| Wenn man die Ausstellung betritt, wird der 
    Blick zu 
    aller erst von einem Regal mit Büchern gefesselt, in 
    dem allerdings auch noch Videofilme stehen. Für meine 
    Begriffe alles recht willkürlich ausgewählt, wie die 
    gesamte Ausstellung in gewisser Beziehung willkürlich 
    gestaltet ist. 
  In einer vorher großen Halle befindet sich 
    eine 
    Raumabteilung mit einer Galerie von Bildern, die 
    Menschen darstellen, die a l l e tot sind. Diese 
    Bilder sind abfotografiert von Printmedien und 
    untertitelt lediglich mit dem Namen der Person und dem 
    Sterbedatum. Chronologisch ist einzig die 
    Untertitelung der Todesdaten. 
  Da die Ausstellung eine Auseinandersetzung 
    mit der 
    RAF und ihrer Geschichte sein soll, und die darin 
    Umgekommenen, ist es verwunderlich , dass Personen 
    auftauchen 
    wie Rudi Dutschke, Benno Ohnesorg, Georg von Rauch 
    und Ulrich Schmücker. Diese Personen waren weder RAF–Angehörige noch durch RAF-Aktionen zu Tode  
    gekommen. 
  Will Frau/Mann näheres wissen, muss schon ein 
    wenig 
    gesucht werden. Am Eingang dieser Abteilung hängen in 
    Deutsch und Englisch in Folie geschweißt Schriften, die Auskunft geben sollen über die Personen. Wie 
    ungenau das alles ist, dazu soll hier 
    nur ein Beispiel angeführt werden:  
     
      
      
      
      
      
      
            
      
    "Georg von Rauch 
    24 Jahre alt, Mitglied revolutionärer Kreise, wurde bei einer 
    Personenüberprüfung am 04.12.1971 in Berlin von einem Polizeibeamten 
    erschossen.“  Allerdings ist schon unmittelbar nach dem Tod 
    von Georg von Rauch bekannt geworden, dass der Todesschütze ein 
    Verfassungsschutzbeamter war. Die Vermutung lag nah, dass es nicht mal ein 
    Verfassungsschützer vom Berliner Amt war, vielmehr ein Beamter vom Bundesamt 
    für Verfassungsschutz, der illegal in Berlin 
    operierte.   Diese Bildgalerie wird beendet mit Bildern 
    von 
    Ingeborg Barz – Ingrid Siepmann und Gerhard Albartus, 
    die alle als vermisst ausgewiesen werden. Noch so eine 
    Ungenauigkeit, weil zu Gerhard Albartus die 
    "revolutionären Zellen" eine Erklärung geschrieben 
    haben. In dieser Erklärung wird deutlich gesagt, dass 
    G. Albartus von einem palästinensischen Kommando wegen 
    Verrates erschossen wurde. Obwohl das 
    alles andere als eine gesicherte Erkenntnis war, dass er 
    Verrat begangen hat.   Im Fall von Ina Siepmann wissen MitstreiterInnen von der 
    "Bewegung 
    2. Juni", dass sie bei einem israelischen  
    Bombenangriff ums Leben kam. Das kann auch einem 
    Felix Ensslin nicht entgangen sein, der an der 
    Ausstellung mitgewirkt hat.   Lediglich bei Ingeborg 
    Barz gehen die Meinungen über ihre Todesursache 
    auseinander, je nach Weltsicht, Ideologie und 
    Sympathie sowie Zugehörigkeitsgefühl zu einer 
    revolutionären Strömung oder Gruppe, hat sie sich 
    selber getötet oder aber von Andreas Baader erschossen. Was dann folgt, bei Verlassen dieser abgetrennten 
    „Ahnengalerie“, die die Aussteller "unsere Toten" benannte, ist erschlagend. Es 
    folgen auf Podesten aufgestellte 
    Monitore mit reichlich Fernsehmaterial, das über 
    Videofilme abgespielt wird. Es sind 
    Tagesschauausschnitte und Ausschnitte von 
    Sonderberichterstattungen , wobei auch der ehemalige 
    DDR „Schwarze Kanal“ mit Eduard von Schnitzler 
    vorkommt. Über dieser Parade von Monitoren kleben 
    hunderte, wenn nicht tausende von Zeitungsausschnitten 
    nach Jahreszahlen geordnet. Von 1967 bis 1998 reichen 
    diese Printmedien. Es ist unmöglich die Fülle von 
    Zeitungsausschnitten zu lesen, wobei auch sehr schnell 
    klar wird, dass bestimmte Zeitungen überwiegen. Vom 
    Stern über den Spiegel bis zur Frankfurter-Allgemeinen 
    reichen diese Ausstellungsstücke. 
  Wobei mir eine Zusammenstellung besonders ins 
    Auge 
    stach: eine Ausgabe des Spiegel vom 31, Oktober 1977  
    mit großformatigen Buchstaben auf der Titelseite 
    „Krebs - Krankheit der Seele“, an die übergangslos 
    Seiten anschlossen mit Berichten zur RAF. Was da suggeriert werden soll ist 
    eindeutig : Guerillakampf ist 
    krank. 
  Man kann zu den Versuchen des bewaffneten 
    Kampfes in 
    Form von Stadtguerillakampf stehen wie man will, 
    ablehnend aus welchem Grund auch immer. Oder es 
    als positiven Versuch deuten. Eines ist nicht zu 
    leugnen, diesen Kampf hat es gegeben und ist 
    sicherlich nicht zu verstehen über Kunstausstellungen, 
    die eindeutig 
    den Staat auf die Stirn geschrieben haben. Schon die 
    Betitelung der Ausstellung als  
    Terror und RAF zeigt, dass eine tatsächliche 
    Auseinandersetzung mit dem bewaffneten Kampf nicht 
    gewollt ist. An keiner Stelle der Ausstellung wird 
    eine eindeutige Definition von Terror geliefert und an keiner 
    Stelle werden zu Aktionen Erklärungen der RAF 
    ausgestellt.  
  Lediglich im Keller der Räume, schön hinter 
    Glas 
    gesperrt, liegen Originale von Broschüren (RAF-Texte), Plakate, Zeitschriften (INFO  883) und  
    erfreulicher Weise: Die Texte der 1967 in Kraft 
    getretenen NOTSTANDSGESETZE, die noch heute 
    Gültigkeit haben und nach dem 11.September 2001 
    Erweiterungen erfahren haben 
  Diese Ausstellung ist jedenfalls für 
    Menschen, die 
    nichts von der Zeit mitgekommen haben, als die RAF, 
    Bewegung 2. Juni und andere bewaffnete Gruppen ins 
    Leben traten, völlig ungeeignet, sich mit Geschichte 
    auseinanderzusetzen, weil die Sicht der Künstler 
    verzerrte Bilder wiedergeben. Am deutlichsten wird das 
    an drei gemalten 
    Bildern im zweiten Stockwerk, die Porträts zeigen, die 
    mittig zerstückelt sind. Der Hinweis somit auf 
    Schizophrenie ist unverkennbar.  
  Angesichts der Tatsache, dass überwiegend 
    staatlich 
    genehme Texte auftauchen in der Ausstellung , ist das 
    Geschrei um diese Ausstellung im Vorfeld nicht mehr 
    nachvollziehbar. 
     
  Das ärgerlichste an der Bilderausstellung – 
    die ein 
    Kunstwerk sein will: 
     
  
     
      
      
      
      
      
      
            
      
    Geschichte ist als Kunstwerk nicht 
    aufzuarbeiten oder 
    zu verstehen, wenn es einzig um die Art geht, wie es 
    hier geschehen ist. Vergleiche, die gezogen wurden mit 
    Darstellungen zu dem Holocaust und der 
    Vernichtungspolitik der Nazis von einigen 
    Journalisten, sind nicht nur unzulässig, vielmehr falsch. Filme zur Guerillapolitik der 
    RAF hat es gegeben, es hat Romane gegeben und auch 
    Autobiographien, wie heroisch auch immer oder genau 
    das Gegenteil davon. 
    Diffamierende Filme hat es auch genug gegeben zu dem 
    Thema  68er und die nachfolgende Bewaffnung von 
    Gruppen. In dieser Ausstellung fehlt jeglicher Hinweis 
    auf die 
    Haftbedingungen , die selbst nach Amnesty 
    International Folter bedeuteten. Isolationshaft 
    und ihre Methoden sind nicht zufällig in der 
    70er Jahren Exportgut gewesen und der 
    Anti-Guerillakampf Innenpolitik. Dazu fehlt jeder 
    Hinweis. So fehlt auch jeglicher Hinweis auf die noch 
    heute inhaftierten RAF-Miglieder, von denen einige 
    schon 20 Jahre und länger sich in Haft befinden. 
    Als am Eröffnungstag die Berliner Rote Hilfe genau 
    darauf aufmerksam machen wollten, in dem sie ein 
    Transparent entrollte und etwas verlesen wollte, 
    sind die Betreffenden nicht nur rausgeworfen worden. 
    Vielmehr erhielten sie gleich Haus- und Platzverbot. 
  Dieses Ereignis sagt mehr über die 
    AusstellungmacherInnen aus, als all ihre Beteuerungen 
    in Interviews , Beschreibungen zur Ausstellung und 
    anderen Stellungnahmen, sie sind autoritär und 
    Staatsbüttel. 
  
    Editorische Anmerkungen Am Montag,
    den 7.2.2005 
    erhielten wir den Artikel von der Autorin mit der Bitte um Veröffentlichung |