Die Idealisten
behaupten, Wahrnehmungen, Empfindungen und Vorstellungen seien
Ergebnisse des Wirkens einer dem Menschen innewohnenden
geheimnisvollen Kraft, sie seien vom Menschen selbst
hervorgebracht oder von Gott geschaffen worden.
Diderot, ein
französischer materialistischer Philosoph des 18. Jahrhunderts,
mokierte sich geistreich über diesen Standpunkt der Idealisten.
Er verglich den von den Idealisten erdachten Menschen, der aus
sich selbst heraus die Empfindungen erzeuge, mit einem Spinett,
das ganz von selbst die Melodien wiederholt, die zuvor auf
seinen Tasten gespielt worden sind. Diesen geschickten Vergleich
benutzt Lenin im Kampf gegen die Feinde der Wissenschaft. Auch
wir wollen ihn für die Erklärung der uns interessierenden Frage
verwenden. Das „normale" Spinett ist derart beschaffen, daß es
Töne nur dann von sich gibt, wenn seine Tasten angeschlagen
werden. Stellen wir uns jedoch vor, das Spinett habe sich
plötzlich „eingebildet", es sei mit Empfindsamkeit und
Gedächtnis begabt und erzeuge diese Töne selbständig. Geradeso
stellen die Idealisten auch den Menschen dar, bei dem die
Empfindungen angeblich von selbst, unabhängig von der Außenwelt
entstehen. Sie setzen den Menschen dem Spinett gleich, das von
selbst Melodien spielt.
In
Wirklichkeit ist es um die menschlichen Empfindungen ebenso
bestellt wie um ein richtiges Spinett. Natürlich ist dieser
Vergleich bedingt und soll nur dazu dienen, den Gedanken besser
zu erläutern. Die Entstehung menschlicher Empfindungen und
Vorstellungen ist erheblich komplizierter als die Erzeugung von
Tönen auf einem Musikinstrument. Der Vergleich erstreckt sich
bloß darauf, daß ebenso, wie der Ton nur dann entsteht, wenn die
Klaviertasten angeschlagen werden, auch die Empfindung nur
durch äußere Einwirkung auf den Menschen zustande kommt.
Was ist es
nun, was auf den Menschen einwirkt, und auf welche Art entsteht
eine Empfindung?
Auf den Menschen wirkt seine Umwelt, die Natur, ein.
Beispielsweise sehen wir den Wald, spüren die Sonnenwärme,
fühlen die Kühle der Luft, tasten die glatte Tischfläche, hören
die menschliche Sprache, nehmen eine Melodie auf. Ohne die
Existenz aller dieser Dinge und Erscheinungen und ihre
Einwirkung auf uns hätten wir keine Empfindung von ihnen und'
könnten auch keine Vorstellung von ihnen haben. Folglich muß,
damit Empfindungen möglich werden, eine Außenwelt existieren,
die auf uns einwirkt. In dieser Anerkennung der Existenz einer
realen Außenwelt liegt der grundlegende Unterschied zwischen der
materialistischen und der idealistischen Erkenntnistheorie.
Um jedoch die
Einwirkung der Außenwelt wahrzunehmen, müssen wir einen
besonderen Apparat besitzen, gewissermaßen Tasten, die von der
Natur angeschlagen werden. Dieser Wahrnehmungsapparat besteht
in unseren Sinnesorganen.
Auch Tiere
besitzen Sinnesorgane. Dabei entwickeln und komplizieren sich
die Sinnesorgane im Verlauf der Höherentwicklung der Tiere. Das
ist durchaus verständlich. Die einfachsten Tiere, die unter
minder verwickelten Verhältnissen leben, bedürfen für ihre
Existenz keiner entwickelten Sinne. Anders ist es um die höheren
Tiere bestellt; im Lauf einer sehr langen Zeitspanne müssen sie
sich schwierigeren Lebensverhältnissen anpassen, daher haben sie
komplizierte Sinnesorgane hervorgebracht und entwickelt.
Folglich sind
die Sinnesorgane kein Geschenk Gottes, wie das Idealismus und
Religion behaupten. Sie sind das Ergebnis der Anpassung der
Lebewesen an die Umweltbedingungen.
Dadurch erklärt sich auch, warum bei einigen Tieren der eine
Sinn entwickelter ist und bei anderen Tieren ein anderer. Das
hängt davon ab, unter welchen Bedingungen das Tier lebt, unter
welchen Bedingungen seine Vorfahren lebten. Beispielsweise
besitzt der Regenwurm kein Sehvermögen, er kann nur Hell und
Dunkel unterscheiden; auch fehlt ihm das Gehör; dafür sind
Tastsinn und Geruchssinn recht entwickelt, die ihm helfen,
Nahrung zu finden und Gefahren aus dem Wege zu gehen, also jene
Sinne, die er für die Erhaltung seines Lebens benötigt. Die enge
Beziehung zwischen den Sinnesorganen und den Lebensbedingungen
zeigt anschaulich das Beispiel der Vögel; das Leben in der Luft
erfordert keine besondere Vervollkommnung des Geruchs- und
Tastsinns; dagegen wäre es unmöglich ohne einen stark
entwickelten Gesichtssinn. Raubvögel beispielsweise können
außerordentlich gut sehen, was ihnen gestattet, die Beute aus
großer Höhe zu erspähen. Im Gegensatz dazu sind bei vielen
Säugetieren, die unter anderen, komplizierteren Bedingungen
leben als die Vögel, der Gehörs-, Geruchs- und Tastsinn
erheblich stärker entwickelt; bekannt sind der scharfe Gehörs-
und Geruchssinn des Hundes. Wieweit Beschaffenheit und
Entwicklung der Sinnesorgane von den Existenzbedingungen
abhängen, zeigt auch das folgende Beispiel: Es gibt Fische, die
nahe an der Wasseroberfläche schwimmen; dementsprechend ist bei
ihnen der obere Teil des Auges zum Sehen nach oben, in die Luft,
eingerichtet und der untere zum Sehen nach unten, ins Wasser;
somit erblicken sie sowohl die Vorgänge über als auch die unter
der Wasseroberfläche.
Jedoch kann kein einziges Tier
hinsichtlich der Mannigf altig-tigkeit seiner Empfindungen mit
dem Menschen verglichen werden, obwohl einzelne Sinne bei den
Tieren stärker entwickelt sein können als beim Menschen. Der
Adler, bemerkt Engels, sieht zweifellos weiter als der Mensch.
Jedoch ist selbst der scharfsichtigste Adler unfähig, in den
Dingen das wahrzunehmen, was der Mensch in ihnen erblickt.
Es geht hier natürlich nicht
darum, daß der Mensch ein besonderes, fast übernatürliches
Wesen sei, wie die Idealisten meinen, daß er von Gott die
besondere Fähigkeit erhalten habe, zu empfinden, wie kein Tier
es vermag. In Wirklichkeit ist der Mensch aus der Tierwelt
hervorgegangen. Daher könnte es ohne Entwicklung der Tierwelt,
ohne die gesamte voraufgegangene
Entwicklungsgeschichte der tierischen Sinnesorgane keinen
Menschen und keine menschlichen Sinnesorgane geben. Wenn der
Mensch fähig ist, zu empfinden, was selbst die
höchstentwickelten Tiere nicht sehen, tasten und hören können,
so hat das seine durchaus einleuchtende Ursache. Diese Ursache
läßt sich mit einem einzigen Wort angeben: die Arbeit.
Durch die Arbeit von
Zehntausenden und Hunderttausenden Jahren vervollkommneten und
entwickelten sich die Sinnesorgane des Menschen. So ist die
Hand des Menschen fähig, die Dinge und ihre Eigenschaften so
genau zu tasten, weil er mit den Händen arbeitet: die Dinge
verändert und sie seinen Bedürfnissen anpaßt. Eben die Arbeit
hat jenen feinen Tastsinn herausgebildet, durch den sich der
Mensch von jedem Tier unterscheidet.
Oder nehmen wir die Fähigkeit
der Farbempfindung. Selbst die entwickeltsten Tiere, die
Menschenaffen, unterscheiden nur wenige Farben. Der Mensch aber
ist fähig, bis zu 180 Farbtöne wahrzunehmen. Das erklärt sich
wiederum aus der Arbeit, aus der praktischen Tätigkeit des
Menschen, die es ihm ermöglicht, erheblich mehr zu sehen als
ein Tier. Auch unter den Menschen selbst stellen wir
unterschiedliche Empfindungsfähigkeiten fest. So unterscheiden
manche Textilfachleute, die sich auf schwarze Gewebe
spezialisiert haben, bis zu 40 Schattierungen von Schwarz. Die
meisten Menschen dagegen unterscheiden nur mit Mühe einige
Schattierungen.
Was zeigen alle diese
Beispiele? Sie besagen, daß sich die Fähigkeit des Menschen, die
Erscheinungen der Wirklichkeit wahrzunehmen und zu empfinden,
durch die praktische Tätigkeit entwickelt und vervollkommnet,
unter dem Einfluß sowohl der Arbeit als auch der
gesellschaftlichen Tätigkeit.
Dem muß hinzugefügt werden,
daß sich das natürliche Wahrnehmungsvermögen der menschlichen
Sinne durch künstliche Werkzeuge und Geräte vervielfacht. Der
Mensch hat das Mikroskop erfunden, das ihm die Möglichkeit
bietet, für das unbewaffnete Auge unsichtbare Erscheinungen zu
sehen. Dank dem Mikroskop hat der Mensch
im Wassertropfen eine ganze Welt primitiver Organismen entdeckt,
hat erkannt, daß alles Lebendige aus Zellen besteht, und hat
eine ganze Reihe wichtiger wissenschaftlicher Entdeckungen
gemacht. Die Erfindung des Fernrohrs hat
es ermöglicht, in grenzenlose Fernen vorzudringen, den Bau des
Weltalls zu erforschen, neue, früher ungekannte Welten zu
erblicken. Das Riesenfernrohr mit einem Spiegeldurchmesser von
254 cm macht Sterne sichtbar, die 140 Millionen Lichtjahre von
uns entfernt sind. Um sich vorzustellen, wie gewaltig diese
Entfernung ist, muß man sich ins Gedächtnis rufen, daß das Licht
300 000 Kilometer in der Sekunde zurücklegt; das heißt, daß
innerhalb eines Jahres das Licht eine Strecke von etwa 9,5
Billionen Kilometer zurücklegt (diese Entfernung wird in der
Astronomie als Lichtjahr bezeichnet).
Die moderne Technik rüstet den
Menschen mit immer neuen Instrumenten und Geräten aus, die die
Wahrnehmungskraft seines Sehvermögens erweitern. Das
gewöhnliche, optische Mikroskop vergrößert das Objekt
zweitausendfach. Die mächtigeren Elektronenmikroskope erzielen
eine hunderttausendfache Vergrößerung. Diese neuen Mikroskope
lassen den Blick des Menschen in die verborgenen Geheimnisse der
Natur vordringen. Mit ihrer Hilfe lassen sich die kleinsten
Lebewesen, die Viren, feststellen, die bedeutend kleiner als
Bakterien sind und verschiedene Erkrankungen der Pflanzen, Tiere
und Menschen hervorrufen. Das Elektronenmikroskop hat
beispielsweise dazu beigetragen, das Grippevirus zu entdecken,
wodurch es der Medizin möglich wurde, diese Krankheit besser zu
erforschen und erfolgreicher zu bekämpfen. Welche Rolle die
Verstärkung des menschlichen Sehvermögens durch dieses
mächtige Instrument spielt, zeigt folgende Tatsache. Dank dem
optischen Mikroskop war es gelungen, die Bakterien zu
entdecken, die die Ruhr, eine schwere Infektionskrankheit,
hervorrufen. Ihre Bekämpfung erwies sich als recht schwierig.
Die Gelehrten, die sie erforschten, stießen auf eine
interessante Tatsache:
Manchmal verschwanden im
Reagenzglas die Ruhrbakterien spurlos. Man vermutete einen
„Gegner", der sie vernichtet. Das gewöhnliche Mikroskop reichte
jedoch nicht aus, diesen Feind der Ruhrbakterien sichtbar zu
machen. Erst das Elektronenmikroskop leistete dem menschlichen
Auge diese Hilfe. Es wurden die Bakteriophagen (zu deutsch:
„Bakterienfresser") entdeckt, Mikroorganismen, die die
Ruhrbakterien vernichten. Später entdeckte man, daß es sich hier
um Viren handelt. Diese Bakteriophagen hat sodann die Medizin
mit Erfolg zur Ruhrbekämpfung verwendet.
Ebenso leistungsfähige Geräte
und Apparate hat der Mensch zur Verstärkung seines Gehörs
geschaffen. Mit Hilfe besonderer Geräte kann man das Geräusch
eines Flugzeugs auf weite Entfernung hören, ein Unterseeboot in
großer Tiefe feststellen.
Trotz der großen Bedeutung
künstlich geschaffener Instrumente und Geräte, die das
menschliche Gesicht und Gehör verstärken, spielen die
natürlichen Sinnesorgane des Menschen für die Wahrnehmung der
Welt doch die Hauptrolle. Nur dank ihnen können wir die Dinge in
unserer Umgebung wahrnehmen. Sie stellen jene „Tasten" dar,
durch deren Anschlag die Natur bestimmte Empfindungen in uns
hervorruft.
Um noch begreiflicher zu
machen, wie eine Empfindung zustande kommt, wollen wir den
Prozeß ihrer Entstehung besprechen.
Wie die Forschungen Pawlows
zeigen, besteht der Apparat, vermöge dessen eine Empfindung
entsteht, aus drei Teilen. Da sind zunächst die Sinnesorgane:
Gesicht, Gehör, Tastsinn, Geruch und Geschmack. Jeder Prozeß
einer Empfindung beginnt damit, daß Dinge und Erscheinungen
unserer Umwelt auf die Sinnesorgane einwirken. Beispielsweise
wirkt das Sonnenlicht auf das Auge; das ist der Beginn einer
Lichtempfindung. Der zweite Teil des Apparats sind die Nerven,
nämlich Nervenstränge, durch die eine im Sinnesorgan
entstandene Erregung dem Gehirn zugeleitet wird. Pawlow
vergleicht sie mit Leitungen. Jeder Nerv endet in einem
bestimmten Gehirnabschnitt, zum Beispiel
der Sehnerv im Nackenteil des Gehirns, der Gehörnerv in der
Schläfenpartie. Diese Gehirnabschnitte stellenden dritten Teil
des Apparats dar, der für das Zustandekommen der Empfindung eine
gewaltige Rolle spielt. Nachdem die Nervenerregung an das
Gehirn weitergeleitet worden ist, wird sie dort zu einer
bestimmten Empfindung verarbeitet. Beispielsweise wird die durch
die Einwirkung des Sonnenlichts auf das Auge hervorgerufene
Erregung als Licht empfunden. Auf diesem Wege entstehen die
Empfindungen.
Störungen auch nur eines Teils
dieses Apparats machen die Wahrnehmung der Dinge unmöglich. Es
genügt beispielsweise, den Sehnerv zu durchschneiden, um das
Sehvermögen zu verlieren. Es genügt, das Gehörorgan zu
schädigen, und die Wahrnehmung von Tönen wird unmöglich. Ein
gleicher Ausfall entsteht auch bei der Verletzung dieses oder
jenes Gehirnabschnitts, der die Nervenerregung zur Empfindung
verarbeitet. Es sind Fälle bekannt, in denen Kranke alle Sinne
eingebüßt haben außer dem Tastsinn. Solche Kranke befinden sich
dauernd im Schlafzustand und wachen nur auf, wenn man ihre Hand
berührt. Sobald die Reizung der Hand aufhört, fallen sie wieder
in Schlaf. Das bedeutet, daß unsere Sinnesorgane gewissermaßen
Fenster sind, durch die wir in die Welt blicken. Das Fehlen
dieser „Fenster" macht dem Menschen die Wahrnehmung der Welt
unmöglich.
Aus dem Gesagten ergeben sich
drei sehr wichtige Schlußfolgerungen:
Erste Schlußfolgerung.
Ohne Einwirkung der Umwelt auf unsere Sinnesorgane ist keinerlei
Wissen von den Dingen und Naturerscheinungen möglich. Das
bedeutet, daß die einzige Quelle unseres Wissens, unserer
Empfindungen und Vorstellungen von der Welt die materielle Welt
selbst ist, die unabhängig von unserem Bewußtsein existiert.
Unrichtig ist folglich die Behauptung der Idealisten, daß der
Mensch sich die Vorstellungen von den Dingen aus sich selbst,
aus seinem Verstand heraus schaffe.
Zweite Schlußfolgerung.
Unsere Wahrnehmungen und Empfindungen sind „Abbilder", „Kopien"
der Dinge der Außenwelt. Dieses oder jenes Ding, beispielsweise
ein Tisch, wirkt auf unsere Sinnesorgane ein, und diese
Einwirkung ruft in unserem Gehirn die Empfindung des Tisches
hervor. Folglich ist unsere Empfindung des Tisches das Abbild
des wirklichen Tisches. Das bedeutet, daß wir fähig sind, unsere
Umwelt zu erkennen, und daß wir sie auch tatsächlich erkennen.
Lenin definiert die Empfindungen als Abbilder der Außenwelt,
„die durch die Einwirkung der Dinge auf unsere Sinnesorgane
hervorgerufen werden".
Dritte Schlußfolgerung.
Als getreue Widerspiegelungen der real existierenden Dinge sind
unsere Empfindungen, Vorstellungen und Begriffe objektiv wahr.
Was ist Wahrheit? Unter
Wahrheit muß eine Vorstellung oder ein Begriff vom Gegenstand
verstanden werden, die eine getreue Widerspiegelung, eine
getreue „Kopie" dieses Gegenstandes sind.
Indem wir ein Ding erkennen,
dürfen wir unserem Begriff von ihm nichts hinzufügen, was ihm
nicht eigen ist. Wenn wir vor uns eine Birke haben, dürfen wir
nicht sagen, daß es eine Fichte sei - das wäre eine Entstellung
der Wahrheit. Wenn zwischen dem Ding und unserer Vorstellung von
ihm keine Ubereinstimmung besteht, so ist das eine Entstellung
der Wahrheit. Im Gegensatz dazu ist die Übereinstimmung
zwischen unserer Vorstellung vom Ding und dem Ding selbst,
seinen wirklichen Eigenschaften, die Wahrheit. Eine solche
Wahrheit wird objektive Wahrheit genannt, weil sie das, was
wirklich existiert, richtig widerspiegelt. Das Wort „Objekt"
bedeutet den Gegenstand der Erkenntnis, der unabhängig vom
erkennenden Menschen besteht.
Daher auch die philosophische
Bezeichnung „objektive Wahrheit", das heißt die Wahrheit,
die dem Objekt entspricht, die die Dinge und Erscheinungen
unserer Umwelt richtig widerspiegelt, ihnen nichts zuschreibt,
was diesen Dingen und Erscheinungen nicht eigen wäre.
Die Idealisten verneinen die
Existenz der objektiven Wahrheit. Ihrer Meinung nach entstehen
Empfindungen, Vorstellungen und Begriffe nicht durch Einwirkung
der materiellen Natur auf die Sinnesorgane, auf das Gehirn des
Menschen, sondern unabhängig von der Umwelt. Wenn dem so wäre,
so besäßen Empfindungen und Begriffe-vom Standpunkt der
idealistischen Philosophie aus - rein subjektiven Charakter, das
heißt, der Mensch selber oder, was das gleiche ist, das Subjekt
verliehe ihnen einen Inhalt nach seinem Belieben.
Natürlich ist die Leugnung der
objektiven Wahrheit mit Wissenschaft und praktischer Tätigkeit
unvereinbar. Die Erkenntnis der wirklichen Wahrheit, keiner
erdachten, ist gerade deshalb wichtig, weil jene allein uns
hilft, die Natur mit Erfolg umzugestalten, sie unseren
Bedürfnissen zu unterwerfen, das gesellschaftliche Leben zu
verändern.
Trügen die von der
menschlichen Erkenntnis entdeckten Wahrheiten nicht objektiven
Charakter, das heißt, spiegelten sie die Wirklichkeit nicht
getreu wider, so wäre Wissenschaft und wissenschaftliche
Erkenntnis eine völlig nutzlose Sache.
Somit haben wir festgestellt:
Die uns umgebende Welt ist erkennbar; unsere Wahrnehmungen,
Empfindungen und Begriffe von den Dingen sind
Widerspiegelungen, Abbilder, Kopien der real existierenden Dinge
selbst; die Erkenntnis ist fähig, objektive Wahrheiten zu
liefern, und liefert sie auch.
Jetzt entsteht eine neue, sehr
wichtige Frage: Wie erkennen wir unsere Umwelt, auf welchem Wege
geht die Erkenntnis der objektiven Wahrheit vor sich?
Editorische
Hinweise
M. Rosental:
Was ist marxistische Erkenntnistheorie?, Berlin 1956, S. 14-22
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