Die Bildung einer
Jamaika Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen in
Berlin ist gescheitert. Eine Neuauflage der
sogenannten „großen" Koalition aus CDU/CSU und SPD
dürfte ebenfalls sehr problematisch werden.
Nur scheinbar sind es
die Sachfragen die eine Bildung einer neuen
Regierung so schwierig bis fast unmöglich machen.
Die Ursachen liegen jedoch viel tiefer im rasanten
Wandel der Gesellschaft und seiner ökonomischen
Basis.
Eine Entwicklung ist
der Bedeutungsverlust der Bundespolitik und damit
der Bundesregierung sowie der bundesweiten
Parteien. Wozu braucht man eine Bundesregierung
noch, was ist dort noch zu entscheiden und wie
sieht ihre Zukunft aus ?
Für die
kapitalistische Entwicklung waren die BRD
Regierungen von Adenauer und Erhard wichtig und
bedeutsam. Der Waffenstillstand nach dem zweiten
Weltkrieg, der kapitalistische Neuaufbau mit der
„Marktwirtschaft", Bündnisse mit dem Westen,
„Wiederbewaffnung" usw. waren wichtige Wendepunkte
der kapitalistischen Nachkriegsentwicklung.
Kiesinger hatte nur eine Übergangsregierung aber
die kapitalistischen Regierungen Brand und Schmidt
hatten wieder große Bedeutung. Die Ostverträge als
Friedensverträge mit der Anerkennung der Grenzen
und der endgültigen Abtretung der Ostgebiete,
faktische Anerkennung der DDR, der beginnende
Osthandel sowie der Beginn der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft nebst Sozialreformen im
Inneren waren bedeutsame und aus kapitalistischer
Sicht notwendige Entwicklungen.
Auch die Regierung
Kohl war sehr wichtig für das Kapital mit der
beginnenden „Wende" in der Innenpolitik und vor
allem bei der kapitalistischen Strategie beim
Zusammenbruch der Staaten Osteuropas. Das
überlaufen der Bürokratien zum westlichen
Kapitalismus wurde akzeptiert und diese Länder
wurden dadurch in den weltweiten Kapitalismus
integriert. Zudem wurden die EU gegründet und voran
getrieben mitsamt der Währungsunion.
Die Regierungen von
Schröder waren in der Hinsicht für das Kapital noch
wichtig, weil Sozialdemokratie und Gewerkschaften
mit der „Agenda 2010" in die nunmehr neoliberale
kapitalistische Politik voll eingebunden wurden und
auch offiziell keine soziale Systemopposition mehr
waren.
Die lange
Regierungszeit Merkels hat auch einen bedeutenden
Wendepunkt aufzuweisen, nämlich die Europäisierung
und Globalisierung der Wirtschaft und damit auch
der Politik als Fortsetzung und Resultat der
vorherigen Entscheidungen.
Die globale
Finanzkrise von 2007 beschleunigte diese
Entwicklung. Nationale Regierungen der EU haben
ihre Finanzhoheit an die Europäische Zentralbank,
die Verwalter des Europäischen Stabilitätsfonds
(ESM) usw. abgegeben. Diese bilden Quasi eine
„Expertenregierung" die innerhalb von Stunden oder
wenigen Tagen reagieren muss, um den totalen
Absturz des Systems zu verhindern. Regierungen
können dies nur abnicken und Parlamente und
Parteien haben gleich gar nichts zu melden, so
lange sie keine antikapitalistische Politik
einfordern. Die kapitalistische Finanzpolitik wird
vereinheitlicht und so ist eben auch das
Bundesfinanzministerium mit Tausend Mitarbeitern
überholt und bereits ein teures Relikt einer
vergangenen Zeit. Finanzpolitik geht noch als
Kosmetik in einigen Bereichen aber der kleinste
„Fehler" oder das kleinste räuspern für sozialere
Politik kann das ganze fragile System des
Kapitalismus zum Einsturz bringen und zur
weltweiten Krise führen. Daher belässt man es
lieber bei der Parodie und laienhaften
Schauspieldarbietungen.
Das
„Verteidigungsministerium" ist auch überflüssig.
Das Feldheer war schon immer der NATO unterstellt
aber bis Anfang der 90er Jahre gab es noch das
riesige Territorialheer unter nationaler Verwaltung
und Kommando. Dieses ist längst aufgelöst und die
Bundeswehr ist zu 4 Fünftel abgerüstet samt der
„Volksarmee" der DDR und zudem ist das Militär in
europäische und internationale Strukturen
eingebunden. Ein wenig Kosmetik bleibt auch in
diesem Ministerium noch zu tun, die Verlegung einer
Aufklärerstaffel von der Türkei nach Jordanien zum
Beispiel. Aber auch in diesem Ministerium darf man
nicht falsch husten sonst könnte das eine globale
Krise des Kapitalismus auslösen und das ganze
könnte in sich zusammenstürzen.
Das Sozialministerium
darf auch mal ein bisschen Kosmetik machen und da
und dort ein paar wenige Euro erhöhen. Aber ja
nicht viel und nur ganz leise, das System könnte
davon in sich zusammenstürzen so das die
„Expertenregierung" Jahre zu tun hat.
Das
Verkehrsministerium muss Großprojekte planen und
angehen denn diese sind zum abstützen des Systems
unbedingt erforderlich, auch wenn das Ergebnis oft
Bauruinen sind wie S21 und der Flughafen BER. Aber
auch in diesem Ministerium darf nicht gehustet
werden auch wenn schon allein wegen des Feinstaubes
und der Abgaswerte der Hustenreiz besonders groß
ist.
Ein weiteres großes
Ministerium ist das Innenministerium doch auch
dieses hat den Grenzschutz längst abgegeben an
europäische Strukturen. Zudem ist Polizei in
Deutschland im wesentlichen Ländersache wie auch
Bildung, Kultur und andere wichtige Bereiche
Ländersache sind.
Deutschland ist so
oder so ein Verbund der Bundesländer und kein
Zentralstaat so dass wesentliche Entscheidungen
auch in den Bundesländern getroffen werden.
Die Bedeutung der
Bundespolitik ist also von Anfang an von unten
durch die Länder eingeschränkt, nach oben verliert
die Bundespolitik wegen der zunehmenden
Europäisierung und Globalisierung stark. Hinzu
kommt die sehr fragile Lage des kapitalistischen
Systems überhaupt, die immer weniger Spielraum für
kapitalistische Politik lässt.
Eigentlich haben wir
es daher mit einer massiven Strukturkrise auf dem
kapitalistischen Sektor der sich Politik nennt zu
tun, die noch gravierender als die Krisen in
anderen Branchen wie Kohle und Stahl ist.
Abertausende Arbeitsplätze sind in Ministerien,
Firmen und im Bundestag, der Bundestagsverwaltung,
Stiftungen usw. sinnlos und überflüssig. Aber
dieser bürokratische Sektor bestimmt weitgehend
über sich selbst und wird sich selbst nicht
abbauen, ganz im Gegenteil.
Hinzu kommt
allerdings noch eine Weiterentwicklung der
Gesellschaft. Die alten Medien, Zeitungen usw. sind
ebenfalls ein Krisensektor der kapitalistischen
Gesellschaft und am absterben. Die Politik von oben
und deren Interpretation durch Medien von oben und
Zentralorgane sind im Widerspruch zu
basisdemokratischen Netzwerken, sozialen
Netzwerken, Bloggern, Twittern usw. Auch dadurch
wird die Bundespolitik erheblich und immer mehr
untergraben, hinterfragt und in Frage gestellt.
Parteistrukturen
spielen nur noch temporär eine Rolle und hatten
aber in der BRD auch schon immer nur eine Rolle das
System demokratisch erscheinen zu lassen und
Diskussionen vorzugaukeln. In den Parteien gibt es
kaum noch Diskussionen, man gibt Presseerklärungen
ab und „diskutiert" öffentlich. Wobei die
sterbenden Massenmedien wie schon immer das für das
System nützliche Filtern aber dieser Sektor geht
gerade unter.
Im Ergebnis sind alle
Parteien und das ganze politische System in der
Krise. Schulz der Europäer war ein Strohhalm aber
was sollte er schon sagen oder vorschlagen wenn die
nationale Ebene doch weitgehend überflüssig ist.
Natürlich kann er die SPD nicht retten wenn der
ganze Sektor doch überkommen ist. Genau wie Lindner
die FDP nicht retten kann, die er noch mal
wiederbelebt hat. Die Grünen versuchen auch ja
nicht zu Husten damit das System nicht zusammen
fällt aber auch sie mussten schon einmal durch
Bündnis90 wiederbelebt werden. Das System ist so
fragil und wackelig das im Ergebnis „Mutti" Merkel
im Kapitalismus noch am erfolgreichsten ist und den
größten Rückhalt hat.
Wie in jedem Sumpf
und jedem absterbenden Sektor bilden sich auch in
der Bundespolitik Faulgase und sonstige toxische
Stoffe, der Populismus als Endstadium der
kapitalistischen Bürokratie.
Dieser hat auch Die
Linke erfasst und so wird angesichts der
deprimierenden Lage via ebenfalls absterbender
Medien laut über eine neue „Volkspartei", neue
Sammlungsbewegungen usw. spekuliert. Die Linke wäre
doch so oder so ein Elefant im kapitalistischen
Porzellanladen in dem das Geschirr zu Bergen
aufgetürmt ist und man dort deswegen nicht mal
husten darf. Das tut sie auch nicht dort wo sie
regiert oder was zu sagen hat.
Das Ergebnis ist die
Krise der Parteien die auch auf kommunaler Ebene
immer mehr von freien Listen usw. herausgefordert
werden. Die Posten und Einkommen dort werden ihnen
streitig gemacht und im Kampf darum sind die
Parteien kaum noch eine Stütze.
Das Ergebnis dieser
Entwicklung ist die Zersplitterung und die
Strukturkrise des politischen Systems und eine
schwierige Regierungsbildung. Neuwahlen werden
diese Entwicklung bestätigen und daher wird man
noch einmal und irgendwie eine Regierung bilden,
auch wenn es dadurch auch noch schlimmer wird.
Der Übergang vom
Absolutismus und seiner Adelsgesellschaft zur
bürgerlich kapitalistischen Gesellschaft hat von
der großen französischen Revolution gerechnet bis
zur Gründung des Nationalstaates von 1871 in
Deutschland etwa 100 Jahre gedauert.
Heute gehen solche
Entwicklungen erheblich schneller wie am
Zusammenbruch der staatskapitalistischen Staaten
Osteuropas in wenigen Jahren z.B. zu sehen ist.
Heute wird der
Sturz und der Zusammenbruch der bürgerlichen
Bürokratie und seiner kapitalistischen Gesellschaft
noch viel schneller gehen da die ganze Welt eng
vernetzt ist.
Das kapitalistische
Lohn-Preis-Profit System wird einstürzen und muß
durch ein Wirtschaftssystem das direkt auf dem
Bedarf und der direkten Kontrolle der Verbraucher
aufbaut, ersetzt werden. Die Trennung der Politik
von der Wirtschaft muß aufgehoben werden denn dies
ist die Trennung der Gesellschaft in Klassen.
Aufklärung und
antikapitalistische Politik tut not.