Sie waren jung, gesundheitsbewusst und hassten Drogen. Die
Rede ist von den Begründern und Protagonisten einer der wohl
verkanntesten subkulturellen Bewegungen der letzten Jahre: der
Straight Edge-Bewegung. Der Name heißt klare Linie. Für die
Edger hieß das, keine Drogen zu nehmen und sich mindestens
fleischlos, in der Regel aber vegan zu ernähren, also auf jede
tierischen Produkte in der Nahrung zu verzichten.
Diesen Anspruch nahmen die
Mittelstandskids Ernst, die Ende der 70er Jahre in den
Großstädten der USA vor allem ein Ziel hatten: vor allem nicht
in der Gosse landen. Sie grenzten sich damit von dem oft
extensiven Drogenkonsum der Subkulturen ab, die sie selber
kannten. Denn zu dieser Zeit war der Gebrauch dieser Mittel -
anders als noch Ende der 60er Jahre- nicht mehr mit Befreiung
der Sinne sondern mit dem oft gar nicht so romantischen Leben
der regelmäßigen Drogenkonsumenten verbunden.
Als Reaktionen auf diese
Erfahrungen entwickelt sich eine Subkultur, die auf
Drogenfreiheit, ein gesundes Leben und auch auf konservative
Werte setzt. Die in Münster lebenden Filmemacher Marc
Pierschel und Michael Kirchner haben sich in ihren Film Edge
auf eine sehr sympathische Weise mit dieser in die Jahre
gekommenen Subkultur auseinandergesetzt. Sie haben sie weder
romantisiert noch denunziert und auch mit manchen Mythen
aufgeräumt. Dazu gehört die verbreitete Ansicht, die Straight
Edge-Bewegung propagiere eine Asexualität. Doch mehrheitlich
wanden sich die Straight-Edger gegen einen häufigen
Partnerwechsel. Auch hier trafen sie in den frühen 80er
Jahren, als der Schrecken über die damals neue Krankheit Aids
groß war auch bei Jugendlichen auf offene Ohren. Leider werden
diese gesellschaftlichen Umstände, ohne die die große
Bedeutung der Edge-Bewegung nicht erklärbar ist, im Film nur
angedeutet. Dafür werden Musiker der unterschiedlichen Bands
interviewt, die der Bewegung erst die große subkulturelle
Bedeutung gaben. Die Punk Band Minor Threat , die den Begriff
Straigh Edge prägte, gehört ebenso dazu, wie der Rapper Ray
Cappo oder die Hard-Core-Combo Youth of Today, die Mitte der
80er Jahre die Edge-Bewegung mit gemeinhin links codierten
politischen Themen verband. Hierin liegt der Grund, dass diese
Subkultur bis heute junge, moralische Gymnasiasten in ihren
Bann zieht.
Rechte Edger
Dass die Edge-Bewegung aber
generell emanzipatorische Inhalte habe, ist auch einer der
Mythen, die der Film dekonstruiert. So wird mit der Band
„Terror Edge“ eine Combo vor gestellt, die für eine Strömung
steht, die den Menschen generell der Feind ist. Dieser
Antihumanismus ist auch die Grundlage für einen offen rechten
Straight-Edge-Flügel. Mittlerweile gibt es in Deutschland
innerhalb des NS-Cardhores Strömungen, die gesunde Ernährung
und den Kampf gegen Drogen mit rassistischen und
antisemitischen Ideologemen kombinieren und sich dabei auf
Ahnherren in der NS-Bewegung berufen können. Leider fehlt auch
dieser Aspekt in dem ansonsten informativen Film.
Das junge Zielpublikum wird dadurch angesprochen, dass
zwischen den einzelnen Szenen und Interviews im Film immer
wieder Internetrecherche betrieben wird. Auch die
Musikbeispiele kommen aus dem Netz. Einige Rezensenten
monieren, dass auch die Musikbeispiele auch nur von You-Tube
und My-Space kommen. Aber abgesehen davon, dass dafür
wahrscheinlich finanzielle Gründe ausschlaggebend waren,
gewinnt der Film dadurch, weil der Fokus auf die kritische
Auseinandersetzung und nicht das Konsumieren einer
Jugendkultur gelegt wird.
Editorische
Anmerkungen
Wir
erhielten den Artikel vom Autor.
EDGE - Perspectives on Drug
Free Culture, Marc Pierschel und Michael Kirchner,
Dokumentarfilm, 82 minutes, engl. OmU, miniDV, Farbe,
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