In islamisch
geprägten Ländern wie Pakistan stehen Frauen einer
vielfachen Unterdrückung gegenüber, geprägt von
religiösem Fundamentalismus, vor-islamischen Formen
des Patriarchats, männlichem Chauvinismus,
wirtschaftlichen Notlagen und perfiden
Kriegstaktiken.
Die tief sitzenden Traditionen systematischer
Frauenunterdrückung werden dabei durch andere
Formen der Spaltung entlang nationaler Linien,
religiöser Herkunft und auch durch das offiziell
verbotene Kastenwesen verstärkt.
Nach der Gründung
Pakistans wurde das Land zur „islamischen
Republik“. Die gesellschaftlichen Strukturen der
Frauenunterdrückung existierten schon während
seiner gesamten Geschichte, unter der Diktatur
Zia-ul-Haqs (1977-1988) verschärften sie sich
jedoch dramatisch. Nach einem Putsch wurden die
Linke, die ArbeiterInnenbewegung, zahlreiche
Gewerkschaften und andere soziale Bewegungen brutal
unterdrückt. Für die Frauen bedeutete sein Regime
eine Katastrophe. Die ausgeweiteten Befugnisse
islamischer Rechtsinstitutionen verschlechterten
die Stellung von Frauen.
Besonders krass
trat das 1979 hinsichtlich der Stellung der Frau
bei Vergewaltigungen zutage. Die Vergewaltigung in
der Ehe gilt seither nicht mehr als Verbrechen. Bei
Vergewaltigungen außerhalb der Ehe gilt die Aussage
des Mannes mehr als jene der Frau. Will eine Frau
einen Vergewaltigungsvorwurf beweisen, muss sie
vier männliche Zeugen (!) aufbringen.
Diese Gesetze und andere Verschlechterungen wurden
nach Zia unter den folgenden Regierungen - darunter
auch jener der „linken“ Benazir Bhutto - trotz
anderslautender Versprechen kaum angetastet.
Der Grund dafür
ist einfach. In einem zunehmend instabilen, von
sozialen und politischen Gegensätzen zerrissenen
Land wollte sich keine Regierung mit den
klerikalen, oft erzreaktionären „Würden“trägern
anlegen, sondern vielmehr diese auf ihre Seite
ziehen.
Die rechtliche Stellung der Frauen ist also extrem
schlecht. Hinzu kommt, dass die ständigen
Zugeständnisse an reaktionäre religiöse Kräfte auch
dazu geführt haben, dass in manchen Provinzen und
in ländlichen Gebieten formal illegale Praktiken
(Kinderheirat unter 16, verschiedenen Formen
arrangierter Ehen, ...) bis heute weit verbreitet
sind.
Verschiedene Klassenlagen
Die Lage der Frauen in Pakistan kann nicht als
„homogen“ bezeichnet werden, sie ist von Spaltungen
zwischen Klassen, Nationen und Kasten durchzogen.
In der herrschenden Klasse gibt es in mancher
Hinsicht eine relative Gleichberechtigung der
Geschlechter. Diese Frauen können fast als einzige
umfassende Bildung erlangen.
Am heftigsten
wirkt sich die Stärkung islamischer und
islamistischer Ideologie für viele Frauen des
Kleinbürgertums und der Mittelschichten aus. Diese
können - anders als jene der ArbeiterInnenklasse
und der armen und mittleren Bauernschaft - auch
real aus der beruflichen Tätigkeit gezogen werden.
Hier kann die „islamische Familie“ auch
einigermaßen „verwirklicht“ werden.
Für die meisten
Frauen der ArbeiterInnenklasse und der Bauernschaft
hingegen gibt es keinen Zugang zur schulischen
Bildung. Insgesamt liegt die Analphabetenrate von
Männern bei 30 Prozent, von Frauen bei 60 Prozent.
Unter den zirka 65
Millionen LohnarbeiterInnen sind rund 20 Prozent
Frauen. Von diesen arbeiten die meisten unter
„prekären“ Verhältnissen in der Form der
„Kontraktarbeit“ (ohne minimalen Kündigungsschutz,
Arbeitssicherheit, Krankengeld oder Rente). Ihr
Lohn liegt weit unter dem offiziellen Mindestlohn
(ca. 110 Euro/Monat), LandarbeiterInnen verdienen
gerade knapp die Hälfte davon. Unter der
Bauernschaft ist der Anteil der arbeitenden Frauen
am höchsten mit rund 75 Prozent, wobei viele als
„Mithelfende“ zählen. Zu diesen Zahlen kommen
Millionen „Gelegenheitsarbeiterinnen“.
Trotz zunehmenden
Zwangs zur Erwerbsarbeit ist es vor allem auf dem
Land den Frauen oft nicht gestattet, allein das
Haus zu verlassen. Das bedeutet für schulpflichtige
Mädchen täglich Begleitung durch männliche
Verwandte und meist das Aus für weiterführende
Schulbildung, für die sie in die Stadt fahren
müssten.
Für ArbeiterInnen
ist das Verlassen des Hauses, um einer Lohnarbeit
nachzugehen, vor allem bei Dunkelheit ein
Spießrutenlauf zwischen Anfeindung und Übergriffen.
Auch daher blüht der Sektor Heimarbeit, in dem
hauptsächlich Frauen unter ausbeuterischen
Bedingungen ihre Arbeitskraft verkaufen, meist die
Produktionsmittel selbst stellen und Kredite zu
horrenden Zinsen von ihren Mittelsmännern aufnehmen
müssen.
Die Ehe ist für
sie meist die einzige Sicherheit und zugleich auch
ihr Gefängnis.
Häufig dürfen sie ihren Ehepartner nicht selbst
wählen, Ehen werden arrangiert.
Diese dramatische Situation bedeutet jedoch nicht,
dass Frauen in Pakistan oder anderen islamischen
Ländern nur als Opfer betrachtet werden dürfen. In
den letzten Jahren gab es auch eine Reihe
beeindruckender Widerstandsaktionen, z. B. von
Krankenschwestern und -pflegerinnen, oder Versuche
von Beschäftigten in der Hausindustrie, eigene
Gewerkschaften aufzubauen.
Diese sozialen
Kämpfe sind ein wichtiger Ansatzpunkt für den
Aufbau einer proletarischen Frauenbewegung. Diese
muss aber vor allem auch eine politische sein, sich
gegen die gesellschaftliche Unterdrückung,
reaktionäre islamistische, islamische sowie
staatliche, wenden und für die vollständige
rechtliche Gleichstellung der Frauen eintreten, um
so das Kampfterrain für alle ArbeiterInnen und
Unterdrückten zu verbessern.
Quelle: Zusendung durch
ARBEITER/INNEN/MACHT-INFOMAIL,
Nummer 923 - 9. Januar 2017
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