Rechtsextreme proben wieder Eintritt ins Europäische Parlament
 
von Bernard Schmid

02/09

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Neue Runde, neuer Einsatz, neue Chance: Dieses Motto scheint sich Europas extreme Rechte im Vorfeld der nächsten Europaparlamentswahl zu eigen zu machen. Und so probt man schon einmal, grenzübergreifend, den Einzug in das Strasbourger (Strabburger) Parlament, wo man eine Kooperation in neuer Form anstrebt. Am Wochenende des 31. Januar und 1. Februar fand dazu eine Tagung in Wien statt.

Die Wahl findet europaweit am 7. Juni dieses Jahres statt. In der jetzt auslaufenden Legislaturperiode des Europäischen Parlaments (EP) hatte kurzzeitig, während mehrerer Monate des Jahres 2007, eine gemeinsame Fraktion der rechtsextremen Parteien existiert. Letztere hatten dadurch zusammen die Fraktionsstärke – für die mindestens 20 Abgeordnete, die aus mehreren Mitgliedsstaaten kommen müssen, erforderlich sind – erreichen können, dass mit dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Januar 2007 starke rechtsextreme Parteien einzogen. Damals jedenfalls waren diese Kräfte stark, denn zumindest die Grobrumänienpartei (PRM) von Corneliu Vadem Tudor hat zwischenzeitlich starke Einbrüche erlebt: Bei einer Nachwahl zum EP in Rumänien im November 2007 erzielte die Partei nur noch 3,5 Prozent, und bei der rumänischen Parlamentswahl im Dezember 2008 scheiterte sie mit rund vier Prozent der Stimmen an der in Bukarest geltenden Fünf-Prozent-Hürde. Stark bleibt hingegen die bulgarische Ataka-Partei. Doch inzwischen hat sich auch die gemeinsame Fraktion in Strasbourg längst zerlegt: Diese scheiterte im Herbst 2007 an heftigen Querelen zwischen der italienischen Rechtsextremistin und „Duce-Enkelin“ Alessandra Mussolini, die grob und pauschal über rumänische Einwanderer in ihrem Land hergezogen war, und den Abgeordneten der PRM. Hätte die italienische Rechtsradikale allein gegen aus Südosteuropa stammende Roma gehetzt, es wäre ihren rumänischen Kameraden ja recht gewesen. Allein, sie hatte es übertrieben – und auch gleich den Abzug, ja Hinauswurf des rumänischen Botschafters aus Italien gefordert.

Von Kopenhagen bis Sofia, von Brüssel bis Belgrad

Nun versuchen es die Rechtsextremen aus mehreren europäischen Ländern also erneut. Wieder will man zusammen eine Präsenz im EP anstreben und versuchen, dort Einfluss auszuüben – für ein „Europa der Nationen und Völker“, gegen eine supranationale Integration und den Lissabon-Vertrag. An der gemeinsamen Tagung in Wien nahmen neben Vertretern der österreichischen FPÖ als Gastgeberpartei (ihr Chef Heinz-Christian Strache und ihr einziger EP-Abgeordneter Andreas Mölzer) nahm u.a. Bruno Gollnisch vom französischen Front National teil - also der frühere Chef der rechtsextremen Fraktion im EP, derzeit Vizepräsident des französischen FN und für „internationale Angelegenheiten“ zuständig, aber neben der weitaus mächtigeren Co-Vizepräsidentin Marine Le Pen eher auf dem absteigenden Ast. Auch die amtierenden Europarlamentarier Philip Claeys (vom belgisch-flämischen ‚Vlaams Belang’) und Mogens Camre (von der rassistischen ‚Dänischen Volkspartei’ DFP) waren anwesend. Neben diesen gröberen Formationen wurde auch die Präsenz von Vertretern der deutschen rechtspopulistischen Regionalpartei ‚Pro Köln’ respektive ‚Pro NRW’ – Markus Beisicht, Judith Wolter und Markus Wiener – vermeldet. Auber ihnen nahmen ferner die bulgarische Ataka-Partei und, durch die diversen Presseaussendungen zunächst nicht näher bezeichnete, politische Kräfte „aus Italien, der Schweiz, Serbien und Russland“ an dem Treffen teil.

Im Anschluss präzisierte ein späteres Pressekommuniqué der veranstaltenden FPÖ dann: „Tomislav Nikolic bedachte aufgrund kurzfristiger Termine die Veranstaltung mit seinen Grußworten, Mag. Batinac vom Büro der Ministerpräsidenten der Republik Srpska war ebenso zugegen, wie der Russe Maxim Sechschenvko, Berater von Wladimir Putin.“ (Vgl. http://www.ots.at/ Tomislav Nikolic ist der Chef der rechtsextremen, ultranationalistischen „Serbischen Radikalen Partei“ SRS, die nicht nur einen gewissen Jürgen Elsässer zu ihren Freunden und ideellen Unterstützern zählt, sondern auch u.a. 1997 und 2000 dazu eingeladen war, Gäste zu den Parteitagen des französischen FN zu entsenden. Wo ihre Vertreter allerdings nicht auftauchten, da der damalige SRS-Chef Vojslav Seselj als Kriegsverbrecher von Interpol und vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag gesucht wurde – später wurde er auch verhaftet und nach Den Haag überstellt, die ihm vorgeworfenen Kriegsgräuel sind reell. Auch durch die österreichische FPÖ unter Heinz-Christian Strache werden die serbischen Ultranationalisten inzwischen äuberst zuvorkommend behandelnd, denn wie auch die französische extreme Rechte (in ihren Mehrheit, ein ultrakatholischer Minderheitsflügel ist vorwiegend pro-kroatisch) hat sich auch die FPÖ inzwischen auf eine Linie eingeschossen, die da lautet: „Das Kosovo ist und bleibt serbisch“. Es gelte ihrer Auffassung nach, den serbischen Nationalismus gegen die, von den kosovo-albanischen Nationalisten am 17. Februar 2008 offiziell proklamierte, Unabhängigkeit des Kosovo als vermeintlichem „neuem Moslemstaat mitten in Europa“ zu unterstützen. Am Abend des bisher gröbten Wahltriumphs der österreichischen extremen Rechten (FPÖ und BZÖ vereint), bei der Nationalratswahl vom 24. September 2008, trat H-C Strache symolisch mit einem – laut eigenem Bekunden – „orthodoxen Armband“ (sic) aus Serbien vor die versammelte Presse. Die „Republika Srpska“, welche die FPÖ anscheinend noch nicht einmal richtig schreiben kann, da ihr das „a“ fehlt, ist die separatistische Einheit, die durch die serbischen Nationalisten innerhalb Bosniens-Herzegowinas ausgerufen worden ist.

Zum Abschluss der Zusammenkunft besuchten die Beteiligten den, in Österreich aufgrund rechtsextremer Tendenzen und teils offener Nazisympathien umstrittenen, „WKR-Ball der studentischen Verbindungen“ in der Wiener Hofburg.

Neue Strategie

Geändert hat sich offenkundig die Taktik, mit der die vereinigten Rechtsextremen in die kommende EP-Wahl ziehen möchten. Als strategisches Ziel angestrebt wird nicht länger die Bildung einer eigenen gemeinsamen Fraktion, sondern die Aufnahme in die bereits bestehende, gröbere Parlamentariergruppe „Union für ein Europa der Nationen“. In dieser sind derzeit 44 von insgesamt 785 Abgeordneten des EP Mitglied. Ihr gehören bislang solche Parteien an, die zwar weit rechts stehen, aber anders als etwa zumindest Teile des französische Front National oder der österreichischen FPÖ nicht in einer pro-faschistischen oder Pro-Nazi-Tradition angesiedelt sind. Zu den ihr angeschlossenen Parteien zählen etwa die beiden Mitgliedsformationen der italienischen Regierungskoalition, Alleanza Nazionale – die mit ihrer offen faschistischen Herkunft offiziell gebrochen hat – und Lega Nord. Aus Polen zählen sowohl die populistische Bauernpartei Samoobrona als auch die antisemitische „Liga der polnischen Familien“ zu der Fraktion, in der ferner mehrere Parteien aus den drei Ländern des Baltikum und die konservative Grobpartei ‚Fianna Fail’ aus Irland sitzen.

Der Europa-Abgeordnete der dänischen DFP (Dansk Folkeparti), Morgens Camre, hat den in Wien Versammelten seine Hilfe bei der Aufnahme in diese Fraktion zugesichert. Ihr gehört auch seine Partei an, die in Dänemark ab 2001 mehrere Jahre lang die konservativ-liberale Regierung als parlamentarische Mehrheitsbeschafferin – im „Tausch“ gegen eine drastische Verschärfung der Einwanderungs- und Asylgesetze – stützte.

Unglück allerdings für die frühere Partei Jörg Haiders, das „Bündnis Zukunft Österreichs“ (BZÖ), das sich im Jahr 2005 von der – aktuell stärker extremistisch orientierten – FPÖ abgespalten hatte: Noch im Mai 2007 hatte das BZÖ, nach einem Zusammentreffen zwischen seinem Klubobmann (Fraktionschef) Peter Westenthaler und dem Fraktionsvorsitzenden der Lega Nord im italienischen Parlament – Roberto Maroni – in Rom angekündigt, zukünftig gemeinsam mit der Lega in deren Fraktion im EP sitzen zu wollen. Jedenfalls wenn es denn in der nächsten Legislaturperiode auf den Parlamentsbänken in Strasbourg nehmen könnte, wo es im Augenblick nicht vertreten ist. (Vgl. http://www.politikportal.at/ ) Noch allerdings kann das BZÖ, das fast nur noch in Kärnten wirklich stark ist, nicht versichert sein, überhaupt in das kommende Europäische Parlament einzuziehen. Und falls ihm dies gelingt (immerhin erhielt es über 10 Prozent der Stimmen bei der letzten österreichischen Nationalratswahl im September 2008), so hat ihr die Konkurrenz von der - „radikaleren“ aber stärkeren – FPÖ jetzt ein Schnippchen geschlagen. Denn wer zuerst kommt, malt mutmablich zuerst.

 

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Autor zur Veröffentlichung in dieser Ausgabe.