point.gif (43 Byte)
Nr. 03-04
Notausgabe
5. März 2004

9. Jahrgang online

point.gif (43 Byte)

zurück zur Titelseite

Spanische Bischöfe und die Frau

Vom
Sekretariat Presse und Propaganda, CNT Cornellá
 

Nach den unglücklichen Erklärungen unseres hochgeschätzten [spanischen, Üs.] Episkopats bezüglich der Mißhandlung von Frauen, wurde vom Sekretariat für Presse und Propaganda ein Antwortschreiben und eine Erklärung zur Verbreitung in unseren Medien aufgesetzt.

Die Prostituierte ist der Prototyp der stigmatisierten Frau. Sie wird mit dem Wort "Hure" bezeichnet und gleichzeitig entehrt. Nun aber bezieht sich diese Wort nicht allein auf die Prostituierten, es ist ein Etikett, das jeder beliebigen Frau angeheftet werden kann. Das kennzeichnende Adjektiv der Hure ist "unkeusch", und unkeusch wird definiert als: "illegalen oder unmoralischen sexuellen Beziehungen hingegeben; Mangel von Reinheit, Jungfräulichkeit, Schicklichkeit, Mäßigung und Naivität; befleckt (d. h. beschmutzt, korrumpiert)." Wir gelangen zu dem Schluß, daß jede beliebige Frau (aber kein Mann) sozial und kulturell als Hure stigmatisiert werden kann, wenn ihr sexuelles oder soziales Betragen den Mustern des soziokulturell Korrekten nicht genügt. Diese Muster des Betragens innerhalb der Schicklichkeit werden, in der westlichen Welt, durch das Christentum markiert.

Der Mangel an Keuschheit der Frauen wird ein Zeichen des Makels, der Schmutzigkeit und damit sexueller Verfügbarkeit. Diese manichäische Sicht der "Frau als rein oder andernfalls von allen geteilt", dokumentiert im 15. Jahrhundert (Rossiaud, 1978) und auch heutzutage noch gültig, dient dazu, männliche Gewalt gegen sogenannte unkeusche Frauen zu rechtfertigen und diesen Frauen die Schuld für jeglichen Mißbrauch zuzuschieben, den sie erleiden können. Somit kann eine Frau, der das Stigma "Hure" verpaßt wird, vergewaltigt, angegriffen und ermordet werden und wird dabei noch als Komplizin ihrer eigenen Vernichtung betrachtet. So kümmern oder schmerzen Mord oder Mißbrauch an Prostituierten oder Frauen mit einem solchen Stigma die herrschende Gesellschaft überhaupt nicht, sondern sie vergrößern die öffentlichen Distanzierung von den "Huren" und verstärkt die Vorstellung, daß der Mangel an Keuschheit ein Verbrechen ist, das die Todesstrafe oder zumindest die Erniedrigung verdient.

In diesen Begriffen hat sich die Bischofskonferenz ausgedrückt, um zu argumentieren, daß die Ermordung von Frauen durch ihre Männer (Ex-Männer o. ä.) und sexueller Mißbrauch von Frauen und Kindern das Ergebnis der Trennung zwischen Heirat, Liebe und Sex sei, und sie gibt der sexuellen Revolution der Frauen die Schuld am patriarchalen Terrorismus. Aber das bischöfliche Dokument läßt die Gelegenheit nicht aus und fährt gleich fort zu erklären, daß der Mann, der durch diese sexuelle "Befreiung" der Frauen gekennzeichnet sei, ein "debiles Subjekt, von Impulsen mitgerissen" sei, womit sie sich auf die Vorstellung versteifen, die zeitgenössischen Eva, die sündige Frau, stünde im Gegensatz zum ebenfalls zeitgenössischen Adam, der ein Opfer ihrer macchiavellischen Verschwörungen sei.

Die Bischofskonferenz (die außerdem in ihrem missionarischen Eifer noch weiter geht und diese Doktrin in der Schule verankern möchte) stigmatisiert als Huren alle Frauen, oder die, die an dieser sexuellen Revolution teilhaben, und macht sie für ihr eigenes Unglück verantwortlich. Dieses Dokument folgert und erweitert die ultrakonservativen Bilder, die schon Manuel Fraga erwähnte, als er von einem Bürgermeister sprach, der wegen Mißbrauchs einer Minderjährigen verurteilt worden war, indem er vor einigen Tagen sagte, daß diese Tat verursacht worden sei durch das momentane Lebensklima der "bedingungslosen Abtreibungen, freien Liebe und Konkubinatspaare".

Sicher ist, daß diese Argumente bewußt oder unbewußt von großen Teilen der Bevölkerung akzeptiert sind, daß sie definitiv im sozialen Bewußtsein verankert sind und daß das die Fronten sind, an denen neue Ideen nötig sind. Es ist schmerzlich, daß wir schon wieder damit konfrontiert sind, daß die Bischofskonferenz Druck auf StaatsanwältInnen und VertreterInnen der öffentlichen Meinung macht, wobei sie ihre Kanzeln noch weiter überschreiten und verbal die halbe Weltbevölkerung angreifen, die Frauen.

Zuletzt sollte noch gesagt werden, angesichts dieser Reihe böswilliger Beleidigungen, daß die Liebe entweder frei ist oder gar nicht, und daß das, was sie verteidigen, etwas anderes ist; es ist eine Vereinigung auf der Grundlage der Unterwerfung und der Folter, und das, meine Herren Bischöfe, ist keine Liebe.

 


Editorische Anmerkungen
Max Brym schickte uns seinen Artikel mit der Bitte um Veröffentlichung Ende Februar 2004.

nach oben