Überlegungen zur sozialen Emanzipation in Südosteuropa

von Max Brym

03/12

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Mittwoch, 1. Februar 2012Die Restauration rein kapitalistischer Verhältnisse war für alle Staaten in Osteuropa ein absolutes Katastrophenszenario. Der gegenwärtige Winter bringt tausende Menschen und Polen und Russland in Lebensgefahr. Es fehlt an Brennholz und funktionierender Heizung. Die Not und das soziale Elend sind ständiger Gast in Osteuropa. Auf der anderen Seite der Medaille leben wenige Menschen in Überfluss und Reichtum. Osteuropa wurde zur Werkbank und Ladentheke westlicher Konzerne. In Russland entstand so etwas wie eine nationale Bourgeoisie oder auch in Ungarn. Die engen Klasseninteressen dieser Bourgeoisie werden mit patriotischen Phrasen und zügellosem Rassismus unterlegt. Musterbeispiele für diese Methode sind Putin in Russland und Urban in Ungarn. Die Regime unterdrücken jeden sozialen und demokratischen Protest mit autoritären Methoden. Festzuhalten bleibt: Die Umwandlung der stalinistischen Diktaturen durch soziale Konterrevolutionen, brachten direkte Not und das Elend nach Osteuropa.

Die Besonderheiten der kapitalistischen Restauration in Südosteuropa

Der albanische Publizist Armend M Shkoza aus Kosova schreibt dazu: „Die Staaten des westlichen Balkans zahlten den höchsten Preis für die Installierung der New World Order. Der Transformierungsprozess war mit dem Verlust des Lebens von Tausenden von Menschen verbunden. Den Staaten wurde bedeutet, die Wirtschaft ihres Landes für die freie Marktwirtschaft und ungehinderte Konkurrenz zu öffnen. In Südosteuropa wurde bis dato der höchste Preis für den Übergang bezahlt.“ Neben den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens litten besonders Albanien, Bulgarien und Rumänien unter dem kapitalistischem Transformationsprozess.

In all diesen Staaten entwickelte sich eine Mafia Bourgeoisie. Kriege schufen hierzu eine wichtige Basis. In der Zeit des Bosnienkrieges war Serbien der größte Händler von Gebrauchsmöbeln auf dem gesamten Balken. Erst mit dem vorläufigem Ende des Bosnienkrieges verlor Serbien und damit das Raubrittertum diese Funktion. Die Herde von Dieben und Mördern zog weiter nach Kosova um ihre ökonomische Rolle zu behalten. Die Arkan und Tschetnik Banden wollten sich in eine Art von Bourgeoisie verwandeln. Ihre Basis waren Mord und Diebstahl. Milosevic paktierte mit ihnen, aber er selbst war mit der Staatsbürokratie verbunden, welche sich spätestens ab 1990 über die staatlichen AGs in eine Klasse von Privateigentümer verwandelte. Diese Leute geben heute in Belgrad zusammen mit den ausländischen Konzernen den Ton an. Der komplette Prozess ist unabdingbar mit dem Kosovo-Nationalismus verbunden. Ohne dieses Mittel könnten sich die Menschen in Serbien gegen das Regime aus sozialen Grausamkeiten erheben.

Albanien und Kosova

Kein Land in Südosteuropa machte Fortschritte in sozialer Hinsicht in den letzten zwanzig Jahren. Es gibt nur Initiativen, um günstige Bedingungen für die Privatisierung zu schaffen. Dazu gehören niedrige Steuern und niedrige Löhne für die ausländische Investitionen. Der Transformationsprozess brachte zum Beispiel für Albanien und Kosova zunächst eine Deindustrialisierung der Länder. Entweder wurden durch, die „Freiheit des Marktes ganze Industrien wie in Albanien entwertet, oder es wurde wie in Kosova die Aufnahme der Produktion durch die Arbeiter durch koloniale Direktiven unterbunden. In beiden Ländern ging viel an sozialem Zusammenhalt verloren. Die Kriminalität nahm enorm zu und wurde zu einer wichtigen Einnahmequelle. Die Gesellschaft teilte sich schnell in arm und reich. Jegliche soziale Grundsicherung ging in Kosova und Albanien verloren. Das Bildungssystem verkommt zunehmend zur privaten Profitquelle. All dies feierten Berisha in Albanien und Thaci, in Kosova, als Weg in die Moderne ab. Es handelt sich aber nur um die Integration in das kapitalistische Weltsystem. Letzteres sieht Albanien und Kosova als Rohstoffquelle und günstigen Produktionsstandort für einfache Produkte an.

Es gibt keine nationale Lösung

Es ist völlig gerechtfertigt wenn es Überlegungen in Albanien und besonders in Kosova gibt, die nationale Industrie vor der neoliberalen Konkurrenz zu schützen. Besonders interessant und wichtig ist es, wenn die LPV in Kosova, für breites gesellschaftliches Eigentum an den nationalen Industrien eintritt. Es wird ein Plan angemahnt, um die Industrie in die Breite zu entwickeln. Solche Überlegungen müssen voll unterstützt werden, denn sie dienen den Interessen der Arbeiter, der Armen und der Bauern. Zurückzuweisen sind allerdings jene „Wirtschaftsexperten“ in Albanien und Kosova welche einen Kapitalismus mit „ menschlichem Antlitz“ predigen. Diese Balkankenesyaner glauben an einen stabilen Kapitalismus. Diesen gelte es nur durch schlaue Kopfkonstruktionen zu entwickeln. Diese Leute denken in absurden Kategorien. Der Kapitalismus fällt auf der ganzen Welt immer tiefer in die Rezession. In Gesamteuropa werden massiv soziale Rechte abgebaut. Es wird ganz bestimmt in Kosova und Albanien, keine soziale Insel geben. Dazu gibt es nur die Alternative des bedingungslosen Antikapitalismus. Dieser Antikapitalismus setzt voraus jegliche Form der Privatisierung in wichtigen gesellschaftlichen Betrieben abzulehnen. Schluss mit freiem Mark und Konkurrenz. Die Arbeiter müssen Räte bilden, um auf demokratische Art und Weise die Produktion zu lenken und zu planen. Es müssen alle ausländischen Konzerne entschädigungslos enteignet werden und der Außenhandel muss gesichert werden. Das ist der nationale Aufgabe im Klassenkampf in Kosova und Albanien. Dieser Kampf ist aber sofort auch ein internationalistischer Kampf. In Europa wird die Frage immer lauter gestellt, ob es eine Alternative zu Sozialabbau und Neoliberalismus gibt. Immer mehr Jugendliche, Arbeiter und Intellektuelle führen soziale Kämpfe durch. Ein wichtiges Mittel der Herrschenden ist es überall den Nationalismus, Rassismus und Kolonialismus zu befördern. Dies ist besonders auch am Balkan der Fall. Der Kampf um soziale Emanzipation in Kosova und Albanien ist ab sofort als internationalistische Sache zu begreifen. Auch die nationale Frage in Kosova, der Kampf gegen jede Form von Kolonialismus kann nur durch das Verständnis und die solidarische Haltung der serbischen Arbeiterklasse gewonnen werden. Der Kampf um soziale und nationale Befreiung ist eine Klassenfrage und somit mit dem Internationalismus verbunden. Jeder soziale Kampf in Kosova, Rumänien oder Bulgarien muss sich zwingend internationalisieren um erfolgreich zu sein.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Artikel für diese Ausgabe.