderung oder auf eine Revolution. Ewig kann es nicht so weitergehen.

Editorische Hinweise

A.K eine Mutter aus Kosova

Übersetzung Max Brym