trend sonderthema:  Der XX. Parteitag der DKP

Der von kommunisten.de unterdrückte Brief des Genossen Wassenaar

02-2013

trend
onlinezeitung

Wir dokumentieren einen "offenen Brief"des DKP-Genossen Günther Wassenaar auf Wittenberg. Er sandte diesen an die Redaktion der DKP-Seite  www.kommunisten.de und bat dort um Veröffentlichung. Mit seinem Brief bezog er sich auf einen zuvor veröffentlichten offenen Brief der DKP-GenossInnen Isa Paape und Werner Lutz.

Er bekam folgende Antwort von der  Redaktion:

Hallo,
ich habe Deine Antwort an Isa Paape und Werner Lutz weitergeleitet.
Was die Veröffentlichung betrifft, so entspricht Dein Brief in Form und Inhalt nicht den Anforderungen für einen Artikel, f0r den ich die presserechtliche Verantwortung übernehmen will.
Michael Maercks
Redaktion Kommunisten.de

Der Brief des Genossen Wassenaar:

Liebe Genossin Isa Paape, lieber Genosse  Werner Lutz, ich möchte Euch ansprechend, Euren Offenen Brief beantworten und ebenso an Alle Genossinnen und Genossen der DKP richten.

Aufforderung zur Wahrnehmung der Verantwortung durch jedes einzelne Mitglied

Liebe Genossinnen und Genossen,

Da ich ebenso Mitglied dieser kommunistischen Partei, der DKP bin, fühle ich mich angesprochen und für die Positionen die dort benannt sind verantwortlich. Die Verantwortung innerhalb einer Partei tragen immer und ausschließlich die Mitglieder, da die Vorstände immer nur gewählte Vertreter sind, die die Interessen der Mitglieder auszuführen haben. Deine Einschätzung, dass es um die DKP schlecht bestellt ist, dass ihr Einfluß nur noch marginal spürbar ist, dass die Anzahl der Mitglieder rückläufig, usw., entspricht auch nach meinem Dafürhalten der Realität.

Trotzdem sehe ich an vielen Stellen andere Ursachen als gegeben und dringend notwendig zu beheben. Darüber sollte ein offener und schonungsloser Diskurs geführt werden, geht es doch um die Existenz der kommunistischen Partei, der Heimstatt meines politischen Wirkens und natürlich auch Eurer Überzeugungen, wie ich annehme, sonst hättet Ihr Euch nicht so besorgt positioniert.

Wird diese Auseinandersetzung aber so geführt, wie sie unter Kommunisten zu führen wäre? Besteht Offenheit und wird NUR mit Argumenten gestritten und gerungen? Ist die UZ, ist die Internetplattform „www.kommunisten.eu„ für diese offene Auseinandersetzungen vorhanden? Gibt es andere innerparteiliche Medien, auf die die Mitglieder und zwar ALLE  zurückgreifen und den dringend notwendigen Klärungsprozeß, solidarisch miteinander führen können?

Ich muß feststellen - leider NEIN.

Den Genossen aus Berlin, auch vielen anderen Genossen vor allem aus dem Osten, wird der Vorwurf gemacht, sie würden daran arbeiten, die DKP zu spalten. Sind es tatsächlich MACHTGEHABE, die den Streit hervorrufen? Oder sind es vielmehr unterschiedliche Standpunkte zu den Dingen des Weltgeschehens, die den Streit zwischen den von Euch benannten Fraktionen haben entbrennen lassen?  So wie ich Eurer Stellungnahme entnehme steht Ihr beide voll hinter dem Vorschlag den der Parteivorstand durchgedrückt hat, denn es gab auch innerhalb der Vorstandes dagegen Widerstand. Inwieweit habt Ihr Euch mit den politischen  Argumenten der anderen Seite auseinandergesetzt, bevor Ihr diesen Brief geschrieben habt? Aus welchem Grund steht Ihr beide bedingungslos hinter diesem Vorschlag, ohne die anderen Argumente zu kennen. Ich war Mitglied der SED, habe auch dort lange nur hinter den Beschlüssen des ZK gestanden, bevor ich begriffen habe, dass wir als Mitglieder die Hauptverantwortung tragen und auch die Verantwortung jeden Schritt des ZK oder heute des PV zu hinterfragen.   Kennt Ihr also die Gegenargumente, denn nur dann kann man doch richtig abwägen?

Ich habe den Eindruck – ebenso Nein.

So wie ich das sehe, spielt die Partei „Die Linke“, und die Stellung zu ihr und zu ihrer Politik, bei vielen dieser Auseinandersetzungen eine entscheidende Rolle. Nicht das sich die Partei Die Linke, in innere Angelegenheiten bei uns einmischt – aber sie ist vorhanden, wird vielfach vor allem von den Genossen der DKP aus dem Westen, als eine progressive Partei empfunden, mit der man gern zusammenarbeitet und wenn auch nicht gleiche, so doch sehr ähnliche Ziele und Argumente hat. Demzufolge fühlen sich so einige Genossen der DKP, vor allem auch, da die Schlagkraft der DKP tatsächlich abgenommen hat, zu einer größeren, mächtigeren Partei hingezogen, wollen eine intensivere Zusammenarbeit. Auch, da die finanziell Grundlagen dieser Partei weit besser gestellt ist, als die bei uns herrschende Klamme Situation.

Damit keine Mißverständnisse aufkommen, ich stehe ebenso fast jede Woche gemeinsam mit Genossen der LINKEN auf der Straße, kämpfe mit ihnen gemeinsam. Wir haben ein Soziales Bündnis in der Lutherstadt Wittenberg, was sich vorwiegend mit den Greueltaten der Hartz-Gesetze auseinandersetzt und Betroffenen Hilfe anbietet, sie informiert und motiviert. Es wird auf alle aktuelle politischen Probleme eingegangen, darauf hingewiesen, inwieweit die bürgerlichen Medien die Bevölkerung täglich, ja stündlich hinters Licht führt, sie verdummt und verarscht. Dort sind jedoch vorwiegend einfache Genossen der Linken vor Ort, Funktionsträger, obwohl in genügender Anzahl vorhanden, sieht man auch von dieser Partei, eventuell kurz vor den Wahlen.

Da ich auch längere Zeit in Baden-Württemberg gearbeitet habe, dort mit anderen linken Kräften die Zusammenarbeit gesucht habe, konnte ich feststellen, dass es zwischen den Genossen dieser Partei im Osten und im Westen gravierende Unterschiede gibt. Während die hier bei uns fast alle schon Erfahrungen als „Parlamentarier“ hatten, schon die Vorzüge von Diäten erleben und auskosten konnten, sind sie fast alle Mandatsträger schon von diesem Parlamentarismus korrumpiert, haben ihre Gesinnung mit dem Mandat abgegeben und leben nur noch für ihre Diäten. Den Ton in der Partei, die Richtung, wird jedoch von den wenigen Mandatsträgern und nicht von den Mitgliedern angegeben.

Diese Machtbeteiligung hat es für die LINKE West bisher noch nicht so umfassend gegeben – sie ist demzufolge unverbrauchter und kämpferischer. Derartige Erfahrungen die ich machen konnte, können leider auch die Genossen des PV nur sehr bedingt vorweisen. Schließlich leben fast alle in den westlichen Teilen der BRD und haben, wenn dann nur bei Konferenzen und anderen Treffen Kontakte mit Führungskadern der Linken. Kann es also sein, dass ihnen dieser Unterschied demzufolge noch nicht aufgefallen ist und sie somit von der Linken, vor allem von deren Europa-Projekt, der EL begeistert sind?

Ich muß an der Stelle einfügen, dass mein Satz immer ist, Gysi ist der deutsche Gorbatschow …. und Gorbatschow war der bisher größte Arbeiterverräter Russlands. Erst vor wenigen Tagen habe ich diesem Rechtsanwalt nachgewiesen, dass er in nur 116 Worten zwei faustdicke politisch Lügen verborgen hat, Lügen die ich als antikommunistisch einstufen muß. Sind das die richtigen Partner für eine kommunistische Partei? Können wir auf dem Weg des Kampfes gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, mit derartigen „Kampfgenossen“ punkten und können wir Einfluß bei politisch unbedarften Menschen erringen, wenn wir diesen politischen Scharlatanen hinterher laufen, anstatt eine klare marxistische Position zu vertreten. Kann es sein, dass der Einfluß dadurch geschwunden ist, da wir keine klare Linie einschlagen? Die Arbeiterschaft erkennt mit der Zeit genau wer es ehrlich meint und wer herumeiert. Nochmals zur Klarstellung, Bündnisse eingehen, da wo es angebracht ist und wir unsere politische Position nicht verbiegen müssen - immer – aber in einer gemeinsamen Partei, gebunden an einem gemeinsamen Programm? Da gibt es doch sehr große Unterschiede, die wohlweislich überdacht werden müssen.

Können wir davon ausgehen, dass die Linke hier im Osten eine weit größere Verbreitung hat, hier aktiver und spürbarer in allen ihren Aktionen und Positionen ist? Können wir weiter festhalten, dass es also den Genossen der DKP hier im Osten weitaus besser gelingt, deren tatsächliche politischen Positionen zu analysieren?

Genau diese Fähigkeit, den politischen Standpunkt der Linken zu analysieren, wird durch die Mehrheit der Genossen des PV, den Genossen hier im Osten abgesprochen. Sie unterhalten sich vielfach nicht mal mit uns.

Nur ein konkretes Beispiel: Vor einiger Zeit hatte Herr Gysi die Forderung aufgemacht, die NATO abzuschaffen. Das ist eine sehr geschickte und durchtriebene Forderung, die sich sehr gut anhört aber nicht realisierbar ist, was dem Fuchs Gysi wohl bekannt ist. Für an Frieden interessierte Menschen hört sich diese Forderung gut an und Herr Gysi kann politisch Punkten, ohne dem bestehenden System gefährlich zu werden. Im Gegenteil, er hat diesen Schachzug sogar mit Gegnern abgesprochen, wie Veröffentlichungen bei Wikileaks gezeigt haben. Auf der letzten PV-Tagung stellt Bettina Jürgensen, also UNSERE Partevorsitzende genau die gleiche Forderung – in Anlehnung an die Position der Linke und das, obwohl im Netz die Forderung Gysis schon analysiert wurde.

Aus kommunistischer Sicht gibt es nur eine Forderung, die auch erreichbar sein könnte, für die Mehrheiten zusammengebracht werden könnten – die Forderung, dass die Bundesrepublik aus der NATO austritt. Das ist ein innenpolitisches, klares Ziel, bei dem wir auf die Unterstützung von immerhin 75 % der Menschen dieses Staates bauen könnten, da immerhin ein so hoher Anteil die Auslandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen der NATO ablehnen. Die Auflösung zu fordern bedeutete demgegenüber eine Einmischung in die Inneren Angelegenheiten der anderen NATO Staaten, da es nur der jeweiligen Bevölkerung ansteht, einem Verbleib in der NATO zuzustimmen oder dagegen zu sein. Seit wann mischen sich Kommunisten in die Inneren Angelegenheiten anderer Staaten ein?

Betrachten wir ein nächstes Streitthema innerhalb der DKP. Leo Mayer kämpft mit allen Mitteln für die Vollmitgliedschaft in der EL, hat vorher schon den Status des Beobachters errungen und engagiert sich enorm in diesem Gremium, begründet dies mit dem Argument, dass heute viele Entscheidungen auf internationalen Parkett, aufgrund der EU in europäischem Maßstab getroffen werden. Dass es sich bei der EU generell um eine imperiales, menschenunwürdig Konstrukt handelt, dass dieses nicht durch Reformen oder demokratische Instanzen abgeändert werden kann, verschweigt er geflissentlich. Statt dessen will er in die EL, eine europäische Partei, die sich aus Linken und eher eurokommunistischen Parteien zusammensetzt. So haben vor allem Genossen der Führungsriege der Partei die Linken, das Sagen in dieser Partei. Von Bartsch über Kipping, stehen da aber vorwiegend eher rechts gerichtete, eher antikommunistisch eingestellte Personen am Ruder

Wäre es  für Kommunisten nicht eher zwingend notwendig, statt den rechten Linken hinterher zu laufen, an einer europäischen Partei der Kommunisten zu arbeiten, selbst wenn diese anschließend bei der einen oder anderen Entscheidung mit der EL Bündnisse eingeht, hat sie eine marxistische Orientierung und kann auf eine klare Ideologie verweisen?  Aber da gibt es einen entscheidenden Unterschied. Die EL wird, wie alle Konstrukte der EU über Steuern der EU finanziert. Seit wann finanziert das Kapital mittels seiner Machtorgane, ihre eigenen Totengräber, oder sind die schon so senil, dass sie das noch nicht mitbekommen haben? Oder ist die EL dergestalt, dass sie überhaupt kein Totengräber des Kapitals sein will? Gilt der Satz nicht mehr, dass der Hund die Hand die ihn füttert nicht beißt?

Das ist die entscheidende Frage und die ist nach dem Politikverständnis der in der EL dominierenden Linkspartei eben keine Partei, die die Machtfrage stellen will. Ihre Funktionsträger sind lange in der bürgerlichen Systematik angekommen, haben für sich festgestellt, dass sie als Mandatsträger, zumindest in dieser Gesellschaftsordnung sehr gut leben können. Aus welchem Grund sollte man den Ast absägen, auf dem man sitzt? Das sind schon Zusammenhänge die Lenin aufgegriffen hat, indem er sagte, dass der Parlamentarismus die Linke korrumpiert.

Kann es sein, dass aus dem Grund Leo Mayer auf die Erfahrungen und Erkenntnisse eines Lenin gern verzichten möchte und das auch der DKP als Partei verordnen möchte? Zumindest spricht er sich immer dafür aus Lenin aus den Klassikern zu streichen und betont, dass die DKP eine marxistische Partei ist.

Wollen wir als DKP dieses Gebilde kapitalistischer Staat beibehalten und auf Dauer nur so zum Schein bekämpfen – oder wollen wir den Bruch des Systems?

Nach der Beantwortung all dieser Fragen kannst Du und können alle anderen feststellen, wer hier und heute eine Spaltung unserer Partei billigend in Kauf nimmt, wer revisionistisch den Kurs dieser Partei abändern und in eine eurokommunistische Partei überführen will. Die Genossen aus Berlin, viele andere Genossen aus dem Osten und natürlich auch viele Genossen die schon lange Mitglieder der DKP sind, wollen eine klar auf der Grundlage von Marx, Engels und Lenin ausgerichtete, kampfstarke kommunistische Partei in Deutschland, die nach dieser klaren Ausrichtung auch wieder an Ansehen und Ausstrahlung gewinnt und darum lohnt es sich zu ringen und zu kämpfen, dazu sind wir als Kommunisten verpflichtet und das hat absolut nichts mit MACHTGERANGEL oder anderen niederen Beweggründen zu tun, die durch Leo Mayer und andere Revisionisten den Genossen vorgeworfen werden, die ihr Spiel durchschaut haben und Stellung gegen diesen Revisionismus beziehen.

Aus dem Grund stimmen die Genossen aus Berlin, auch aus anderen Strukturen der DKP für eine generellen Austritt aus der EL, kämpfen um eine klare marxistisch-leninistische Ausrichtung der DKP, damit sie als kommunistische Partei wahrgenommen werden kann.

Aus dem Grund kann ich nur ebenso mit den beiden von Euch verwendeten letzten beiden Sätzen, jedoch mit der kleinen Abänderung enden und fordere:

Grundlage für unsere Debatten müssen die in jahrelanger Diskussion erarbeiteten Parteiprogramm und das Statut sein.

Lasst uns alles dafür tun, dass die DKP handlungsfähiger wird, um sich den Herausforderungen an eine kommunistische  Kraft in diesen Zeiten erfolgreich zu stellen.

Günther Wassenaar

Lutherstadt Wittenberg                                                                     Sonntag, 3. Februar 2013

Editorische Hinweise

Die Informationen und der Artikel stammen von Kommunisten-online, dort veröffentlicht  am 9. Februar 2013

Siehe auch die Webrecherche "DKP in der Krise".