27.02.09 - Mitte Februar erhielten
eine Kollegin und ein Kollege der IG Metall Essen,
Kandidaten der MLPD/Offene Liste zur Bundestagswahl, eine
Einladung der IG Metall Essen zu einem Gespräch wegen ihrer
Kandidatur. Zu diesem Vorgang stellte uns der Kreisverband
Essen der MLPD einen Offenen Brief vom 24. Februar zur
Verfügung, den wir dokumentieren:
"Lieber Bruno Neumann,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir haben mit Verwunderung und Empörung von der
Einladung der IGM-Verwaltungsstelle an Yazgülü
Kahraman-Meister (VK-Leiterin der IGM bei Kennametal-Widia und
Delegierte der IGM-Vertreterversammlung) und Horst Dotten
(Betriebsrat und IGM-Vertrauensmann bei ECS) gehört, in der
Kollege Neumann indirekt ein Gewerkschaftsausschlussverfahren
androht, weil Yazgülü und Horst auf der Offenen Liste der MLPD
zur Bundestagswahl kandidieren. Ja, haben wir denn keine
anderen Sorgen?
Es kann wohl nicht Euer Ernst sein, ausgerechnet am
Beginn der seit Jahrzehnten tiefsten Weltwirtschaftskrise eine
solche antikommunistische Spaltung in die Essener
Arbeiterschaft und IG Metall zu tragen!
Heute kritisiert fast jeder die hemmungslose Profitgier
des Kapitalismus – und Ihr greift die Kollegen an, die den
Kapitalismus nicht nur kritisieren, sondern abschaffen und
durch den echten Sozialismus ersetzen wollen!
Heute beteiligen sich Zehntausende, auch
Gewerkschafter, am Kampf gegen Schäubles Überwachungspläne,
die Empörung über Spitzelaffären bei der Deutschen Bahn oder
Telekom erfasst Millionen – und Ihr schickt Euch an, eine
Gesinnungsschnüffelei zu initiieren, die der McCarthy-Ära oder
den Berufsverboten der 70er-Jahre zur Ehre gereicht hätte!
Heute brauchen die Belegschaften Geschlossenheit,
Zusammenhalt und Kampfkraft, wenn schon heute an die 6.000
Kolleginnen und Kollegen in 176 Essener Betrieben in
Kurzarbeit sind, neue Massenentlassungen beginnen und
Lohnabbau droht – und wir müssen uns alle gemeinsam auf
härtere Kämpfe, Streiks und Massendemonstrationen für die
Arbeiterinteressen einstellen.
Warum seid Ihr da nicht stolz auf die
Einheitsgewerkschaft aller antifaschistischen politischen
Strömungen? Nehmt Euch doch mal ein Beispiel an den
Montagsdemonstrationen, die überparteilich, demokratisch und
solidarisch zusammenarbeiten. Und die die politische und
weltanschauliche Auseinandersetzung und Diskussion auch mit
der revolutionären Linken gemeinsam und als Bereicherung
austragen!
Euer letzter Gewerkschaftstag hat mit seinem Votum klar
zum Ausdruck gebracht, dass er die Meinung vertritt, dass die
Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegenüber linken Parteien, die
inzwischen fast ausschließlich die MLPD betreffen, sofort
abgeschafft werden müssen. Die Antragskommission erklärte,
dass das Votum des Gewerkschaftstages völlig richtig ist, und
dass der Vorstand im Rahmen seiner Richtlinienkompetenz dies
umzusetzen habe.
Wenn Ihr jetzt Horst und Yazgülü mit
Gewerkschaftsausschluss bedroht, stellt Ihr Euch nicht nur
über die vorherrschende Meinung des Gewerkschaftstages,
sondern macht Euch auch zum direkten Handlanger der
Unternehmer. Sie sind die einzigen, die von Spaltung der
Arbeiterbewegung und einem Ausschluss klassenkämpferischer
Kolleginnen und Kollegen profitieren.
Die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ist ein
grundlegendes Koalitionsrecht, das unabhängig von der
Parteizugehörigkeit und der Weltanschauung auf
antifaschistischer Grundlage jeder Arbeiterin und jedem
Arbeiter zusteht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ihr wisst selbst, dass Horst und Yazgülü mit zu den
aktivsten Gewerkschaftern in ihren Betrieben gehören und
langjährige Funktionäre der IG Metall sind und viele
Mitglieder für die IGM gewonnen haben.
Ihr wisst selbst, dass die Diskussion über den
Sozialismus zur Arbeiterbewegung gehört wie das Amen in die
Kirche. Bruno – hör’ auf mit dieser Einschüchterung!
Setzt Euch mit uns zusammen, die antikommunistischen
Unvereinbarkeitsbeschlüsse gegenüber linken Organisationen
bzw. der MLPD in der IG Metall endlich abzuschaffen!
Nehmt entsprechend dem klaren Auftrag des
Gewerkschaftstages die ausgeschlossenen Kollegen Arnold
Aschenbrenner, Gregor Bihl, Stefan Engel und Jupp Frerkes
wieder auf!
Für eine kämpferische, starke und wirklich
überparteiliche Einheitsgewerkschaft"