Kosova - Die Reichen werden reicher
Gedanken zur wirtschaftlichen Situation Kosovas

von Max Brym

02/09

trend
onlinezeitung

Die Propagandisten der Regierung Thaci erwecken den Anschein, als ob die „Steuerreform“ der „Regierung“ den Arbeitern und den kleinen Leuten in Kosova nützen würde. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Um was geht es ? In Kosova gibt es jetzt nur noch drei Steuersätze. Die Arbeiter mit einem Durchschnittslohn von 206 Euro sollen statt 5%, ab jetzt nur noch 4% Steuern zahlen. Ab einem Verdienst von 250 Euro im Monat sind nun 8%, statt 10% Steuern zu zahlen. (Der Durchschnittslohn gilt nur in den öffentlichen Betrieben. In den privatisierten Betrieben liegt der Lohn zwischen 80 und 120 Euro.)

Real profitieren aber nur Menschen mit mehr als 450 Euro im Monat . Für diese Summen und alles was darüber liegt werden nur noch 10 % Steuern erhoben. Früher waren es 20%.. Diese unverschämte Umverteilung von unten nach oben wird von den Propagandisten der PDK und der LDK als „ arbeitnehmerfreundlich“ dargestellt. Jeder der sich etwas mit Adam Riese und der Mathematik beschäftigt hat erkennt sofort den Betrug.Zusätzlich wird die MwSt. von 15% auf 16 % erhöht, um den finanziellen Verlust in der Staatskasse auszugleichen. Ergo die Inflation von derzeit 13% wird ansteigen. Profitieren tun nur die Reichen. Lohnerhöhungen gibt es in Kosova ab Januar nicht. Die Regierung besitzt die Unverschämtheit, die Steuersenkung von 1 % als Lohnerhöhung zu verkaufen.Völlig ignoriert werden die 18% der Bevölkerung welche in absoluter Armut mit 90 Cent pro Tag leben. Auch die Rentner haben wenig von der Rentenerhöhung, nur um 5 Euro steigt die Rente pro Monat. Die Einheitsrente liegt nun bei 45 Euro. Auch die Rentner müssen weiter in Armut leben. Freuen kann sich nur die Schicht der Neureichen in Kosova über die Taten der PDK-LDK Koalition. 

Augustin Palokaj schrieb am 19.01.09 über die Lage in Kosova folgende Sätze:„Sie können mir höchstens mein Leben nehmen, Geld habe ich keines. Der Satz stammt nicht aus einem Kriminalfilm, sondern aus dem Mund eines Rentners in Kosova. Shaban ist 78. Sein ganzes Leben hat der ehemalige Bergarbeiter in die Rentenkasse eingezahlt. Das bringt ihm jetzt 42 Euro im Monat - Standard in Kosova.“ In der Tat, in Kosova werden die Reichen reicher und die Armen ärmer. Die weltweite Finanzkrise berührt und trifft das ärmste Gebiet in Europa entgegen anders lautender Meinungen besonders. In der Rentenkasse klafft ein Loch von 25 Millionen Euro, das Geld wurde an den Finanzmärkten verzockt. Die Hilfsleistungen aus der Arbeitsemigration in Europa schrumpfen, denn das Einkommen der Emigranten sinkt. Die Rentner in Kosova haben oft nicht genügend Geld, um sich die nötigsten Medikamente zu kaufen. Bei vielen Kindern wird Mangel und Unterernährung diagnostiziert. Die Arbeitslosigkeit liegt real gerechnet bei 60 %. Ökonomische Perspektiven gibt es keine. Die komplette Welt befindet sich in einer kapitalistischen Überproduktionskrise deren Ausdruck die „ Finanzkrise“ ist. Es ist zu befürchten, dass die angeblich eingenommenen 400 Millionen Euro -aus der Privatisierung der Industrie- durch die „Treuhandagentur“ ebenfalls verschwunden sind. Jedenfalls verweigert die Agentur jegliche Auskunft darüber wo sich das Geld befindet. Die letzten Äußerungen deuten darauf hin, dass die Knete auf diverse Konten floss und mit dem Geld spekuliert wurde. Auf jeden Fall haben 70.000 Arbeiter durch die Privatisierung ihre Jobs verloren. Die zugesagte Abfindung von 20% des Verkaufserlöses steht bei den meisten Entlassenen noch aus. In den privatisierten Betrieben gibt es keinerlei Kündigungsschutzgesetz und der Lohn ist niedriger als in den noch staatlichen Betrieben. Die Regierung Kosovas welche die Interessen der Neureichen in Kosova und die Direktiven der Kolonialherren vertritt, setzt ausgerechnet in Kosova auf weiteren Marktradikalismus. Der Rohstoffreichtum Kosovas ( enorme Braunkohlevorkommen KEK ) und der Reichtum von Trepca ( Zink, Nickel, Kupfer, Blei, Silber und Gold) soll schnell privatisiert werden. Was heißt dies besonders unter den gegenwärtigen Bedingungen ? Diese Frage kann nicht beantwortet werden ohne die Ursache der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise anzudeuten, denn die Investoren in Kosova sollen kapitalistische Großkonzerne aus Europa und Übersee sein .Die Ursache für das Aufblähen der Finanzmärkte und die heutige Weltwirtschaftskrise liegt in den inneren Widersprüchen der kapitalistischen Realwirtschaft. Diese systemimmanenten Widersprüche ergeben sich aus dem Profit- und Konkurrenzmechanismus, der wiederum Folge des Privateigentums an den Produktionsmitteln ist. Im Kapitalismus geht es allein um die höchstmögliche Verwertung des eingesetzten Privatkapitals in Konkurrenz zu anderen Unternehmen. Die Konkurrenz zwingt zu immer weiterer Steigerung der Produktivität durch Einführung neuer Technologien und Rationalisierung. Dadurch wird menschliche Arbeitskraft – die allein neue Werte schafft – eingespart, die Investitionskosten für die Anlagen werden immer höher. Dadurch geratendie Profite von zwei Seiten unter Druck: steigende Investitionskosten bei geringerer Wertschöpfung einerseits, schlechtere Absatzaussichten andererseits, denn die kaufkräftige Nachfrage (und nur um diese geht es im Kapitalismus) kann mit dem wachsenden Güterausstoß nicht mithalten. Längerfristig sinken dadurch die Profitraten tendenziell, das heißt die „Verzinsung“ des in der Warenproduktion eingesetzten Kapitals. Wenn zukünftige Investitionen nicht mehr so lohnend sind wie vorherige, wenn ohnehin schon Überkapazitäten bestehen, dann wird weniger oder gar nicht mehr investiert. Eine Abwärtsspirale setzt ein. Kapital wird auf vielfältige Weise entwertet: durch Vernichtung oder Brachliegen von Produktionskapazitäten, Konkurse, Entlassungen, Entwertung (Verbilligung) von Produkten, Vernichtung von Vermögenswerten wie Aktien und Immobilien. Erst wenn genügend Kapital vernichtet wurde und künftige Investitionen wieder bessere Profitraten versprechen, geht ein neuer Zyklus los. Die Werte Kosovas, die prinzipiell nicht privatisiert werden sollten, gerade heute auf dem Weltmarkt feilzubieten ist geradezu grotesk. In der Phase der Entwertung, der Krise können kapitalistische Unternehmen nur angelockt werden, wenn ihnen Reichtümer und Rohstoffe fast geschenkt werden. Letzteres ist das Ziel der Kolonialisten und ihrer örtlichen Kollaborateure.

Einige Vorschläge

Kosova braucht eine reaktivierte Arbeiterbewegung sowie den sozialen und nationalen Protest. Folgende Forderungen könnten auf der Agenda stehen: Gesetzlicher Mindestlohn welcher zum Leben reicht. Keinerlei Privatisierung von Betrieben und gesellschaftlichen Reichtümern. Sofortige Ersetzung der Privatisierungsagentur durch ein gesellschaftliches Kontrollgremium auf demokratischer Basis. Rücknahme der bereits erfolgten größeren Privatisierungen. Keinerlei private Ökonomie in den Bereichen Gesundheit und Bildung. Entwicklung einer Ökonomie durch einen demokratischen Plan zugunsten aller Menschen in Kosova. Enteignung der Mafia und die Verteilung ihres Vermögens an die Armen.

Anhang:
Bolivien und Kosova - Ein kurzer Vergleich

Heute, am 25. Januar 2009, gründet sich Bolivien als ein Land der Chancengleichheit für alle neu«, erklärte Boliviens Staatspräsident Evo Morales kurz nach Bekanntgabe der ersten Wahlergebnisse, die die formale Annahme der neuen Verfassung bedeuten. In Bolivien wurde über eine neue Verfassung vom Volk abgestimmt, dabei ging es um die Festschreibung von sozialen und nationalen Rechten.

Kosova

Kosova hingegen hat eine diktierte Verfassung, welche keinerlei nationale und vor allem keinerlei soziale Rechte kennt. Kosovas Verfassung wurde in der amerikanischen Vertretung geschrieben und von sogenannten „Volksvertretern“ ( Parlamentariern) durchgewunken. Das Volk wurde in Kosova nicht befragt.

Bolivien

3,9 Millionen Stimmberechtigte waren am Sonntag aufgerufen, über eine neue Verfassung zu entscheiden. Nach den vorläufigen Ergebnissen haben um die 61 Prozent mit »Ja« gestimmt, rund 36 Prozent hätten das »Nein« auf dem Stimmzettel angekreuzt. Das Oberste Nationale Wahlgericht (CNE) stellte mit 90 Prozent eine »historisch hohe Wahlbeteiligung« fest. Die Internationalen Beobachterkommissionen sprachen von einer »fairen Wahl«.

Kosova

In Kosova hingegen interessiert sich die Mehrheit des Volkes zurecht nicht für die vergangene nationale Parlamentswahl. Anlässlich der letzten Wahlen gingen nur knapp 40% der Wahlberechtigten zur Wahl. Die Menschen in Kosova wussten, dass nur Funktionslose politische Clans im Interesse der „UNMIK Kolonialisten“ auf den Zetteln standen.

Bolivien.

Vom Balkon des »Palacio Quemado« der Hauptstadt La Paz richtete sich Morales an die »am meisten Erniedrigten und Ausgegrenzten, die Bauern und Indígenas«. Vor den zu Tausenden zur »Plaza Murillo« gekommenen Anhängern der Regierungspartei »Bewegung zum Sozialismus« (MAS) verwies Morales auf den Geist der neuen Magna Charta: »Hier und heute ist Schluss mit dem inneren und äußeren Kolonialismus«. Noch vor 50 Jahren war der indigenen Bevölkerungsmehrheit der Zutritt zur allseits beliebten »Plaza Murillo« zwischen Regierungssitz, Parlament und Kathedrale verboten. Heute hingegen »gehen wir von Sieg zu Sieg«, freute sich Lateinamerikas erster indigener Präsident . »Die Versteigerung des Landes ist beendet«, nahm Morales Bezug auf das verfassungsrechtliche Privatisierungsverbot von Bodenschätzen und Grundbedürfnissen. »Die Verräter, die Bolivien verscherbelt haben, sind erneut besiegt worden vom Gewissen des Volkes, das diesen Wandel garantiert«, so Evo Morales., Unmittelbar nach Wahlerfolg gratulierte Hugo Chávez ( Venezuelas Präsident) sofort telefonisch zum »erreichten Sieg«.. Vizepräsident Álvaro García Linera sprach vom »bedeutendsten politischen Moment in der republikanischen Geschichte«.  

Kosova

Kosova hat eine sogenannte „überwachte Demokratie“, die nur die Souveränität des Überwachers – sprich der Kolonialisten- garantiert. Kosova ist sozial am Ende. Die Privatisierung von Bodenschätzen und Grundbedürfnissen wird fortgesetzt.

Bolivien

Inhaltlich gilt die neue Verfassung Boliviens als eine der sozialsten der Welt. Erstmals erhält die indigene Bevölkerungsmehrheit umfassende Rechte der kulturellen Selbstbestimmung und Verwaltung, Rechtsprechung, Zugang zu öffentlichen Ämtern. Der zentrale Staat mit departamentaler, kommunaler und indigener Autonomie übernimmt die Kontrolle über strategische Wirtschaftszweige (Öl, Gas, Telekommunikation, Transport, Wasser, Strom). Zudem wurde eine Obergrenze für Landbesitz von 5000 Hektar festgelegt. Die Koka-Pflanze wird unter Schutz gestellt, und ausländische Militärbasen sind verboten.

Kosova

In Kosova hingegen wird alles billig privatisiert und verschleudert..Soziale Rechte existieren nicht, es gibt kein Arbeitslosengeld, kein Streikrecht und kein Kündigungsschutzgesetz Im Jahr 2009 soll die Privatisierung der Braunkohlevorkommen ( KEK), der Mineralien von Trepca, der Post und Telekommunikation sowie die Privatisierung des Flughafens stattfinden. Es geht darum, dass das Volk und die Arbeiter Kosovas, gegen soziale Not und Kolonialismus kämpfen. Das Beispiel Bolivien zeigt, dass dies möglich ist.

Editorische Anmerkungen

Den Text erhielten wir vom Autor zur Veröffentlichung.