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Die ersten sieben Tage
AKTIONEN GEGEN SCHWARZBLAU IN WIEN
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Dienstag 1.2. Besetzung der ÖVP-Zentrale

Besetzung der Zentrale der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) ab 10 Uhr vormittags. Die AktivistInnen entrollten vom Dach aus Transparente. Vor dem Gebäude befanden sich tagsüber kontinuierlich etwa zwischen 40 und 60 DemonstrantInnen. Es war relativ wenig Polizei anwesend, eine gewaltsame Räumung wurde nicht durchgeführt. Der Obmann der Jungen ÖVP, Werner Amon, sollte mit den BesetzerInnen verhandeln, gegen Verlassen des Gebäudes wurde Straffreiheit angeboten. Die AktivistInnen nahmen das Angebot nicht an.
Eine nicht geringe Anzahl an DemonstrantInnen verbrachte aus Solidarität mit den BesetzerInnen die Nacht vor dem Gebäude. Mithilfe von Seilen wurden Schlafsäcke und Essen aufs Dach transportiert. Den Medien wurde von seiten der ÖVP der Zugang zu den BesetzerInnen verweigert, sie konnten nur telefonisch mit ihnen Kontakt aufnehmen.

Demonstration vor dem Parlament und Strassenblockaden

Am Abend gab es vor dem Parlament eine weitere hauptsächlich von gettoattack ausgehende Demonstration vor dem Parlament gegen die schwarzblauen Koalitionsverhandlungen. Die etwa 300 DemonstrantInnen blockierten anschliessend mehrere Straßen. Polizei war präsent, hatte aber offenbar strikte Anweisung, nicht einzugreifen.

Mittwoch 2.2. Großdemonstration - Laut Polizei 10.000, laut internationalen Medien 20.000 DemonstrantInnen

Um 17.00h startete eine von SOS-Mitmensch organisierte Demonstration vor der ÖVP-Zentrale, deren Besetzung dann um ca. 18.00h ohne Probleme mit der Staatsgewalt beendet wurde. Die angemeldete Demonstration ging zum Ballhausplatz. Unter den RednerInnen befanden sich unter anderem André Heller, Elfriede Hammerl, Peter Pilz, Heide Schmidt, Luc Bondy und Max Koch. Unter dem Motto "kein Schlüssel für Schüssel" klapperten viele Menschen mit ihren Schlüsselbünden.

Anschließend unangemeldete Demo

Über 1000 Leute zogen weiter durch die Innenstadt. Fixpunkte waren dabei immer wieder Ballhausplatz, ÖVP-, FPÖ-Zentrale und Parlament. Straßen wurden bevorzugt gegen die Fahrtrichtung beschritten und die AutofahrerInnen zum "Hupen gegen Rechts" aufgefordert. Die Polizei war wie am Vortag präsent, schritt aber nicht ein. Die Demonstration löste sich gegen 1.00h auf.

Donnerstag 3.2. Alarm!trommeln

Bereits am Nachmittag demonstrierten nach Angaben der "Presse" ca. 50 vorwiegend junge Leute am Josefsplatz, um mit Trillerpfeifen und Buh-Rufen all jene zu empfangen, die der FPÖ "nahestehend oder zugehörig" sein könnten. Auch am Vormittag soll es schon zu Protesten gekommen sein.
Eine größere Demonstration begann wie gewohnt um 17.00h vor der ÖVP-Zentrale. Die DemonstrantInnen zogen wieder unangemeldet und spontan durch die Straßen der Wiener Innenstadt. Die Demonstration war wie die vorangegangenen geprägt von Trommellärm, Trillerpfeifen und Hupen und den zum Großteil positiven Rückmeldungen der Wiener Bevölkerung. Währenddessen wurde andernorts der Termin für die Regierungsangelobung der schwarz-blauen Koalition auf 4.2. mittags fixiert.

Besetzungen eines Eislaufplatzes, des Burgtheaters und des Hotel Imperial

Gegen 21.00h besetzten die DemonstrantInnen kurzfristig den Eislaufplatz vorm Rathausplatz. Um ca. 22.00h gelangten sie ohne Probleme ins Burgtheater - Angestellte hielten ihnen die Türen auf - riefen während der Vorstellung von der Bühne aus zu Widerstand auf und wurden mit Standing Ovations und Applaus bedacht. Die Demonstration ging schließlich weiter über den Ring, wo für etwa eine halbe Stunde das Nobelhotel Imperial besetzt wurde.

Erste Verhaftung

Um ca. 24.00h waren noch 300 DemonstrantInnen bei der FPÖ-Zentrale, es kam zu einer Verhaftung eines sechzehnjährigen Teilnehmers, gegen 00.30 h löste sich die Demonstration auf.

Freitag 4.2. Demonstration nach Ankündigung der Regierungsangelobung

Um 10.30h begann eine Demonstration auf dem Ballhausplatz, wo die neue Regierung angelobt werden sollte. FrauenLesbenMädchen hatte schon einige Tage zuvor hier eine Kundgebung für ein unabhängiges Frauenministerium angekündigt. Am Ort der Zeremonie hatten sich etwa 5000 Menschen versammelt. Zahlreiche PolizistInnen, ausgestattet mit Helm, Schildern und Schlagstöcken sollten die Absperrungen bzw. das Sperrgebiet schützen. Einige Anwesende warfen mit Eiern, Tomaten, Obst, Knallkörpern und Farbbeuteln. Es kam zu ersten Auseinandersetzungen zwischen DemonstrationsteilnehmerInnen und Polizei. Obwohl inzwischen bekanntgegeben wurde, daß die Angelobung auf 13.00h verschoben worden war, fand sie tatsächlich um ca. 12.30h statt. Die frisch angelobte neue Regierung zog es vor statt den üblichem Weg über den Ballhausplatz zu benutzen, durch einen unterirdischen Geheimgang die Präsidentschaftskanzlei zu betreten sowie zu verlassen.

Besetzung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales

Der Demozug zog anschließend über den Ring. Das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales wurde in "Ministerium für Widerstand" (siehe Photos auf der Homepage) umbenannt, von ca. 200 Leuten gestürmt. Von einem Balkon wurden Transparente entrollt, Fahnen geschwenkt und Flugzettel geworfen. Die BeamtInnen des Ministeriums waren durchaus freundlich, die Polizei sah sich aber zum Einschreiten veranlasst, hinderte die BesetzerInnen am Verlassen (!) des Gebäudes und drängte die ausserhalb Demonstrierenden mit Schlagstöcken vom Eingang zurück. Nach einiger Zeit konnten alle BesetzerInnen das Ministerium wieder verlassen.

Weiterer Verlauf der Demonstration - Kolumbianische Botschaft solidarisiert sich mit den DemonstrantInnen

Der Zug bewegte sich weiter zu FPÖ-Zentrale, Ballhausplatz und ÖVP-Zentrale, es kam vermehrt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die kolumbianische Botschaft ließ einige AktivistInnen ein, an einem Fenster konnte ein Transparent entrollt werden. Die Polizei wollte eingreifen, dies war aber nicht im Interesse der kolumbianischen Botschaft.

Abend: Die Demonstration geht weiter - Zuspitzung der Situation

Etwa um 19.00h gab es angeblich eine Anweisung für der Polizei, nun nicht mehr wie vorher "erhöhte Toleranz" zu zeigen. Die Demonstration zog weiter, Hausmauern, Busse und U-Bahn-Stationen wurden mit "Widerstand", "dagegen" und "Haider ist ein Faschist" besprayt. Um etwa 22.00h waren die Demonstrierenden in der Gegend Karlsplatz, woraufhin die U-Bahnen diese Station nicht mehr anfuhren, bzw. durchfuhren. Zur selben Zeit erklärte Polizeipräsident Stiedl die mindestens 200 noch Demonstrierenden zu "marodierenden Horden mit Freude am Lärmen".

Eskalation, Polizei setzt Wasserwerfer ein

Um 22.30h kam es vor der FPÖ-Zentrale zur Eskalation, nachdem mittlerweile einige Personen auch mit Pflastersteinen geworfen hatten. Die Polizei sah sich zu "hartem Durchgreifen" veranlaßt, es kam zu massivem Einsatz von Wasserwerfern und Schlagstöcken. Es gab sowohl auf seiten der AktivistInnen als auch auf seiten der PolizistInnen einige verletzte, wobei die offiziellen Zahlen differieren und fragwürdig erscheinen. Einige DemonstrantInnen wurden verhaftet.

Samstag 5. 2: Proteste gehen weiter, DemonstrantInnen legen lange Wege durch Wien zurück

Wiederum um 17 h fanden sich am Ballhausplatz sowie vor der ÖVP-Zentrale zahlreiche DemonstrantInnen ein.
Sie zogen durch den ersten Bezirk, zur FPÖ-Zentrale und weiter zum Karlsplatz. Nach der Durchquerung des 4. und 5. Bezirkes wurde der Westbahnhof "gestürmt". Danach ging's zurück zum Parlament. Die DemonstrantInnen legten erneut relativ lange Wege zurück.
Nachdem sich ein Großteil der Demonstration aufgelöst hatte, begaben sich einige hundert noch mal zur FPÖ-Zentrale, gefolgt von einem mittlerweile relativ großen Polizeiaufgebot.
Da aber sehr friedlich und teilweise sitzend demonstriert wurde, zog die Polizei zunehmend ab. Erst um 2 Uhr morgens verließen die letzten DemonstrantInnen den Ort.
Die allgemeine Stimmung war sehr positiv, es gab wenig Zwischenfälle. Von seiten der AnrainerInnen und AutofahrerInnen wurde zustimmend gejubelt und gehupt.

Sonntag 6. 2: Marsch-Demo zum Küniglberg

Die ORF-Diskussionssendung "Zur Sache", wo vier ParteisprecherInnen teilnehmen sollten, war vom Haas-Haus, ins ORF-Zentrum verlegt worden, weil Proteste am Stephansplatz erwartet wurden und eine Lärmbelästigung verhindert werden sollten. Die DemonstrantInnen trafen sich um 8 Uhr am Ballhausplatz und gingen trotz allem zum Sendeort, dem 6 km entfernten Küniglberg.
Auf ihrem Weg wurde den Demonstrierenden erneut von vielen AnrainerInnen zugejubelt. Die Zahl der Protestierend nahm fortlaufend zu, laut ORF-Angaben befanden sich vor dem ORF-Zentrum schließlich ca. 7000 Menschen. Am Ziel angelangt wurde lautstark protestiert, getrommelt und Feuer gespuckt. Es kam zu keinen Ausschreitungen, die Demo verlief friedlich. Unter anderem wurde ein Transparent mit dem Aufdruck "ORF lügt" gehisst. Um Mitternacht verließen die DemonstrantInnen den Küniglberg, begleitet von einem nicht geringen Polizeiaufgebot, die Demonstration löste sich langsam auf.

Montag 7.2: Die Proteste reißen nicht ab

Am Montag trafen ab 17 Uhr die ersten Leute am Ballhausplatz ein, bis 19 h stieg die Zahl der Protestierenden stark an. So zogen wieder an die 10 000 Leute durch die Straßen von Wien. Sie durchquerten den 10. Bezirk bis zum Reumannplatz, besuchten anschließend das Funkhaus und zogen wiederum in den ersten Bezirk. Gegen Mitternacht löste sich die Demonstration vor dem Parlament langsam auf. Es kam zu keinen Zwischenfällen.
Nachdem die Parteizentralen von ÖVP und FPÖ zunehmend stark von bewaffneten PolizistInnen bewacht werden, haben die DemonstrantInnen auch an diesem Tag auf einen Besuch der beiden Gebäude verzichtet.

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