„Afrikanische
Union: Hilfe, Gaddafi kommt!“ übertitelt das
französischsprachige panafrikanische Wochenmagazin Jeune
Afrique seine neueste Ausgabe. Es spricht ferner vom
„Märchenkönig“. Anlass ist die Wahl des libyschen Staats- und
„Revolutionsführers“, der vor nahezu 40 Jahren - im September
1969, Gaddafi war damals Oberst bei der Armee - durch einen
Putsch junger Offiziere an die Macht kam, am 2. Februar dieses
Jahres zum neuen Präsidenten der Afrikanischen Union.
Der
monarchische Pseudotitel ist dabei nicht so weit hergeholt.
Hatte doch das libysche Protokoll beim jüngsten Gipfel der
Afrikanischen Union (AU) - der Anfang vergangener Woche in
Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba stattfand - bei den Behörden
des Landes darauf bestanden, Gaddafi wie folgt zu titulieren:
„Muammar al-Gaddafi, Leiter der libyschen Volksjamahiriya, König
der traditionellen Könige Afrikas.“
Um den
faulen royalistischen Zauber zu unterstreichen, brachte Gaddafi
- der sein Beduinenzelt im Hof des Hotels Sheraton von Addis
Abeba aufpflanzte - in seinem Gefolge gleich noch 39 gekrönte
Häupter vom ganzen afrikanischen Kontinent mit. Es handelt um
traditionelle Stammesoberhäupter oder Abkömmlinge früherer
Feudalherren, die zwar im realen politischen Leben ihrer Länder
keinerlei Einfluss haben - und im Alltag bürgerlichen Berufen,
etwa als Doktor der Ökonomie, nachgehen -, aber noch immer
pompöse Titel tragen. Sieben von ihnen hatte Gaddafi ausgewählt,
um in der Plenarsitzung der AU zu begleiten. „Wenn einer von
diesen Schwindlern aus Uganda stammt, lasse ich ihn bei seiner
Rückkehr sofort ins Gefängnis werfen“, kommentierte der
ugandische Präsident Yoweri Museweni respektlos. Neben ihm
widersetzen sich vor allem die Staatsoberhäupter im
englischsprachigen südlichen Afrika der Wahl Gaddafis.
Die übrigen
Staats- und Regierungschefs haben es sich nun also eingebrockt,
die Kaspereien des als Exzentriker geltenden Libyers für 12
Monate an ihrer Spitze zu ertragen. Rette sich, wer kann!
Unsicher ist, ob die AU in einem Jahr dann noch eine Bedeutung
haben, oder aber auf der internationalen Bühne marginalisiert
sein wird. Ärger mit den westlichen Großmächten droht ihm
hingegen wohl nicht. Seitdem Libyen US-amerikanische
Terrorismusopfer finanziell entschädigt - Washington meldete
Anfang November Vollzug - und zudem auf den Erwerb von
ABC-Waffen verzichtet hat, gilt Gaddafi wenn nicht als guter
Freund, so zumindest als harmlos. Ende September hatte die
damalige US-Außenministerin Condolezza Rice auf einer Tournee in
den Ländern des Maghreb das „libysche Modell“ gelobt: Es belege,
dass „Schurkenstaaten“ sich zu Musterschülern bekehren könnten.
Editorische Anmerkungen
Den Text erhielten wir vom Autor
zur Veröffentlichung.
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