TREND spezial: Bundespräsidentenwahl

Klarsfeld for GDR – GDR for Klarsfeld

von Antonín Dick

03/12

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Dass die DDR mit den drei blutigen Einigungskriegen für die falsche Einheit Deutschlands von 1870/71, mit der Schlachtbank des deutschen Kaisers von 1914 bis 1918 und dann mit der Vernichtung ganzer Völker durch Hitler zwischen 1939 und 1945 radikal gebrochen hatte, wirft ihr jetzt Deutschlands Rechte nachträglich vor, betrachtet man deren Feldzug gegen Beate Klarsfeld im Zusammenhang mit ihrer von den Linken getragenen Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten.

Die linksgerichtete Westberlinerin Beate Klarsfeld hatte mit der Ohrfeige für das ehemalige NSDAP-Mitglied und einstigen Bundeskanzler Georg Kiesinger vor aller Augen deutlich gemacht, was die Bundesrepublik Deutschland auch in ihrem Selbstverständnis bis 1968 darstellte: einen Nachfolgestaat des reaktionären Deutschen Reiches. Und sie hat wie Simon Wiesenthal und wie die DDR darum gerungen, dass NS-Kriegsverbrecher ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. „Ohne das Engagement von Frau Klarsfeld“, schrieb in ihrer Ausgabe vom 13. 3. 2012 die FAZ, „wären die früheren Gestapoführer Lischka und Klaus Barbie wohl nicht vor Gericht gekommen. Klarsfeld und ihr Mann hatten 1971 versucht, Lischka in Köln zu entführen, um ihn der französischen Justiz auszuliefern. Die deutsche Justiz hatte über Jahrzehnte unter Berufung auf eine später geänderte NS-Täter stark begünstigende Rechtslage die Strafverfolgung abgelehnt. Barbie, der Schlächter von Lyon, war seit Mai 1966 einige Monate als Agent des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bolivien geführt worden. Erst Mitte der achtziger Jahre wurde er an Frankreich ausgeliefert. “

Jetzt wirft ihr Deutschlands Rechte vor, sie hätte von der DDR 2000 Westmark für ihre antifaschistische Tätigkeit erhalten. Heute zahlte der Verfassungsschutz (VS) an Tino Brandt, den Gründer des „Thüringer Heimatschutzes“, aus dem die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ hervorgegangen ist, 200.000 EURO. Der ehemalige DDR-Bürger und Vizepräsident des Bundestages Wolfgang Thierse bezeichnete die V-Leute des VS zu Recht als „staatlich bezahlte Provokateure und Straftäter.“ Und wer ist der Hauptgeldgeber der Staatskasse? Doch wohl nicht zuletzt die geschmiert laufenden Konzerne der BRD, die im Grunde nichts weiter sind als Nachfolgekonzerne der NS-Kriegswirtschaft.

Der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt denunziert nun die Antifaschistin Klarsfeld als „frühere DDR-Marionette“, der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring als „Helfershelferin für eine von der SED bezahlte PR-Aktion.“ Und woher hatte die wirtschaftlich schlecht gestellte DDR dieses Geld? Ebenfalls aus der Staatskasse. Und was war deren Grundstock? Doch wohl nicht zuletzt Geld derselben Konzerne, nur mit dem feinen Unterschied: Die DDR hatte diese blutbesudelten Monster kurzerhand enteignet und verstaatlicht.

Zum Schluss noch dieser nicht von der Hand zu weisende Vergleich: Joachim Gauck, der Gegenkandidat zu Beate Klarsfeld, ist Sohn eines Offiziers der NS-Kriegsmarine. Bisher ist nichts darüber bekannt geworden, dass sich der Bundespräsidentenkandidat der CDU, CSU und FDP gründlich mit der innerfamiliären Tradition im Zusammenhang mit dem NS-Staat auseinandergesetzt hätte. Die Internationalistin Beate Klarsfeld dagegen hat auch familiär mit der deutschen Tradition gebrochen: Sie zog in Frankreich zusammen mit ihrem Mann Serge Klarsfeld, einem Verfolgten des Naziregimes und Überlebenden des Holocaust, zwei Kinder auf.

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