Betrieb & Gewerkschaft
Nicht nur Glanz und Glamour
Ein Rückblick auf eine sozialpolitische Intervention auf der diesjährigen Berlinale

von Peter Nowak

03/10

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Am 20. Februar ging die diesjährige Berlinale mit einer Gala zu Ende. Aber nicht allen war zum Feiern zumute. Zeitgleich startete eine Demonstration, auf der über 600 Personen für Gewerkschaftsfreiheit und gegen prekäre Arbeitsbedingungen in der Kinobranche eintraten. Sie startet um 18 Uhr am Potsdamer Platz und endet am Kino Babylon in Berlin-Mitte.

Dort haben sich die Beschäftigten seit  Monaten für den Abschluss eines Haustarifvertrages eingesetzt und wurden dabei von der anarchosyndikalistischen Freien Arbeiterunion (FAU) unterstützt.  Ihr wurden im Rahmen einer einstweiligen Verfügung untersagt, sich als Gewerkschaft zu bezeichnen. Mittlerweile drohen FAU-Sekretären Ordnungsgelder  und sogar Haft, weil sie nach Ansicht der Babylon-Geschäftsführung gegen die Einstweilige Verfügung verstoßen habe. Diese direkte Drohung ist nach einem aktuellen richterlichen Beschluss nicht mehr akut.

FAU-Sekretär Lars Röhm  sieht die in internationalen Konventionen festgelegte Koalitionsfreiheit der Beschäftigten verletzt. Deshalb gehörte die Forderung nach der Gewerkschaftsfreiheit zu den zentralen Forderungen der Demonstration.        

Ein mittlerweile von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit der Babylon-Geschäftsführung abgeschlossener Haustarifvertrag wird von Röhm kritisiert. Gerade die Teilzeitbeschäftigten, die sich in den letzten Monaten besonders für den Abschluss eines Haustarifvertrags im Kino eingesetzt hatten, drohen leer auszugehen. Sie sollen einen neuen Arbeitsvertrag unterschreiben, in dem die Arbeitszeit auf 10 Stunden die Woche begrenzt wäre und Nebentätigkeiten trotzdem genehmigungspflichtig sind,  moniert Röhm.  Bisher verweigert ein Großteil der Kinomitarbeiter die Unterschrift unter den neuen Vertrag.   Die  Berlinale bedeutete für die Babylon-Beschäftigten zusätzliche Einbußen. Dann verrichten speziell eingestellte Service-Kräfte die Arbeiten im Kino.  
      
Blick hinter die Kulissen

Für Röhm steht das Kino Babylon nur stellvertretend für die prekären Arbeitsbedingungen in der Kinobranche, die auf der Demonstration zum Gegenstand der Kritik werden sollen.  

„Während Stars und Sternchen sich im Glanze und Glamour der Berlinale feiern lassen, herrschen hinter den Kulissen trübe Zustände“, meint  der Gewerkschafter.  Schon  in den vergangenen Jahren wurden  die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Rahmen der Berlinale angesprochen.   Unter dem Motto „verdi goes Berlinale“ hatte die Dienstleistungsgewerkschaft  im Jahr 2003 gemeinsam mit den Verbänden der Filmschaffenden und dem gewerkschaftlichen Projekt connexx.av auf dem Potsdamer Platz das Cafe verdinale eingerichtet, in dem sich Mitarbeiter über ihre Rechte informieren konnten.  Im Jahr 2008 organisierte das Berliner Mayday-Bündnis, in dem sozialpolitische Gruppen Gegenwehr gegen prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse organisieren,  Kundgebungen vor dem Sitz der Berlinale-Leitung sowie zum Abschluss eine Gala der prekären Kulturarbeiter.   Das Resümee der Organisatoren war durchwachsen. Das Medieninteresse an der Aktion sei enorm gewesen, auch viele Beschäftigte hätten sich positiv geäußert. Doch mit einer Organisierung hätte es gehapert.  „Viele äußerten die Unzufriedenheit mit ihren Arbeitsbedingungen, aber auch die Hoffnung, in einigen Jahren einen besser bezahlten Job zu bekommen“, so Mayday-Sprecherin Hannah Schuster.  Auf diese Hoffnung  wollen sich die Organisatoren der Demonstration nicht verlassen. Sei setzten auf die  Selbstorganisation der Beschäftigten in der Kinobranche.  
 

Editorische Anmerkungen

Wir erhielten den Artikel vom Autor für diese Ausgabe.