„Was sag ich meinem Kollegen morgen im
Betrieb?“ war früher schlechthin die Frage mit der Polit-Praktiker
in die Diskussion eingriffen, um solche theoretische Einsichten zu
delegitimieren, die Grundsatzfragen linker&radikaler Politik
berührten. Seitdem sich die linksradikalen Kräfte in ihre selbst
geschaffenen Nischen verkrochen haben, steht radikale Theorie wieder
höher im Kurs. Jedoch ist das alte Kosten/Nutzen-Denken damit nicht
verschwunden. Ganz im Gegenteil, der praktische Zweck linksradikaler
Theoriearbeit soll allein auf die Wiedererlangung sozialer
Bewegungsfähigkeit abgestellt sein und daran gemessen werden. So
bieten z.B. die
sogenannten
GlobalisierungsgegnerInnen und ihre Diskurse ein anschauliches
Bild davon, wie die Theorie als „Magd der Praxis“ (Lenin)
zugerichtet wird.
Die
Nachtgespräche im Partisan.net - es gab bisher vier gut besuchte
Abende mit wildwüchsiger Streitkultur - verstehen sich als das ganze
Gegenteil von solch einem mechanistischen Theorie/Praxisverhältnis.
Dort geht es nicht nur um den Widerstreit von Meinungen, gewichtet
nach ihren Unterhaltungswert, sondern vor allem um das
In-die-Welt-Setzen
von theoretischen Einsichten verbunden mit der Gefahr, sich mit
einem Gegenargument auseinandersetzen zu müssen.
Für die Nachtgespräche im März sind die Leute von
B.O.N.E. eingeladen. Sie
werden versuchen, einen Demokratiebegriff zu formulieren, der sich
auf die Bedingungen einer befreiten Gesellschaft bezieht. Wir sind
erwartungsvoll auf ihre Thesen gespannt, lehnen wir doch ebenso wie
B.O.N.E. auf Über- und Unterordnung basierende Machtstrukturen ab
und können von daher an einer rot-roten Landesregierung absolut
nichts Fortschrittliches entdecken, außer dass der gewöhnliche
Geschäftsgang des Kapitalismus nun von einem Personal
betreut wird, dem der Geruch anhängt, sie
seien irgendwie sozial drauf.
Wir wollen auch nicht verhehlen, dass wir „Antideutsches“ bisher
deswegen im trend verbreitet haben, weil ihre Protagonisten in der
Theoriearbeit den Hauptzweck sahen. Jedoch sind jene, die sich um
die Bahamas scharen, derzeit dabei, diesen Hauptzweck über Bord zu
schmeißen. Nachdem man seit dem 11.9.2001 politische Praxis auf der
Straße als Kriegspromotion betreibt, folgt nun offensichtlich in
diesem Monat die
Gründung einer bundesweiten politischen Organisation.
Nicht damit zu verwechseln die antideutschen ISFler, deren Kongress
Antideutsche Wertarbeit wir gerne ankündigen.
Aber auch hier neigen wir dazu, unsere Sympathie dadurch zum
Ausdruck zu bringen, dass wir die dazu passende Kritik von Seiten
der Wildcats
»Neue Deutsche Wertkritik«
gleich mitliefern.
Dass theoretische Erkenntnisse, die nicht unmittelbar an einer
spezifischen Praxis ausgerichtet sind und von daher kein zeitnahes
Verfallsdatum kennen, dennoch keine Allgemeinplätzchen enthalten
müssen, zeigt der Aufsatz "... Gehen Sie nicht
über los, ziehen Sie nicht 4000 Mark ein ..." von
Robert Hamm.
Wir wünschen uns, das uns weiterhin noch viele solcher Artikel
zugesandt werden.
Viel Spaß beim Lesen der Nr. 3-02. |