Betrieb & Gewerkschaft
Opel Bochum
Der Kampf trägt Früchte!

von Redaktion "Arbeit- Zukunft"

01-2014

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Die Weigerung der Opelaner, ihrer eigenen Beerdigung zuzustimmen, erweist sich als richtig.

Als zu Beginn dieses Jahres die Belegschaft von Opel Bochum als einzige der vier Opel-Belegschaften in Deutschland den ihnen vorgelegten Vertragsentwurf mit 76,1 Prozent ablehnten, gab es viele, die am Verstand der Bochumer Opelaner zweifelten. Doch die weitere Entwicklung hat ihnen Recht gegeben. Die Bochumer Opelaner waren die einzigen, die den ganzen Vertragstext kannten – ihren Kolleginnen und Kollegen in Eisenach, Kaiserslautern und Rüsselsheim wurden nur Auszüge mitgeteilt.

In der Öffentlichkeit wurde es so hingestellt, als hätten die Bochumer – und zwar alle etwa 3200 Beschäftigten - die Wahl zwischen der Werksschließung schon Ende 2014 oder erst Ende 2016. Dass durch die Annahme des Vertrages schon im Jahr 2013 etwa eintausend von ihnen gegangen worden wären, und zwar notfalls mit betriebsbedingter Kündigung, war kaum bekannt; und auch 2014 wäre wieder eine große Zahl ihrer Arbeitsplätze verloren gegangen – am Ende 2016 wären dann nur noch einige hundert übriggeblieben. Die Nachtschicht wäre jetzt schon weggefallen und noch einiges Andere, was nach dem für den Standort Bochum noch bis Ende 2014 geltenden „Master Agreement“ gültig ist, es aber bei Annahme des neuen Vertrages nicht mehr wäre.

Das Getriebewerk ist mittlerweile „vertragsgerecht“ geschlossen worden und die etwa 300 dort Beschäftigten sind diese Arbeitsplätze los. Einige von ihnen sind an anderer Stelle im Werk untergekommen, andere haben eine Abfindung angenommen – aber etwa die Hälfte von ihnen saß bis zum 31. Dezember 2013 zu Hause und machte „Däumchendrehen bei vollem Lohnausgleich“, denn gekündigt werden konnte ihnen nicht. Da empfinden wir die berühmte „klammheimliche Freude“. Außerdem gilt z.B. für die Bochumer Opelaner, dass ihnen bis einschließlich 31. Dezember 2014 nicht gekündigt werden kann. Die Kündigung kann also nicht vor dem 2. Januar 2015 ausgesprochen werden und gilt dann ab dem 1. Februar; nun haben aber viele Opelaner einen Kündigungsschutz von sieben Monaten, müssen also nach Schließung des Werkes noch bis einschließlich August 2015 ihren Lohn bekommen – für’s „Däumchendrehen“... Die bisher klammheimliche Freude ist gar nicht mehr klammheimlich. General Motors könnte sich natürlich herauskaufen mit einem entsprechend hohen Abfindungsangebot. Das versucht GM offenbar, doch dazu weiter unten.

Die offene Freude wird noch gesteigert durch den Erfolg, den zwei Opel-Rentner für sich und die anderen Rentner erzielt haben: ihnen war aufgefallen, dass im Rentenvertrag ein Passus enthalten ist, der eine jährliche Anpassung der Rente um 1 Prozent plus beinhaltet – was ihnen noch auffiel, dass sie diese Rentenerhöhung nie erhalten hatten und ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen auch nicht. Nun, wir geben zu, dass Opel Deutschland, soweit wir wissen, inzwischen alle einbehaltenen Beträge nachgezahlt hat, insgesamt ein ganz schöner Batzen.

Die Bochumer Opelaner gelten zu Recht als die widerborstigste der vier Belegschaften in Deutschland. Daran haben kritische Gewerkschaftler und Betriebsratsmitglieder einen großen Anteil. Wir würden sie von uns aus als oppositionell bezeichnen, doch das darf man nicht, denn „in der Gewerkschaft gibt es keine Opposition“ und wir würden dann eventuell zu ihrem Ausschluss beitragen.

Nun mag sich mancher wundern, warum diese von uns so eingeschätzte Belegschaft die angekündigte Werksschließung „so einfach“ hinnimmt. Das tut sie nicht. Immer wieder ist es in letzter Zeit zu Aktionen gegen die Schließung gekommen, doch sie wurden von der Betriebsratsmehrheit geschickt klein gehalten oder erstickt. Auch hat die gute Arbeit der „kritischen“ Gruppen im Betrieb dazu geführt, dass die Gegenseite gestärkt wurde. Mitglieder von 5 „kritischen“ Listen haben im Jahr 2009 innerhalb weniger Tage etwa 3000 Unterschriften von Kolleginnen und Kollegen gesammelt, die nicht bereit waren, zur „Rettung von Opel„ auf ihr Urlaubsgeld zu verzichten. An den 3 anderen deutschen Standorten hatte der dortige Betriebsrat die Belegschaft schon dazu gebracht, den Verzicht auf Urlaubs-, Weihnachtsgeld und 4,2 % Lohnerhöhung abzunicken. Im Jahr 2010 standen Betriebsratswahlen an und der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Einenkeln, der eigentlich auch auf Verzicht-Kurs war, wollte natürlich wiedergewählt werden. Da konnte er 3000 Stimmen – damals fast die Hälfte der Belegschaft - nicht so einfach ignorieren. Also spannte er sich vor den Karren und ging vor das Arbeitsgericht mit dem Ergebnis, dass allen (!) Opelanern in Bochum, Eisenach, Kaiserslautern und Rüsselsheim nicht nur das Urlaubsgeld ausgezahlt wurde, sondern auch das Weihnachtsgeld und die 4,2 % Lohnerhöhung. Allerdings gab es auch das oben angedeutete negative Ergebnis: Einenkel erntete da, wo andere gesät hatten - seine Liste WIR legte bei den Betriebsratswahlen zu, während fast alle anderen Listen ziemlich genau ein Drittel ihrer Stimmen einbüßten und manche Liste, die die Unterschriften mit gesammelt hatte, keinen Betriebsrat mehr stellen konnte.

Der neue Betriebsrat (2010) hat 31 Mitglieder, 21 davon auf der Einenkel-Liste WIR. Zunächst gab es bei Abstimmungen im Betriebsrat meist das Ergebnis 21:10, die zehn anderen Betriebsräte stimmten also gemeinsam, obwohl sie unterschiedlichen Gruppen angehören. Das hat sich leider geändert. Einenkel ist es offenbar gelungen, neun nicht WIR-Betriebsräte zu sich herüberzuziehen. Standhaft geblieben ist nur die Betriebsrätin der Liste „Offensiv“ – sie ist die einzige Gegenstimme gegen 30 „Köppenicker“ und hat es entsprechend schwer.

Seit der Ablehnung des im Frühjahr vorgelegten Vertrages stehen die Bochumer Opelaner „im Dunklen“. Sie werden fortlaufend vertröstet auf „kommende Verhandlungen“, deren Ergebnis dann nicht öffentlich wird. Die tapfere Betriebsrätin hat vor Gericht versucht, Einenkel dazu zu zwingen, die Belegschaft zu informieren. Doch dem liegen angeblich keine Informationen vor, was der Richter sinngemäß so kommentierte: „Herausschütteln kann ich sie aus ihm auch nicht.“ Es gibt einen Vertragsentwurf, über den nur gerüchteweise etwas bekannt ist – über ihn soll im Februar (sagen die Gerüchte) die Belegschaft abstimmen. Einige Dinge sind allerdings wohl sicher:

So soll Werk 3 (das juristisch nicht General Motors gehört) anders als bisher geplant über Ende 2016 hinaus bestehen bleiben und zur jetzigen Stammbelegschaft noch einige weitere hundert Beschäftigte bekommen – ob das bei Annahme des im Frühjahr 2013 vorgelegten Vertragsentwurfes wohl auch der Fall wäre?

Einige Beschäftigte des Getriebebaus haben die Abfindung genommen – das tut ihnen heute sicherlich leid: Denn die jetzt vorgesehene Abfindungsformel ist offenbar besser: sie lautet (gerüchteweise!) „Arbeitsjahre (bis 24) x Alter x jetziger Lohn geteilt durch Faktor 30“.

Nicht wenige Bochumer Opelaner sind der Ansicht, dass das, was jetzt für sie herauskommt, zwar immer noch nicht das Beste ist, aber wesentlich besser als das, was sie erhalten hätten, wenn sie im Frühjahr zugestimmt hätten. Wir haben keinen Zweifel daran, dass zu diesem Erfolg auch der Ruf beigetragen hat, den sich die Bochumer Belegschaft in der Vergangenheit zu Recht erworben hat – nicht durch „Däumchendrehen“.

Editorische Hinweise

Wir spiegelten den Artikel von der Website von der Organisation für den Aufbau einer kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands / http://www.arbeit-zukunft.de / wo er am 28.12.2013 erschien.

Hinweis: Verlinkung im Artikel durch red. trend.