Stromausfall“ am Nachmittag
verhindert Schnäppchen-Jagd
bei Eröffnung des zweiten Bremer Schlecker XL-Marktes
Rund 150 TeilnehmerInnen sind heute
dem Aufruf des Bremer Mayday-Bündnisses, des Bremer
Krisen-Bündnisses „Wir zahlen nicht für eure Krise“ und von
ver.di gefolgt, um am Eröffnungstag des zweiten Schlecker
XL-Marktes in Bremen mit einem flashmob deutlich zu machen: Wenn
Schlecker XL, dann zu Mindest-Bedingungen wie Tariflöhnen,
Vertretung durch Betriebsräte etc. - jedenfalls als erster
Schritt in die richtige Richtung...
Der Plan, sich im Laden selbst zu versammeln (wie schon beim
ersten Schlecker-flashmob Ende November:
http://de.indymedia.org/2009/11/267446.shtml), fiel hingegen ins
Wasser, weil ein angeblicher Stromausfall den gesamten
Nachmittag über zur Schließung der Filiale geführt hatte.
Angeheuerte Security-Kräfte und ca. 20 PolizistInnen sicherten
also lediglich eine dunkle XL-Filiale – ein durchaus
bemerkenswerter Anblick am Eröffnungstag eines frisch
renovierten Geschäfts (mit Sonderangeboten, Luftballons über'm
Eingang etc.).
Die Flashmob-Aktion „Pinke Karte für Schlecker“ mit passenden
Slogans wie „XL-Löhne für XL-Beschäftigte“, Sprechchören wie
„Schlecker XL – ein Negativ-Modell“ und Beiträgen am offenen
Mikrofon musste daher vor der Filiale stattfinden - inklusive
zahlreichen Transparenten, Schildern und Gewerkschaftsfahnen.
Dass der örtliche Handelssekretär von ver.di, eine Vertreterin
der Partei „Die Linke“ sowie Mayday- und Krisen-AktivistInnen
das Wort ergriffen, war logisch. Ungewöhnlich ist hingegen
gewesen, dass sich Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebens-
und Arbeitsbereichen ebenfalls an der öffentlichen Diskussion
beteiligt haben: Eine Anwohnerin der Wätjenstraße etwa, die mit
ihren Nachbarinnen über die Probleme bei Schlecker diskutiert.
Oder ein Psychologin, die in ihrer beruflichen Praxis mit
Krankheitsbildern zu tun hat, die durch den Umgang einer rein
profitorientierten „Wirtschaft“ mit Menschen neu entstehen. Oder
Beschäftigte aus mehreren Bremer Betrieben, die über den Umgang
ihrer Unternehmen mit den Belegschaften informierten – da wurde
für alle sichtbar bzw. hörbar, dass nicht nur „der böse Anton
Schlecker“, sondern auch namhafte Betriebe wie Siemens, die
Hafenbetriebe (mit dem Bremer Senat als Anteilseigner) oder der
Erfolgskonzern InBev alle Methoden, Tricks und Schliche
anwenden, um ihre Gewinne nach oben zu fahren. In diesem
Zusammenhang wies ein Aktivist aus der Erwerbslosenbewegung
zudem darauf hin, dass es nicht zuletzt die Hartz-Gesetze I bis
IV waren, welche die Ausweitung von Leiharbeit, Minijobs und
Niedriglöhnen in der aktuellen Form überhaupt erst möglich
gemacht haben.
Abschließend versammelten wir uns noch zu einer
Spontandemonstration (mit Unterstützung durch eine Samba-Band),
sie führte durch einige Straßen in der Umgebung – die
AnwohnerInnen waren durch Aufrufe in den Briefkästen bereits in
den Tagen zuvor informiert worden. Es gab zustimmendes Winken,
neugierige Blicke und einzelne Gespräche mit Menschen, die über
ähnliche Erfahrungen im Einzelhandel berichteten.
Vorläufiges Fazit der Versammlung: es geht weiter mit den
Protesten – aber es bleibt noch viel zu tun: Es ist notwendig,
immer breitere Bevölkerungskreise einzubeziehen, damit der
Widerstand gegen immer prekärere Arbeits- und Lebensbedingungen
an Stärke und Durchsetzungskraft gewinnen kann. In diesem
Zusammenhang einige positive Nachrichten: Allein im vergangenen
Jahr wurden im gesamten Bundesgebiet 40 zusätzliche
Schlecker-Betriebsräte gegründet, knapp 1000
Schlecker-Beschäftigte sind bei ver.di eingetreten, außerdem gab
es zahlreiche positive Gerichtsentscheide: In Bremen hat zum
Beispiel das Arbeitsgerichts den Schlecker-Konzern durch
einstweilige Verfügung verpflichtet, für die kommende
Betriebsratswahl auch Wählerlisten der XL-Märkte zur Verfügung
zu stellen, d.h. Schlecker XL bleibt Schlecker! Hierzu passt,
dass über den gestrigen flashmob die lokalen Medien einmal mehr
ausführlich berichtet haben. In diesem Sinne: Schlecker, wir
bleiben am Ball!!!
Editorische
Anmerkungen
Den Artikel spiegelten wir bei
Indymedia, wo er am
7.2.2010 erschien.
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