Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Miete neu denken
Thesen zur ökonomischen Funktion und Struktur des Mietshäuser Syndikats (MhS) - Teil 1

von Karl-Heinz Schubert

03-2014

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onlinezeitung

Lesehinweis: Im ersten Teil sind die Gesichtspunkte zusammengetragen und strukturiert, die im Arbeitskreis Kapitalismus aufheben (AKKA) bisher im Hinblick auf das Mietshäuser Syndikat diskutiert wurden. Die politische und ideologiekritische Bewertung des MhS-Konzepts - also der zweite Teil - wird jene Überlegungen und Erwägungen zum Gegenstand haben, wie sie alsbald im AKKA anhand des hier veröffentlichten ersten Teils erarbeitet werden. Beide Teile bilden die Vorbereitung zu einer Veranstaltung, die sich kritisch mit dem MhS-Konzept auseinandersetzen will.

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"Alle freuen sich über jedes weitere Mietshaus, das dem Immobilienmarkt entzogen wird, das die Wertsteigerungsspirale der Immobilienverkäufe abbricht; und dessen MieterInnen den Weg in die Selbstorganisation wagen."
("Schlossallee" Nr.3, S. 35)

„Wohnraum muss vergesellschaftet, also allen unabhängig vom Einkommen zur Verfügung stehen. Deshalb: Keine Profite mit der Miete!“ So lautete eine der zentralen politischen Forderungen für den bundesweiten Aktiontag am 28.9.2013. Unterstützt wurde er von zahlreichen antikapitalistischen und sozialrevolutionären Gruppen. Darunter auch vom Mietshäuser Syndikat (MhS). Die Berlin-Brandenburger MhS-Regionalversammlung begründete warum:

"Das Mietshäuser Syndikat hat durch die praktizierte Idee und Geschichte eine ganz eigene Antwort auf die Frage “Wem gehört die Stadt?”, seit mehr als 20 Jahren wird sie strukturell und ideel mit der aus der HausbesetzerInnenbewegung stammenden Parole “Die Häuser denen die drin wohnen” beantwortet."

Mehr als 70 Hausprojekte gehören derzeit (Stand Juli 2013) zum bundesweiten Mietshäuser Syndikat. Ihre BewohnerInnen haben - so scheint's - mit kapitalistischen Verwertungslogiken gebrochen: "Was uns eint, ist u.a. das Interesse am Verlernen von kapitalistisch vorgegebenen Normalitäten und Lebensweisen. Als WG wollen wir kollektiv und selbstbestimmt leben." schreibt z.B. das MhS-Hausprojekt Rahnsdorf auf seinem Blog. Und das MhS-Hausprojekt M29 verkündet: "Niemand verdient hier mit 'Wohnen' Geld."

Enrico Schönberg von der regionalen MhS-Beratungsgruppe und Mitglied des Lenkungskreises der Berliner "Initiative Stadt Neudenken" bringt  in der Vorbereitung auf dem 4. Landesparteitag der Berliner Linkspartei (PdL) am 23.11.2013 das wohnungspolitische Credo des MhS folgendermaßen auf den Begriff:

„Ziel des Mietersyndikats. Wohnungen dem Markt entziehen und Weiterverkauf verhindern. Stichwort: Bezahlbar und unverkäuflich wohnen. Es werden keine privaten Eigentumsverhältnisse regeneriert.“

Im Servicebereich der zentralen Website des Mietshäuser Syndikats gibt es zahlreiche Papiere zu lesen, die dieses Credo inhaltlich füllen. Dort stoßen wir immer wieder auf die Behauptung, dass durch Syndikatshäuser Kapital neutralisiert wird, weil die Häuser der "Wertsteigerungsspirale der Immobilienverkäufe" entzogen sind. Der Leitfaden für Hausprojekte - eine vergleichende Untersuchung zur Bewerbung des MhS-Konzepts und finanziert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung -  hält Kapitalneutralität und Selbstverwaltung für signifikante Merkmale des Mietshäuser Syndikats.

Die nachfolgenden Thesen widmen sich hauptsächlich der Untersuchung dieses antikapitalistischen Anspruchs sowohl im Hinblick auf die Unternehmensstruktur als auch darauf wie das  MhS-Immobilienkapital verwendet und verwertet wird. Das linke Selbstverständnis der einzelnen Hausprojekte und die persönlichen Motive, sich ihr Mieterdasein neu zu denken, werden dagegen allerdings nicht behandelt, denn: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen.“(Adorno)

1)

Als 1987 sämtliche besetzten Häuser in Freiburg geräumt waren und damit staatlicherseits klargestellt wurde, dass es in der bürgerlich-kapitalistischen BRD-Wirtschaftsordnung keinen kollektiven Besitzanspruch ohne zivilrechtlichen Rechtstitel geben darf, fassten einige MhS-ProtagonistInnen den Entschluss, vermeindlich nichtkapitalistische  Nutzungverhältnisse von Immobilien mithilfe bürgerlich-kapitalistischer Rechtsformen zu organisieren. Bis etwa 1993 diskutierten die Freiburger Projekte, die sich auf dem ehemaligen Firmengelände der Grether Fabrik befanden, wie sie den Abkauf des Geländes von der Stadt finanziell stemmen könnten. Im Zuge dieser Projektdebatte stießen sie auf die Anregungen von Klaus Novy in der Arch+ 61/1982 "Solidargemeinschaften für Wohnungsverwaltung und –neubau." und die Publikation von Matthias Neuling "Auf fremden Pfaden: ein Leitfaden der Rechtsformen für selbstverwaltete Betriebe und Projekte".(1) Aus diesem Diskurs und dem Wunsch/Zwang in den vormals besetzten Freiburger Häusern wohnen bleiben zu wollen, entwickelte sich die Unternehmensstruktur des Immobilienkapitalisten "Mietshäuser Syndikat Verein & GmbH", wie sie heute nach wie vor besteht.

Lars Straeter beschreibt die Struktur folgendermaßen:

"Das Gesamtprojekt besteht aus dem Verein Mietshäuser Syndikat, der Mietshäuser Syndikat GmbH als geschäftliche Vertretung des Vereins, dem Solidarfonds und den jeweiligen Projekten, welche als GmbHs organisiert sind. Gesellschafter dieser Projekt-GmbHs sind die jeweiligen Hausvereine und die Mietshäuser Syndikat GmbH, welche über den Verein eine gemeinnützige Satzung in den Gesellschaftervertrag einbringt."(2)

In den offiziellen MhS-Werbebroschüren finden sich dazu folgende grafische Darstellungen :

Alleiniger Eigentümer des einzelnen Hauses ist die Hausbesitz-GmbH. Sie hat zwei Gesellschafter; zum einen den Hausverein, zum anderen die Mietshäuser Syndikat GmbH, die in bestimmten Situationen eine  "Wächerfunktion" als kontrollierende und beratende Instanz übernimmt. Beide Gesellschafter besitzen eine Stimme, wodurch grundlegende Entscheidungen nur im Einverständnis beider möglich sind.

Der Hausverein wird gebildet von allen MieterInnen des Hauses. Der Hausverein ist mit einer Stimme als juristische Person Mitglied im Mietshäuser Syndikat Verein.


Außer den Hausvereinen können Einzelpersonen  oder solche, die Projekte repräsentieren, Mitglied im MhS-Verein sein. "Ende 2011 hatte das Syndikat (gemeint ist der Verein -khs) 411 Mitglieder mit Einlagen in Höhe von rund 300.000 EUR. Auch jeder der 84(!) Hausvereine ist eines der 411 Mitglieder."(3)

Der Mietshäuser Syndikat Verein ist alleiniger Eigentümer der Mietshäuser Syndikat GmbH. In diese GmbH hat der Verein sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten  und seine eigene Vermögensverwaltung dauerhaft ausgegliedert. (4)

Die Mietshäuser Syndikat GmbH ist in allen Hausprojekten als zweite Gesellschafterin Miteigentümerin der Immobilie (siehe oben).

Die GmbH unterhält ein zentrales Büro, von wo aus das Gesamtunternehmen kaufmännisch geleitet und verwaltet wird.(5)

Lars Straeter kommentiert diese Struktur grundsätzlich:

"Die GmbH erlaubt eine sehr umfangreiche Satzungsfreiheit. Das Innenverhältnis der Gesellschafter kann frei gestaltet werden. Dadurch lässt sich z.B. aus einer GmbH sehr leicht ein genossenschaftsähnliches Konstrukt machen. Bei Interesse kann ein alternatives Projekt beispielsweise Punkte wie die Kapitalneutralisierung  (Verzicht auf Gewinnausschüttung), Verwendung eines möglichen Liquidationserlöses (Stiftung) oder eine Stimmrechtsbeschränkung  (Selbstverwaltung) in der Gesellschaftersatzung festschreiben."(6)

Und mit direkter Bezugnahme auf das MhS:

"Ein potentieller interner Konflikt ist die Verlässlichkeit einer dauerhaften Verfügbarkeit über die Solidaranteile der einzelnen Projekte. Es fällt auf, dass die Solidaranteile eher gering sind. Sie dienen zur Tilgung der laufenden Kosten der Arbeit des Mietshäuser Syndikats (gemeint ist hier wieder die zentrale GmbH - siehe dazu (4) - khs), weniger jedoch zur Finanzierung neuer Projekte. Tatsächlich ist es so, dass allein die Hausvereine, als Geschäftsführer der Haus-GmbHs, über die Miethöhe und den Solidaranteil bestimmen können. Bei entsprechend niedrigen Mieten entstehen natürlich keine Überschüsse, auf welche die Mietshäuser GmbH, als Gesellschafter der Hausbesitz GmbH, Anspruch hätte. In der Realität ist die Höhe des Solidaranteils also Verhandlungssache zwischen den beiden Gesellschaftern. Im Prinzip könnte ein Projekt entscheiden keine Solidarbeträge mehr zu zahlen, was bis heute allerdings nicht vorgekommen ist."(7)

2)

Nach deutschem Vereinsrecht haben die Mitglieder des zentralen MhS-Vereins (dem formell 100prozentigem Eigentümer der MhS-GmbH) in ihrem Basisorgan Mitgliederversammlung folgende Rechte: die Bestellung des Vorstands (§ 27 Absatz 1 BGB), die Änderung der Vereinssatzung (§ 33 BGB) und die Auflösung des Vereins (§ 41 BGB). "Der Mitgliederversammlung werden die  grundlegenden Entscheidungen zugewiesen, während der Vorstand die laufenden Geschäfte des Vereins führt."(8)

In der spezifischen Praxis des MhS-Vereins gibt es im wesentlichen als "grundlegende Entscheidung" die Aufnahme neuer Hausvereine, die mit der MhS-GmbH eine Hausbesitz-GmbH gegründen wollen oder gegründet haben, um eine Immobilie zu erwerben und zu vermieten.(9) Diese Hausvereine wurden zuvor von der MhS-GmbH auf das Immobiliengeschäft praktisch und ideologisch(10) vorbereitet. Folglich: "Die Projektgründungsphase ist häufig ein jahrelanger Prozess, der durchaus scheitern kann."(11)

Christoph Villinger vom Hausprojekt Oranienstr. 45, schildert wie er eine MhS-Mitgliederversammlung erlebte:

"Umso zahlreicher ist dafür heute die »Schwarze Sieben« aus Hanau erschienen, fünf Frauen und ein Punker sitzen uns gegenüber. Sie wollen heute ebenfalls ins Syndikat aufge­nommen werden. Nach der »Alten Tuchfabrik« in Staufen bei Freiburg stellen sie ihr Projekt vor. Eine Villa in Hanau haben sie gefunden, »mit einem sehr netten Besitzer«, der ihnen 25.000 Euro des Kaufpreises von 375.000 Euro gleich wieder als Direktkredit gibt... Danach sind wir dran. Etwas unsicher sind wir schon, ob wir nun gelöchert werden. Wie stabil steht unser Finanzierungskonzept, haben wir alle bautechnischen Probleme im Griff, und so weiter? ... Schließlich werden alle drei Projekte aufgenommen, »beschlossen und verkündet im Konsens«. Sogar die »Ketzerbach« aus Marburg wird schließlich »auf Vorrat« aufgenommen, obwohl niemand von ihnen da ist ....
Schließlich berichten die Geschäftsführerinnen der Mietshäuser GmbH. Sechs neue Projekte sind insgesamt dieses
Jahr aufgenommen worden, was jeweils eine Beteiligung von 12.400 Euro an den neuen Hausbesitz-GmbHs bedeutet. Doch das Geld ist da, die ersten Freiburger Projekte werfen Gewinne ab und können alte Direktkredite auslösen. Die Umverteilung hin zu neuen Projekten beginnt zu funktionieren. Trotzdem kommt das Syndikat ökonomisch an seine Grenzen. Also sammeln die Anwesenden Ideen, wie neue Mitglieder und Direktkredite geworben werden können. Zuletzt werden noch die Jahresabschlüsse abgesegnet »Ist das Zufall, das da bei Aktiva und Passiva genau die gleiche Summe dasteht?«, fragt jemand. Die eine Hälfte der Anwesenden schmunzelt, und schnell erklärt leise flüsternd dem neben ihr Sitzenden, warum dies so ist. Und für nächstes Jahr verabreden wir uns alle in Berlin.
"(12) (Unterstreichung von khs)

In dem Bericht erfahren wir, dass ein Jahresgeschäftsbericht durch die Anwesenden "abgesegnet" wurde. Es entsteht dadurch der Eindruck, als habe die Mitgliederversammlung das Recht, die Geschäfte der GmbH zu kontrollieren und zu genehmigen. Doch weit gefehlt.

Sowohl MhS-Verein als auch MhS-GmbH haben eine hierarchische Führungsstruktur(13). Die Mitglieder des MhS-Vereins könnten lediglich ihren Vorstand per Beschluss verpflichten, in seiner Eigenschaft als Vertreter des einzigen Gesellschafters der MhS-GmbH, diesem Bericht auf einer Gesellschafterversammlung zuzustimmen.

Was aus dem Bericht nicht hervorgeht, ist die Möglichkeit, dass die Gesellschafterversammlung der MhS-GmbH zeitgleich und im selben Raum stattgefunden hat. Wenn ja, dann wird hier Pseudobasisdemokratie veranstaltet und den anwesenden Vereinsmitgliedern das Gefühl vermittelt, dass sie hier volle Kontroll- und Mitentscheidungsrechte hätten. Denn

  • die Geschäftsführung einer GmbH kann nicht durch Gesellschafterbeschlüsse in ihrer gesetzlich vorgeschriebenen Geschäftstätigkeit beschränkt werden, vielmehr wird ein Jahresabschluss dem immer Rechnung tragen müssen (1. Einschränkung);

  • schränken Beschlüsse u.U. den wirtschaftlichen Geschäftsführungsspielraum bei der Verwertung der GmbH-Immobilien ein, so könnte eine Mitgliederversammlung ihren Vorstand nicht zur vorbehaltlosen Umsetzung dieser Beschlüsse in der GmbH verpflichten (2. Einschränkung);

  • detaillierte Jahresabschlüsse, die mehr als nur Bilanzsummen wiedergeben, erfordern zum Verständnis nicht nur ein buchhalterisches KnowHow, sondern vor allem auch genaue Kenntnisse der Kapitalströme und Verflechtungen der MhS-GmbH, davon kann bei den Vereinsmitgliedern, wie der Bericht zeigt, nicht ausgegangen werden (3. Einschränkung);

  • in der MhS-GmbH sind die Beschränkungen des §181 BGB außer Kraft gesetzt (14), daher können MhS-GmbH-Geschäftsführer Geschäfte mit sich selber machen, die in einem Jahresabschluss nicht sondern nur durch Belegprüfung sichtbar würden (4. Einschränkung).

Werden Vereins- und GmbH-Strukturen, wie beim Mietshäuser Syndikat kombiniert, dann gibt es nicht nur einen möglichen Konfliktherd zwischen Basis (Haus-GmbHs) und Führung (Syndikats-Gmbh), wie ihn Straeter vermutet, oder wie er hier am Beispiel der Mitgliederversammlung zwischen Mitgliederbasis und Vorstand im Verhältnis zur GmbH konstruiert wurde, sondern auch zwischen Verein und GmbH.

Weil bei wirtschaftlich existenzgefährdenden Handlungen der GmbH ein Haftungsdurchgriff von Gläubigern der Gesellschaft auf den Verein droht und nach dem Vereinsrecht der Vorstand dann persönlich haftet, hat der MHS-Verein wie bereits oben erwähnt, sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten  und seine eigene Vermögensverwaltung dauerhaft in die GmbH ausgegliedert. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist ein massiver Verlust der Kontrolle über die Geschäftstätigkeit der GmbH. So sieht es jedenfalls die bürgerlich-kapitalistische Betriebswirtschaft bei der Bewertung solcher Strukturen(15). Die Lösung, die von dieser Seite vorgeschlagen wird, um ein stückweit Transparenz zurückzuholen lautet allgemein: Aufsicht über das Geschäftsgebaren von "dritter Seite".

"Bei ausschließlich verbandlicher Tätigkeit oder nur sehr geringen Umsätzen genügen ehrenamtliche Vereinsrevisoren, die einmal jährlich die Unterlagen durchsehen und dem Verein berichten. Bei umfangreicheren wirtschaftlichen Aktivitäten sollte ein am Aktienrecht orientierter Aufsichtsrat erwogen werden, der so qualifiziert besetzt wird, dass eine Kontrolle der Betriebe möglich ist. Dabei müssen häufig verbandliche, spezifische fachliche und betriebswirtschaftliche Kenntnisse mit ausreichender Tiefe vorhanden sein. Ein funktionsfähiges Kontrollgremium sollte drei bis fünf Personen umfassen."(16)

3)

In seinen Selbstdarstellungen inszeniert sich das "Mietshäuser Syndikat"  als Non-Profit-Organisation, indem  beständig von Kapitalneutralisierung die Rede ist und häufig das Adjektiv "gemeinnützig" als Selbstreferenz gebraucht wird. Dagegen benennt ummißverständlich der Firmenname den ökonomischen Zweck des Syndikats: Die Vermietung von Immobilien.

Im Kapitalismus ist die Immobilie eine Ware, die oft als Kapital zur Realisierung von Profit und Zins dient. Stofflich fungieren Immobilien als konstantes fixes Kapital. Dazu nehmen sie die Gestalt von Fabrikhallen, Verkaufsräumen und Lagerhallen und auch Wohnungen an. Als Straßen, Häfen und Schienenwege  im öffentlichen Besitz verringern sie die Kosten der sie nutzenden Einzelkapitalien.

Als privat genutzter Wohnraum dient er den darin Lebenden als Behausung, als Ort der Reproduktion und Rekreation, der Muße und für vieles mehr.

Wohnen ist zweifellos eine Klassenfrage. Die meisten, die vom Verkauf ihrer Ware Arbeitskraft leben, schaffen es im Regelfall nur Wohnraum zu mieten. Weniger oft wird von Lohnabhängigen Wohnraum gekauft und wenn, dann folgt eine jahrzehntelange Verschuldung, bis der gekaufte Raum abgezahlt ist. Bisweilen tritt persönliche Insolvenz ein. Für die Inhaber von Immobilien, die diese vermieten - ob als Wohn- oder Gewerberaum - ist die Mietsache dagegen Gewinn generierendes Leihkapital.

Wie können wir nun das Mietshäuser Syndikat in die hier skizzierten ökonomischen Zusammenhänge einordnen? Dazu schauen wir uns zunächst die Bedarfsträger an, die sich im Regelfall an das Miethäuser Syndikat mit der Frage nach Wohn- oder/und Gewerberaum wenden bzw. heute dessen Klientel bilden. Das Klientel lässt sich folgendermaßen gliedern (die Beispiele wurde so ausgewählt, dass sie dieser Rubrifizierung entsprechen und per Link nachgeprüft werden können):

1) Bestandsmieter aus ehemals besetzten Häusern, die bisweilen eine von Staatsseite alimentierte Miete ("Staatsknete") hatten und denen durch Eigentümerwechsel eine "marktübliche" Miete droht(e).(17)

2) Bestandsmieter in Altbauten, auf die durch Eigentümerwechsel neue "marktübliche" Mieten zukommen, weil Sanierung droht oder sie sich eine Wohnung suchen müssen.(18)

3) (Potentielle) Käufer von Altbau-Immobilien, welche diese auf dem Immobilienmarkt oder beim Staat gefunden haben. (19)

4) Baugruppen, die eine neue Wohnimmobilie errichtet haben bzw. errichten wollen(20)

5) Gewerbetreibende, die Gewerberäume als Teilgewerbe oder als Alleinnutzer suchen(21)

6) "NGO's" als Mieter (22)

So vielfältig und bunt in Erscheinung und (Wohn-)Bedürfnissen - das Kientel wird in einer intensiven und ggf. langen  Projektgründungssphase durch Syndikats-Mitarbeiter und auch durch gewerbliche Coaches(23) betriebswirtschaftlich und mental (24) für das spezielle MhS-Vermietungskonzept in einem Mietzinshaus konditioniert, wo sie so lange formell Miteigentümer bleiben, bis sie als Mieter aus diesem Haus wieder ausziehen.

4)

Grundsätzlich gibt es im Kapitalismus drei Möglichkeiten der Verwertung des in Immobilien investierten Kapitals.

1) Grundstückserwerb und Bau/Herstellung einer Immobilie,(industrieller Profit)
2) Verkauf (kommerzieller Profit)
3) Vermietung (Zinsgewinn)

Das MhS betont immer wieder, dass durch sein Mietkonzept Kapital neutralisiert wird, weil beim MhS der Handel mit (seinen) Immobilien ausgeschlossen ist. Auch tritt das MhS nicht als Baukapitalist in Erscheinung, um sich den Mehrwert der lohnarbeitenden Hausproduzenten  anzueignen. Also widmen wir uns der Frage nach dem Zinsgewinn durch Vermietung und an wen dieser Gewinn fließt.

Der Kauf der Immobilie (incl. Grundstück) bedeutet die Verwandlung bzw. den Formwechsel von Geldkapital in Warenkapital mit dem Ziel, durch Verleihen dieser Ware einen Zinsgewinn zu erlangen. Die Immobilie als in Warenkapital verwandeltes Leihkapital unterscheidet sich vom Warenkapital, das in einem Produktionsprozess zur Anwendung kommt prinzipiell dadurch, dass es anders als  in der Hand des industriellen Kapitalisten nicht direkt Mehrwert (unbezahlte Arbeit) saugt, sondern indirekt am  Profit (realisierter Mehrwert) teilhat.

Als Leihkapital erwirtschaftet es Zinsen durch Mieteinnahmen („Mietzins“). Die Zinshöhe orientiert sich an der möglichen Verzinsung von Leihkapital in einer gegebenen historischen Situation (Krise, Aufschwung, Rezession usw.) eines bestimmten Wirtschaftsraumes. (25).

Wie ist das in Bezug auf das Mietshäuser Syndikat zu verstehen?

Schauen wir uns dazu das Finanzierungskonzept des Hausprojekts DANZ an (26):

Dieses Konzept ist exemplarisch für die Art und Weise der Verwertung von Kapital in MhS-Mietshäusern. Es illustriert anschaulich, wie die "kalte" Miete (ohne Bewirtschaftungs- und Betriebskosten) direkt vom Zins- und Tilgungsverlangen des Leihkapitals abhängt. Der gewöhnliche Immobilienkapitalist wird sein (Eigen-)Kapital und das Leihkapital der Bank mit dem gleichen Zins- und Tilgungssatz behandeln. Für das Mietshäuser-Syndikat ist dagegen signifikant, dass es anstrebt, einen immer größer werdenden Teil durch Direktkredite zu finanzieren, weil deren Zins- und Tilgung (Annuität) geringer sind, als eine Annuität auf der Basis von Bankkrediten. Diese Direktkredite fungieren als Eigenkapitalersatz (dazu mehr weiter unten).

Eine grafische Darstellung aus dem Projekt Wohnsinn Aachen(27) verdeutlicht die in den obigen Berechnungen enthaltenen beiden Leihkapitalsorten und ihre Herkunft bzw. wessen Kapital zinstragend verwertet wird.

Im Hinblick auf die Bankkredite verhält es sich beim Mietshäuser Syndikat ebenso, wie bei jedem Immobilienkapitalisten, der sich sein Fremdkapital leiht.  Zur Verdeutlichung nehmen  wir die 200.000,00 Euro aus dem DANZ-Projekt, die von der GLS-Bank  mit einer Annuität basierend auf 4,9 % Zins und 2,0 % Tilgung p.a. beim Hauskauf mit 15 Jahren Laufzeit (meine Annahme gemäß branchenüblicher Laufzeiten - khs) geliehen werden.

Das Mietshaus wird in 15 Jahren durch monatliche Zahlungen in Höhe von 1.150,00 Euro etwa 118.643,81 Euro Gewinn an die Bank abgeführt haben und dann immer noch auf einer Restschuld  von 111.643,81 Euro sitzen.(28)

Mit einem Anschlusskredit könnte man versuchen, die monatliche Mietzinsbelastung zu senken. Hier  zwei Alternativen - wobei vorausgesetzt wird, dass der Zinssatz gleich bleibt:

a) Wir lassen den Anschlusskredit mit der gleichen Annuität weitere 15 Jahre laufen. Dann werden wir eine monatliche Belastung von 641,95 Euro haben. Die Bank wird 66.229, 24 Euro verdienen und die Restschuld noch immer  erhebliche 62.321,70 Euro betragen.(29)

b) Wir fahren die monatliche Tilgung auf 6,10 % p.a. hoch und haben dann eine monatliche Belastung von 1.023,40 Euro und die "Hütte" wäre nach 13 Jahren schuldenfrei. Die Bank hätte an uns "nur noch" 36.430,60 verdient.(30)

Doch weder Fall a) noch Fall b) sind beim MhS möglich. Zwar könnten die Schulden in dieser Weise abgetragen werden - und wahrscheinlich passiert dies auch,  aber egal wie, die Ursprungsmiete muss  weiterbezahlt werden. Dazu lautet die MhS-Parole: "Den Ausgleich organisieren". Und die Erläuterung dazu klingt so:

"Die Altprojekte sollen Überschüsse zu Gunsten neuer Projektinitiativen transferieren, statt ihre wirtschaftlichen Spielräume durch regelmäßiges Aufpeppen des Wohnstandards und/oder Mietsenkungen für sich zu verbrauchen. Denn durch die allmähliche Tilgung der Kredite ist die Zinslast bei Altprojekten erheblich niedriger und sinkt von Jahr zu Jahr immer stärker." (31)

Die folgende MhS-Grafik (32) verdeutlich anhand von fiktiven Prozentzahlen den Zusammenhang:

Aufgrund der oben unter 1) dargestellten Rechtskonstruktion "Hausbesitz-GmbH" sichert die Miethäuser Syndikat GmbH "als eine Art Kontroll- oder Wächterorganisation" (33) die Abführung des "Überschuss" aus den einzelnen Häusern an sich selber, um  einen "Ausgleich" zwischen den Häusern zu organisieren. An dieser Stelle wird deutlich, warum die Mietshäuser GmbH und Hausbesitz-GmbHs nicht  als gemeinnützige sondern als stinknormale Kapitalgesellschaften organisiert sind, denn ein solcher (zentralisierter) Umgang mit Überschüssen in einer wegen Steuerbegünstigung als "gemeinnützig" organisierten Mutter/Tochter-GmbH-Struktur könnte zu erheblichen Schwierigkeiten führen (34).

Ein MhS-Funktionsträger schildert freimütig, wie MhS-"linientreue" Verteilung aus Mietzinsgewinnen nach Teilung des Gewinns mit den Kreditgebern durchgesetzt wird:

"Das Mietshäuser Syndikat hat ein Mitentscheidungsrecht über die Ergebnisverwendung
der einzelnen Haus GmbHs (und kann darüber verlangen, dass etwaige Gewinne in den
Solidarfond fließen). Sollte der Hausverein dem nicht zustimmen entsteht eine Patt-
Situation."
(35)

Ein Patt wird man sich allerdings in einer gewöhnlichen GmbH wie dieser nicht leisten können, denn dann wäre der Überschuss - erzielt durch gleichbleibend hohe Miete - voll steuerpflichtig.


5)

Im Finanzierungskonzept des Hausprojekts DANZ wird vorgerechnet, wie sich die Miete durch Erhöhung der Direktkredite senken ließe, weil reziprok dazu Bankkredite abgebaut würden. Die Wohnsinn-Grafik veranschaulicht, wo diese Kredite akquiriert werden: Bei den Mitgliedern des Hausvereins und in ihrem sozialen Umfeld.

Immobilienfinanzierung durch Direktkredite als unverzichtbares Standbein ist sozusagen das  Wesensmerkmal des Miethäuser Syndikats. Dazu passt die Parole: "...lieber 1000 Freund_innen im Rücken als eine Bank im Nacken...", mit der das MhS sein Klientel zur Geldeinlage ermuntert. Und eine Grafik auf der selben Seite(36) vermittelt, was es ökonomisch heißt, wenn die  Finanzierung des gesamten MhS-Immobilienbesitzes, der von der Zentrale kontrolliert und überwacht wird, zu 42% durch Direktkredite erfolgt. Wobei auffällig ist, das nur 1 % davon aus dem "Syndikatsverbund" stammen, also aus den Häusern selber kommen. Kurzum ein Widerspruch zu der in 3) dargestellten Gewinnumverteilung zwischen den Häusern. Auf diesen Widerspruch wird weiter unten eingegangen.

Augenscheinlich stammen die Direktkredite stattdessen aus dem sozialen Umfeld der Hausprojekte. Es gab folglich zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Thesen keinen Blog und keine Homepage, auf der nicht ein Klickdown-Button installiert war, der die Surfer auf eine Werbeseite für Direktkredite lenkt.

Und dort findet sich meistens der folgenschwere Rechtshinweis(37):

Bei der Bödi9 heißt es dagegen eher verschleiernd: "Zwischen euch als potentiellen Kreditgebern und der Hausbesitz-GmbH wird ein individueller Kreditvertrag abgeschlossen. Dabei sind die Kriterien zur Kreditvergabe durch den Kreditgeber in Absprache mit der GmbH frei festlegbar."

Neben dem geringen Gesellschaftskapital in Höhe von 25.000 Euro (pro Haus), bilden - wie obige Grafik deutlich macht - die Direktkredite das maßgebliche Eigenkapital der Hausbesitz-GmbHs.  Ursprünglich war das Eigenkapital in der Form von Direktkrediten dadurch gesichert, dass die Kreditgeber für die Laufzeit des Kredits Gesellschafter der Hausbesitz-GmbH wurden. Jedoch erlaubte das Kreditwesengesetz solch eine Finanzierung nur für maximal fünf Privatdarlehen. Der bis 1999 im Syndikat praktizierten Kreditaufnahme schob die Bundesanstalt für Finanzierungsdienstleistungsaufsicht dann mit der Rangrücktrittsklausel einen Riegel vor.(38)

Heute ist der Direktkreditgeber auf Gedeih und Verderb davon abhängig, dass das Hausmodell wirtschaftlich funktioniert, damit er Zinsen kassieren kann und seinen Kredit abbezahlt bekommt. Um nun das Risiko für den Kreditgeber zu mindern, werden Kredite auch mit kurzer Laufzeit ab einem Jahren angenommen. Die Verzinsung beträgt z.Z. bis zu zwei Prozent.(39)

Das hat zur Folge, dass die Hausbesitz-GmbH beständig Direktkredite einwerben muss, um passgenaue Anschlüsse an die auslaufenden Kredite zu bekommen. Diese Aufgabe hat der Haus-Verein - sprich die Mieter des Hauses - zu erfüllen (siehe dazu die obige Wohnsinn-Grafik). Und wenn es klemmt:

"Für Zahlungsengpässe haben die meisten Projekte einen abrufbaren Absicherungskredit bei der „GLS Gemeinschaftsbank mit Ökobank“ vereinbart, die oft auch den bankfinanzierten Kreditanteil gewährt."(40)

Kurzum: das MhS-Mietkonzept bildet - außer im Falle der Insolvenz - eine stets sprudelnde Quelle für das Leihkapital der Banken.

Selbst wenn es rein fiktiv wie im DANZ-Hausprojekt gelänge, die Finanzierung zu 100 Prozent auf private Direktkredite umzustellen, dann träten an die Stelle der Banken nur viele private Einzelanleger, die jedoch in der Verwertungslogik des (Leih)kapitals nicht nur formell (Vertrag) sondern auch substantiell (Zins) wie Bankkapital behandelt werden müssten, um darauf aufsetzend die Höhe des Mietzins ableiten zu können. Natürlich würden private Anleger geringere Zinsen beanspruchen (können) als Banken und damit würde der Mietzins sinken - die kapitalistische Verwertungslogik G-G' bliebe jedoch voll in Kraft.

6)

Aus polit-ökonomischer Sicht bedeutet diese permanent zu ersetzende befristete Kapitalanlage mittels Direktkredit: Umverteilung in der Klasse. Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Tatsache, dass die Direktkreditgeber aus dem sozialen Umfeld der Häuser stammen und damit in der Regel zur lohnabhängigen Klasse gehören, die ihre aus der Lohnarbeit erworbenen Gelder nun nicht mehr nur zur eigenen Reproduktion verwenden, sondern einen Teil davon abspalten, um die Reproduktion eines anderen Teils der Klasse zu finanzieren. Die dafür anfallenden Zinsen, müssen auf der Seite der Kreditnehmer wiederum aus deren lohnförmigen Reproduktionsfonds erstattet werden. Und für die besonders finanziell schwach Aufgestellten gibt es, um noch an deren Geld zu kommen, die Variante, dass diese sich zu Leihgemeinschaften ab EUR 10,- pro Person - zahlbar monatlich  - zusammenschließen. (41)

Pikanterweise rückt damit das Geldanlagemodell des Mietshäuser Syndikats betriebswirtschaftlich in die konzeptionelle Nähe von Immobilienfonds, denn die Kredite fungieren ja als Eigenkapitalersatz. Damit gleichen sie nämlich Anteilsscheinen, wie sie in offenen Immobilienfonds(42) ausgegeben werden, wo die Rendite ebenfalls wie bei den MhS-Häusern an die Höhe der Mieteinahmen gekoppelt ist. Dieser Nähe entspricht auch die wirtschaftliche Verflechtung der einzelnen Häuser unter der Kontrolle der zentralen MhS-GmbH.

Die von MhS-Protagonisten in diesem Zusammenhang vertretene Linie: "Wohnen und Geld-Geben sind in Syndikatsprojekten völlig getrennt"(43) erweist sich unter diesem Blickwinkel als zweckdienliche Beschreibung der Tatsache, dass die MhS-Häuser nicht denen gehören, die darin wohnen. Es sei denn: Alle Bewohner eines Hauses wären Inhaber eines einzigen von ihnen gemeinsam gegebenen Direktkredits. Doch warum sollten sie dann neben den Betriebskosten auch noch Mietzins abdrücken?

Übrigens ergibt sich zwangsläufig aus dieser Finanzierungskonstruktion, dass bereits vor Erwerb oder Bau des MhS-Hauses Direktkredite (Pseudoeigenkapital) eingesammelt werden müssen, damit später  überhaupt die benötigten fehlenden Bankkredite fließen können. Rolf Weilert, Hamburger MhS-GmbH Berater, unterstreicht, wie wichtig gerade in dieser Phase der Support des Klientels durch das MhS ist:

"Wir bieten also insbesondere finanzielle Beratung an und helfen bei der Geld- und Kreditbeschaffung. Wir beschaffen Darlehen und sammeln Gelder über sog. Bürgen- und Leihgemeinschaften ein, das können 500 Euro sein, das können aber auch 10.000 Euro sein, die dann dem Projekt als Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Das funktioniert im wesentlichen mit den vielen Menschen, die unsere Idee des preisgünstigen, gemeinschaftlichen Wohnens auch finanziell mit kleinen und größeren Beträgen unterstützen."(44)

Oder anders ausgerückt, die MhS-Zentrale fungiert hier als Helferin beim (Pseudo-)Eigenkapital sammeln, damit sich das von ihr vermittelte Kapital der Banken überhaupt als Leihkapital in Immobiliengestalt verwerten kann.

7)

Eine besondere Gruppe innerhalb des MhS-Klientels bilden - wie oben erwähnt - die Gewerbemieter. Bei der gewerblichen Vermietung verleiht der Immobilieneigentümer dem Gewerbetreibenden ein Produktionsmittel (Immobilie und Grundstück) als Leihkapital, damit es in dessen Hand die ökonomischen Funktion von konstantem fixen Kapital übernimmt. Mit dessen Hilfe eignet sich der Gewerbetreibende, wenn er produzierender Kapitalist ist,  Wert und Mehrwert an. Den Mehrwert muss er mit dem Leihkapitalgeber durch Mietzahlung teilen muss. Ist er Kaufmann, muss er sich seinen kommerziellen Profit teilen. Ist der Gewerbemieter selber Leihkapitalist, dann muss er sich den Zins aus seinem Vermietungsgeschäft teilen. Bei allen drei Formen wird die Immobilie in den Händen der Mieter wieder zu Kapital. Wie stellt sich dieser Verwertungszusammenhang beim Mietshäuser Syndikat dar?

Im Wirtschaftsteil des Spiegel vom

Laut Spiegel ist der Handwerkerhof ein "Pilotprojekt" für das MhS. Denn hier werden nur Gewerbemieter tätig sein, Wohnraum wird es nicht geben. Dafür 1.380 qm Nutzfläche, davon ca. 1000 qm auf drei Geschossen für Werkstätten und ca. 380 qm im 3.OG für Büro/Gemeinschaftsflächen.

Die 14 Unternehmen erwirtschaften ihren Profit durch produktive Tätigkeiten oder Dienstleistungen, die sie als "Ich-AG" oder mithilfe von Lohnarbeitern erbringen. Ihr wirtschaftliches Credo als Gewerbemieter, die immer einen Teil ihrer Gewinns rekapitalisieren müssen, um den Gewerbemietzins zahlen zu können, lautet daher:

"Maxime ist bezahlbare, stabile Mieten darzustellen, die den einzelnen Betrieben auf lange Sicht den Standort sichern und generationsübergreifende Planung zulassen."(46)

Wie jeder Kapitalist versuchen auch diese Kleinkapitalisten den Kostpreis ihrer Produkte niedrig zu halten. Dazu hätten sie die Möglichkeit, mit niedrigen Löhnen - sprich hoher Ausbeutungsrate - zu produzieren, ihren Unternehmergewinn zu minimieren oder Kosten für das konstante fixe Kapital zu senken. Auch könnten sie die Umschlagzeit des eingesetzten Kapitals versuchen abzukürzen. Im vorliegenden Fall geht es offensichtlich um die Minimierung des konstanten fixen Kapitals. Durch die günstige Gewerbmiete sind sie in der Marktkonkurrenz zweifellos besser aufgestellt.

Vor allem aber erscheint durch die spezifische Rechtskonstruktion der Hausbesitz-GmbH im Kontext des Mietshäuser Syndikats die Immobilie Handwerkerhof Ottensen nicht als zu versteuerndes Anlagevermögen der sie nutzenden Kapitalisten, da sie dort nur Mieter sind. Ihre Miete gilt hingegen als Verlust und mindert die Steuern. Als einzelne sind sie auch nicht Gesellschafter der Miete kassierenden Hausbesitz-GmbH, deren Gewinne in die Hände der Syndikats-GmbH gelangen. Wie rum wir das Projekt Handwerkerhof auch betrachten, mit der Syndikats-Philosophie vom Haus, in dem es sich als Mieter Leben lässt, hat dies absolut nichts zu tun.

Der Handwerkerhof nur ein "Pilotprojekt" des Mietshäuser Syndikat?

Vom Hamburger Hausprojekt "Inter-Pares" erfahren wir etwas über die teilgewerbliche Nutzung eines Wohnhauses:  "Seit Juli 2010 wohnt nun die Hausgemeinschaft in dem Niedrigenergiehaus nach KfW-40-Standard. Im Erdgeschoss hat der Verein El Rojito seinen neuen Standort für Fairhandelskaffee aus Zentralamerika bezogen." (47) El Rojito benötigt rund 300.000 Euro pro Jahr, um Kaffee einzukaufen. Dieses Geld besorgt sich der Verein von etwa 100 Darlehensgebern. El Rojito verkauft direkt oder an Wiederverkäufer, darunter auch Supermärkte.(48) Nach MhS-Angaben beträgt die Miete, die für die Gewerberäume von El Rojito  monatlich kalt zu zahlen ist, 1.656,35 Euro.(49)

Für El Rojito müssen die Kosten für die geliehenen Gewerberäume aus dem Umsatz bezahlt werden. Sie sind, nachdem etwas wir über die Vorfinanzierung erfahren haben, im klassischen Sinne Teil des vorgeschossenen Kapitals. Um dieses zu realisieren, muss El Rojito kommerziellen Profit erwirtschaften. Somit ist die Zahlung an die Hausbesitz-Gmbh "Inter-Pares" nicht anderes als die Aneignung eines Teils des kommerziellen Profit durch Verleihen einer Immobilie. Dass die Gewerbemiete unter Branchengesichtspunkten vielleicht eher niedrig ist, ändert nichts an der Tatsache, dass, wenn man die Verwertungskette zurückverfolgt, die Basis für diese Rendite in der Aneignung von Wert und Mehrwert durch Lohnarbeit von Kaffeeplantagenarbeitern liegt.

Das MhS-Projekthaus Potsdam-Babelsberg ist ein selbstorganisiertes Projektzentrum, das neben dem Wohnbereich für sechs Personen , Büros, Projekträume und Werkstätten sowie "eine Einmietungsetage" betreibt(50). Dort gelten zur Zeit folgende Preise(51):

"Seminarraum: ca. 60 qm, 100 €/Tag oder 30 €/2h (jede weitere 10 €), Seminar- und Veranstaltungsraum: ca. 95 qm, 150 €/Tag, Übernachtungsräume, Drei ca. 20 qm große Räume für bis zu 7 Personen (teilweise Doppelstockbetten), Okt-Feb 12 €/Nacht/Person, Mär-Sept 14 €/Nacht/Person + Bettbezüge 3 €/Nacht/Person, Küche: Küchennutzung zur Selbstverpflegung 30 €/Tag, Verpflegung durch ProjekTräume ab 4 € / Person / Mahlzeit"

Der Mietaufwand für das komplette Projekthaus beträgt z.Z. 54.000 Euro für 1000qm  im Jahr.

Bei voller Belegung erbrächte die Einmietungsetage rund 600 Euro pro Tag bei 21 Teilnehmern und voller Raumnutzung. Es ist durchaus legitim, solche zusätzlichen Einnahmequellen zu erschließen. Wobei hier mit in Betracht kommt, dass nicht nur die "kalte" Raumfläche, sondern auch ihre Versorgung und die Möblierung mitvermietet werden. Dennoch bleibt unterm Strich die Tatsache bestehen, dass hier unter Ausnutzung eines für Wohnprojekte konzipierten vorgeblich sozialen Konzepts weitere und vor allem weit höhere Einnahmen aus kapitalistischer Vermietung generiert werden.

Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass von 72 in der Liste von 2013 aufgeführten Projekten 27 gewerblich mitgenutzt werden bzw. 8.389 qm von 63.474 qm ausgewiesene Gewerberäume sind. (52)

8

Das Kapital ist keine Sache sondern ein prozessierendes Verhältnis, das sich nur dinglich ausdrückt.

Dem oben abgebildeten Finanzierungskonzept des Hausprojekts DANZ ist zu entnehmen, dass die dortigen Aktivisten umfangreiche Investitionen in die Bausubstanz des Hauses planen: Ein Volumen von etwa 120.000 Euro, was ca. 40 % Prozent der Kaufsumme entspricht. Damit wird sich der Wert des von ihnen gemieteten Immobilienkapitals (dessen formelle Eigentümer sie sind)  auf nominell  390.000 Euro erhöhen.

Um solche Baumaßnahmen durchführen zu können, muss sich das Geldkapital der DANZ-Aktivisten (neue Direktkredite) in produktives Kapital verwandeln. Das geschieht, indem sie die baulichen Veränderungen (Erneuerungen und/oder Erweiterungen) durch Eigenleistungen erbringen oder diesen Produktionsprozess leitend von anderen im Wege von Lohnarbeit oder Lohnarbeitersatzleistungen erbringen lassen. Selbst wenn sie nur als Auftraggeber in Erscheinung treten und die Baumaßnahme als fertiges Endprodukt von einem Bauträger kaufen, verwandelt sich das DANZ-Geldkapital dennoch in der Hand des Bauträgers in produktives Kapital zur Ausbeutung von Lohnarbeit . Denn in all diesen Bewegungsformen des Kapitals wird nicht nur Wert geschaffen, sondern auch die kostenlose Aneignung von Mehrwert vollzogen. Die gekaufte Ware Arbeitskraft schafft nämlich mehr als den zu ihrer Reproduktion notwendigen Wert, erhält dagegen aber nur eine Bezahlung in der Höhe ihrer Reproduktionskosten.

Die Wertsteigerung, die die DANZ-Aktivisten mit ihrem Geldkapital vorhaben, also die Einverleibung von Wert und Mehrwert, muss sich allerdings noch realisieren; das heißt durch den Rückfluss des Wertes in Geldform - sprich durch Mietzinszahlungen. Da es zum MhS-Konzept gehört, nur mit wenig persönlich eingebrachten Kapital den Geschäftsbetrieb abzuwickeln,  fließt die Wertsteigerung (Wert und Mehrwert) der Immobilie per Zins an die Investoren zurück - wird sozusagen mittels erhöhter Mietzinszahlung weitergereicht.

9)

Bisher betrachteten wir die ökonomischen Prozesse der Kapitalverwertung mittels MhS-Immobilien aus der Perspektive des einzelnen Hausprojekts. Wir verlassen nun diesen Blickwinkel und begeben uns bildlich gesprochen nach oben auf die MhS-Kommandohöhe.

Wie unter 1) und 2) dargestellt ist die MhS GmbH Miteigentümer aller Häuser und fungiert dort als "Wächter", der die Einhaltung des MhS-Konzepts an der Basis kontrolliert. Dazu gehört vor allem sicherzustellen, dass die Immobilie nicht  in den Händen ihrer Mieter zu Handelskapital wird, sondern weiterhin als MhS-Leihkapital fungiert.

Kapitalismus bedeutet Kapitalakkumulation in der Konkurrenz. Von daher ist es nicht verwunderlich, dass das Anlagevermögen der Syndikats-GmbH durch jedes neue Hausprojekt wächst. Jedoch nicht dadurch, wie wir oben gezeigt haben, dass die Zentrale das in den Häusern steckende geliehene Geldkapital selber durch Zins und Tilgung zurückzahlt   bzw. nach Gesellschafterproportion daran beteiligt ist, sondern, so wie es im Kapitalismus halt Usus ist, die Mieter zahlen lässt.

Übrigens. Da es kein unkündbares Wohnrecht in MhS-Häusern gibt, sondern die Mietverträge nach Maßgabe des BGB gestaltet sind, führt Nichtzahlung zum Verlust des Wohnraums, wenn die Mehrheit der Mieter den Nichtzahler nicht mehr bei sich haben will oder kann.

"Die Hausversammlung entscheidet über Ein- und Auszug. Wobei der Auszug in der überwiegenden Zahl der Fälle Entscheidung der einzelnen Bewohnerin ist. Nur wenn Konflikte das Zusammenleben im Haus stark beeinträchtigen, wird die Hausversammlung beschließen, daß die Geschäftsführung der Haus-GmbH der betroffenen Person eine Kündigung ausspricht (so zumindest ist der rechtliche Weg)."(53)

Und wenn die Zahlungen aller Mieter ausbleiben , dann "verliert das Syndikat lediglich seine Einlage als Gesellschafter". (54)

Um erfolgreich am Immobilienmarkt teilnehmen zu können, muss ein konkurrenzfähiger Mietpreis, der  das Leihkapital bedienen kann, konzipiert werden. Hier liegt ein  besonderer Schwerpunkt der Zentrale:  Beratung des zukünftigen Mieterklientels beim Hauskauf, was die (provisonsfreie ?) Vermittlung von Bankkrediten einschließt.

"In gemeinsamen Treffen mit den MieterInnen werden Machbarkeit und Finanzierungsmöglichkeiten geklärt, Projektkonzept und Baupläne durchgesprochen, Feinheiten des Organisationsmodells erklärt, Fragen zur laufenden Haus- und Finanzverwaltung beantwortet und beim GmbH- und Kaufvertrag mitgewirkt."(55)

Diese Dienstleistung hat das natürlich das Mieterklientel zu bezahlen, indem es einen so genannten "Solidarfonds" monatlich als Aufschlag zum Mietzins bedient.

"Jedes Projekt, das den Hauskauf erfolgreich hinter sich gebracht hat, beginnt mit einem Betrag von 10 Cent je m2 Nutzfläche im Monat, der jährlich um 0,5% der Vorjahreskaltmiete ansteigt. Sofern die Miete 80% einer ortsüblichen Miete übersteigt,
kann die Steigerung des Solidarbeitrags ausgesetzt werden. Der Solidarfonds ist ein Sondervermögen, das vom Mietshäuser Syndikat verwaltet wird.

Daraus wurden in den vergangenen Jahren Stammeinlagen des Syndikats an neuen Hausbesitz-GmbHs, Infrastrukturkosten und gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit, sowie Beratungs- und Anlaufkosten von Projektinitiativen finanziert. Zudem konnten
bei Finanzierungslücken teilweise Kredite gewährt werden.
"(56)

Der "Solidarfonds" ist - wie in der MhS-Werbebroschüre zu lesen ist - ökonomisch mehr als nur ein finanzieller Hebel zur Begleichung der  Büro- und Vertriebskosten, denn dann dürfte er ja auch nicht als Solidarfonds tituliert werden. Angeblich dient er dazu, den durch Schuldentilgung steigenden Gewinn aus dem Mietgeschäft zu sammeln und zu reinvestieren. Dass solch ein Sammelfonds voll steuerpflichtig ist, erfährt der Leser nicht.

Wie wir unter 5) festgestellt haben, ist der Anteil der Direktkredite aus dem Syndikatsverbund  am Gesamtvolumen - also das, was hier als Reinvestition mittels Soldarfonds gemeint sein könnte - verschwindend klein. Nach meinen ungeschützten Berechnungen stehen der GmbH jährlich aus den monatlichen Solidarzahlungen rund 100.000 Euro zur Verfügung, wenn von 0,10 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche bei 63.474 qm Gesamtfläche und zzgl von 0,5 %  der Jahreskaltmiete in Höhe von 3.983.885 ausgegangen wird. Hinzu kämen noch die Geldmittel des Mietshäuser Syndikat Vereins, die durch die GmbH komplett verwaltet und verwendet werden.

Leider findet sich unter den zahllosen Veröffentlichung aus dem MhS-Spektrum keinerlei Hinweis über die anteilige Verwendung der Solidarmittel  für Geschäftsstellen- und Vertriebskosten und den Summen, die in den Immobilienbestand fließen bzw. sich dort befinden. Lediglich aus den frühen Jahren existiert in einem das Fondsproblem diskutierenden MhS-Kommentar eine Strukturgrafik.(57)

Nach diesem Vorschlag vom November 2003 ist der Fonds quasi von den Mietern exklusiv finanzierter organischer Teil der Syndikats GmbH und den anderen Strukturen entzogen.

10)

Beim Verfassen meiner Thesen traf ich auf einen aktuellen Disput bei "Linksunten", wo die Besetzer der Rigaer 94 nach ausführlichen Diskussionen beschlossen hatten, das Haus nicht dem jetzigen Eigentümer abzukaufen, weil er zuvor das Hausprojekt Liebig 14 gewaltsam zerschlagen hatte. Geplant war für die Rigaer94  ursprünglich, dass das Haus durch einen Kapitalverbund, gebildet aus der Edith Maryon Stiftung und dem Mietshäuser Syndikat, zusammen mit den Besetzern erworben wird, die fortan nun Miete zahlend darin weiter wohnen bleiben.

Dies führte zu einer Reihe von emotional aufgeladenen Kommentaren wie z.B.:

"Ihr bemängelt auch, dass ein Hauskauf zuviel Zeit fressen würde. Aber wenn ihr mal nicht den größten Teil des Tages  beschäftigt wärt, euer gesellschaftlich auferlegtes Soll zu erfüllen, bei eurer ach so krassen Radikalität, würdet ihr durchaus auch mal Zeit finden, z.B. JETZT mal einen Teil eures Hauses INSTANDZUBESETZEN! bzw...pardon instandzumieten natürlich."

"Was für ein Vorbild für emanzipatorische Kämpfe seid ihr doch für andere? Gar keins."

"Verantwortung zu übernehmen ist ja auch furchtbar anstrengend. Kein Wunder das man sich davor drückt."

Gegen einen Hauskauf der Rigaer 94, der von den Besetzern ja nur aufgrund der Persönlichkeit des Verkäufers abgelehnt worden war, gab es selten prinzipielle Einwände wie z.B. diesen:

"es geht nicht um das haus und ein bisschen konkrete infrastruktur, sondern ums ganze. um eine politische grundhaltung zu eigentum und zur gesellschaft im allgemeinen und spekulantenratten im besonderen. wer hier aufweicht, wie leider schon zu viele, der schadet allen in einer ähnlichen situation und kann sich zwar gerne noch weiß machen, wie radikal er ist, aber er ist längst gut im system integriert und auf dem endgültigen weg in die bürgerliche wohlstandshölle."

Jedenfalls brachte mich dieser Disput dazu, mal genauer nachzuschauen, mit wem das Mietshäuser Syndikat und die Leute aus dem autonomen Spektrum Geschäfte machen wollten bzw. werden.

Zunächst stieß ich auf die Information, dass bereits 2007 die Rigaer 78 durch das Miethäuser Syndikat von der Edith Maryon-Stiftung abgepachtet worden war.

Auf der Seite der Stiftung las ich dann über Edith Maryon u.a.:

"Edith Maryon (1872 London – 1924 Dornach) liess sich zur Bildhauerin am Royal College of Art in London ausbilden. Nach ihrer bildhauerischen Tätigkeit in Grossbritannien war sie von 1914 bis zu ihrem Lebensende eine enge Mitarbeiterin von Rudolf Steiner (1861–1925)... In diese Zeit fällt auch ihr Engagement für den Bau von Wohnungen für Mitarbeiter des Goetheanum in Dornach. So sind zum Beispiel die drei Eurythmiehäuser – in unmittelbarer Umgebung des Goetheanum –, welche sie in Zusammenarbeit mit Rudolf Steiner künstlerisch gestaltete, aber auch ihre konzentrierte Mitarbeit an der Grossplastik des Menschheitsrepräsentanten, die heute noch in Dornach zu sehen ist, ein lebendiges Zeugnis ihres Wirkens."

Angesichts dieser Information hätte es sich förmlich angeboten, hier einige Fakten über den Wurzelrassen-Rassismus des Herrn Steiner und seiner anthroposophischen Gefolgsleute vorzulegen sowie ihre Schnittstellen zu brauner Denke aufzuzeigen.(58)

Aber hier in dieser Untersuchung sollte es ja schwerpunktmäßig um ökonomische Funktionen und Strukturen gehen. Doch auch in diesem Kontext ließe sich schnell eine Verflechtung zwischen Anthroposophenszene und dem MhS aufweisen. Auf der Website der GLS-Bank, der Quasi-Hausbank des MhS, steht folgendes:

"Die Waldorf-Kreditkarte ist eine VISA-Karte, mit der Sie nicht nur weltweit bezahlen können. Mit jeder Zahlung unterstützen Sie außerdem Projekte der weltweiten Waldorfbewegung. Nach jedem Zahlvorgang geht der Erlös aus der Kreditkarte an den Bund der Freien Waldorfschulen e.V. und die Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e.V., die beiden Kooperationspartnern der GLS Bank bei der Waldorf-Kreditkarte."

Ein Zentralbegriff, den alle Steiner-Freaks unabhängig von praktischen Verbindungen untereinander teilen, ist "Kapitalneutralisierung". Gleichzeitig ist er die Schnittstelle zu all denen, selbst wenn sie keine Anthroposophen sind, die glauben: "Wer Grund und Boden der privaten Verfügungsgewalt entziehen will, erschüttert die Fundamente des Kapitalismus."(59)

Im Steinerschen Sinne bedeutet Kapitalneutralität:

"Niemand soll mit Hilfe des Kapitals Macht ausüben können, weder ein Eigentümer-Unternehmer, noch ein Arbeitnehmer-Eigentümer. Das Kapital wird ganz Funktion, es wird zum funktionellen Eigentum; es wird unwandelbar in konsumptives Eigentum und damit dem machtmäßigen Handeln entzogen."(60)

Kapital, das sich selbst gehört - also ohne Kapitalisten?  Das Ganze geschickt konstruiert mithilfe des bürgerlichen Rechts?  Genauso sehen es die Protagonisten des Mietshäuser Syndikats.

Die Verwertung des Werts - der Kapitalismus - ist keineswegs eine subjektlose Veranstaltung und kann es auch nicht sein. Das beweist allein schon die schlichte Alltagserfahrung. Es ist nämlich nicht egal, ob ich als MhS-Mieter und formeller Hauseigentümer Exekutor eines von meinem persönlichen Willen unabhängigen ökonomischen Gesetzes bin. Mit jedem näherrückenden Ablaufdatum eines Direktkredits geht die Rödelei nämlich wieder los. Leute, die nicht wohlhabender als ich sind, davon zu überzeugen, dem Hausprojekt einen weiteren Direktkredit zu geben, damit der bisherige Mietzins gehalten werden kann und die Bankschulden nicht in die Insolvenz führen, woraus Versteigerung des Hauses und Verlust der Wohnraums folgen.

Wer in bezug auf das Mietshäuser Syndikat dennoch als einem Modell von Kapitalneutralisierung spricht, nur weil das Immobilienkapital nicht als Handelskapital am Zirkulationsprozess des gesellschaftlichen Gesamtkapitals teilnimmt, sondern dort als Leihkapital Rendite abwirft, die an anderer Stelle wieder dem Kapitalkreislauf zur Verwertung zugeführt werden muss, der verschleiert bewußt die Tatsache, dass es im Kapitalismus keine nichtkapitalistischen Inseln geben kann.

Kapitalistische Immoblienverwertung kann nicht dadurch aufgehoben werden, indem wir uns einfach diese Wirklichkeit neu denken. Das sollten diese Thesen zeigen.

Ende von Teil 1

Anmerkungen

1) Die Anfangsgeschichte ist z.B. nachzulesen in: Contraste, 11/2003 oder Lars Straeter, Alternative urbane Strategien, Diplomarbeit an der TU Berlin, 17.10.2002

2) Straeter, a.a.0, S.120

3) Quelle: http://www.syndikat.org/index.html?/s/s_mitglied.html  "Die Einlage ist nicht projektgebunden und das Syndikat (gemeint ist die GmbH - siehe dazu (4) - khs) entscheidet in welche Projekte das Geld fließt. Die Einlagen sichern das Stammkapital des Syndikats an den einzelnen Projekten und damit das Mitentscheidungsrecht in Grundlagenfragen, wie z. B. das Vetorecht gegen Hausverkauf."

4) siehe dazu § 4.3 der MhS-Vereinsstatut

5) Bis 27.12.2012 waren Geschäftsführer der Mietshäuser Syndikat GmbH, Freiburg im Breisgau, Adlerstraße 12, 79098 Freiburg im Breisgau: Jürgen Feldmaier und Stephan Rost. Seitdem führen die Geschäfte: Katja Barth, Regina Maier und Jochen Schmidt. Ob es eine Personalunion zwischen GmbH-Führung und MhS-Verein gibt bzw. gab, war mithilfe des Internets nicht kostenfrei zu ermitteln. Ansonsten stammen die Daten von: https://www.handelsregister.de  

6) Straeter, a.a.0, S.45

7) Straeter, a.a.0, S.123

8) Bundesministerium der Justiz, Leitfaden zum Vereinsrecht, S.33, www.bmj.bund.de/publikationen

9) Siehe dazu:  Rücke vor zur Schlossallee Nr.3,  S. 33

10) Im Leitfaden für Hausprojekte werden folgende Unterweisungsfelder beschrieben: Haus-Findung, Umgang mit Banken, Bank-Konditionen, Kritische Bankenwahl, Förderung, Die soziale Frage, Moderation und Mediation, Gruppenprozesse. Darin finden sich solche Tipps wie z.B. "Es kann sich also durchaus lohnen, wegen eurer Pläne frühzeitig einmal mit einer euch prinzipiell gewogenen Stadträtin oder einem als offenen bekannten Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu sprechen."(19) Oder: "Wenn in einem Projekt drei Menschen von ALG2 leben, oder eigentlich Ansprüche auf ALG2 hätten, sich aber nicht trauen, einen Antrag zu stellen – dann muss genau das Thema sein."(27) Oder in Sachen Moderation/Mediation: "Denn eine externe Person einzuladen ist eine Bekenntnis dazu, die Bedeutsamkeit des Gruppenprozesses ernst zu nehmen."(29)

11) Rücke vor zur Schlossallee Nr.3,  S. 34

12) Zitiert nach Contraste, 11/2003, S.9

13) Jörg Gröpler, Non-Profit-Organisation mit wirtschaftlicher Betätigung:  Verein oder GmbH?

14) siehe § 5.2. des MhS-GmbH-Vertrags

15) siehe dazu: Jörg Gröpler, a.a.O, Bundesvereinigung Lebenshilfe, Verzahnung von Vereinen und in Tochtergesellschaften ausgegliederten Einrichtungen; Christian Koch, Thomas von Holt; Verein oder GmbH?
Zur Ansiedlung wirtschaftlicher Aktivitäten bei Verbänden

16) Christian Koch, Thomas von Holt, a.a.O., S. 13f

17) Lu15, Tübingen, http://lu15.de/ , wohnopolis Erfurt, http://www.wohnopolis.de/ Schellingstr. Tübingen, http://www.schellingstrasse.de/

18) Freies Haus 3d Bremen, http://syndikat.blogsport.eu/files/2012/07/12_Jun.WKH_HP_09.pdf

19) Pinke Panke, Berlin, http://www.pinkepanke.net/ , Wohnsinn, Aachen, http://www.wohnsinn-aachen.org/

20) La Vida Verde, Berlin  http://lavidaver.de/ M29, Berlin http://hausprojekt-m29.org/, Gemeinschaftliches Wohnen in der Magdalenenstraße 19, Berlin, http://wilma19.de

21) Inter Pares Hamburg, Chemnitzstr. 78-80 (Teilgewerbe), http://www.inter-pares.de/ Hamburg Arnoldstraße (Vollgewerbe), http://www.hueteundkostueme.de/, Handwerkerhofes Ottensen, Hamburg,(Vollgewerbe) http://www.handwerkerhof-ottensen.de 

22) Zum Beispiel:  http://www.linkeszentrumstuttgart.org/ NGO ist nur ein Etikett, gemeint sind Gruppen und soziale und politische Projekte, vornehmlich aus dem linken Spektrum, die mit ihrer "Gewerbemiete"  das MhS via Hausprojekt unterstützen. Oder: Soziale Zentrum Käthe, Heilbronn http://www.sz-kaethe.org/

23) Im Leitfaden für Hausprojekte bieten sich dafür an:  Kollektiv für Gruppenprozessbegleitung, www.modem-kollektiv.orgArbeitskreis Konfliktunterstützung, ak_ku@riseup.net, ProSys – Beratungskollektiv www.prosys-beratungskollektiv.de

24) Selbsterfahrung als Gruppenerlebnis. Zum Herauskehren des Inneren nach außen helfen solche Fragen:  "1. Was hat deinen Umgang mit Geld geprägt? Was ist dir dabei wichtig? 2. Wovon lebst du? (Einkünfte, Vergünstigungen, materielle Ressourcen) 3. Wen fragst du um Unterstützung, wenn das bedroht ist? 4. Was macht es zur Zeit am wahrscheinlichsten, dass du von gemeinsamen Aktivitäten wegbleibst, obwohl du gern Teil "bleiben willst?" Dazu folgende Anweisung: "zu 1. Geh dabei gedanklich nochmal zurück bis in Kindertage: Wann hattest du dein erstes Geld? War Geld immer da, war es knapp? Wie wurde über Geld gesprochen? zu 2. Dazu zählen zum Beispiel Lohn, Alg2, Kindergeld, Elternunterstützung, Omageschenke, Bafög, Rente.... aber auch Vergünstigungen (Studiermäßigung, ...) und materielle Ressourcen (Wohnen bei Eltern, Hausprojekt, kostenloses Essen irgendwo) zu 4. Eine hilfreiche Überlegung dazu: sind aus dem Kreis schon mal Leute verschwunden, weil sie arbeiten mussten oder Kinder betreuen? Oder sind welche besonders in der Gruppe besonders dominant, weil sie viel Zeit, Geld oder andere Ressourcen haben? Je nachdem, wie gut oder schlecht ihr euch kennt, können natürlich auch Fragen wegfallen oder andere dazukommen." Leitfaden für Hausprojekte, S.26

25) Mit dem Leihkapital wird nicht nur die Immobilie erworben, sondern auch das dazugehörige Grundstück. Über seine ökonomische Funktion im Hinblick auf den Zins siehe: Karl-Heinz Schubert, Grundrente, Mehrwert und Bodenpreis

26) DANZ, Hausprojekt in Regensburg, S. 7,  http://die-danz.org/wp-content/uploads/Die-DANZ-Präsentation.pdf

27) Wohnsinn Aachen, S. 5 , http://www.wohnsinn-aachen.org/index-Dateien/finanzen/data/WOHNSINN-AACHEN%20GmbH%20Jahresabschluss%202012.pdf

28) siehe die ausführlichen  Berechnungen als PdF-Datei

29) siehe die ausführlichen  Berechnungen als PdF-Datei

30) siehe die ausführlichen  Berechnungen als PdF-Datei

31) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 5, S.5

32) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 3, S. 28

33) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 5, S.6

34) Die Rechtsgrundlage der Annerkennung als gemeinnützig ist §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO). "Die Steuerbegünstigung besteht im Wesentlichen in der Befreiung von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer. Aber auch bei anderen Steuerarten (Grundsteuer, Grunderwerbsteuer, Umsatzsteuer) gibt es Steuerbegünstigungen für Unternehmen, die steuerlich als gemeinnützig anerkannt sind. Die Steuerbegünstigung ist zum Teil an sehr formelle Voraussetzungen geknüpft. Werden diese nicht beachtet, so droht nicht nur der Wegfall der Steuerbegünstigungen für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit. Der rückwirkende Wegfall der Begünstigungen und die hieraus resultierenden Steuernachzahlungen führen oft zu existenzbedrohenden Liquiditätsproblemen." (http://www.treyde.de)

35) Reader Häuserseminar NETZ eG, Solidarische Finanzierung und Absicherung von Hausprojekten, Juni 2008, S.9, http://www.netz-bb.de/NETZeG/READER-1.pdf

36) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 6, S.8

37) Die Klausel wurde dem "Muster eines Direktkreditvertrages" der Wohnsinn-Aachen GmbH entnommen, Wohnsinn Aachen, a.a.O., S. 21

38) siehe: http://www.contraste.org/Archiv/direktkr.htm

39)  siehe z.B. http://lavidaver.de/index.php/direktkredite/

40) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 3, S. 31

41) siehe dazu: http://www.inter-pares.de/ [Finanzierung]

42) siehe dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Offener_Immobilienfonds

43) Reader Häuserseminar NETZ eG, Solidarische Finanzierung und Absicherung von Hausprojekten, Juni 2008, S.9, http://www.netz-bb.de/NETZeG/READER-1.pdf

44) http://www.mhmhamburg.de/Mietshaeuser_Syndikat/zeitung--1225552636/artikel.html

45) http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/mietwucher-das-mietshaeuser-syndikat-unterstuetzt-wohnprojekte-a-884855.html

46) Zitat und davorstehende Zahlen stammen von: http://www.handwerkerhof-ottensen.de

47)  http://www.inter-pares.de/

48) siehe dazu: http://www.el-rojito.de/

49) Die Miethöhe wurde aufgrund eigener Berechnungen ermittelt. Dazu wurden die Daten aus  Rücke vor zur Schlossallee Nr. 6, S.27 genommen.

50) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 6, S.23 und 58

51) http://www.projekthaus-potsdam.de/seminarraeume-de-DE/preise-angebote/

52)  Rücke vor zur Schlossallee Nr. 6, S.58f

53) Reader Häuserseminar NETZ eG, a.a.O., S.10

54) MhS-Berater, Rolf Weilert, zitiert nach Spiegel, vom 10.3.2013, http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/mietwucher-das-mietshaeuser-syndikat-unterstuetzt-wohnprojekte-a-884855.html

55) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 3, S. 34

56) Rücke vor zur Schlossallee Nr. 6, S.9

57) Synapse Nr. 4, S. 5, http://www.syndikat.org/s/service/synapse_nr4.pdf

58) Nur zum ersten Einlesen in diese reaktionäre Ideologie ein kleiner Buch-Tipp: Oliver Geden,  Rechte Ökologie, Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus, Berlin 1996

59) siehe dazu: Rolf Novy-Huy und Anne Dellgrün: Bodenbesitzverhältnisse - Zurück in die Zukunft. http://postwachstumsoekonomie.org/NovyHuy-Dellgrun-PolOkol.pdf

60) Michael Heinen-Anders, Kapitalneutralisierung als Dreigliederungsaufgabe - – Eine interdisziplinäre betriebswirtschaftliche Studie, Köln 2009, S. 16f