Ein Kommentar aus aktuellem Anlass
„Bürger, schützt eure Anlagen!“

von Antonín Dick

02/08

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Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen mit außer Kraft gesetztem Haftbefehl gegen den Post-Chef Klaus Zumwinkel wegen Steuerhinterziehung. Gesellschaftlicher Gesamtschaden: eine Million Euro. Rücktritt und Übertritt auf die Seite der Ermittler, um die eigene Haut zu retten. Doch ist er nicht der einzige: Gegen Hunderte von Geldschiebern wird gegenwärtig ermittelt. Die Namen seien noch nicht veröffentlicht, schreibt das „Handelsblatt“, doch handle es sich meist um reiche und prominente Deutsche.  

SPD-Wirtschaftspolitiker Rainer Wend: „Das wird der Linkspartei Aufwind geben.“ Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU): „Das ist Wasser auf die Mühlen der Linkspartei.“ Was ist das für eine Logik? Wenn man uns, den Geschäftsführern des Kapitals und des Geistes, auf die krummen Finger sieht, so sind die Täter nicht wir, sondern die Zeugen?  

Schleyer-Sohn Hans-Eberhard, Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, jammert ob dieser Prangerstellung des deutschen Kapitals über den „Zerfall der Gesellschaft“. Was meinen Sie mit Gesellschaft, Herr Schleyer? „Company“ oder „Society“? 

Alt-Bundespräsident Roman Herzog über die hilflos zuschauenden Politiker: „Da wird immer darüber geredet, aber es geschieht viel zu wenig auf diesem Gebiet.“ Selber hilflos.  

Alt-US-Präsident Clinton hatte seinerzeit eine schlagkräftige Armee von Steuerfahndern aufgebaut, um Bürger und Institutionen der amerikanischen Gesellschaft vor Geldschieberpack zu schützen. Und hier? Man schützt auch. Aber wen? Wie – keine Arbeitskräfte? Man hat ihre Ausbildung verschlafen. Absichtlich natürlich.  Hunderte von gutausgebildeten Stasi-Spezialisten, um eins von vielen Negativbeispielen zu nennen, werden nach wie vor sinnlos verbirthlert,  statt ihnen eine neue Aufgabe als Steuerfahnder oder Steuerfahnderhelfer anzubieten, was ein Alt-Achtundsechziger wie Clinton, ohne mit der Wimper zu zucken, getan hätte. 

Moralisches Anti-Stasi-Entrüstungsgeschrei von Company & Co. ! Das Wohl der Society  ist aber dem Wohl der Companys vorgeordnet, meine Herrschaften, und dieser Satz, von Ihnen wieder und wieder als „staatsdirigistisch“ oder „kommunistisch“ denunziert, ist Verfassungsgrundsatz. Artikel 14, Abs. 2 Grundgesetz: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“  

Ulrich Maurer (DIE LINKE): „Der Fall Zumwinkel und andere ist nur die Spitze des Eisbergs. In Wirklichkeit ist es so, dass zwischen 300 und 500 Milliarden Euro in die Schweiz, nach Lichtenstein und anderswo gebracht worden sind, um Steuern zu hinterziehen. Das ist möglich in Deutschland, weil nicht nachgekuckt wird. Wir haben viel zu wenig Kapitalverkehrskontrolle, und wenn jetzt die SPD nach schärferen Strafen schreit, ist das nur ein Ablenkungsmanöver. Gesetze, die nicht durchgesetzt werden, sind nichts wert. Wir brauchen mehr Steuerprüfer, mehr Steuerfahnder, mehr Personal beim Zoll, mehr bei den Schwerpunktstaatsanwaltschaften, mehr Kapitalverkehrskontrolle. Im Land jagt ein Aufschrei über das skandalöse Fehlverhalten einzelner den nächsten. Keiner redet über Hintergründe. Die Politik bleibt tatenlos. Anträge, Managergehälter zu begrenzen, die Gier nach Rendite zu stoppen, Steuerschlupflöcher endlich und definitiv zu stopfen, werden im Bundestag abgelehnt. Stattdessen wird eine riesige Kontrollbürokratie aktiviert zur Schikanierung kleiner Leute, die Sozialleistungen beziehen.“

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Text vom Autor zur Veröffentlichung in dieser Ausgabe.