Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Baugeschichte
Leseauszug aus: Der Verlust der Urbanität im Städtebau

von Heide Berndt

02/2018

trend
onlinezeitung

Die Verstädterung der Gesellschaft in Europa war eine Leistung des bürgerlichen Kapitalismus. Die dem Kapitalismus innewohnende Tendenz zur ständigen Ausweitung der Produktion bedingte die Ein­führung industrieller Fertigungsweisen. Da die maschinell serien­mäßige Gütererzeugung sich ab billiger und rentabler erwies als vorangegangene Produktionsweisen wurde sie unter dem Konkur­renzdruck der einzelnen Kapitalisten allgemein eingeführt. Die Indu­strialisierung veränderte das Gesicht der Städte entscheidend; sie verschob das Gleichgewicht, das bis dahin zwischen ländlicher und städtischer Produktion bestanden hatte. Während beim alten Ver­lagssystem ein Teil der überschüssigen landwirtschaftlichen Arbeits­kräfte auf dem Lande selbst beschäftigt wurden, mußten nun die Arbeitskräfte zu den Standorten der neuen Fertigungsbetriebe wandern, sei es, weil diese entweder an ihre Rohstoff- und Energie­quellen (Erz, Kohle) gebunden waren, oder, wenn es sich um weiter­verarbeitendes Gewerbe handelte, daß diese auf Siedlungen ange­wiesen waren, in denen sich eine bereits handwerklich vorgebildete Bevölkerung befand. Der Prozeß der Verstädterung wurde in Eng­land durch Enteignungen der Kleinbauern und Kätner beschleu­nigt(4). Ob es sich um reine Industrieansiedlungen (wie die Städte im Ruhrgebiet und in den englischen Midlands) handelte oder um alte Hauptstädte, die von der Industriealisierungswelle ergriffen wurden: das Wachstum der neuen Ansiedlungen vollzog sich in völlig unge­regelten Bahnen und führte zu ästhetisch abstoßenden und gesund­heitlich gefährlichen Zuständen.

Der größte Teil des Städtebaus lag damals in Händen von sog. „jerry-builders", Spekulantengruppen, die für die zuwandernden Industriearbeiter extrem billige und schlechte Reihenhäuser errich­teten, die viel Gewinn einbrachten. Wohntechnisch gesehen mögen diese Häuser nicht schlechter gewesen sein als die Katen, aus denen die Zuwanderer stammten; städtebaulich gesehen waren sie jedoch verheerend, weil ihnen sämtliche gemeinschaftliche Einrichtungen wie Wasserversorgung, Müllabfuhr und Entwässerung fehlten und sie daher zu einem Herd für Infektionen und Seuchen wurden, die auch die bürgerlichen und aristokratischen Viertel bedrohten. So wurde in England die Verabschiedung des ersten Public Health Act (1848), der für den Wohnungsbau ein gesetzliches Mindestmaß an hygienischen Einrichtungen verlangte (Anschluß an Kanalisation) durch eine Choleraepedemie beschleunigt. Diese öffentlichen Leistun­gen des Bürgertums waren immer Kompromisse zwischen verschie­denen bürgerlichen Gruppen selber. Diejenigen, die an den unmit­telbaren Profitchancen des Grundstücksmarktes interessiert waren, duldeten keinerlei Gesetze, die ihr privates Verfügungsrecht irgend­wie eingeschränkt hätten; andere Gruppen sahen die Notwendig­keit öffentlicher Befugnisse auf dem Wohnungssektor ein, weil sie in dem Nutzen, den die ganze Gesellschaft davon hatte, auch den mittelbaren Nutzen der bürgerlichen Klasse identifizierte(5). Für den letzteren Fall sind die Arbeiten von Haussman der Beleg.

Haussman begann den Umbau von Paris (Mitte des 19. Jahrhun­derts) unter sehr günstigen juristischen Bedingungen. Ein Gesetz erlaubte die Enteignung sämtlicher Bauten, die in den Umkreis von Straßenarbeiten fielen. Dieses Gesetz wurde durch die Bestimmung ersetzt, daß Enteignungen durch einfachen Beschluß der Exekutiv­gewalt durchzuführen seien. Dadurch bekamen lobbyistische Ein­flüsse, die unmittelbaren Interessen von betroffenen Hauseigen­tümer, die Oberhand. Die Hausbesitzer gaben sich nicht nur mit der Entschädigung für den Realwert ihrer Gebäude zufrieden, sondern verlangten auch für die Wertsteigerungen, die sich durch die Ver­besserungen der Stadtstruktur (vor allem durch die Arbeiten Hauss-man's) ergeben hatten, Entschädigung. Haussman beklagte sich bitter über diese rechtlichen Zustände, die es ermöglichten, daß ein großer Teil der Pariser Steuergelder von einer kleinen Schicht von Grund­besitzern in Form hoher Enteignungsentschädigungen angeeignet wurde und seine Pläne oft behinderten. Hätte er nicht einen sehr starken persönlichen Einfluß gehabt, so wären viele seiner Pläne gescheitert.

In dem Werke Haussmans spiegelt sich die fortschrittliche wie auch die fragwürdige Seite der bürgerlichen Stadtplanung wider: die Zerstörung des alten Paris und zugleich die Errichtung einer funktionsgerechteren, gesünderen und geräumigen Stadt. Paris integrierte während dieser Zeit einen Bevölkerungszuwachs von 1,2 Millionen auf 2 Millionen. Aber die Zerstörung des alten Paris diente nicht nur als Rechtfertigung für verkehrstechnische Probleme; die Breite der neuen Boulevards war auch als Maßnahme gegen die revolutionären Aufstände der Pariser Arbeiterschaft geplant. Die Auflockerung sollte Verbarrikadierungen vereiteln und dem Militär bei Straßenkämpfen leichteres Durchgreifen ermöglichen(6). In sei­nem zwiespältigen Charakter ist das Werk Haussmans eine der typischen Leistungen des Bürgertums, die Schumpeter mit „schöpfe­rischer Zerstörung"(7) bezeichnet. Durch Haussman wurde Paris zur „Hauptstadt des 19. Jahrhunderts"(8). An seinem Beispiel versuchten sich verschiedene europäische Hauptstädte zu orientieren, aber diese Bemühungen blieben wegen der Hindernisse, die sich aus der kapita­listischen Bodenordnung ergaben, meist auf halbem Wege stecken. Oft wurden nur historische Stadtteile unwiderbringlich zerstört, ohne daß ein Gewinn in der Gesamtgestaltung der Stadt erreicht worden wäre(9).

Im wesentlichen erfolgte das Wachstum der Städte planlos und zeigte deutlich die Fehler der bürgerlichen Gesellschaft: mangelnde Integration und Elend der Industriearbeiterschaft. Die Sichtbarkeit der gesellschaftlichen Nachteile des bürgerlichen Kapitalismus in den Städten wurde von der bürgerlichen Sozialkritik als unmittelbare Laster des Stadtlebens kritisiert. Die von den bürgerlichen Schichten entwickelte Stadtfeindschaft ist die auf Epiphänomene verdrängte Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft selbst, und auch eine Ab­wehr gegenüber den politischen Forderungen der von der bürger­lichen Gesellschaft ausgebeuteten Arbeiter. Sehr deutlich wird dies in den Schriften von Riehl, dessen dreibändiges Werk: „Natur­geschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Sozialpolitik" sehr hohe Auflagen erzielte. Das Fazit seiner sozialpolitischen Erwä­gungen gipfelt in der Forderung, die Einführung des allgemeinen Stimmrechts zu verhindern, damit die Arbeiterschaft ihre politischen Ziele nicht wahr machen könnte.

Riehl, der für seine sozialpolitischen Studien ausgedehnte Reisen in Deutschland unternommen hatte, machte die Erfahrung, daß das Proletariat in den Städten seine Lage in der Gesellschaft nicht länger „naturgeschichtlich" interpretierte, sondern auf revolutionäre Ände­rung der Gesellschaft drängte: die Abschaffung der ausbeuterischen kapitalistischen Produktionsverhältnisse; ein Vorhaben, in dem Riehl ganz zu Recht einen Anschlag auf bürgerliche Interessen erblickte. Wegen ihrer politischen Forderungen verdammte er die Arbeiter­schaft samt den Städten, in denen sie hauste, in Grund und Boden(10). Es spricht für Riehls Scharfsinn, daß er erkannte, daß der groß­städtische Lebensstil als solcher Bewußtseinsformen fördert, die auf­geweckter und kritischer sind als die einer frommen Landbevölke­rung; intellektuelle Offenheit störte ihn auch am „Weltbürgertum", das er dem Sozialismus näher verwandt sah als dem „echt konser­vativen deutschen Bürgerstande"(11).

Die kollektive Verdrängungsleistung des Unbehagens an der bür­gerlichen Gesellschaft bestand aber erst eigentlich in der Eliminie­rung der politischen Dimension der Stadtfeindschaft. An Stelle einer bewußten politischen Motivierung (wie bei Riehl) verselbständigte sich Stadtfeindschaft zu einer Lebenshaltung. Zwar ist diese noch weitgehend mit einem bewußt konservativen Habitus verbunden, muß es aber nicht sein. Als Wegbereiter solcher ideologischen Ver­schiebungen ist T ö n n i e s zu betrachten. Obwohl er sich selbst als Vorkämpfer der Emanzipationsrechte der Arbeiter sah, war er doch ein glühender Verehrer des Landlebens und malte dementsprechend den „Communismus" als konservative Utopie(12). Diese Verfeinerung der Ideologie, die Abhebung von unmittelbaren Interessenstand­punkten, wird politisch gefährlicher, weil sie schwerer durchschau­bar ist und durch Anreicherung mit utopisch hoffnungsvollen Inhal­ten auch leichter zur Manipulation politisch noch nicht klar artiku­lierter Wünsche mißbraucht werden kann.

II

Wie sehr auch heute bewußt konservative Politik mit „Lebensstil­fragen" operiert, — und nicht nur der Faschismus — wurde in jüngerer Zeit durch eine Gemeindeuntersuchung von Vidich und B e n s m a n illustriert(13). Springdale, eine dörfliche Ansiedlung im Staate New York, zeichnete sich durch betonten „Community spirit" (Gemeinschaftsgeist) aus, der jedoch, wie sich im Verlauf der Unter­suchung ergab, von einem tiefsitzenden Gefühl der Angst und Unsicherheit gespeist war und außerdem der Realität, in der es scharfe Gegensätze zwischen verschiedenen Gruppen in der Ge­meinde gab, durch einen falschen Anspruch von Gemeinschaft wider­sprach. Die direkte Abhängigkeit der Gemeinde von staatlicher Unterstützung und die indirekte von den kulturellen Leistungen der Großstadt wurde von den Spingdalern in sehr ambivalenter Weise verarbeitet. Zum einen wurden die Realitäten, soweit sie den priva­ten Lebenskreis unmittelbar berührten, richtig wahrgenommen (so in der Frage der Subventionen für das Schulwesen, für Straßenbau und landwirtschaftliche Produkte); zum andern versuchten die Be­wohner das Gefühl der Abhängigkeit durch Projektionen auf die angeblichen Schlechtigkeiten und Gefahren des Stadtlebens zu ver­leugnen. Die Betonung der Gemeinschaftlichkeit in der kleinen An­siedlung war eine Reaktionsbildung auf die Unentrinnbarkeit der Gesellschaft, in der es sehr wohl scharfe Differenzen zwischen den Schichten gab und viel blockiertes Aufstiegsstreben. Diese Gefühle werden von den Parteien im Wahlkampf ausgebeutet: auf dem Land wird Großstadtfeindschaft gepflegt, um über die fade gewordenen Romantizismen und Enttäuschungen des Landlebens wegzutrösten; in der Stadt werden Idylle des Landlebens aufgebaut, um von den realen Problemen der Gestaltung des städtischen Lebens abzulenken und einen scheinbar intakten gesellschaftlichen Bereich außerhalb der Großstädte zu inszenieren(14). Gemeinsam ist diesen ideologischen Bemühungen der Aufwertung des Land- und Kleinstadtlebens der Versuch der Harmonisierung gesellschaftlicher Interessenkonflikte.

Ein solcher Kurzschluß des politischen Denkens findet sich schon in den Programmen der fortschrittsfreudigen Kathedersozialisten (Oppenheimer, Rodbertus, Schaffle). Für sie lag die Lösung der „sozialen Frage" in der Bodenreform. In den Städten sollte der Privatbesitz an Grund und Boden abgeschafft und zugleich jeder Familie die Möglichkeit der Selbsterhaltung durch eigenen Grund­besitz gegeben werden. Vor allem sollte es keine Bodenspekulation mehr geben. Damaschke, wohl der bekannteste Vertreter der Bodenreform, erhoffte durch sie die Neutralisierung des Klassen­gegensatzes: „Das ist der Friede zwischen Sozialismus und Indi­vidualismus: die Grundrente sozialen Eigentum, Kapital und Arbeit 20 aber der freien individuellen Verfügung anheimgegeben." (15) Auf dem Papier schien diese Forderung ein glänzender Kompromiß; die ge­nossenschaftliche Verwaltung des Bodens und die Sozialisierung der Grundrente sollte genug abwerfen, damit nicht nur eine geringe Schicht von Bürgern, sondern alle Menschen reich würden.

Im Grunde hatten sich auch schon die utopischen Sozialisten ähn­lichen Hoffnungen hingegeben. Owen plante seine sozialistische Mustersiedlung als genossenschaftliches Eigentum (im Sinne einer ländlichen Produktionsgemeinschaft)(16); Fourier, dessen Pläne zu einer Neuen Stadt die Owen'sche Mustersiedlung an Phantasie bei weitem übertrafen, sah seine Phalansteres ebenfalls auf landwirt­schaftlich-genossenschaftlicher Basis entstehen(17). In diesen utopi­schen Entwürfen steckte die Vorstellung, daß Klassenverhältnisse, beseitigt werden könnten, wenn man nur die herrschende Schicht davon überzeugen konnte, daß die von den Utopisten vorgeschlage­nen Lebensformen für sämtliche Mitglieder der Gesellschaft besser und nützlicher seien(18). Engels hatte in einem Pamphlet 1872 die politischen Fehler der Frühsozialisten kritisiert und zugleich die Unwirksamkeit der Bodenreform in bezug auf eine tatsächliche Gesellschaftsreform nachgewiesen(19).
Engels wandte sich in seiner Schrift „Zur Wohnungsfrage" vor allem gegen Proudhons Gleichsetzung von Vermieter mit Kapi­talist und Mieter mit Arbeiter. „Die Wohnungsnot der Arbeiter und eines Teils der Kleinbürger unserer modernen großen Städte ist einer der zahllosen kleineren, sekundären Übelstände, die aus der heutigen kapitalistischen Bauweise hervorgehen."(20) Nach der) Wertlehre von Marx, derzufolge nur menschliche Arbeit neue Werte schafft, kann beim Wohnungsvermieten kein Profit durch Mehrwert
entstehen, sondern nur durch einfachen Betrug. Beim Mietkontrakt handelt es sich um ein „gewöhnliches Warengeschäft" zwischen Bür­gern, nicht aber um die kapitalistische Aneignung unbezahlter Arbeit (die alleinige Quellen kapitalistischen Mehrwertes). In der Marx'schen Definition heißt Kapital vor allem „Kommando über die unbezahlte Arbeit anderer". Wenn also der Arbeiter ein Häuschen selbst besitzt, so ist er dadurch noch kein Kapitalist geworden, sondern ist immer noch Arbeiter geblieben(21). Nicht das Sparen aufs eigene Häuschen empfiehlt Engels zur Lösung der Wohnungsfrage, sondern die „Expropriation der Expropriateure". Es gehe nicht darum, den gesellschaftlichen Reichtum auf eine neue herrschende Schicht zu übertragen, sondern kollektiv anzueignen: „Gerade wie die Abschaf­fung des Grundeigentums nicht die Abschaffung der Grundrente ist, sondern ihre Übertragung an die Gesellschaft"(22). Die Wiedereinfüh­rung des individuellen Eigentums an der Wohnung im Sozialismus hält Engels für einen Rückschritt, denn: „erst das durch die moderne große Industrie geschaffene, von allen ererbten Ketten, auch von denen, die es an den Boden fesselten, befreite und in den großen Städten zusammengetriebene Proletariat ist imstande, die große soziale Umgestaltung zu vollziehen, die aller Klassenausbeutung und aller Klassenherrschaft ein Ende machen wird."(23) Engels sagt, daß Hausbesitz bei Arbeitern von bürgerlichen Gruppen gewünscht sei, weil die Arbeiter durch die Bindung an Besitz stärker an ihre Arbeitsverhältnisse gekettet und ihr revolutionäres Bewußtsein ge­schwächt werde. Aus diesem Grunde bauten die kapitalistischen Betriebe auch Arbeiterwohnungen, die damit ins Anlagekapital der Firmen mit eingingen(24). Die bürgerliche Stadtplanung im Sinne Haussmans sei ebenfalls kein Mittel, das der Wohnungsnot lang­fristig ein Ende bereiten könnte, solange es in der Gesellschaft Klas­sengegensätze gebe. Durch Abbruch alter Viertel würden die Elends­quartiere nicht verschwinden, sondern an anderen Stellen neu ent­stehen(25).

Anmerkungen

4) Dieser Vorgang wurde von Marx, K.: Das Kapital, Bd. 1, in Kap. 24: „Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation", S. 751 ff. folgendermaßen dargestellt: Die feudalen Lehens- und Abhängigkeitsverhältnisse wurden in kapitalistische Arbeitsverhältnisse umgewandelt, indem das Titulareigentum zu Privateigentum erklärt wurde. Die Hintersassen bekamen ihr Lehen entzogen und das Land wurde für Monokulturen genutzt. Durch diese „Landreform" wurden sehr viele ländliche Arbeitskräfte freigesetzt.

5) Die Anfänge des modernen Städtebaus sind sehr gut dargestellt bei Benevolo, L.: Geschichte der Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 1. — München 1964, S. 80 ff.

6) ebd., S. 119 f. Auch Walter Benjamin hat auf die militärische und politische Bedeutung der Breite der Haussman'schen Boulevards hinge­wiesen.

7) Schumpeter, J. A.: Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie. Bern 1950 (amerikanisch zuerst 1942), Kap. 7.

8) Benjamin, W.: Illuminationen. Ausgewählte Schriften. Frankfurt S. 185 ff. Dort auch die Passagen über Haussman

9) Benevolo, op. cit, S. 130: vor allem in den Erweiterungsplänen von Barcelona und Stockholm gelang keine befriedigende Nachahmung der Pariser Neuerungen. Es wurden lediglich wertvolle alte Bausubstanzen unwiderbringlich vernichtet.

10) Riehl, W. H.: Die Naturgeschichte des Volkes als Grundlage einer deutschen Sozial-Politik, Bd. 1: „Land und Leute" (9) Stuttgart 1894 (1.Aufl. 1853), S. 96: „In den letzten Jahren aber ließ sich's nicht mehr übersehen, daß gerade dieses von Regierungswegen künstlich erzeugte Proletariat der künstlichen Städte das gesunkenste und zügelloseste von allen sei. Es fehlte ihm nur noch die Macht." Und Seite 104: „Das allgemeine Stimmrecht würde die bereits angebahnte Übermacht der großen Städte über das Land vollenden... Die Herrschaft der Großstädte wird zuletzt gleichbedeutend mit der Herrschaft des Proletariats."

11) ebd. S. 95.

12) Tönnies, F.: Gemeinschaft und Gesellschaft. Abhandlung des Communismus und des Socialismus als empirischer Culturformen. Leipzig 1887.

13) Vidich, A. und Bensmann, J.: Small Town in Mass Society. Class Power, and Religion in a Rural Community. Princeton 1958.

14) op. cit, S. 104: „It is thus through the mass media that the negative reactions to mass society of both the rural and urban dweller are linked; and it is as sets of similar responses to the negative aspects of urbanism that both urban and rural dwellers find a common symbolic meeting ground."

15)  Damaschke, A.: Die Bodenreform. Grundsätzliches und Geschicht­liches zur Erkenntnis und Überwindung der sozialen Not. Berlin (3) 1903, S. 52.

16)  Owen, R.: A New View of Society. Glencoe (III.) o. J. (Faks. Reprod. der 3. Aufl. von 1817) Owens Musterfarmen waren als Erziehungsanstalten gedacht.

17)  Fourier, Ch.: Theorie der vier Bewegungen und allgemeinen Be­stimmungen. Frankfurt 1966. Im Vorw. S. 10 ff. heißt es, daß Fourier zur Realisierung seiner neuen Siedlung, den Phalansteres in den letzten Jah­ren seines Lebens täglich mittags um 12 Uhr in seiner Wohnung wartete, daß ein sehr reicher Geldgeber käme und seine Pläne zur neuen Stadt in die Wirklichkeit umsetzte.
18) Marx, K.: Manifest der kommunistischen Partei, zit. nach Früh­schriften, Hg. S. Landshut, Stuttgart 1953, S. 557: „Sie wollen die Lebens­lage aller Gesellschaftsmitglieder, auch der bestgestellten, verbessern. Sie appellieren daher fortwährend an die ganze Gesellschaft ohne Unterschied, ja vorzugsweise an die herrschende Klasse. Man braucht ihr System ja nur zu verstehen, um es als den bestmöglichen Plan der bestmöglichen Gesellschaft anzuerkennen."

19)  Marx-Engels-Ausgabe, Berlin (Ost) 1962, Bd. 18, S. 213, 287.

20) ebd., S. 214.

21) ebd., S. 240.

22) ebd., S. 282.

23) ebd., S. 220. Der sozialpolitische Sinn dieser Maßnahme wurde früh von der Arbeitgeberseite erkannt. Vgl. dazu die Denkschrift von Steinhauer, G.: Gartenstadt Margarethenhöhe. 50 Jahre Margarethe-Krupp-Stiftung für Wohnungsfürsorge in Essen. Essen 1956, S. 29: „Wollen die Fabrikherren ihre Arbeiter seßhaft machen, so müssen sie diese Sorge übernehmen. Der Wohnungsbau ist einfach ein Gesetz des neu organisierten Erwerbslebens."

24) Engels, op. cit, S. 247, besonders wenn die Arbeitsstätte ländlich war.

25) ebd., S. 260.

Editorische Hinweise

Der Leseauszug wurde entnommen aus: Das Argument 44, 9. Jahrgang, September 1967, S.264-270. Der komplette Aufsatz kann im Argument-Archiv gelesen werden.