trend spezial: Berichte aus Kosova redigiert von Max Brym

Offener Brief - Wohin geht die „ Bewegung für Selbstbestimmung“ in Kosova?

von Alexandra Cohen am 30.12.2012

01-2013

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Die VV (Bewegung für Selbstbestimmung ) ist trotz vieler anders lautender Meldungen in der deutschen linken Presse, die fortschrittlichste politische Kraft in Kosova. Ihr bekanntester Aktivist Albin Kurti ist ein beeindruckender Massenredner mit einer sehr positiven Biographie. Kurti war von April 1999 bis 2001 für zwei Jahre in serbischer Haft. Vom Jahr 2007 bis 2008 steckte die UNMIK und anschließend die EULEX Mission Kurti ins Gefängnis und in strengen Hausarrest. Als politisch Verfolgter sprach Kurti auf der Beerdigung des albanischen Antifaschisten Ali Aliu in Prishtina. Der Pensionist Vehab Shita von der LANC (( Bewegung der antifaschistischen Partisanen) nannte Kurti in einem Interview mit Max Brym im Jahr 2010, die „progressivste Persönlichkeit in Kosova“.

Diese Darstellung von Kurti durch den alten antifaschistischen Partisanen Shita war und ist richtig. 

Die VV tritt für das demokratische Recht auf Selbstbestimmung ein und spricht sich gegen die ethnische Teilung Kosovas aus. In Ihrer Selbstartstellung tritt sie für die gleichen Rechte aller Bürger Kosovas unabhängig von ihrer Nationalität ein. VV macht eigene Veranstaltungen für Roma und hat Roma als Mitglieder. Seit den Parlamentswahlen 2010 hat die VV 12 Abgeordnete im Parlament.


Solidarität mit Max Brym

Am Donnerstag den 10, Januar findet ein Prozess gegen Max Brym ( Herausgeber von Kosova- Aktuell ) in Hamburg statt. Die Rechtsanwaltskanzlei „KSP Dr. Seegers, Dr. Frankenheim aus Berlin fordert von Herrn Brym persönlich mehrere tausend Euro. Dies geschieht im Auftrag der Presseagentur AFP. Angeblich soll Kosova-Aktuell geistige Leistungen der Presseagentur AFP ungefragt verwendet haben.

Die Regierungspartei PDK startet immer wieder Kampagnen in dehnen Kurti als serbischer Agent dargestellt wird. Der PDK Abgeordnete Berat Buzhala behauptete kürzlich, dass der Fraktionsvorsitzende der VV Visar Yimeri, mit serbischen Frauen während des Krieges im Jahr 1999 in Montenegro getanzt hätte. Dieser Ausbund an verblödetem Nationalismus der PDK ist gekoppelt mit Unterwürfigkeit gegenüber dem serbischen Staat und der EU. Als störend wird empfunden, dass die VV, die Privatisierung wichtiger Reichtümer des Landes ablehnt. Bis dato hat nach Angaben der Gewerkschaft BSPK der Privatisierungsprozess 76.000 Arbeitsplätze gekostet- Die Arbeiter der „ Post und Telekommunikation“ wollen im Februar gegen die Privatisierung der PTK in den Streik treten. Allein von 2007 bis 2011 überwies die PTK 400 Millionen an Gewinn an den kosovarischen Staatshaushalt. Jetzt soll dieses rentable öffentliche Unternehmen für maximal 250 Millionen Euro privatisiert werden. Nur VV als politische Kraft steht an der Seite der Arbeiter. 

Vorwurf Antiamerikanisch 

Auf der Website Kosova- Aktuell ist zu lesen: „ Die Firma der ehemaligen Aussenministerin der USA , die " Albright- Group" ist an dieser Privatisierung der PTK < Post und Telekommunikation Kosovas> interessiert. Der ehemalige US General Wesley Kanne Clark, ist  Vorsitzender der Lobbyistenvereinigung Growth Energy. Diese Firma hat Interesse an dem Braunkohlereichtum Kosovas sprich an der Privatisierung der KEK bekundet. Diesen Interessen will die Thaci Regierung gerne nachkommen. Wer gegen die Privatisierung ist, ist nach der Meinung dieser Leute < Antiamerikaner>“ Berat Buzhala, Abgeordneter der PDK erklärte im Parlament: “Nur die Partei der Arbeit Albaniens, Enver Hoxha und Albin Kurti, hatten in der albanischen Geschichte ein negatives Verhältnis zu Amerika.“ 

Wie reagiert VV auf diese Vorwürfe 

Empört wiesen führende Vertreter von VV in der Presse den Vorwurf des Antiamerikanismus zurück. Zuerst dachte ich mir dabei nichts schlechtes. Vor mehr als einem Jahr solidarisierte sich VV in einer öffentlichen Erklärung mit der Blockupy- Bewegung in den USA. Doch im Dezember 2012 erklärte der stellvertretende Vorsitzende von VV Shpend Ahmeti : „ Wir haben die gleiche Orientierung wie Barack Obama“ Kürzlich äußerte sich Albin Kurti ähnlich.

In den Verlautbarungen von VV wird betont, dass man nur Probleme mit der US Botschaft in Prishtina habe, aber nicht mit den USA. Diese Erklärungen sind entweder naiv oder grober Unfug.

Barak Obama steht für die imperialistische kapitalistische USA. Die Botschaft der USA in Prishtina steht für Privatisierung, Deregulierung und die Liquidierung sämtlicher sozialer Rechte. In den USA selbst findet ein gigantischer Umverteilungsprozess von unten nach oben statt. Zwischen September 2011 und Ende August 2012 stieg die Zahl der Inanspruchnahmen von Notfall-Nahrungsmittelhilfen in den 21 der 25 größten amerikanischen Städten durchschnittlich um 22 Prozent. Dies zeigt die jährlich durchgeführte Umfrage der United States Conference of Mayors . Einer von sieben US-Bürgern leidet dem Bericht zufolge unter Ernährungsunsicherheit. Seit 2011 nutzten 47 Millionen Menschen die Lebensmittelmarken – 1,3 Millionen mehr als noch 2010. Doch nicht jeder Bedürftige erhält diese Lebensmittelmarken, die außerdem nur für eine begrenzte Zeit bezogen werden können.

Die Suppenküchen und andere öffentliche Einrichtungen sind aufgrund der immens gestiegenen Zahl der Bedürftigen und der gekürzten staatlichen Hilfen (hier) gezwungen zu sparen. Dem Bericht zufolge mussten 95 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Städte, Notfall-Küchen und anderen öffentlichen Einrichtungen die Menge an Lebensmitteln, die sie ausgaben, reduzieren. 89 Prozent der Befragten mussten zudem Menschen wegschicken, da sie nicht über genügend Ressourcen verfügten und 81 Prozent waren dazu genötigt, die Häufigkeit, mit der US-Bürger von den Lebensmittelhilfen monatlich Gebrauch machen können, zu verringern. 

Offene Fragen an VV 

In einem hat Hashim Thaci tatsächlich recht. Thaci rechtfertigt seine Privatisierungsorgie mit Beispielen aus der westlichen Welt. Ja in der gesamten kapitalistischen Welt werden soziale Rechte liquidiert. VV kann nur glaubhaft sein wenn ein klares linkes Profil ausgearbeitet wird. Die Basis dafür ist in VV gegeben. Die Taschenspielertricks von Shpend Ahmeti „nicht gegen die USA, nur gegen die Botschaft“ helfen dabei nicht weiter. VV muss sich entscheiden, nur ein konkretes radikal linkes Programm nützt den Armen und Verzweifelten. Die entscheidende Frage für VV wird sein, welche internationale Orientierung, die Organisation annimmt. Es gibt in dieser Welt zwei Welten. Es gibt einen antagonistischen Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit. Der Neoliberalismus ist nur die aktuelle Ausdrucksform des Kapitalismus. Der Kapitalismus ist in einer fundamentalen Verwertungskrise. Es wird kein linksnationalistisches Programm helfen wie es einige in VV präferieren. 

In der Hoffnung das alles gut wird habe ich mit 84 Jahren diesen Brief geschrieben. Herr Brym ( Herausgeber von Kosova-Aktuell) teilte mir gerade telefonisch mit, dass solidarische Kritik an VV erlaubt und erwünscht ist, auch auf der Seite von Kosova-Aktuell. Max Brym selbst teilt als bekanntes SAV Mitglied meine Kritik. Vielleicht antworten die Freunde von VV ja direkt.

Viele Grüße
Alexandra Cohen
München
e- mail alexandracohen@web.de 

PS: Ich kann leider meine Wohnung nicht mehr verlassen. Aber Briefe kann ich noch schreiben und beantworten. Nochmals viele Grüße an die vielen jungen Aktivisten von VV. 

Quellen

Editorische Hinweise

Wir  erhielten den Text von Max Brym.