"Ich nehme jedes heiße Weh
mit in mein kühles, schwarzes Boot"
Die jüdische Dichterin Selma Meerbaum-Eisinger
geb. am 15. August 1924 in Czernowitz
gest. am 16. Dezember 1942 in dem von der
SS geführten Arbeitslager Michailowska
Am 6. Januar 2017
fand im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg
ein kontroverses Podiumsgespräch statt, das die
Robert-Havemann-Gesellschaft e. V. im Zusammenhang
mit den Diskussionen um die Einsetzung des
Stadtsoziologen und kurzzeitigen hauptamtlichen
Mitarbeiters des
ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der
DDR Dr.Andrej Holm als Staatssekretär für
den neugewählten Berliner Senat stattfand.
Im Berliner
„Tagesspiegel“, und nicht nur dort, toben
seit Tagen und Wochen die Leser-Debatten um die
umstrittene Personalie Andrej Holm. Der Senat kommt
kaum zum Arbeiten, obwohl dringende
gesellschaftliche Vorhaben der raschen Lösung
harren.
Dr. Antonín Dick,
Autor von TREND, hat sich mit folgendem Beitrag am
8. Januar 2017 in die Debatte eingeschaltet:
„Gezeigt wird mir
bei diesem Fighting zwischen Andrej Holm und den
Angreifern deren moralische Stärke und dessen
Fähigkeit zum schlagkräftigen Parieren. Mir fehlt
die familiäre Aufarbeitung. Holm stammt aus einer
antifaschistischen Familie, sein Großvater saß
bei den Nazis im KZ Sachsenhausen, später war er
im sowjetischen Exil. Frage: Was ist bei Holms
Eltern passiert? Was bei ihm selbst?
Wo verlaufen die
Bruchlinien in Bezug auf die Sicht auf die DDR?
Meine Eltern sind 1933 nach Frankreich emigriert,
später in die Tschechoslowakei und 1939 nach
England geflohen – als jüdische
Widerstandskämpfer. Ich erlebte schwerwiegende
Konflikte als ein in der DDR Lebender, die zum
Nachdenken, zum Gang in die Opposition und
schließlich zum radikalen Bruch mit einem
sozialfaschistischen System führten, ja,
sozialfaschistisch, was schwer zu erkennen war,
weil die DDR begann als antifaschistischer Staat
und endete als sozialfaschistisches Monstrum. Wie
konnte das geschehen? Unter der Leitung von
Widerstandskämpfern? Herr Holm ist Soziologe. Hat
er darüber nie nachgedacht?
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Aufruf vom 15.10.1946
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Seine Auskunft, er
stamme aus einer antifaschistischen – ja, was ist
sie? Ein Feigenblatt? Eine Entschuldigung? Eine
Angstreaktion vor einem linken Tabubruch? Aber
hier beginnt m. E. die wahre Aufarbeitung, die
jenseits von Andacht und Inquisition. Bitte Herr
Holm, übernehmen Sie! Jetzt sind Sie dran! Ihr
tapferer Großvater hat Ihnen ein unzerstörbares
und wertvolles Erbe hinterlassen. Sie haben
Verpflichtungen, keinen Kadersessel!“ |
Auszüge
aus den Kommentaren zu
Antonín Dicks
Beitrag:
Eine
Leserin: „Danke für diesen ehrlichen Kommentar.“
Ein
Leser: „Das ist der erste Kommentar auf diesen
Seiten, der eine Kritik an Holm bringt, die
wirklich an der Sache ist und sich nicht in
heuchlerischer Selbstüberhebung ergeht. Wenn doch die ganze
Debatte auf diesem Niveau ablaufen würde.
Eigentlich habe ich genau solche
Punkte auf der
Veranstaltung bei der Robert-Havemann-Gesellschaft
erwartet. Und eben dies ist der Punkt.
Vielleicht übersehen wir genau diesen Punkt, weil
wir eigentlich schon viel zu tief in den
Strukturen verhaftet sind, die blind eben genau
hierfür sind.“
Eine
Leserin: „Die Auseinandersetzung mit der eigenen
Geschichte ist kein Zuckerschlecken
…Es ist also deutlich
geworden, dass das Thema in der Familie Holm einem
gewissen Tabu unterliegt, was
eventuell aufgebrochen wird … Holm hat seine Chance
verdient, lasst ihn mal
machen.“
Editorische Hinweise
Den Text erhielten wir vom Autor;
die Bildmontage verantwortet red. trend.
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