Sexindustrie und Prostitution
Die sozialistische Perspektive

von Laura Fitzgerald

01-2014

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Die Sexindustrie ist einer der am schnellsten wachsenden legalen und illegalen Wirtschaftszweige der Welt. Prostitution und die Sexindustrie insgesamt müssen im Kontext der bestehenden Geschlechter- und Klassenunterdrückung und der Ungleichheit im existierenden Kapitalismus betrachtet werden.

Die Mehrheit derer, die Sex verkaufen sind weiblich, und die überwältigende Mehrheit der KäuferInnen von Sex sind männlich. Während der weltweiten Krise des Kapitalismus wachsen Klassenunterschiede und Armut ebenso wie die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Laut Schätzungen der Weltbank lässt ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um ein Prozent die Kindersterblichkeit um 7,4 Todesfälle unter eintausend Mädchen ansteigen – unter eintausend Jungen aber nur um 1,5 Todesfälle. Die Krise hat weltweit auch dazu geführt, dass der Anteil der Mädchen die die Primarschule abschließen um 29 Prozent gefallen ist – bei den Jungen sind es 22 Prozent.

Die Unterdrückung von Frauen existiert seit mehreren Tausend Jahren, und besonders im Kapitalismus wurde durch die Ideologie der patriarchalen Familie eine inhärente Ungleichheit gefördert, mit dem Mann als Haushaltsvorstand, der Frau als „natürlicher Betreuerin“ der Familie und Monogamie, bzw. Kontrolle über die weibliche Sexualität, die innerhalb der Ehe gehalten werden musste um Privateigentum in männlicher Linie vererben zu können. Diese Struktur hatte große Vorteile für die Elite im kapitalistischen System, so leisteten Frauen unbezahlte Arbeit und „Frauenarbeit“ wurde so weit abgewertet, dass die Unter- oder Nichtbezahlung von Frauen mit der Ideologie der natürlichen Unterordnung der Frau unter den Mann gerechtfertigt werden konnte

Kämpfe von Frauen, Kämpfe der Arbeiterbewegung und die Auswirkungen des massenhaften Eintritts von Frauen in die Lohnarbeit in den letzten Jahrzehnten haben dazu geführt, dass solche offen reaktionären Ansichten über Frauen- und Männerrollen gesellschaftlich nicht mehr akzeptiert werden, zumindest nicht in der entwickelten kapitalistischen Welt. Aber die Ungleichheit bleibt und wird von der aktuellen Wirtschaftskrise verstärkt.

Diese Ungleichheit wird in zwei weiterhin bestehenden Fakten sichtbar: erstens der überall noch vorhandenen unterschiedlichen Bezahlung. In Irland bekommen Frauen laut einer neueren OECD-Studie durchschnittlich 14 Prozent weniger Lohn als Männer, und bei Frauen mit Kindern beträgt der Abstand 31 Prozent. Zweitens in der Epidemie der männlichen und sexualisierten Gewalttaten gegen Frauen, die meist von Partnern, Ex-Partnern, Verwandten oder anderen Männern die die Überlebenden und Opfer kennen, begangen werden und die in unterschiedlichen Ausmaßen und Häufigkeiten in jedem Land der Welt vorkommen.

Sie sind ein Produkt einer Gesellschaft, zu der immer noch wirtschaftliche Unterdrückung und Ungleichheit gehören. Die Gewalt erwächst aus der auf verschiedene Arten betriebenen Verbreitung der Idee, dass Frauen den Männern untergeordnet, Objekte und Eigentum seien sowie dem komplexen Wechselspiel der gesellschaftlichen Verbreitung anderer patriarchaler Vorstellungen von Geschlechterrollen, die den Mann als Beschützer, Ernährer und das Machtzentrum des Haushalts darstellen.

Fehler des Postfeminismus und Objektifizierung

All das ist vor dem Hintergrund zu betrachten, dass es in den letzten Jahrzehnten neben der völlig abwegigen Mode des Postfeminismus (eine optimistische Vorstellung prokapitalistischer FeministInnen aus den 1990ern, die glaubten, dass Frauen als Einzelne die Gleichheit erreichen könnten, weil die wichtigsten sexistischen Gesetze z.B. in Europa abgeschafft seien) auch den massiven Anstieg der Objektifizierung von Frauen und der Darstellung weiblicher Körper als Ware durch die bürgerlichen Medien gab. Dieses Phänomen entspringt der Profitlogik – die Schönheitsindustrie ist ein wichtiger Wirtschaftszweig.

Außerdem hat das Wachstum der – legalen und illegalen – Sexindustrie zu einer schrägen Wahrnehmung von Sexualität beigetragen, die Frauen zu Objekten, ihre Körper zu Waren und zu Mitteln der sexuellen Befriedigung für Männer macht und so die Unterdrückung der Frauen in der Gesellschaft widerspiegelt. Das gilt für Stripclubs und die Pornoindustrie, die in der Regel eine Sicht von Sexualität beinhaltet, die die weibliche Sexualität der der Männer unterordnet. Wenn sich Erwachsene beim Sex filmen möchten, ist das völlig harmlos und ihre Privatsache, aber die Masse an kommerzieller Pornographie spiegelt zwangsläufig die vollkommen ausbeuterische und inhärent patriarchale Natur des Profitsystems, in dem sie existiert wieder.

Die dadurch verbreitete Botschaft, dass weibliche Körper Waren und Frauen Sexobjekte seien, dass der Gipfel der weiblichen Sexualität ein lauter, übertriebener Fake-Orgasmus durch physisch gefährliche und schmerzhafte Formen von Sex sei, ist ernsthaft schädlich. Sie trägt zu Gewalt gegen Frauen bei und reproduziert Sexismus. SozialistInnen müssen die Sexindustrie bekämpfen. Auch die ArbeiterInnen- und Gewerkschaftsbewegung sollte sich gegen die Sexindustrie positionieren.

Das hat nichts mit einer konservativen, moralistischen oder religiösen Anti-Sex-Haltung zu tun, sondern mit der Ablehnung der Kommerzialisierung von Sex. In ihrem Buch „Living Dolls“ beschreibt Natasha Walter die mittlerweile unter Männern verbreitete Praxis, ihre Erfahrungen mit Prostituierten online zu bewerten – ein ekliges Beispiel sexistischer Objektifizierung mit reichlich rassistischen und frauenfeindlichen Kommentaren. Es gibt auch ein Interview mit einer Frau, die vom wachsenden Einfluss von Gewalt- und Vergewaltigungspornographie auf ihr Leben als Prostituierte berichtet: „Jüngere [Kunden] wollen experimentieren, sie haben Sachen im Internet gesehen, Gewalt und Vergewaltigung. Was vor fünf Jahren noch extrem war, ist heute üblich.“

Der riesige Anstieg der sexistischen Objektifizierung von Frauenkörpern, der von Großkonzernen und ihren Medien vorangetrieben wird, hat den Kauf von Sex zu einem gewissen Grad normalisiert. Gleichzeitig gibt es einen Trend zur Online-Bestellung von Sexarbeiterinnen in die Wohnungen der Kunden. Diese Faktoren fördern Ungleichheit, sind daher schädlich für alle Frauen in der Gesellschaft und ein riesiges Problem.

Die größte Bedrohung für Menschen aus der Arbeiterklasse im Allgemeinen und Frauen im Besonderen ist die nichts verschonende und anscheinend endlose Kürzungspolitik. Starker Widerstand dagegen ist notwendig. Frauen, die die Mehrheit der Beschäftigten im besonders stark betroffenen öffentlichen Dienst sind, müssen in der Widerstandsbewegung eine zentrale Rolle spielen. Wie können wir die größtmögliche Einheit unter Menschen aus der Arbeiterklasse über die Geschlechtergrenze hinweg schaffen, wenn eine fortschrittliche Anti-Kürzungs-Bewegung die sehr stark verbreiteten sexistischen Ideen und Ansichten nicht bekämpft?

Frauen und die Arbeiterbewegung haben das Recht sich zum Beispiel gegen die Eröffnung eines Stripclubs zu wehren und sollten das auch tun. Laut einer Studie hat nach einem schnellen Wachstum von Stripclubs in Camden, London die Häufigkeit sexueller Übergriffe in der Gegend um vierzig Prozent zugenommen. Das hat nichts damit zu tun, sich gegen die Frauen und Männer zu stellen, die in der Sexindustrie arbeiten. Zum Beispiel sollten wir Beschäftigte von Stripclubs bei jedem Versuch unterstützen, sich kollektiv zu organisieren um ihre Sicherheit, ihre Löhne, ihre Arbeitsrechte usw. zu verbessern.
Prostitution

Die Prostitution ist ein Aspekt der Sexindustrie und beinhaltet selbst ein weites Spektrum an Aspekten. Sie stellt aber sicherlich den am stärksten ausbeuterischen und gefährlichsten Aspekt der Sexindustrie dar. Über die Frage, wie die Prostitution gesetzlich geregelt werden sollte wird viel debattiert. Einige Linke treten für eine Legalisierung ein. Es ist wichtig gleich am Anfang festzustellen, dass die Legalisierung die Ausbeutung nicht aus der Welt schaffen wird, ebenso wenig wie die gesetzliche Gleichberechtigung für Frauen, dort wo es sie gibt, zu einem Ende der Frauenunterdrückung geführt hat.

Frauen, Männer und Transsexuelle gehen aus verschiedenen Gründen in die Prostitution, und ihre Erfahrungen in diesem Bereich können sehr unterschiedlich sein. Von Straßenprostituierten (heute eine kleine und schrumpfende Minderheit), von denen die meisten unter Suchtproblemen leiden und die oft in Heimen aufgewachsen sind, über „Escortservice“ zu Prostituierten in Bordellen und Callgirls (die wachsende zentrale Form der Prostitution im Internet- und Smartphonezeitalter), von denen die große Mehrheit MigrantInnen sind, die zu einem sehr kleinen Anteil auch durch Menschenhandel und sehr direkt in die Prostitution gezwungen werden.

Während es einerseits einen weltweiten Bedarf nach Prostitution und andererseits extreme Armut und schlechte Lebensbedingungen gibt, entsteht durch die Profitwirtschaft daraus die global florierende Sexindustrie. Es wäre falsch, die Gründe warum Menschen in die Prostitution gehen auf Armut zu reduzieren. Sie können ein komplexes Wechselspiel von Faktoren sein. Zum Beispiel weisen viele Studien darauf hin, dass die in der Prostitution beschäftigten überdurchschnittlich häufig in ihrer Kindheit Gewalt und sexuellen Missbrauch erlebt haben.

Wie schon gesagt befand sich die Mehrheit der Straßenprostituierten in Irland schon einmal in institutioneller Betreuung und die meisten haben Suchterkrankungen. Dennoch müssen wir erwähnen, dass ein Artikel der medizinischen Zeitschrift „The Lancet“ mit Besorgnis auf den riesigen Anstieg der Prostitution in Griechenland als direkte Folge der brutalen Verarmung und Verelendung der griechischen Bevölkerung durch die kapitalistische Kürzungspolitik der Regierung und der Troika hinweist.
Freiwilligkeit

In der gesellschaftlichen Debatte über Prostitution steht häufig die „Freiwilligkeit“ im Zentrum. „Freiwillig“ ist ein relativer Begriff. Zunächst gibt es die, die überhaupt keine Wahl haben. Opfer von Menschenhandel sind nur eine sehr kleine Minderheit der in der Prostitution beschäftigten. Aber der Menschenhandel existiert und ist fester Bestandteil der Sexindustrie, der nicht aus ihr entfernt werden kann. Mit Zwangsprostitution verbundener Menschenhandel wird als moderne Sklaverei bezeichnet und ist eine wachsende Branche – ein Beispiel für die reaktionäre Natur des Kapitalismus im 21. Jahrhundert.

Ich möchte die Bedeutung dieses Punktes für einige der am stärksten unterdrückten und ausgebeuteten Menschen der Welt mit einer Anekdote zeigen. In Slavery Inc: The Untold Story of International Sex Trafficking von Lydia Cacho trifft sich die Autorin in verschiedenen Ländern mit Opfern von Menschenhandel. Eine der jungen Frauen, 17 Jahre alt, hat ihre Qualen überlebt. Als Zwölfjährige wurde sie von ihrem Onkel an eine chinesische Mafiagang in Kambodscha verkauft und gemeinsam mit anderen Mädchen, überwiegend im Alter von sieben bis zehn, versklavt – für Oralsex oder, für einen Sonderpreis, zur Entjungferung. Die Kunden waren überwiegend Sextouristen, Männer aus Korea, Japan, Europa und den USA. Als ein Mädchen versuchte zu fliehen wurde sie ermordet und später den anderen Mädchen, denen man über 24 Stunden lang die Nahrung verweigert hatte, als grausame Warnung zum Essen vorgesetzt. Das ist die dreckige, hässliche, schreckliche Unterwelt der Sexindustrie.

Die meisten in der Prostitution beschäftigten haben größere Wahlfreiheit als diese Mädchen, aber in der großen Mehrheit der Fälle fällt diese „Wahl“ in den wirklich restriktiven, einengenden Kontext einer kapitalistischen Welt in der Krise – mit extremer Armut und Erniedrigung besonders für die ärmsten und unterdrücktesten Schichten der Frauen. Maya Angelou schafft in einem Gedicht mit großem Pathos das Bild einer armen schwarzen Frau die auf eine Abtreibungsklinik zugeht, „bestürzt über die fehlende Wahl“.

„Bestürzt über die fehlende Wahl“ scheint auch eine gute Beschreibung für die Realität zu sein, in der die meisten Prostituierten leben. Die Tatsache, dass die Mehrheit derer, die in Bordellen, in Modellwohnungen und als Callgirls arbeiten MigrantInnen sind weist darauf hin, weil für überwiegend arme Frauen ohne die materiellen Mittel, Sprachkenntnisse und Aufenthaltsstatus die sie für den Zugang zu anderen Jobs bräuchten, die illegale Sexindustrie die einzige Möglichkeit sein kann, zu überleben.

„Belle de Jour“-Backlash

Die mediale Verbreitung einer aufgehübschten „Belle de Jour“-Rolle der stark empowerten sogenannten Edelprostituierten steht im Gegensatz zu den Erfahrungen der meisten Prostituierten und hat mit ihrem Leben nichts zu tun. Die Verbreitung dieses Bildes von Prostitution ist Teil eines Backlashs, der die noch immer bestehende Unterdrückung in der Gesellschaft kleinredet oder gar leugnet und bewusst versucht, eine zutiefst sexistische und ausbeuterische Branche reinzuwaschen. Wenn es kein Machtgefälle zwischen Männern und Frauen gäbe, wenn die Unterdrückung von Frauen in der Gesellschaft keine Rolle mehr spielen würde, wenn wir nicht in einer Welt leben würden die vom Profitstreben angetrieben wird, für das die Mächtigen bereit sind aus Allem – auch aus Sex und Frauenkörpern – eine Ware zu machen; dann könnten wir diese Propaganda vielleicht glauben.

Rachel Moran, eine irische Überlebende der Prostitution dekonstruiert in ihrem Buch Paid For: My Journey Through Prostitution den Mythos von der „glücklichen Hure“ in sehr klaren Worten:

„Der erste Schritt darin, eine glückliche Hure zu werden ist natürlich, eine sein zu wollen. Die Einwilligung zur Prostitution wird als eindimensional gesehen, in Wirklichkeit ist sie alles anderes als das. Ich habe niemals ein Beispiel für Prostitution im Leben einer Frau gesehen, das kein Versuch war aus einer Situation herauszukommen und nicht, in eine hineinzukommen. Mit anderen Worten: die große Mehrheit der Frauen die ich über die Jahre getroffen habe, arbeiteten in der Prostitution, um aus finanziellen Problemen herauszukommen und nicht weil sie eine Neigung zu teuren Handtaschen entwickelt hatten. Die Annahme der freien Entscheidung führt zur Annahme der Freiwilligkeit, aber die Begriffe Freiwilligkeit und Entscheidungsfreiheit passen bei dieser Frage nicht. Sie sind deplatziert, weil die Beteiligung einer Frau an Prostitution die Folge von Umständen ist, die sie nicht kontrollieren kann, weil ein Kontext entsteht indem echte Einwilligung völlig unmöglich wird. Es gibt einen Unterschied zwischen Einwilligung und zögernder Unterwerfung.“

Abschaffung des Opferbegriffs

Einige in der Linken und AutorInnen wie Laura Augustin bekämpfen die Benutzung des Begriffs „Opfer“ für die in der Prostitution beschäftigten. Augustin erkennt zwar an, dass viele die in die Prostitution gehen beschränkte Wahlmöglichkeiten haben, betont aber den Aspekt der „Freiwilligkeit“. Sie findet es entmenschlichend, die davon betroffenen Menschen als Opfer zu betrachten und verurteilt diese Sicht als moderne Version der „Bürde des weißen Mannes“. Wie sieht also die Lebensrealität von Prostituierten aus? Können wir sie als Opfer bezeichnen?

Die Abschaffung des Opferbegriffs ist sehr problematisch. Kajsa Ekis Ekman stellt sie hervorragend in den Kontext des neoliberalen Kapitalismus – rücksichtsloser Individualismus und die Thatcheristische Ansicht „so etwas wie eine Gesellschaft gibt es nicht“. Mit anderen Worten: wer anerkennt, dass es Opfer gibt, erkennt an, dass Unterdrückung stattfindet. Damit wird anerkannt, dass überwältigende Kräfte in der Gesellschaft, darunter eine starre Aufteilung in Klassen die vielen Menschen die Möglichkeit nimmt, sich ihr Leben frei und nach ihren Wünschen zu entwickeln.

Wie sieht die Realität für die in der Prostitution Beschäftigten aus? In Großbritannien ist laut einer Studie des Innenministeriums von 2004 die Sterblichkeitsrate für Frauen in der Prostitution in London im Vergleich zum landesweiten Durchschnitt um das zwölffache erhöht. Eine weltweite Studie zur Prostitution hat ergeben, dass 68 Prozent der befragten Frauen an Posttraumatischer Belastungsstörung (PTSD) litten, in ähnlichen Ausmaßen wie Opfer von Folter und KriegsveteranInnen (Ramsey et al., 1993). Eine bekannte Studie, die Farley und Barkan in den 1990ern unter 130 Straßenprostituierten in San Francisco durchführten, ergab dass 82 Prozent von ihnen physisch angegriffen, 83 Prozent mit einer Waffe bedroht und 68 Prozent während der Arbeit in der Prostitution vergewaltigt worden waren.

Vielsagenderweise will die Mehrheit der Prostituierten nicht, dass ihre Kinder Prostituierte werden. In der Prostitution Beschäftigte sind in der Regel Opfer von Unterdrückung wegen ihrer Klassenzugehörigkeit und ihres Geschlechts. Das anzuerkennen bedeutet nicht, sie zu entmenschlichen, eher im Gegenteil. Es bedeutet vielmehr eine Empathie innerhalb der Arbeiterklasse und ein Verständnis der enormen Schwierigkeiten, der Stressbelastung und des Leids, das das kapitalistischen System insbesondere den ärmsten und am stärksten marginalisierten Menschen in der Gesellschaft zufügt.

Es stimmt natürlich, dass NGOs die sich gegen Prostitution einsetzen im Kern von einer moralistischen und verurteilenden Position motiviert sein können. Manche wie z.B. Ruhama haben religiöse Wurzeln, und ihre Arbeit mit Prostituierten wurde ursprünglich gemeinsam mit der frauenfeindlichen Katholischen Kirche initiiert. Aber SozialistInnen sollten nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, indem sie um sich von moralistischen Herangehensweisen abzugrenzen, die extreme Unterdrückung innerhalb der Sexindustrie leugnen.

Außerdem bedeutet die Anerkennung der Existenz von Unterdrückung und der Wunsch an ihrer Überwindung mitzuwirken nicht, die wichtigen Rechte von Prostituierten zu leugnen, die zum Beispiel selbst aktiv werden und gegen ihre Unterdrückung kämpfen wollen. Sie nimmt den Menschen, die in der Sexindustrie arbeiten nicht das Recht, sich selbst und ihre Arbeit so zu nennen wie sie es möchten, ob SexarbeiterInnen, Prostituierte oder anders. Sie ignoriert auch nicht die riesigen Unterschiede zwischen den Erfahrungen und den Intensitäten der Ausbeutung innerhalb der Sexindustrie – zum Beispiel zwischen eineR Telefonsex-Beschäftigten und einer Frau die im Bordell oder als Callgirl Prostitution/Sexarbeit betreibt.

Extreme Ausbeutung

„Es scheint eine allgemeine ökonomische Interpretation auf Seiten der Linken zu geben, Prostitution als eine Form der Arbeiterausbeutung zu betrachten (ArbeiterInnen, die nicht den vollen Wert ihrer Arbeit ausgezahlt bekommen und der von ihnen produzierter Profit abgezweigt wird). Das ist ein Standpunkt, der unbeabsichtigt die Verharmlosung der Sexindustrie stärken kann und genau damit Sexindustrie-Magnaten nützt, sehr zu ihrer Schadenfreude. Es gibt einen Unterschied zwischen dem Verkauf der Arbeitskraft und dem Verkauf des eigenen Körpers. In erster Linie liegt der Grund dafür in den immanenten patriarchalen Strukturen, die Prostitution zu Grunde liegen. Den Körper einer anderen Person zu kaufen ist ein extremer Ausdruck von Machtverhältnissen, und in der Realität sieht es so aus, dass in den meisten Fällen Männer den Körper von Frauen, oder nicht so häufig, Männer den Körper von Männern bezahlen. Eine florierende Sexindustrie reflektiert Sexismus und das Patriarchat und hält diese aufrecht. Es ist nicht nur für die schädlich, die in dieser Industrie arbeiten, sondern auch für Frauen allgemein in der Gesellschaft

In einer Rede im Daíl [Parlament der Republik Irland, AdÜ] über den vom Abgeordneten Thomas Pringle vorgeschlagenen Gesetzentwurf die Sexkäufer zu kriminalisieren, benutzte die Abgeordnete Clare Daly das Beispiel eines Mannes, der in einer sexlosen Ehe lebt, Prostituierte benutzt und in keiner Weise ausbeutend oder gewalttätig sei. Dieser Blickwinkel auf Prostitution als Dienstleistung, neben dem ähnlichen Argument, dass Männer mit Behinderung diese Dienstleistung benötigen würden, ist faktisch die Fortsetzung einer konservativen und patriarchalen Sichtweise der Sexualität. Warum ist es eigentlich so, dass Frauen, die in einer sexlosen Ehe leben – oder Frauen mit Behinderungen – nicht die Hauptkundschaft für die Sexindustrie ausmachen? Dies ist wieder ein Beispiel dafür, wie Sex durch das patriarchale Prisma gesehen wird – das im Grunde Sex als etwas betrachtet wird, dass Männer wollen und begehren, und dem sich Frauen widerwillig unterordnen. Es beinhaltet auch die Vorstellung, dass Sex zu haben ein Grundrecht sei, im Gegensatz zu etwas zu dem gemeinsam eingewilligt wird. Männer in sexlosen Ehen oder mit Behinderung, die in sexuellen Aktivitäten mit beiderseitigem Einverständnis teilnehmen können und teilnehmen, sollten nicht als Beispiel benutzt werden, um die Sexindustrie zu verharmlosen.

Ein hervorragendes Beispiel für das verursachte Leid, das SexarbeiterInnen angetan wird, ist die Tatsache, dass der Verkauf des eigenen Körpers zu psychologischen Narben führen kann, da für viele Prostituierte die dringende Notwendigkeit gegeben ist, sich als Personen von dem Horror, den ihre Körper täglich ertragen, zu distanzieren. Für manche Prostituierte ist ein Überlebensmechanismus, deutlich zwischen Psyche und Körper zu unterschieden.

Rachel Moran (bereits zitiert) gibt einen persönlichen Bericht davon, wenn sie die Tatsache beschreibt, dass sie selbst als Überlebende der Prostitution niemals wirklich ihren eigenen Körper zurückerlangen konnte. Für Rachel manifestiert sich dies bei sozialen Veranstaltungen wie Hochzeiten, die ihr abverlangen zu tanzen. Als Kind hat sie gelernt das Tanzen zu lieben, aber nach der Tortur der Prostitution war sie nie wieder in der Lage zu tanzen. Es wurde für sie physisch unmöglich. Eine andere Überlebende der Prostitution, die auf einer von Equality Society ausgerichteten Veranstaltung in der Dublin Universität berichtete, sprach über die Tatsache, dass sie ihren Würgereflex durch die Arbeit als Prostituierte verlor. In den Jahren seit sie aus der Prostitution ausgestiegen ist, hat sie von Zeit zu Zeit getestet, ob er sich wieder entwickelt hat, da dies einen wichtigen Meilenstein im Prozess der Zurückgewinnung ihres Körpers nach dem Trauma der Prostitution darstellen würde.

Auf jeden Fall ist es kein Widerspruch sich für die Rechte von Prostituierten einzusetzen, zum Beispiel in Kampagnen für freien Zugang zu Verhütungsmitteln, und trotzdem unerbittlich gegen die Sexindustrie zu kämpfen – genauso wie es möglich ist sowohl gegen die Atomindustrie als Ganzes zu sein und trotzdem die Arbeiter*innen in dieser Industrie zu unterstützen, sich zu organisieren um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

SozialistInnen sollten jede Bemühung von Prostituierten/ SexarbeiterInnen sich zu organisieren unterstützen und sie dazu ermutigen. Die Linke und die Arbeiterbewegung sollten fortschrittliche Gesetzte unterstützen, auch wenn sie erkennen, dass Gesetzesänderungen die Bedingungen, die Menschen in die Prostitution zwingen, nicht eliminieren. Genauso wie Illegalisierung der Kinderarbeit diese noch nicht beseitigt hat und dies auch nicht tun wird, wenn Profitgier und extreme Armut gleichzeitig existieren – ist es einfach eine Selbstverständlichkeit, das die Linke und die Arbeiterbewegung in der Vergangenheit ein solches Gesetz unterstützt haben und es auch jetzt tun sollten.
Legalisierung

Keine Frau, kein Mann oder TranssexuelleR, die oder der als ProstituierteR arbeitet, sollte durch das Gesetz kriminalisiert werden. Gleichzeitig sollte niemand Nötigung und Schikanen durch den Staat – oder sogar moralischer Verurteilung – ausgesetzt sein, weil er oder sie in der Sexindustrie arbeitet. Zurzeit ist in Südirland das „sich anbieten“ illegal, was bis zu einem gewissen Grad Prostitution kriminalisiert. Dieses Gesetz muss geändert werden. Die Art in der Gesetze im Bezug auf Bordellführung formuliert sind, haben darin resultiert, dass Prostituierte in manchen Fällen dafür kriminalisiert wurden, weil sie in Paaren mit anderen Prostituierten gearbeitet haben, da dies ein sichereres Arbeitsumfeld bedeuten kann. Gesetzesänderungen und eine klare Formulierung sind nötig um dies zu vermeiden und Prostituierten/ SexarbeiterInnen zu erlauben, gemeinsam zu agieren um die Gewährleistung ihrer Sicherheit zu verbessern.

Es ist von größter Wichtigkeit, dass kein/e Prostituierte/r durch das Gesetz kriminalisiert wird. Dies verringert die diskriminierende Stigmatisierung derjenigen, die Prostituierte sind oder waren und wird außerdem ein Umfeld schaffen, dass es Prostituierten erlaubt Gewalt und Missbrauch anzuzeigen. Trotzdem sollten SozialistInnen gegen die volle Legalisierung der Prostitution sein. Die, die von dem Geschäft der Prostitution profitieren, die Zuhälter, genauso wie die Händler sollten kriminalisiert werden.

Der fortschrittliche Widerstand gegen die Legalisierung ist vielfältig. Wegen der sozialen Botschaft, die die Legalisierung vermittelt; dass es akzeptabel ist für Sex zu bezahlen, dass die Körper von Frauen bloße Objekte sind, dass es okay ist für Männer (was die große Mehrheit der Fälle betrifft), ihren materiellen Wohlstand zu benutzen, um den Körper einer Frau oder eines Mannes zu kaufen. In Deutschland wurde die Legalisierung der Prostitution von einer großen Expansion der Sexindustrie begleitet. Bis zu einer Million Männer bezahlen täglich für Sex. Außerdem hat es unglücklicherweise nicht dazu geführt Prostituierte/ SexarbeiterInnen zu de-stigmatisieren; die Mehrheit hat sich dazu entschieden sich nicht offiziell als SexarbeiterInnen zu registrieren.

Des Weiteren kommt Menschenhandel in den Ländern, in denen Prostitution vollkommen legalisiert wurden, immer noch vor und faktisch deuten Beweise darauf hin, dass die Legalisierung der Prostitution den Händlern grünes Licht gibt, ihre Aktivität in den besagten Regionen und Ländern zu steigern.

Zum Beispiel glaubt Lydia Cahlo, dass Tausende hauptsächlich schwarze und lateinamerikanische Frauen durch den Menschenhandel nach Holland und Deutschland, wo Prostitution legalisiert wurde, geschickt wurden. In anderen Worten resultiert die Legalisierung in der starken Ausweitung der Sexindustrie und aufgrund ihrer Natur kann sie nicht entschärft und kontrolliert werden. Naturgemäß wir sie immer einen illegalen Aspekt haben – wenn es zum Beispiel gesellschaftlich akzeptiert ist Sex zu kaufen, wird die Nachfrage steigen. Im Einklang mit der Zunahme der Nachfrage für legale sexuelle „Dienstleistungen“, ist es wahrscheinlich, dass auf Nachfrage auch das Angebot von illegalen Leistungen zunimmt – zum Beispiel sexuelle „Dienstleistungen“, die Minderjährige ausführen oder sexuelle Akte, die in vielfältiger Art physisch gefährlich sind oder durch die von der kommerziellen Pornoindustrie inspirierten wachsenden Elemente, die Sex mit Nötigung und Gewalt verbinden (wie Vergewaltigungspornographie – engl. „rape porn“).

Die Verbindung der Sexindustrie zu kriminellen und gefährlichen profitmachenden Mafiagangs ist nicht notwendigerweise durch eine Legalisierung durchtrennt. Das Drängen zu einer gänzlichen Legalisierung der Sexindustrie wird von Sexindustriebossen angetrieben um ihr Geschäft anzukurbeln und ihre Profite zu steigern. Obligatorische Tests für Prostituierte auf sexuell übertragbare Krankheiten, können die Sicherheit der Kunden gewährleisten und somit negative Konsequenzen für SexarbeiterInnen, mit sich bringen, die HIV-positiv werden oder MigrantInnen, die keine Ausweispapiere haben (wie zum Beispiel in Neuseeland), in eine Lage bringen, in der sie keinen Zugang zu dem legalisierten Zweig der Industrie haben.

Es ist außerdem Realität, dass die Legalisierung die Gewalt und sexualisierte Gewalt, die Prostituierte erfahren, weder beseitigt hat noch beseitigen wird. Es hat auch nicht dazu geführt, dass Prostituierte de-stigmatisiert wurden, gerade weil die Ideologie, die zur Unterdrückung der Frau führt, ein wesentlicher Bestandteil der Sexindustrie ist. Außerdem wird von Frauen, die Arbeitslosengeld erhalten, in Ländern, wo Sexarbeit wie jeder andere Job behandelt wird (z.B. in Deutschland), erwartet solche Jobs in der Sexindustrie auch anzunehmen.

Gewerkschaftliche Organisierung?

Einige Linke, die die Legalisierung befürworten, machen dies während sie gleichzeitig die gewerkschaftliche Organisierung der SexarbeiterInnen und Prostituierten befürworten. Dieser Ansatz der „Schadensbegrenzung“ ist in sich selbst problematisch, gerade weil der Kauf von Sex ein extremer Ausdruck von Macht ist und es einen großen Unterschied zwischen Prostitution und anderer Arbeit gibt.

Natürlich sollten linke Kräfte jeden wirklichen Versuch von Prostituierten unterstützen, sich zu organisieren um kollektiv für Rechte und für Maßnahmen, die die Gefahr für Prostituierte reduzieren, zu kämpfen. Jedoch ist es idealistisch und abstrakt sich allein darauf zu fokussieren zur gewerkschaftlichen Organisierung aufzurufen, angesichts der Realität der Sexindustrie und der existierenden so genannten Gewerkschaften für Sexarbeit. Die schlimmsten Aspekte der Industrie basieren auf der Isolation und Marginalisierung derjenigen, die dort arbeiten, und die Vorstellung, dass es einfach und unkompliziert wäre eine starke Gewerkschaftsbewegung aufzubauen, die die Machtverhältnisse ändern kann, verkennt die Realität der Sexindustrie.

Eine Organisierung innerhalb der Sexindustrie würde höchstwahrscheinlich nicht darin resultieren denjenigen eine Stimme zu geben, die unter der größten Marginalisierung, Unterdrückung, und Ausbeutung leiden und vollkommen machtlos und isoliert sind – zum Beispiel Opfer des Menschenhandels. Die Gewerkschaftsbewegung, die das Potential hat machtvoll zu werden, wenn sie mobilisiert, sollte die Frage der Prostitution aufgreifen mit dem Ziel sie zu stoppen, als Möglichkeit für die Arbeiterbewegung wirklich etwas zu bewirken.

Einige Sexarbeiterorganisationen sind überhaupt keine Gewerkschaften, da sie die zentrale Voraussetzung der gewerkschaftlichen Organisierung ablehnen, dass es einen Konflikt zwischen ArbeiterInnen und Bossen gibt. Sie werben für die Sexindustrie und helfen dadurch den Bossen Profite zu machen – dies ist z.B. der Fall der Sexarbeitergewerkschaft in Australien.

Die International Union of Sex Workers (IUSW, dt. Internationale Gewerkschaft der SexarbeiterInnen), die an die GMB in Großbritannien angegliedert ist, hat eine prominente „Sexarbeiter-Aktivistin“ als Sprecherin – Douglas Fox, die eigentlich eine Escortfirma betreibt. Die IUSW ist für jedeN offen, einschließlich Zuhälter, AkademikerInnen und Sexkunden. Nur eine Minderheit der wenigen Mitglieder sind tatsächlich Prostituierte. 2002 wurde sie gegründet als eine Gruppe von Lapdancerinnen den Antrag stellten der GMB beizutreten, und die Socialist Party in England und Wales unterstütze diese ArbeiterInnen in ihrem Recht der Gewerkschaft beizutreten. Jedoch machte die GMB einen Fehler, als sie der IUSW erlaubte sich als eine Parallelorganisation anzugliedern. Im Grunde illustriert dies die Schwierigkeiten, die bei der Entwicklung wirklicher Sexarbeiterorganisationen, die anerkannt werden müssen, existieren; währenddessen sollte jede Entwicklung zur Letzteren von Linken willkommen geheißen und unterstützt werden.

Sexkunden kriminalisieren

Es gibt in zahlreichen Ländern, einschließlich Nord- und Südirland, Debatten über die Kriminalisierung derjenigen, die Sex kaufen.

Dieses „Nordische Modell“, das die Kriminalisierung der Sexkäufer beinhaltet, wurde 1999 in Schweden mit der Aussicht eingeführt, die Nachfrage zu reduzieren. Es ist extrem schwer genaue Zahlen zu bekommen,um zu klären, ob dies tatsächlich funktioniert hat. Da diese gesetzliche Änderung sich im Kontext mit einer fortschrittlichen Kampagne und einer Protestbewegung, die Sexismus und Objektifizierung herausforderte, eingeführt wurde, hat sie scheinbar eine Rolle dabei gespielt, das Bewusstsein in der schwedischen Gesellschaft zu erhöhen und hat wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grad eine Rolle gespielt die Nachfrage zu senken.

Ob dieser Effekt lang anhaltend war und sein wird, ist unklar. Einige weisen darauf hin, dass schwedische Männer, die für Sex zahlen, dies jetzt außer Landes tun. Dies gibt einen Hinweis darauf, wie wichtig es ist, Sexismus und Objektifizierung wirklich in einer tiefgehenden und fundamentalen Art und Weise herauszufordern, am effektivsten durch eine soziale Bewegung, um die Nachfrage tatsächlich zu reduzieren. Es zeigt außerdem die Notwendigkeit einer globalen Herausforderung des Kapitalismus um Armut zu beenden und Frauen und Männern überall eine wirkliche Wahl zu ermöglichen.

Sollten Linke es unterstützen auf die Nachfrage abzuzielen? Ausgehend davon, dass wir im Interesse der Bewegung der Arbeiterklasse und von Frauen im allgemeinen das Bewusstsein über Frauenunterdrückung und Sexismus erhöhen wollen, sollten Linke jeden Versuch unterstützen die Nachfrage für die Sexindustrie und Prostitution zu verringern. Männer, die Unterdrückung und Diskriminierung beendet sehen wollen und einen vereinten Kampf der Arbeiterklasse und eine Bewegung gegen kapitalistische Kürzungen wollen, sollten keinen Sex kaufen und nicht die Nachfrage für eine Industrie steigern, die die Objektifizierung der Frauen normalisiert und die Vorstellung der den Bedürfnissen und Wünschen der Männern unterwürfigen Persönlichkeit und Sexualität von Frauen verstärkt, um im besten Fall die kontinuierliche Geschlechterdiskriminierung zu reproduzieren oder im schlimmsten Fall die Gewalt gegen Frauen zu verstärken.

Die Gewerkschaftsbewegung sollte zum Beispiel Kampagnen an Arbeitsplätzen durchführen, die ArbeiterInnen über die Sexindustrie aufklären, die Verbindung zum Menschenhandel und Armut, Gewalt und Nötigung aufzeigen, die so viele erfahren die als Prostituierte arbeiten. Die „Schalt das Rote Licht Ab“ Kampagne, die eine junge Frau abbildete mit der Bildüberschrift „14 – so alt war Anna, als sie das erste Mal durch Prostitution ausgebeutet wurde“ war ein effektives Beispiel für solch eine Kampagne. Ein solcher Ansatz, neben einer durch die Linke aufgebauten aktiven Anti-Kürzungs-Bewegung, kann es ermöglichen, dass ein Gesetz zur Kriminalisierung von Sexkunden, eine Rolle dabei spielt, die gesellschaftliche Botschaft zu verbreiten, dass das Bezahlen für Sex ein Beitrag zum Sexismus und dem Patriarchat ist.

Ein Gesetz alleine, dass Sexkunden kriminalisiert, drohende Geldstrafen, Haftstrafen oder die Bloßstellung in der Öffentlichkeit mit sich bringt, nicht effektiv die Nachfrage reduzieren – besonders wenn es der Mainstreamkultur erlaubt ist ungehindert durch die kontinuierliche, scheinbar unbeugsame Objektifizierung der Frauen zu gedeihen. Eine gesellschaftliche Bewegung, die grundlegend die sexistische Kultur herausfordert, ist dazu nötig. In Irland würde es außerdem beinhalten es mit der Katholischen Kirche aufzunehmen; bei dem Kampf für einen weltlichen Staat wäre progressive, weltliche und nicht-heteronormative Sexualkunde ein wesentlicher Bestandteil für die Erziehung aller Kinder und Jugendlichen. Diese Art der sexuellen Aufklärung würde versuchen, junge Menschen dazu zu ermächtigen das Wissen, die Selbstwahrnehmung, die sozialen Fähigkeiten und das Selbstvertrauen zu entwickeln, das nötig ist, sie dazu zu befähigen gesunde, sexuelle Beziehungen zu haben und Erfahrungen zu machen, die sie für sich selbst wollen, wenn sie selbst dazu bereit sind.

Es würde außerdem bedeuten diejenigen zu de-stigmatisieren, die in der Sexindustrie arbeiten; dies ist essenziell, um es Prostituierten/SexarbeiterInnen zu ermöglichen Diebstahl, Gewalt und sexualisierte Gewalt anzuzeigen. Zudem muss die Kürzungspolitik – die geplante Verarmung der Mehrheit zum Nutzen einer elitären Minderheit – durch Kämpfe und Bewegungen herausgefordert werden, die unausweichlich die Bedingungen schafft, die besonders Frauen zwingen ihren Körper als Überlebensmöglichkeit zu verkaufen.
Die Grenzen von Gesetzesänderungen

Gesetze, die Geldstrafen der Sexkunden bedeuten, könnten von SozialistInnen kritisch unterstützt werden, wenn sie mit entsprechender sofortiger Hilfe und Unterstützung für die Prostituierten umgesetzt würden. Diese wäre absolut notwendig um die potentielle Gefahr zu verringern, der Prostituierte ausgesetzt sind, wenn Kunden sie dazu drängen Stillschweigen zu bewahren etc.

Jede Bewegung in Richtung einer Kriminalisierung der Sexkunden müsste von staatlichen Investitionen begleitet werden für Zentren, die Prostituierten Zugang zu Verhütungsmitteln, Gesundheitsfürsorge, ärztlicher Versorgung und Sprachunterricht anbieten, sowie speziell ausgebildete PolizistInnen einsetzen, die Prostituierten die Möglichkeit geben Belästigungen, Missbrauch, Gewalt und sexualisierte Gewalt anzuzeigen. Es ist außerdem notwendig denjenigen einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu gewähren, da dies der einzige Weg für Frauen (Männer und Transsexuelle) ist, dieser Situation zu entfliehen, falls sie dies wünschen, da die Mehrheit wirtschaftliche MigrantInnen ohne Papiere sind. Gleichzeitig sind staatliche Investitionen in Jobs und öffentlichen Wohnraum für jene Frauen notwendig, damit sie eine realisierbare Strategie für einen Ausstieg haben, falls sie dies wünschen.

Das „Schwedische Modell“ (bei dem SexverkäuferInnen entkriminalisiert und Sexkäufer kriminalisiert werden) wird oft als Allheilmittel von denen dargestellt, die von einem positiven Blickwinkel aus versuchen die Ausbeutung zu beenden. Unabhängig von der zentralen Frage, ob die Kriminalisierung der Sexkäufer die Nachfrage reduzieren wird oder nicht, gibt es noch andere Probleme mit dem gesetzlichen schwedischen Ansatz. Zum Beispiel wird in Schweden das Vermieten von Wohnungen, von denen aus Prostituierte arbeiten, als „Zuhälterei“ verstanden und VermieterInnen könnten dafür strafrechtlich verfolgt werden. Obwohl die Absicht in dieser Gleichung nicht darin liegen mag Prostituierte zu bestrafen oder zu kriminalisieren, könnte dies eine klare Folge aus dieser Regelung sein. Außerdem wurde im Kontext eines neoliberalen Rechtsrucks der schwedischen Regierungsparteien die Verschiebung in Richtung der Kriminalisierung der Sexkäufer von Kürzungen bei SozialarbeiterInnen, die Prostituierte unterstützen, und einer gesteigerten finanziellen Investition in die Polizei begleitet.

Sinead Kennedy bringt zu Recht im Irish Marxist Review ihre Bedenken zum Ausdruck, dass in Schweden PolizistInnen benutzte Kondome in Fällen für die strafrechtliche Verfolgung verwenden, und somit Prostituierte unter Druck gesetzt werden ungeschützten Sex zu haben. Diese Frage könnte gesetzlich geregelt werden mit einem starken Bewusstsein für das ernste Verbrechen, eine Prostituierte zu ungeschütztem Sex zu drängen. Genauso ist eine gesetzliche Vorkehrung notwendig, um negativen Konsequenzen vorzubeugen, die aus den bestehenden Umständen für Prostituierte entstehen können und die Unterstützung für Prostituierte durch Investitionen in Sozialleistungen ist unerlässlich.

Im Bezug auf die Rolle der Polizei ist es wichtig, dass wir uns an den „Rossport Video“-Skandal erinnern, der die Rolle die der Staat in der Gesellschaft spielt wirklich aufdeckt; und die Polizei als dessen Personifikation. In Rossport waren PolizistInnen eingestellt worden, um mit brutalen Methoden auf die gegen Shell Oil Protestierenden großen Druck auszuüben. Shell bekam damit eigene staatlich finanzierte Türsteher, um ihren Profit zu garantieren. Während eines besonders verabscheuungswürdigen Vorfalls wurden Polizisten auf Video aufgenommen, als sie zwei Demonstrantinnen, die sie verhaftet hatten, damit drohten sie zu vergewaltigen. Es ist notwendig, dass alle PolizistInnen verpflichtend an regelmäßigen Schulungstreffen teilnehmen, die sie darin schulen verständnisvoll mit Opfern und Überlebenden von sexueller Gewalt umzugehen. Es sollten eine fortschrittliche Ausbildung der PolizistInnen und Gesetzesänderungen eingeführt werden, die die Möglichkeit für Prostituierte und SexarbeiterInnen verbessern, Nötigung, Gewalt und sexualisierte Gewalt oder Diebstahl der Polizei zu melden.
Die Nachfrage verringern?

Unser Programm konzentriert sich, im Gegensatz zur dem von den NGOs favorisierten Nordischem Modell, nicht nur auf die Reduzierung der Nachfrage. Wir akzeptieren die Bedingungen nicht, die Menschen unweigerlich in die Prostitution zwingen. Ein bedeutender Kampf gegen die Kürzungspolitik und für neue Investitionen für den massiven Ausbau von neuen Jobmöglichkeiten ist unerlässlich um ökonomische Faktoren zu eliminieren, die eine Triebkraft hinter dem starken Anwachsen der Prostitution sind, wie es z.B. in Griechenland der Fall ist. Nötig sind ein sozialistisches Programm und Kämpfe der Arbeiterklasse, um den Wohlstand der Länder und der ganzen Welt in globales, demokratisch verwaltetes öffentliches Eigentum zu überführen und unter die Kontrolle der normalen Bevölkerung zu bringen, damit Lebensbedingungen geschaffen werden, die Armut und Unterdrückung beenden können.

Im Gegensatz zu den NGOs, die den status quo nicht in Frage stellen, akzeptieren wir nicht, dass Sexismus, Spaltung und das Patriarchat unausweichlich sein sollen und kämpfen für ein System, das die materielle und ökonomische Basis eliminiert, die Geschlechterdiskriminierung und die Geschlechterkluft schafft. Wir sind für eine sozialistische Gesellschaft, die auf gegenseitigem Respekt und positiven menschlichen und sexuellen Beziehungen, die viele verschiedene Formen (langlebige oder kurze) annehmen können, auf Freiheit und Wahlfreiheit basiert.

Editorische Hinweise

Laura Fitzgerald ist Aktivistin der Frauenrechtskampagne ROSA und der Socialist Party in Irland.

Wir spiegelten den Artikel von www.sozialismus.info, wo er am 4.1.2014 erschien.