Pressemitteilung vom 20/01/2012
Einschüchterungsversuchen der deutschen Polizei gegen den langjährigen Aktivisten Herrn Mbolo Yufanyi und über die Manipulationstaktiken der Polizei

von der Plataforma der Flüchtlinge und MigrantInnen Berlin und des The VOICE Refugee Forums

01/12

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Am 16. Januar 2012 klopften gegen 11 Uhr vier Polizeibeamte, zwei Uniformierte Männer und zwei zivilgekleidete Beamte, ein Mann und eine Frau an die Tür der Privatwohnung des VOICE-Aktivisten Herrn Mbolo Yufanyi. Sie taten dies, obwohl sie alle notwendigen Informationen zur Identifizierung von Herrn Yufanyi und sogar eine Kopie seines Aufenthaltserlaubnis, den sie wahrscheinlich von der Ausländerbehörde erhalten hatten, mit sich führten. Im Gegenzug forderte Herr Yufanyi die Beamten auf, sich auszuweisen. Ein Polizeibeamter und die Polizistin aus Magdeburg wiesen sich aus:

KK Feige, PD Sachsen-Anhalt Nord, FK 5,
KOKin Nißen, PD Sachsen-Anhalt Nord, FK 5, Telefon.: 0391/5464936.

Die Polizeibeamten erklärten, dass sie einige Fragen bezüglich der in Dessau während der Oury Jalloh Gedenkdemonstration passierten Vorfälle hätten. Herr Yufanyi hätte, so die Beamten, anschließend Anzeigen wegen der Gewaltübergriffe gegen seine Person und andere Demonstranten gestellt. Sie würden gerne Herrn Yufanyi zur Polizeiwache begleiten. Herr Yufanyi fragte, ob die Beamten ein Haftbefehl gegen ihn hätten. Die Beamten erwiderten, dass sie nicht zur seiner Festnahme gekommen seien. Der Staatsanwalt Sachsen-Anhalt wolle nur den Fall zügig untersuchen. Das traurige und bittere Ende von Oury Jalloh vor Augen weigerte sich Herr Yufanyi selbstverständlich mit den Beamten mitzugehen. Er machte von seinem Recht Gebrauch keine Aussage ohne die Anwesenheit seines Rechtsanwalts machen zu müssen. „Jede weitere Kommunikation mit ihm sollte nur über seinen Rechtsanwalt geführt werden“ fügte er hinzu. Die Polizeibeamten verließen anschließend die Wohnung.

Die Plataforma der Flüchtlinge und MigrantInnen sowie THE VOICE Refugee Forum unterstützen Herrn Mbolo Yufanyi in seiner Verweigerung gegenüber dem Polizeiapparat. Sie stärken ihn um den Drohungen und Einschüchterungsversuchen seitens der Polizei stand zu halten. „Sie können versuchen, uns sowohl geheim als auch öffentlich zum Schweigen zu bringen, aber sie können nicht das in uns brennende Licht in unserem Kampf gegen Polizeibrutalität, insbesondere gegen rassistische Polizeibrutalität auslöschen,“ stellt Herr Yufanyi fest. Wir werden den Kampf gegen rassistische Polizeibrutalität in Deutschland fortführen und unterstützen Herr Yufanyis Anklage gegen die Polizeibeamten, die am 7. Januar 2012, am Todestag von Oury Jalloh, der in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte, Demonstrantinnen und Demonstranten brutal schlugen. Der Besuch der Polizei kann nur als Einschüchterung verstanden werden, wenn ein Tag nach der Protest gegen die ausgeübte Polizeibrutalität Polizisten vor der Wohnungstür stehen. Es überrascht, dass die Ausländerbehörde vertrauliche Informationen über Herrn Yufanyi grundlos der Polizei übermittelt. Diese Art der Zusammenarbeit könnte als ernsthafte Verletzung des Datenschutzes ausgelegt werden. Die Frage ist: Wer ist hier der Angeklagte?
Brandanschlag und Manipulation:

Am Mittwoch wurde verkündet, dass ein Brandanschlag gegen das Polizeirevier in Dessau-Roßlau verübt worden sei. Weiterhin sei zusammen mit dem Brandanschlag unsere Kampagneparole „Oury Jalloh, das war Mord“ an die Mauern des Polizeireviers geschrieben worden. Seit fast zwei Wochen hageln kritische Artikel in unterschiedlichen regionalen und überregionale Zeitungen und Medien über die unverzeihliche brutale Vorgehensweise der deutschen Polizei. Alle Veröffentlichungen berichteten darüber, wie unsere Grundrechte der Rede- und Meinungsfreiheit bei der letzten Gedenkdemonstration am 7.1.2012 in Dessau von der Polizei mit den Füßen zertrampelt worden seien. Die deutsche Polizei und die Minister haben in der Defensive eine Lüge nach dem anderen erfunden, genauso wie sie es in den ersten Gerichtverfahrens in Dessau und nun im zweiten Prozess in Magdeburg tun. Wir sahen heute Bilder über die Beweisaufnahme am Polizeirevier in Dessau [1] und fragen uns, wo sind die in der Zelle Nr. 5 gesammelten Beweise geblieben. Warum wurde das am 7. Januar 2005 in der Zelle Nr. 5 des gleichen Polizeireviers gedrehte Video nach dem Tod Oury Jallohs gelöscht [3] und warum wurde bisher keiner dafür verantwortlich gemacht. Es sind viele Fragen, die uns nur eins gelehrt haben, den Aussagen der Polizei und der Staatsanwaltschaft mit gesunder Skepsis zu begegnen. Die zuletzt bekannt gewordenen Verstrickungen des Polizeiapparats und der staatlichen Behörden mit Terrorbanden wie die NSU sind nur ein weiteres Argument, das unsere Skepsis als MigrantInnen bestärkt. Daher wäre es nicht überraschend, wenn die Polizei nach Wegen suchte, um nach den Gewaltübergriffen bei der letzten Gedenkdemonstration aus der Defensive zu gelangen und gleichzeitig die Kampagnenmitglieder für die Gerechtigkeit im Falle Oury Jallohs zu kriminalisieren. Warum sollten wir an die „Anonymität“ der Brandstifter und ihrer Verbindung zu der Parole glauben, die seit sieben Jahren in Dessau nicht erwünscht ist und bisher nur mit Worten und mit entschlossenem Willen vieler verteidigt worden ist. Nach all den Manipulationen der Beweise und der Wahrheit im Falle Oury Jallohs außerhalb und innerhalb der Gerichte in Dessau und Magdeburg wissen wir, wie weit sie gehen, um uns zu kriminalisieren, einzuschüchtern und letztendlich physisch anzugreifen. Aber all diese Angriffe werden uns in unserem Kampf für Gerechtigkeit und der Verbreitung unserer Parole nicht aufhalten.

Wir beharren weiterhin darauf, dass die Anklage wegen fahrlässige Tötung geändert wird in Mord und Beihilfe zu Mord gegen alle am 7. Januar 2005 im Dessauer Polizeirevier anwesenden Polizeibeamten. Die Untersuchungen im Mordfall Oury Jalloh sollen durch ein unabhängiges internationales Gremium von Experten und Beobachtern geführt werden.

Sieben Jahre nach Oury Jallohs barbarischem Tod in der Zelle Nr. 5 im Polizeirevier in Dessau ist immer noch keine Gerechtigkeit in Sicht. Wir sagen weiterhin: Oury Jalloh – Das war Mord!

Wir setzen uns weiterhin für Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung ein.

Bricht das Schweigen!

Stellungnahme von Mbolo Yufanyi zur heutige Polizeibesuch bei ihm in Berlin http://thevoiceforum.org/node/2392

Für Rückfragen und weiteren Informationen kontaktieren Sie bitte:
Yufanyi Mbolo: +49-(0)170-8788124 The VOICE Refugee Forum, Berlin.

http://www.thevoiceforum.org
http://plataforma-berlin.de

http://initiativeouryjalloh.wordpress.com

The_voice_berlin@gmx.de , plataforma.berlin@gmail.com

Referenzen:

[1] Molotow-Cocktail trifft Polizeirevier, Mitteldeutsche Zeitung vom 18.1.2012, http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksAr...

[2] Eins, zwei oder gar kein Feuerzeug? Lügenkonstrukte - Made in Germany, Stellungnahme der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh vom 23.10.2007, http://thecaravan.org/node/1378

[3] Bericht vom 59. Prozesstag der Gerichtsverhandlung in Dessau, http://ouryjalloh.wordpress.com/2009/01/06/59-prozesstag-teil-1

Editorische Hinweise

Wir dokumentieren diese Pressemitteilung, die wir am 21.1.2012 erhielten.
Weitere Infos gibt es unter: http://thevoiceforum.org/taxonomy/term/7