Demokratischer Kollateralnutzen:
kein Grund für Bushkrieg

von Günter Langer

03/03
 
 
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Eindeutige Meinungsumfragen in fast allen demokratischen Ländern, gewaltige Demonstrationen weltweit, Mehrheiten in der UNO, was benötigen wir noch, um zu verhindern, dass eine selbsternannte neokonservative Avantgarde einen Krieg gegen eine brutale Diktatur vom Zaume bricht, der nach aller Voraussicht mehr Schaden als Nutzen bringen wird? Präsident Bush erklärt seinen Landsleuten allen Ernstes, sie würden vom Hussein-Regime unmittelbar bedroht. Die US-Medien unterstützen den aggressiven Kurs der eigenen Regierung mehr als sie ihn infrage stellen. US-Bürger werden im militaristischen Geist bearbeitet, als ob sich das Land mitten in einem Weltkrieg befände.

Die Iraker wären vermutlich nur zu gern befreit von ihrer eigenen Führung. Warum also nicht einer Intervention zustimmen zugunsten eines „demokratischen Kollateralnutzens“?

Positiv wäre: Der Sturz einer der brutalsten Diktaturen, die mögliche Entwicklung der Demokratie im Irak mit Ausstrahlungskraft auf die gesamte Region. Zukünftige Opfer des Regimes bleiben uns erspart. Und unaussprechbar: Kontrolle der immensen ölvorräte, weniger Abhängigkeit vom fundamentalistischen Saudi-Staat.

Dagegen spricht: Zu viele Unbeteiligte, Zivilisten, Frauen und Kinder etc., ja sogar zu viele eigene und feindliche Soldaten würden sterben müssen. Die angebliche Gefahr, die von Iraks Massenvernichtungswaffen ausgeht, also dem offiziellen Kriegsgrund, ist (fast) nicht existent. Beweis: die überzeugung der US-Militärs, dass diese Waffen in dem bevorstehenden Krieg praktisch keine Rolle spielen werden. Die Demokratiebringer sind wenig glaubwürdig, denn bislang sind sie in der nahöstlichen Region eher als Demokratieverhinderer aufgetreten. Der Irak und Kuweit waren britische Kolonien, die Demokratie wurde im Iran mit Hilfe der CIA gestürzt und das reaktionäre Saudi-Regime konnte sich immer auf die USA stützen. öl-, Rüstungs- und geostrategische Interessen rechtfertigen kein Blutvergießen.

Weiter: Die "neokonservative Kriegspartei", so nennt der traditionskonservative Kolumnist Pat Buchanan die Bush-Truppe, besteht personell fast ausnahmslos aus öl- und Rüstungsmanagern. Können wir erwarten, dass sie ihre lukrativen Interessen an der Regierungsgarderobe abgelegt hätten? Wohl kaum. Ihre intellektuellen Ratgeber predigen seit dem letzten Golfkrieg unter Bush Sr. ganz ungeniert das „imperium americanum“. Mit anderen Worten, es geht nicht mehr nur um Dominanz in der Welt, sondern um Herrschaft.

Conclusio: Die Welt, mit Ausnahme einiger Weniger, setzt dieser Strategie verhaltenen Widerstand entgegen. Keine Nation will im ewigen Vasallenstatus der letzten im klassischen Sinne imperialistischen Super- oder besser Hypermacht enden müssen. Deutschland und insbesondere Frankreich versuchen das Mittel der Schwachen, die Einbindung des Starken in das internationale Recht. Ungefährlich ist das nicht. So witzelt bereits Jay Leno, Moderator der NBC-Tonight-Show: „ Wir sind dem Krieg einen Schritt näher gekommen - mit Frankreich und Deutschland“.

Editorische Anmerkungen

Der Autor schickte uns seinen Artikel im Februar zur Veröffentlichung. Weitere Texte und Links zum Thema befinden sich auf der von ihm moderierten Website unter www.members.partisan.net/sds/i-current-clashes.html sowie bei
Eva Quistorps Initiative: www.berlin-declaration.org