Der Streik
der BVG-Beschäftigten ist die einzig richtige Antwort auf die
Provokation des rot-roten Senats.
Nach Jahren
des Lohnverzichts, der Arbeitsverdichtung soll jetzt – geht es
nach Sarazin, Wowereit oder Wolf – die Spaltung der KollegInnen
bei der BVG weiter vorangetrieben werden.
Wowereit
fordert zynisch ein „Einlenken“ von ver.di, nachdem unter seiner
Regie Lohnkürzungen, Ausstieg aus Tarifverträgen und
Privatisierungen massiv vorangetrieben wurden.
Wie weit die
Partei DIE LINKE, einmal an der Regierung, von jeder linken oder
auch nur „sozialen“ Politik entfernt ist, zeigt sich schon
darin, dass sie die Löhne und Gehälter der FahrerInnen bei der
BVG – rund 1.400 Euro netto – allen Ernstes als
„Westprivilegien“ hingestellt hat.
In
Wirklichkeit kämpfen die Beschäftigen der BVG wie zuvor die
LokführerInnen, wie aktuell die Beschäftigten im gesamten
Öffentlichen Dienst und im Einzelhandel, ja wie alle
Lohnabhängigen für ein Ende des permanenten Verzichts der
letzten Jahre. Diese Entwicklung hat bekanntlich in Verbindung
mit Preissteigerungen und der Mehrwertsteuererhöhung zu massiven
Einkommensverlusten bei der Masse der Bevölkerung geführt.
Der SPD/LINKEN-Senat,
die Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus, die Presse von
Springer bis Tagesspiegel und die Unternehmerverbände sind sich
alle einig, dass die Streikenden „Berlin in Geiselhaft“ nehmen
würden. Diese Senatspfeifen, die ansonsten Schulen und
öffentliche Einrichtungen kaputt sparen, machen sich Sorgen,
dass Kinder und Jugendliche nicht zu Schule kommen. Auch daran,
dass wir Freunde nicht so besuchen können, sollen nicht
permanente Fahrpreiserhöhungen, sondern ausschließlich der
BVG-Streik schuld sein.
Dass diese
unseelige Allianz aus Senat, Abgeordnetenhaus, Unternehmern und
Medien so hetzt, zeigt vor allem zwei Dinge. Erstens, dass diese
Allianz die Interessen der Herrschenden in diesem Land vertritt
– der Kapitalisten, der Besitzer des Reichtums, die ihre Politik
des Generalangriffs auf alle Beschäftigten, Hartz- und
Agenda-Gesetze ungebremst fortsetzen wollen. Zweitens zeigt es,
dass die Beschäftigten bei der BVG mit dem Streik einen
richtigen Schritt getan haben, um dieser unheiligen Allianz Weh
zu tun. Streik, Arbeitsniederlegung, Klassenkampf – das ist die
einzige Sprache, die sie verstehen, das ist das einzige
Argument, das wirklich zählt.
Politische Auseinandersetzung
Die
provokante Haltung des Senats bei der BVG hat – wie auch jene
der „Arbeitgeber“ im Öffentlichen Dienst – einen Grund. Für
Bund, Länder, Kommunen geht es darum, den neoliberalen Kurs der
letzten Jahre fortzusetzen, den Generalangriff auf die
Lohnabhängigen, der mit Agenda 2010 und Hartz-Gesetzen forciert
wurde, weiter voranzutreiben. Für die Herrschenden geht es um
mehr als ein paar Prozente, für sie geht es darum, die
Wettbewerbsfähigkeit und Expansionspläne des deutschen Kapitals
weiter zu stärken – dazu gehört auch, die ArbeiterInnen und
Angestellten runter zu drücken und auch jeden Teilerfolg gegen
diese Offensive zu verhindern.
Daher ist
auch klar, dass der BVG-Tarifkampf noch recht lange dauern kann.
Aber er kann gewonnen werden, gerade wenn er auch als
politischer Kampf betrachtet wird.
Dazu ist es
notwendig, den Kampf für höhere Löhne mit dem Kampf gegen die
Privatisierung zu verbinden, für ein rationales
Nahverkehrskonzept unter Kontrolle von Beschäftigten und
NutzerInnen. Das heißt u.a. kostenloser Nahverkehr, Ausbau von
Linien, Neueinstellungen und Arbeitsverkürzung – bezahlt aus den
Profiten der Unternehmer und großen Vermögensbesitzer!
Dazu ist es
notwendig, den Streik mit dem Kampf im gesamten Öffentlichen
Dienst zu verbinden! Schluss mit der Schlichtung und den leeren
Versprechungen! Für den gemeinsamen unbefristeten Vollstreik im
Öffentlichen Dienst! Für die Verbindung der Lohnforderungen mit
der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung und Stopp aller
Privatisierungen!
Nachdem in
den letzten Jahren bei der BVG wie im gesamten Öffentlichen
Dienst Einkommen, Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten immer
schlechter wurden, hat jetzt auch die ver.di-Spitze bei der BVG
auf Arbeitskampf umgeschaltet. Doch nach den Erfahrungen der
letzten Jahre ist Vorsicht geboten. Ein offensives politisches
Konzept gegen den Generalangriff, ein Versuch, die Lohnkämpfe
zusammenzuführen und mit anderen Branchen wie dem Einzelhandel,
der sich im Moment auch in einer wichtigen Tarifrunde befindet,
zu verbinden fehlt.
Das ist kein
Wunder. Die ver.di-Führung sieht sich nach den Erfolgen der GDL
aber auch nach dem ständigen Nachgeben der letzten Jahre
gezwungen, radikaler aufzutreten. Den radikaleren Worten müssen
aber auch radikale Taten folgen:
-
Unbefristeter Streik bei der BVG! Vollstreik im Öffentlichen
Dienst!
-
Politisierung der Tarifrunde: Nein zu allen Privatisierungen!
Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
-
Kostenloser Öffentlicher Nahverkehr, bezahlt aus
Unternehmerprofiten und unter Kontrolle von Beschäftigen und
NutzerInnen!
Das heißt
auch, dass die Streikenden selbst über den Arbeitskampf
entscheiden müssen: Keine Geheimverhandlungen! Keine Aussetzung
des Streiks bei Verhandlungen und ohne vorherige Diskussion und
Abstimmung unter den Streikenden!
Dazu sind
regelmäßige Streikversammlungen, wie Wahl und Abwählbarkeit der
Streikleitungen und deren Rechenschaftspflicht gegenüber der
Basis notwendig!
Gegen die
Desinformation und Hetze der Presse ist eine öffentliche
Kampagne nötig, um die Bevölkerung zur Solidarität zu gewinnen,
die sich nicht nur auf Lohnforderungen beschränkt, sondern sich
auch gegen Privatisierungen wendet und für einen kostenlosen
Nahverkehr eintritt. Für Solidaritätsaktionen der anderen
Gewerkschaften in den Betrieben und auf der Straße!
Der Streik
bei der BVG kann, gemeinsam mit dem Arbeitskampf im Öffentlichen
Dienst, mehr werden als eine Tarifauseinandersetzung. Er kann
zum Beginn einer
Gegenoffensive der Lohnabhängigen, der Arbeitslosen und aller
von Sozialabbau Betroffenen werden.
Die Spitzen
des DGB, der SPD und auch der LINKEN stehen dem im Wege, weil
sie immer wieder den Widerstand gebremst und demobilisiert haben
- zugunsten von Standortsicherung und Co-Management.
Deshalb ist
eine klassenkämpferische, oppositionelle, antibürokratische
Basisbewegung in den Gewerkschaften nötig, die nicht nur für
selbstständige Initiativen an der Basis und für
branchenübergreifende Solidarität kämpft, sondern auch gegen die
Klassenzusammenarbeit der Betriebs- und Personalratsfürsten und
Gewerkschaftsbonzen.
Basisbewegung
Diese
Basisbewegung muss klarmachen, dass die Macht der Unternehmer
letztlich gebrochen werden muss, wenn der Weg in Armut und Krise
gestoppt werden soll. Diese Bewegung darf nicht auf den nächsten
Aufschwung hoffen oder sich beklagen, dass er nicht ankommt. Sie
muss gegen den Kapitalismus insgesamt ankämpfen!
Hinter den
Auseinandersetzungen in den Tarifrunden steckt eine
Auseinandersetzung mit dem Kapital. Es geht daher immer auch um
die Frage der politischen Konzeption des Abwehrkampfes, der
politischen Führung; es geht um eine längerfristige politische
Perspektive und Strategie, kurz: um die Frage des Aufbaus einer
neuen, revolutionären Arbeiterpartei.
Editorische
Anmerkungen
Den Flugi-Text erhielten wir durch
die ARBEITERMACHT-INFOMAIL,
Nummer 352 vom 13. März
2008
zur Veröffentlichung