Jahrelang wurde den
Beschäftigten im Öffentlichen Dienst immer mehr zugemutet:
-
Längere Arbeitszeiten,
-
Keine Tariferhöhungen, nur
Einmalzahlungen
-
Massive Abstufungen für Neueintritte
und Stellenwechsel durch den TVÖD
-
Dazu noch Spartentarifverträge z. B.
im Transportsektor, wo zusätzlicher Verzicht beschlossen
wurde.
Schon bei der Aufstellung der
Tarifforderung wurde deutlich, dass aus dieser Unzufriedenheit
auch die Kampfbereitschaft wächst. Die verdi-Spitze hatte alle
Hände und Münder voll zu tun, die Forderung auf 8 % zu
begrenzen. Diese Kampfbereitschaft beschränkt sich aber nicht
auf den Öffentlichen Dienst.
Sie wurde schon beim Lokführerstreik
deutlich und zwar sowohl bei den KollegInnen selbst wie auch bei
der überwältigenden Unterstützung in der arbeitenden Bevölkerung
für diesen Ausstand. Sie zeigt sich aktuell auch im
Einzelhandel, wo mit einem Mehrfachen an Engagement gekämpft
wird als in früheren Tarifrunden.
Kampfbereitschaft
alleine reicht nicht!
In den letzten Jahren mussten wir oft
genug die Erfahrung machen, dass die Kampfbereitschaft der
Belegschaften oder in der arbeitenden Bevölkerung nicht
ausgebaut und nicht genutzt wurde.
Hunderttausende, die gegen Sozialabbau,
Hartz oder die Rente mit 67 auf die Strasse gegangen waren,
wurden von den Gewerkschaftsspitzen wieder nach Hause geschickt
- ohne Anleitung, wie der Kampf verschärft, wie die Bewegung
verbreitert, wie z.B. ein Generalstreik gegen den Generalangriff
vorbereitet werden könnte. Aber jedeR konnte sehen, dass gegen
die vereinigte Front von Kapital und Regierung einmalige
Meinungsbekundungen nicht reichten.
Kampfbereite Belegschaften durften zwar
Aktionen machen, manchmal sogar streiken, aber, ob Opel Bochum
oder AEG, es gab keine konzernweiten Kampfaktionen, Streiks, die
wirklich das Management unter Druck gesetzt hätten.
Auch der letzte Tarifkampf im Öffentlichen
Dienst hat gezeigt, dass die verdi-Führung nicht willens war,
überall maximal zu mobilisieren, sondern dass sie im Gegenteil
mit Branchentarifverträgen und dem TVÖD die Beschäftigten
gespalten hatte.
Kontrolle über den
Kampf
Über den Charakter dieses Tarifkampfes
darf man sich keinen Illusionen hingeben: es geht im Kern nicht
um die Frage, ob „der Aufschwung bei den Menschen ankommen soll“
oder es sinnvoll wäre, die Massenkaufkraft zu erhöhen. Es geht
auch nicht nur um leere Kassen der „Öffentlichen Hand.“
Es geht nach wie vor um den Generalangriff
auf die gesamte Arbeiterklasse, auf dass sich das deutsche
Kapital im internationalen Wettbewerb gegenüber der Konkurrenz
besser positionieren kann. Die Reallöhne aller Beschäftigten
müssen dafür ebenso gesenkt werden wie die Kosten für Krankheit,
Rente und Arbeitslose.
Für einen wirklichen Erfolg ist zweierlei
nötig: eine breite Mobilisierung der Arbeiterklasse - auch der
über die vom Tarif Betroffenen hinaus - und dass die
Beschäftigten selbst die Kontrolle über den Kampf in eigene
Hände nehmen. Dazu schlagen wir vor:
-
Einleitung der
Urabstimmung! Unbefristeter Vollstreik für die Durchsetzung
der Forderungen! Keine Geheimverhandlungen! Kein Abschluss,
keine Aussetzung von Aktionen ohne vorherige Diskussion und
Beschlussfassung unter den Gewerkschaftsmitgliedern!
-
Kontrolle und Führung des Kampfes
durch von der Basis gewählte Streikkomitees und
Streikleitungen, die dieser rechenschaftspflichtig und von
dieser jederzeit abwählbar sind!
Einheit der Klasse
Viele FunktionärInnen in den
Gewerkschaften sind darauf getrimmt, die Forderungen möglichst
banal und unpolitisch zu halten, damit niemand verschreckt wird.
Für Zeiten des Generalangriffs des Kapitals ist das Gegenteil
richtig: keine Gruppe kann für sich alleine gewinnen!
Damit alle sehen, dass es in diesem
Tarifkampf nicht nur um den Inflationsausgleich für die
öffentlich Bediensteten geht, müssen die gesellschaftlichen
Fragen mit aufgenommen werden. Was tun wir gegen die Demagogie,
dass die Löhne der öffentlich Beschäftigten die Kosten für die
restliche Bevölkerung erhöhen würden?
Wir schlagen vor, die Wiedereinführung der
Vermögenssteuer zu fordern sowie die Beschlagnahme aller
hinterzogenen Steuern der Kapitalisten und großen
Vermögensbesitzer. Die Privatisierung des Öffentlichen
Nahverkehrs und anderer Unternehmen des Öffentlichen Dienstes
muss gestoppt und rückgängig gemacht werden. Damit verbunden
werden muss auch die Forderung nach einem besseren und
kostenlosen Öffentlichen Nahverkehr - bezahlt aus den Profiten
der Unternehmen und kontrolliert von Beschäftigten und KundInnen.
Ähnliches gilt für Kinder- und Altenbetreuung und das
Gesundheitswesen.
Direkt mit dem Tarifkonflikt im ÖD können
diejenigen Dispute im Einzelhandel und im Kfz-Handwerk verbunden
werden. In beiden Branchen wurden alle Tarifverträge gekündigt.
Bisher hat aber die Führung der IG Metall bei zufälligem
Zusammentreffen von Tarifrunden mit denen anderer Gewerkschaften
gemeinsame Aktivitäten boykottiert. Bei einer Führung unter
Huber, der auch den Eisenbahnern die Solidarität verweigerte,
wird von allein keine Änderung kommen.
Einer wirklichen Gegenoffensive werden
alle die im Weg stehen, die diese Angriffe mit begleitet haben,
weil sie statt auf Arbeitersolidarität lieber auf
Standortsicherung und Co-Management setzen; die auch dafür waren
und sind, die Lohnnebenkosten zu senken, was Rente mit 67 und
Hartz IV bedeutet; die Lohnsenkungen vereinbart haben, um die
„Arbeitsplätze zu sichern“, wobei diese trotzdem verloren gehen
wie bei Nokia.
Deshalb ist eine klassenkämpferische,
oppositionelle, antibürokratische Basisbewegung in den
Gewerkschaften nötig, die nicht nur für selbstständige
Initiativen an der Basis kämpft und für branchenübergreifende
Solidarität, sondern auch gegen die Klassenzusammenarbeit der
Betriebsrats/Personalratsfürsten und Gewerkschaftsbonzen. Die
dies auch deshalb kann, weil sie klarmacht, dass die Macht der
Unternehmer letztlich gebrochen werden muss, wenn der Weg in
Armut und Krise gestoppt werden soll. Eine Bewegung, die nicht
auf den nächsten Aufschwung hofft und sich beklagt, dass er
nicht ankommt, sondern die auf den Kampf gegen den Kapitalismus
setzt!
Editorische
Anmerkungen
Den Flugi-Text erhielten wir durch
die ARBEITERMACHT-INFOMAIL,
Nummer 349 vom 24.2.2008
zur Veröffentlichung