Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen mit außer Kraft gesetztem
Haftbefehl gegen den Post-Chef Klaus Zumwinkel wegen
Steuerhinterziehung. Gesellschaftlicher Gesamtschaden: eine
Million Euro. Rücktritt und Übertritt auf die Seite der
Ermittler, um die eigene Haut zu retten. Doch ist er nicht der
einzige: Gegen Hunderte von Geldschiebern wird gegenwärtig
ermittelt. Die Namen seien noch nicht veröffentlicht, schreibt
das „Handelsblatt“, doch handle es sich meist um reiche und
prominente Deutsche.
SPD-Wirtschaftspolitiker Rainer Wend: „Das wird der
Linkspartei Aufwind geben.“ Bundeswirtschaftsminister
Michael Glos (CSU): „Das ist Wasser auf die Mühlen der
Linkspartei.“ Was ist das für eine Logik? Wenn man uns, den
Geschäftsführern des Kapitals und des Geistes, auf die krummen
Finger sieht, so sind die Täter nicht wir, sondern die Zeugen?
Schleyer-Sohn Hans-Eberhard, Generalsekretär des
Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, jammert ob dieser
Prangerstellung des deutschen Kapitals über den „Zerfall der
Gesellschaft“. Was meinen Sie mit Gesellschaft, Herr Schleyer?
„Company“ oder „Society“?
Alt-Bundespräsident Roman Herzog über die hilflos
zuschauenden Politiker: „Da wird immer darüber geredet, aber es
geschieht viel zu wenig auf diesem Gebiet.“ Selber hilflos.
Alt-US-Präsident Clinton hatte seinerzeit eine
schlagkräftige Armee von Steuerfahndern aufgebaut, um Bürger und
Institutionen der amerikanischen Gesellschaft vor
Geldschieberpack zu schützen. Und hier? Man schützt auch. Aber
wen? Wie – keine Arbeitskräfte? Man hat ihre Ausbildung
verschlafen. Absichtlich natürlich. Hunderte von
gutausgebildeten Stasi-Spezialisten, um eins von vielen
Negativbeispielen zu nennen, werden nach wie vor sinnlos
verbirthlert, statt ihnen eine neue Aufgabe als Steuerfahnder
oder Steuerfahnderhelfer anzubieten, was ein
Alt-Achtundsechziger wie Clinton, ohne mit der Wimper zu zucken,
getan hätte.
Moralisches
Anti-Stasi-Entrüstungsgeschrei von Company & Co. ! Das Wohl der
Society ist aber dem Wohl der Companys vorgeordnet, meine
Herrschaften, und dieser Satz, von Ihnen wieder und wieder als
„staatsdirigistisch“ oder „kommunistisch“ denunziert, ist
Verfassungsgrundsatz. Artikel 14, Abs. 2 Grundgesetz: „Eigentum
verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der
Allgemeinheit dienen.“
Ulrich
Maurer (DIE LINKE): „Der Fall Zumwinkel und andere ist
nur die Spitze des Eisbergs. In Wirklichkeit ist es so, dass
zwischen 300 und 500 Milliarden Euro in die Schweiz, nach
Lichtenstein und anderswo gebracht worden sind, um Steuern zu
hinterziehen. Das ist möglich in Deutschland, weil nicht
nachgekuckt wird. Wir haben viel zu wenig
Kapitalverkehrskontrolle, und wenn jetzt die SPD nach schärferen
Strafen schreit, ist das nur ein Ablenkungsmanöver. Gesetze, die
nicht durchgesetzt werden, sind nichts wert. Wir brauchen mehr
Steuerprüfer, mehr Steuerfahnder, mehr Personal beim Zoll, mehr
bei den Schwerpunktstaatsanwaltschaften, mehr
Kapitalverkehrskontrolle. Im Land jagt ein Aufschrei über das
skandalöse Fehlverhalten einzelner den nächsten. Keiner redet
über Hintergründe. Die Politik bleibt tatenlos. Anträge,
Managergehälter zu begrenzen, die Gier nach Rendite zu stoppen,
Steuerschlupflöcher endlich und definitiv zu stopfen, werden im
Bundestag abgelehnt. Stattdessen wird eine riesige
Kontrollbürokratie aktiviert zur Schikanierung kleiner Leute,
die Sozialleistungen beziehen.“
Editorische
Anmerkungen
Wir erhielten den Text
vom Autor zur Veröffentlichung in dieser Ausgabe.