trend sonderthema:  Der XX. Parteitag der DKP

DKP: Krise bei den Wasserträgern für die Sozialdemokratie
Auf der Suche nach dem „fortschrittlichen“ Flügel der Bourgeoisie

Auszug aus einem Kommentar der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands

03-2013

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...Die Opposition in der DKP kritisiert am Parteivorstandsantrag, dass dieser den Hauptgegner nicht zu benennen wisse, den „deutschen Imperialismus“. In der Stellungnahme des oppositionellen Berliner Landesverbandes der DKP vom 2. September heißt es dann dazu richtig: „In der Einschätzung der EU wird das ,imperialistische Deutschland‘ … als ,„Vorreiter“‘ einer ,reaktionären Politik‘ in der EU charakterisiert. Diese Einschätzung ist im Kern falsch. Alle jüngsten Entwicklungen in der EU bestätigen die Einschätzung, dass die EU ein Instrument in den Händen des deutschen Imperialismus ist, um seine ökonomische und politische Vorherrschaft in der EU auszubauen und er nutzt die EU-Schuldenkrise, um den Ausbau seiner Vorherrschaft in der EU zu beschleunigen.“ Mit seiner grundlegenden Unterstützung der EU bezieht der DKP-Parteivorstand eine Seite mit dem deutschen Imperialismus bei dessen nunmehr dritten Versuch in der Geschichte, Europa unter seinem Stiefel zu einen. Was sind die Konsequenzen, die die Opposition aus der Position des Parteivorstandes zieht, die man mit Lenin nur als sozialchauvinistisch bezeichnen kann?

Als die Sektionen der sozialdemokratischen Zweiten Internationale mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 offen auf die Seite ihrer jeweils eigenen Bourgeoisie überliefen, zog Lenin daraus die Schlussfolgerung, dass der Bruch mit den Sozialchauvinisten die Vorbedingung für jegliche weitere revolutionäre Arbeit sei und erklärte die Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen, von Opportunisten befreiten Dritten Internationale. Bei allem Mäkeln am Vorstand will die Opposition in der DKP um den Berliner Landesverband von einem politischen Kampf für ihre Position allerdings nichts wissen, sie bleibt – obwohl es um eine prinzipielle Position geht – eine handzahme Opposition.

Die Opposition redet davon, das Klassenbewusstsein in die Arbeiterklasse hineintragen zu wollen. Aber wie soll das gehen, wenn die eigene Partei nicht einmal darin übereinstimmt, wer der Klassenfeind ist? Wir Trotzkisten rufen auf zum Klassenkampf gegen den deutschen Imperialismus. Solidarität mit den griechischen Arbeitern heißt Klassenkampf im eigenen Land. Wir lehnen die EU vom Standpunkt des proletarischen Internationalismus als ein imperialistisches Bündnis grundsätzlich ab. Seit ihren Anfängen in den 1950er-Jahren richteten sich die EU und ihre Vorläufer gegen den degenerierten Arbeiterstaat Sowjetunion und die deformierten Arbeiterstaaten Osteuropas. Nach der Konterrevolution Anfang der 90er-Jahre wurde die EU zu einem vom deutschen Imperialismus dominierten Konsortium der europäischen Bourgeoisien zur besseren Konkurrenz gegen die imperialistischen Rivalen und zur verschärften Ausbeutung der Arbeiterklasse Europas. Aufgabe von Revolutionären war es immer, diese Allianz europäischer Imperialisten zu bekämpfen. Deshalb sagen wir klipp und klar: Nieder mit der imperialistischen EU! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Im Einklang mit dem Eintreten für eine wie auch immer reformierte EU wollen Teile der DKP der „Europäischen Linken“, einem Zusammenschluss diverser sozialdemokratischer Organisationen wie der Linkspartei, beitreten. Die Opposition dagegen beruft sich auf die griechische Kommunistische Partei (KKE), die für den Austritt Griechenlands aus NATO und EU ist. Weiterhin hat die KKE selbstkritisch ihre Politik des Aufbaus „,linker‘ Bündnisse in den Jahrzehnten von 1950 und 1980“ kritisiert und vor den Wahlen deutlich gemacht, dass sie nicht in eine Koalitionsregierung eintreten will. Die KKE behauptet, die Lehren aus ihrer verfehlten Bündnispolitik gezogen zu haben und schreibt:

Aus den Erfahrungen der Bündnispolitik hat die KKE wertvolle Schlüsse gezogen und hat auf keinen Fall die Absicht, ähnliche Fehler zu wiederholen.“ („Zwischen zwei schwierigen Kämpfen“, 23. Mai 2012)

Auf dieser Basis gab unsere griechische Sektion, die Trotzkistische Gruppe Griechenlands (TGG), der KKE bei den letzten Wahlen kritische Wahlunterstützung. In dem Aufruf vom 5. Juni 2012 heißt es:

Unser Wahlaufruf für die KKE bei dieser Wahl ist eine Anwendung der Taktik der kritischen Unterstützung, die Lenin 1920 in Der ,linke Radikalismus‘, die Kinderkrankheit im Kommunismus dargelegt hat. Wir unterstützen zwar die Kandidaten der KKE, aber wir haben grundlegende programmatische Differenzen. Unser Programm ist proletarisch, revolutionär und internationalistisch. Die KKE hingegen biedert sich an griechischen Nationalismus an, das Haupthindernis beim Aufbau einer revolutionären Partei in Griechenland. Ihre Perspektive der ,Volksmacht‘ löst das Proletariat – die einzige zum Sturz des Kapitalismus fähige Klasse – in ,das Volk‘ auf und verwischt die wesentliche Spaltung der kapitalistischen Gesellschaft, die Klassenlinie.“ („Wählt KKE! Keine Stimme für Syriza!“, Spartakist Nr. 194, Juli 2012)

Wie die TGG auch schrieb, war die jahrzehntelange Praxis der KKE kein Fehler,

sondern Verrat, der sich aus ihrem stalinistischen Programm ergibt. Trotz der Weigerung der KKE, sich gegenwärtig an einer Koalitionsregierung zu beteiligen, hat sie politisch nicht mit dem Programm gebrochen, das sie dazu gebracht hat, in der Vergangenheit bürgerlichen Regierungen beizutreten.“

Die DKP hat keine Probleme mit der Art Bündnispolitik, die die KKE jetzt formal ablehnt, sondern sie giert förmlich danach, sich in klassenübergreifenden Bündnisse zu liquidieren und Steigbügelhalter für Regierungsbeteiligungen der Linkspartei zu sein. Dass sich die Opposition der DKP davon ein bisschen distanzieren will, ist verständlich nach der jahrelangen Verratspolitik der PDS/Linkspartei im Berliner Senat. Der SPD/PDS-Senat war die Speerspitze von Privatisierungen und Angriffen auf die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes. Der Berliner Bankgesellschaft wurden schon lange vor der Krise Milliarden Euro in den Rachen geworfen, um die Profite der Investoren zu sichern. Das Scheitern der Regierungsbeteiligung der Linkspartei zu konstatieren, reicht aber nicht. Der Verrat muss klar benannt und die ihm zugrunde liegenden Illusionen in die bürgerliche Demokratie und den kapitalistischen Staat müssen bekämpft werden. Der Staat steht nicht über den Klassen, sondern dient der Bourgeoisie. Er ist nicht reformierbar im Interesse der Arbeiterklasse, sondern muss im Zuge einer Revolution zerschlagen werden. Das ist die zentrale Lehre, die Lenin aus dem Bruch mit dem Reformismus zog und in Staat und Revolution (1917) dargelegte. Der reformistischen Lüge über die „reine Demokratie“ setzte Lenin in Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky (1918) die Realität der bürgerlichen Demokratie entgegen, wo „die geknechteten Massen auch im demokratischsten bürgerlichen Staat auf den schreienden Widerspruch zwischen der von der ,Demokratie‘ der Kapitalisten verkündeten formalen Gleichheit und den Tausenden tatsächlicher Begrenzungen und Manipulationen, durch die die Proletarier zu Lohnsklaven gemacht werden,“ stoßen. Reformistische Illusionen werden von allen Flügeln der DKP massiv geschürt, wie die ständigen Appelle zeigen, der bürgerliche Staat solle die Nazis/NPD verbieten. Im Zusammenhang mit der rassistischen Mordwelle des NSU macht die Zusammenarbeit von staatlichen Stellen und Nazis nahezu jede Woche neue Schlagzeilen. Für Marxisten ist das keine Überraschung: Der kapitalistische Staat schützt und nährt die Nazis als extralegale Schlägerbande gegen die Arbeiterbewegung für Zeiten, wenn sich die Klassenkämpfe zuspitzen, demokratische Illusionen zerbröckeln und gewöhnliche Polizeirepression nicht mehr zur Sicherung des Kapitalismus ausreicht. Händeringend bemüht sich der von allen Bundestagsparteien einberufene NSU-Untersuchungsausschuss in den Worten seines Vorsitzenden Edathy (SPD), „das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaates wiederherzustellen“. Die Zeitung Berliner Anstoß (Januar 2012) des Berliner Landesverbandes der DKP schrieb eine gemeinsame Erklärung mit der Kommunistischen Partei der Türkei über die NSU-Morde unter dem Titel: „Kampf dem Faschismus heißt: Kampf diesem imperialistischen Staat!“ Zwar machten sie darin viele richtige Punkte darüber, dass der kapitalistische deutsche Staat die Verantwortung für die Morde des NSU trägt, um dann aber zu erklären: „Wir Kommunistinnen und Kommunisten halten an der Forderung nach einem Verbot und der Zerschlagung aller neofaschistischen Parteien fest.“

Um die Nazis zu stoppen, sind vom bürgerlichen Staat unabhängige Mobilisierungen von Arbeitern, Immigranten und ethnischen Minderheiten notwendig. Dieser Kampf, die Nazis zu zerschlagen, solange sie noch verhältnismäßig klein sind, ist ein wichtiger Teil des Kampfes, die Arbeiter zum Sturz des Kapitalismus zu mobilisieren, der die Nazis brütet und behütet. Verbotsappelle sind dem entgegengesetzt. Und jedes Mal, wenn der Staat scheinbar doch was gegen die Nazis tut, dient dies nur zur Abdeckung dafür, gegen die Linke und Arbeiterbewegung vorzugehen. Auf das Verbot der faschistischen SRP 1952 folgte das Verbot der KPD 1956. Die Nazis konnten unter anderem Namen jedes Mal einen neuen Verein aufmachen, während die KPDler jahrelang verfolgt wurden und die DKP selbst die Erfahrung der Berufsverbote machen musste. Und genau so ging es weiter mit allen Verboten durch den Staat: Immer sind es die Linken, gegen die sich die Repression richtet....

Editorische Hinweise

Wir erhielten das Flugblatt von den AutorInnen zur weiteren Verbreitung.


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