trend sonderthema:  Der XX. Parteitag der DKP

Patrik Köbele antwortet auf Verleumdungen

02-2013

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Der Parteitag steht bevor und die Fronten zwischen den einzelnen Strömungen sind verhärtet. Besonders die DKP Gruppe München um den stellvertretenden Parteivorsitzenden Leo Mayer trägt massiv dazu bei. Patrik Köbele, auch stellvertretender Parteivorsitzender, ist seit einiger Zeit Opfer einer Schmutzkampagne, die von München aus gesteuert wird. Kürzlich wurde von verschiedenen aktiven und ehemaligen Betriebsarbeiter, Betriebsräte und Gewerkschafter in der DKP eine Stellungnahme veröffentlicht: Auch sie enthält viele Entstellungen und Fehlinformationen. Weil Patrik Köbele in dieser Stellungnahme direkt angegriffen wird, hat er sich jetzt erstmals zu Wort gemeldet. (Vormerkung von der DKP Dresden)

Zur Stellungnahme aktiver und ehemaliger Betriebsarbeiter, Betriebsräte und Gewerkschafter in der DKP

Liebe Genossinnen und Genossen,
da ich namentlich in diesem Papier auftauche und als „Wortführer der Parteiopposition" benannt werde, geht Ihr möglicherweise davon aus, dass die Positionen, die Ihr unterstellt und zurückweist, die meinigen oder die von Genossinnen und Genossen sind, die ähnlich, wie ich denken. Dem ist nicht so, ich will das belegen:

Ich habe niemals gesagt, dass „die Gemeinsamkeiten nun aufgebraucht" sind und „man die Machtfrage stellen werde". Wahr ist, dass ich gesagt habe:

„Wir haben es mit relativ klar ausgeprägten Strömungen, Linien zu tun. Ein Teil der Partei kann oder will sich dem derzeit nicht zuordnen, ein Teil der Partei ist oder verhält sich indifferent. Trotzdem werden diese Strömungen auf diesem Parteitag um die Hegemonie ringen, das wird sich in den inhaltlichen Debatten, aber auch in den Wahlen niederschlagen. Auch dann, wenn es uns gleichzeitig gelingt, die Dinge festzuhalten, bei denen wir uns einig sind."

Das ich damit wohl recht hatte, zeigt nicht zuletzt Euer Brief, dass die Gefahr eines Machtkampfs besteht, zeigt Eure Tendenz Positionen von mir zu kritisieren, die ich gar nicht habe. Ihr formuliert, dass sich heute nicht das Nahziel Sozialismus stellt. Hier steckt eine Unterstellung und eine richtige Feststellung drin. Die Unterstellung: Keiner formuliert, dass es um den Sozialismus als „Nahziel" geht. Die richtige Feststellung: Wir leben nicht in einer revolutionären Situation, das behauptet auch keiner.

Dann formuliert Ihr, dass es heute „um eine demokratische Übergangsprogrammatik" gehe. Hier zweifle ich, ob wir übereinstimmen: Ich meine, dass es um eine Strategie zum Sozialismus geht, die aus meiner Sicht zwingend die Suche nach Heranführung, nach Übergängen einschließt. Um klarzustellen, aus meiner Sicht gab es in der Geschichte nicht eine erfolgreiche sozialistische Revolution, die zwischen der fest im Sattel sitzenden kapitalistischen Herrschaft und der sozialistischen Revolution keine Phase des Übergangs hatte. Deswegen ist nach diesen Übergängen zu suchen. Dies aber aus der sozialistischen Strategie zu lösen oder vom Ziel der sozialistischen Revolution abzukoppeln, das landet sicher im Opportunismus, beim Motto „der Weg ist alles, das Ziel ist nichts." Hier habe ich Sorge, was Ihr mit dem Wort „Übergangsprogrammatik" meint. Ich meine, wir brauchen ein Programm, das den Weg zum Sozialismus/Kommunismus definiert, das definiert, was die sozialistische Revolution und was Sozialismus ist, das nach Übergängen sucht und das eine Taktik und Strategie für heute entwickelt. Dieses Programm haben wir, wir brauchen keine besondere „demokratische Übergangsprogrammatik".

Was Ihr zum 84er-Papier schreibt ist Unsinn, natürlich geht es darum, auch jetzt schon den Gegenangriff (gegen die Angriffe der Herrschenden) zu ORGANISIEREN. Das gesamte Zitat heißt auch: "Abwehrkämpfe aktiv führen, den Gegenangriff organisieren". Ihr verweist dann wieder sehr undifferenziert auf die „Offensivpolitik" der KPD, analysiert dazu nichts, verwendet ein Zitat „Klasse gegen Klasse" (scheinbar als Zitat aus dem 84er-Papier), was aber keines ist.

Eure Auseinandersetzung mit der KKE ist platt und hat mit der solidarischen Diskussion unter Bruderparteien nichts zu tun. Ich habe mit der KKE Unterschiede, ich teile ihre Position nicht, dass es kein Zwischenstadium vor der sozialistischen Revolution gibt. Trotzdem maße ich mir nicht an, die Situation in Griechenland besser einschätzen zu können als die KKE.Zum völlig undifferenzierte Umgang, den ihr dann zur Haltung der KKE zu einer Regierungsbeteiligung, zur Aktionseinheitspolitik etc. entwickelt, kann ich nur konstatieren, dass wir hier wohl tatsächlich tiefe Meinungsunterschiede haben, so gehe ich nicht mit einer Bruderpartei um. Meine Haltung zur aus meiner Sicht richtigen Entscheidung der KKE sich nicht an einer Regierung mit Synapsismos zu beteiligen, könnt Ihr übrigens nachlesen.1

Was Ihr über meine/unser Haltung zu den Gewerkschaften und zum kommunistischen Engagement in den Gewerkschaften schreibt, ist einfach Unsinn. Gewerkschaften sind „Schulen des Klassenkampfs" und deswegen unverzichtbares zentrales Handlungsfeld für Kommunisten. Im von Euch so kritisierten 84-er Papier heißt es: „Die Mitglieder der DKP kämpfen deshalb zusammen mit anderen Kollegen – gleich welcher Weltanschauung, Herkunft oder Parteizugehörigkeit – in den DGB-Gewerkschaften für einen Konfrontationskurs mit den Kapitalisten." Das teile ich. Was Ihr dagegen habt „dass Parteigruppen gerade in der jetzigen Krisensituation auch von außen in betriebliche Abwehrkämpfe eingreifen" verstehe ich nicht.

Mit der Geschichte zu den oppositionellen Listen bei BR-Wahlen baut Ihr einen Popanz. Niemals und niemand hat das zum Weg erklärt, es ging und geht um Ausnahmesituationen, das wurde zigfach ausgeführt und das kann ich auch durch meine Zeit als aktiver Gewerkschafter und Interessensvertreter bei Daimler-Benz in Stuttgart-Untertürkheim nachvollziehen. Der polemischen Quatsch, dass irgendjemand darin die Morgenröte des härtesten Klassenkampf sieht, muss das sein?

Dann geht es leider weiter, Ihr kennzeichnet ein Zitat („Vorstellung des kurzen Weges zum Sozialismus"), das gibt es aber nicht und keiner hat diese Vorstellung, wäre in der BRD auch völlig illusionär. Dem setzt Ihr aber entgegen „was heute machbar erscheint, wie z.B. die Verstaatlichung der großen Finanzinstitute" – scheint mir zumindest auch recht illusionär. Zwischendrin behauptet Ihr noch, dass ich (oder wer auch immer) ein „Verständnis von Reformen (hätten), die stets „systemsprengend" zu sein haben". Nein, ich weise nur immer darauf hin, dass Reformen einen Doppelcharakter haben, sie können einbindend und mobilisierend wirken. Worauf ich aber auch Hinweise ist, dass, wenn wir den Kampf um Reformen nicht als Teil unserer revolutionären Strategie begreifen und auch (aber keineswegs nur) daran messen, ob er uns bei der Verbreitung von Klassenbewusstsein hilft, dann laufen wir Gefahr den Kampf um Reformen zu verabsolutieren („Der Weg ist alles, das Ziel ist nichts") und landen dann tatsächlich im Reformismus.

Ihr lehnt als „weitere Position" „dieser sektiererischen Linie" ab:

„Das Dogma von der führenden Rolle der KP als elitärer Auftritt gegenüber fortschrittlichen Bewegungen" Wenn Ihr meine Position meinen solltet, so lautet sie: „Die Thesen (des alten Sekretariats) formulieren: „Die Hegemonie des Kommunismus in der Arbeiterklasse und in den Bewegungen kann also nicht die Voraussetzung für die Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse sein." Ich sage, sie ist die Voraussetzung für die Umwälzung, für den Aufbau des Sozialismus und ihr Verlust ist die Ursache der Konterrevolution (siehe 89, 90 und folgende). Natürlich hat Hegemonie oder Avantgarde nichts damit zu tun, dass man sie hätte, wenn man sie diktiert oder in Verfassungen schreibt, man hat sie durch und in der Theorie und durch und in der Tat. Aber wer kann sich eine Revolution, einen sozialistischen Aufbau vorstellen, wenn eine andere Weltanschauung, z.B. der Reformismus vorherrschend ist oder aus welchem Grund war dieKonterrevolution in der DDR siegreich, wenn nicht, wegen des Verlusts der Hegemonie des Kommunismus." 2

Und um vielleicht unsere Diskussion zu befördern, meine Position ist auch: Eine kommunistische Partei, die an sich selbst nicht den Anspruch stellt die Avantgarde der Arbeiterklasse zu werden, ist keine kommunistische Partei mehr.

Nun dann führt Ihr noch in Feld, ich/wir hätten einen „neuen Faible für die Stalinfrage". Was Ihr damit meint, belegt Ihr nicht. Wenn Ihr meint, dass ich eine materialistisch-dialektische Herangehensweise fordere, dann habt Ihr recht, wenn Ihr unterstellt dies würde Verbrechen, Deformationen, die auch das Leben vieler Genossen forderten, negieren, dann liegt Ihr falsch.

Ich hoffe Euch einige meiner tatsächlichen inhaltlichen Positionen dargelegt zu haben. Über Sie bin ich gerne bereit zu diskutieren, nicht aber über Popanze und Unterstellungen. Allerdings tragt Ihr durch diese Unterstellungen eine völlig unnötige und nicht verantwortungsvolle Verschärfung in die Debatte.

Euer
Patrik Köbele


1) Das Dilemma der KKE
2) Referat Patrik Köbele auf der theoretischen Konferenz

Editorische Hinweise

Wir  spiegelten den Artikel von der Website der DKP-Dresden, wo er am 15.2.2013 erscheine.

Zum Thema siehe auch die Webrecherche "DKP in der Krise".