Jetzt ist es
amtlich: Der Bildung des neuen Berliner Senats
aus SPD, Grünen und Die Linke hat auch die
Mehrheit der Mitglieder der Linkspartei
zugestimmt.
Die Pläne des
zukünftigen Bauressorts
Die designierte
Bauministerin Katrin Lomper (DIE LINKE) spricht
vom „Bohren dicker Bretter“ im
Mietwohnungsbereich. Künftig sollen bei Neubauten
von PrivatinvestorInnen mindestens 30 % der
Wohnfläche mietpreisgebunden sein, bisher waren
es 25 %. Sie erhofft sich eine „Verdopplung bis
Verdreifachung der Fläche“, denn bisher erfüllten
InvestorInnen die mietpreisbindende Pflicht mit
kleinen Wohnungen. Das Bestreben, den rapiden
Verlust von Sozialwohnungen zu stoppen, soll
durch Kappung der Überleitmiete auf 5,75 Euro/qm
Erfolge erzielen. Bisher konnten VermieterInnen
nach vorzeitiger Darlehensablösung eine meist
zweistellige Kostenmiete verlangen. Durch die
geplante Neuregelung soll eine vorzeitige
Darlehensrückzahlung unattraktiver und damit die
Mietpreisbindung verlängert werden.
Pro Jahr sollen
5000 Sozialwohnungen neu gebaut werden. Jährlich
entfallen aber 8000 aus der Sozialbindung! Zudem
ist unklar, ob die Zahl von 2000 davon bei
PrivatinvestorInnen durchsetzbar ist.
Ab 2018 soll eine
nach Einkommen gestaffelte soziale Richtsatzmiete
für geförderte Wohnungen in Kraft treten. Deren
konkrete Ausgestaltung ist noch völlig offen. Die
SPD will eine Anbindung an den Mietspiegel des
privaten Wohnungsmarktes, LINKE und Grüne wollen
politisch festgesetzte Mietobergrenzen.
Die (noch) 6
landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sollen
künftig „sozialer agieren“: Von 6000 jährlich
geplanten Neubauwohnungen soll die Hälfte im
Sozialbereich gebaut werden. Pro Jahr soll ihr
Eigenkapital zu diesem Zweck um insgesamt 100
Millionen Euro aufgestockt werden. Künftig dürfen
kommunale Unternehmen zudem maximal 6 % der
Kosten für energetische Sanierungen auf die
Jahresmiete umlegen.
Eine wichtige Rolle
bei der „sozialen Ausrichtung“ der
Geschäftspolitik der Landeswohnungsunternehmen
soll die Anfang 2016 gegründete
Wohnraumversorgung Berlins als übergeordnetes
Kontroll- und Steuerungsinstrument spielen.
(NEUES DEUTSCHLAND, 19./20. November 2016)
Politikwechsel oder
ein Tropfen auf den heißen Stein?
„Mit dem
Gesamtpaket ist der Politikwechsel in der
Berliner Wohnungspolitik zwar noch nicht
geschafft, aber eingeleitet“, schreibt die
Initiative Mietenvolksentscheid - so ihr Sprecher
Rouzbeh Taheri laut ND. Wie überaus bescheiden!
Daran stimmt nur, dass DIE LINKE auf dem Feld,
für das ihre Bausenatorin zuständig sein wird,
verhältnismäßig viel aus ihrem
Ladtagswahlprogramm „Unser Plan für ein
ökologisches und nachhaltiges Berlin“ in den
Koalitionsvertragsentwurf hineinschreiben konnte.
Die Abstriche
fallen trotzdem ins Gewicht. Während das
Wahlprogramm den Bestand an kommunalen Wohnungen
binnen 5 Jahren auf 400.000 erhöhen wollte, sieht
der Koalitionsentwurf diese Zahl bis 2025 vor.
Während die Linkspartei als „langfristiges Ziel
(...) 500000 dauerhaft mietpreis- und
belegungsgebundene Wohnungen“ anstrebte, was
gegenüber „dem derzeitigen Stand fast eine
Verdopplung, bei mietpreisgebundenen Wohnungen
sogar eine Verdreifachung“ wäre, enthält die
Koalitionsgrundlage dazu keine konkreten Zahlen.
Die Schuldenbremse lässt grüßen!
Vergessen wir
nicht: es war der Senat aus SPD und Linkspartei,
der innerhalb zweier Legislaturperioden von
2001-2011 zahlreiche Wohnungen privatisierte,
darunter die landeseigene GSW. Von 400.000
landeseigenen Wohnungen blieben noch 250.000
übrig. Erst 2025 soll dieser Stand laut
Koalitionsvertrag wieder erreicht werden. Zudem
toleriert die Senatspolitik eine jährliche
Unterdeckung von 3.000 benötigten
Sozialwohnungen. Dies ist kein „Einstieg in einen
Politikwechsel“, wie es das wohnungspolitische
Sprachrohr der „bewegten urbanen
Zivilgesellschaft“, die Initiative
Mietenvolksentscheid ausdrückte, sondern
Augenwischerei!
Der kapitalistische
Markt - Backstube für große Brötchen
Schon das
Wahlprogramm der LINKEN traut sich gar nicht erst
an die wirklichen Akteure - Bauwirtschaft und
Grundbesitz - heran, sondern beschränkt sich auf
staatliche Reformpolitik, die bestenfalls
Flickschusterei abzuliefern fähig ist. In Zeiten
der Krise, wo Investitionstätigkeiten und
Profitaussichten fürs Kapital lahmen und
verdüstern, tritt der parasitäre Charakter dieser
Produktionsweise besonders deutlich hervor:
Spekulation in Geld- und Sachvermögen, die
Ökonomie der Renten, um brachliegendes Kapital
wenigstens minimal zu verzinsen.
So steigen die
Immobilienwerte in großstädtischen
Ballungsgebieten deutlich, insbesondere in der an
Bevölkerung wachsenden deutschen Hauptstadt.
Gleichzeitig bleiben Löhne, Sozialeinkommen und
Renten der Lohnabhängigen zurück, steigt aber
auch die Staatsschuld. Auf dem Wohnungsmarkt
heißt das im Klartext: die Mieten müssen steigen
und das Füllhorn des Staatssäckels, um diesem
entgegenzuwirken, wird immer leerer. Damit sinkt
aber auch die Möglichkeit des „sozialen
Ausgleichs“ zwischen den berechtigten Ansprüchen
der MieterInnen einerseits sowie
BodenspekulantInnen, Banken und Bauindustrie
andererseits.
Eine Politik, die
den grundlegendsten Bedürfnissen beider Klassen
nachkommen kann, wird immer unwahrscheinlicher.
Mittels Landessubventionen die Renditen zu
garantieren, den Reichen nur ja nichts zu nehmen,
wird den Armen nicht nur wenig geben, sondern sie
verzweifeln lassen, in die Arme rechter
RattenfängerInnen treiben, sie vor der nächsten
großen Angriffswelle des Kapitals wehr- und
mutlos machen.
-
Für die
Wiederherstellung der Wohnungsverhältnisse vor
2001 als Mindestziel!
-
Für die
Kommunalisierung des städtischen Grund und
Bodens!
-
Für ein massives
Wohnungsbauprogramm unter Kontrolle der
MieterInnenvereinigungen und Gewerkschaften,
bezahlt aus Unternehmerprofiten und der dem
Staat zufließenden Grundrente!
Quelle:
ARBEITER/INNEN/MACHT-INFOMAIL, Nummer 924, 17.
Januar 2017 |