Nachtrag zu Dresden – 13.2.
Gemeinsame Verabredungen für ein konkretes Ziel sind sinnvoll, der inhaltliche Streit darf dabei aber nicht ausgeblendet werden

von Peter Nowak

02/10

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Am 13.2. hat die Linke in Dresden mit der Verhinderung des Neonaziaufmarsches einen realen und nicht nur, wie beispielsweise bei den Blockaden in Heiligendamm im Jahr 2007, einen symbolischen Erfolg errungen.

Der rechte Aufmarsch in Dresden war in den letzten Jahren der zentrale Termin in ihrer politischen Agenda. Denn viele andere langjährige Aktionen, wie der Rudolf-Hess-Gedenkmarsch, waren durch die antifaschistischen Proteste und die darauf reagierenden staatlichen Maßnahmen nicht mehr durchführbar.

Während in Berlin schon am 8.Mai 2005 ein Bündnis aus Antifaschisten und Zivilgesellschaft einen Neonaziaufmarsch durch Blockaden verhinderte, konnten die Rechten bis zum vergangenen Samstag in Dresden marschieren. Denn die politisch Verantwortlichen hatten bisher mit ihrem Agieren gegen „linke und rechte Extremisten“ in Wirklichkeit den Rechten den Rücken freigehalten. Zudem wird das Anliegen des rechten Aufmarsches, die Dresdner Bevölkerung als wahre Opfer des 2.Weltkrieges zu stilisieren, auch von Teilen der Dresdner Bevölkerung geteilt, die sich nicht öffentlich auf der rechten Demo zeigen würden. Diese Gemengelage hat dazu geführt, dass bisher in Dresden die Antifaschisten als größere Gefahr als die Rechten gesehen wurden. Das war das Klima, in denen die Nazis marschieren konnten und die Linken isoliert waren.

Linke und Teile der Zivilgesellschaft

Dass sich in diesem Jahr der Wind gedreht hat, liegt an dem Bündnis zwischen der größten Teil der aktiven antifaschistischen Szene und Teilen der Dresdner Zivilgesellschaft, die sich nicht länger mit symbolischen Aktionen a la Friedensgebeten und Menschenketten begnügen wollten. Diese Aktionen haben  den Naziaufmarsch nicht verhindert und das war auch gar nicht ihr Ziel. Die politisch Verantwortlichen von Dresden haben sich noch in der letzten Woche mit  dem Verbot des rechten Aufmarsches, das juristisch so gehalten war, dass es nach der einschlägigen Rechtssprechung nur abgelehnt werden konnte, blamiert. Dass die Rechten nicht marschieren konnten, ist allein den aktiven Gegendemonstranten zu verdanken.

Mit dem Blockadekonzept wurde eine Aktionsform gefunden, auf die sich alle Akteure einigen konnten. Als die Polizei vor mehr als 3 Wochen mit Razzien und der Beschlagnahme von Mobilisierungsmaterialen auf den Blockadeaufruf reagierte, hatte das fragile Bündnis seine entscheidende Bewährungsprobe zu bestehen. Schnell zeigte sich, dass sich aus dem Bündnis niemand distanzierte. Vielmehr war die Bereitschaft nun erst recht den Rechten entgegenzutreten, noch gewachsen.

Nur auf dieser Grundlage war der Erfolg vom Samstag möglich. Eine Blockade nur aus Antifas und radikalen Linken wäre von der Polizei garantiert geräumt worden. Aber alte Frauen, Menschen mit Gewerkschaftsfahnen und Mandatsträger verschiedener Parteien abzuräumen, damit die Nazis marschieren können, das war für die Staatsapparaten ein zu hoher Preis.

Für die Linke sollte die Lehre aus Dresden sein, dass solche Bündnisse für die Durchsetzung ganz konkreter Ziele häufiger angestrebt werden sollte. Das bedeutet nicht, dass die Bündnispartner die Position der Linken akzeptieren müssen.

Gegen jede Totalitarismustheorie

Konkret für Dresden war es nicht nötig, eine einheitliche Meinung über die Sinnhaftigkeit der alliierten Bombardements zu haben, um sich den Nazis entgegen zu stellen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man in dem Bündnis aufgeht und dass man die Bündnispartner nicht kritisieren darf. Wie nötig eine inhaltliche Auseinandersetzung ist, zeigte sich noch wenige Tage vor dem Dresdener Aufmarsch. Da erweist sich Christian Demuth von dem zivilgesellschaftlichen Verein „Bürger.Courage e.V.“ als Nachbeter der sächsischen Totalitarismustheorie, die besagt, dass man die Nazis nicht kritisieren kann, ohne sich nicht mindestens genau so vehement von der DDR zu distanzieren.

So wurde Demuth in einem Interview mit der Taz im Zusammenhang mit der alliierten Bombardierung Dresdens folgendermaßen zitiert: „ Die DDR hatte die Propaganda aus dem Goebbels-Ministerium im Grunde dankbar aufgenommen, um gegen die angloamerikanischen Imperialisten Stimmung machen zu können.“

Dass die DDR die alliierten Bombardements auf Dresden im kalten Krieg instrumentalisieren ist bekannt und beschämend. Zu behaupten, sie hätten dabei die Goebbels-Propaganda fortgesetzt ist eine Geschichtsfälschung, die man auch bei Personen nicht durchgehen lassen sollte, mit denen man gemeinsam gegen die Nazis auf die Straße geht.

Editorische Anmerkungen

Den Artikel erhielten wir vom Autor.