Vom Kampf der Cosco-Arbeiter im Hafen von Piräus (Teil1)
Gespräch mit einem Genossen der griechischen SEK (Sozialistischen Arbeiterpartei)
aufgezeichnet Anfang März 2015 von Aug & Ohr

03-2015

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Sehr instruktiv war ein Gespräch mit einem Genossen der SEK (Sozialistischen Arbeiterpartei) in der von ihr betriebenen Marxistischen Buchhandlung (Marxistikó Bibliopolío), die sich in der Phidiasstraße (Odós Pheidíou) befindet, im Bereich von Exárchia. Er berichtet über den Kampf der Cosco-Arbeiter im Hafen von Piräus. Dort haben einerseits brutale chinesische Multis, wie Cosco, die den Arbeiternn sämtliche Rechte verweigern, das Sagen, andererseits die Nazis. Der Hafen ist sozusagen in chinesische und griechische Nazis aufgeteilt.

Ein Teil des Hafens wurde von Cosco aufgekauft, wogegen die Arbeiter übrigens einen jahrelangen Kampf geführt hatten, in einem anderen Teil des Hafens hatte die Goldene Morgendämmerung (XA) eine faschistische Gewerkschaft aufgebaut.

Lezteres war verbunden mit dem mafiösen Erpresserprojekt, arbeitssuchende Proletarier zu Klienten der Faschisten herabzuwürdigen, indem man ihnen, im Auftrag der Reeder, extrem unterbezahlte Arbeit (2 Euro 30 die Stunde) „anbot“ – sofern sie sich als Gefolgsleute der XA erweisen würden!

Ärger geht´s nicht mehr. Die ´ndrangheta ist harmlos dagegen.

Der Leiter der Hafenarbeitergewerkschaft bestätigte mir anläßlich einer Kundgebung der Hafenarbeiter gegen die Privatisierungen der Häfen, daß nun, aufgrund der Verhaftung der Kader der XA, auch die nazifaschistischen Strukturen im Hafen von Piräus zerfallen seien. Über Pérama, das nebenan liegt, wisse er nichts Genaues.

Aber die Arbeiter in dem von dem Großunternehmen der chinesischen kapitalistischen Diktatur kontrollierten Teil des Hafens von Piräus waren mit ihrer Initiative ganz alleingelassen. Sie mußten sich ihr Recht, eine eigene Betriebsgewerkschaft zu gründen oder das bezahlter Überstunden erst erkämpfen, und es gelang ihnen. Eine der paar großen „Erfolge“ - um das kapitalistische Wort zu verwenden - der Arbeiterkämpfe der letzten Monate, von denen die deutschsprachige Linke bisher nur in geringem Ausmaß informiert war.

Wie begann der Kampf? Am Anfang fand sich bloß eine Handvoll Arbeiter vor dem Betriebsgelände ein, um zu protestieren, ohne jegliche Unterstützung, berichtet der Genosse der SEK.

Aber bald fand sich dort die Sozialistische Arbeiterpartei ein (es hätte auch eine andere Organisation sein können). Es gehört zu ihrem Programm, von einem kämpfenden Betrieb zum anderen zu gehen um Kontakte, ein Netzwerk herzustellen, von einer kämpfenden Betriebsgewerkschaft zur anderen zu gehen und zu gemeinsamen Aktionen aufzurufen.

Die Arbeiter, zurecht grundsätzlich mißtrauisch, pflanzten sich vor ihnen auf, die Abweisung schien den Genossen der trotzkistischen Gruppe anfangs sogar bedrohlich zu sein, und sagten dezidiert: Hier wollen wir keine Zeitungen!

Von der Arbeitersolidarität (Ergatikí Allillengí) wußten sie nichts. Sie waren skeptisch, und so muß man wohl sein.

Wir sind für euch, wir wollen euch unterstützen!

Darauf hieß es von der Gruppe: Wir wollen einen Protestbrief an die Firmenleitung schreiben, aber wir wissen nicht, wie wir das formulieren sollen!

Die Genossen sprangen mit ihren Kenntnissen ein, zum Schluß enstand ein Vertrauensverhältnis und die Arbeiter fragten, ob sie nicht so eine Zeitung haben könnten. Und jeder nahm eine Zeitung und gab 2 Euro dafür.

Der Protest hatte „Erfolg“! Denn die Riesenfirma wußte genau, daß sie, wenn sie den fundamentalen und selbstverständlichen Forderungen der Arbeiter nicht nachgeben würde, ein großes Risiko einginge. Ein einziger Tag Arbeitsniederlegung bedeutet in diesem sensiblen logistischen Bereich Millionen und Abermillionen Verluste!

In diesem von einer chinesischen Oligarchenbande gekaperten Hafen kommen jeden Tag Unmengen von Waren aus China an, die von dort nach ganz Europa weiterbefördert werden. So hatten die Arbeiter mit Hilfe der Arbeitersolidarität für kurze Zeit die brutale Riesenfirma in der Hand.

Letztere Bemerkung stammt von mir, aber alles Andere von dem Genossen der Sozialistischen Arbeiterpartei, der es wohl nicht erfunden hat. Auch wenn er es erfunden oder ausgeschmückt hätte, so wäre es immer noch ein taugliches Exempel oder Modell dafür, wie man im Dienste der Arbeiterklasse vorzugehen hat, auch wenn es vielleicht Bilderbuchcharakter zu haben scheint.

Und dies im Hafen von Piräus, dessen ehedem gänzlich durch die KKE geprägter Bereich mit Hilfe von Cosco einerseits und der Goldenen Morgendämmerung andererseits, einem Gespann besonderer Art, bereits völlig auf den Hund gekommen war.

Um das chinesische Dumpingkapital, das aus keinem Produktionsstolz von Proletariern herrührende Kapital, sowie die autokratische, pseudosozialistische Auspresserei im Lande und in den von aus China stammenden Capos dirigierten chinesischen Sweatshops Europas einzudämmen (mit dem Ziel, es und sie letztendlich zu vernichten), werden in der Zukunft in Europa wohl Aktionsbündnisse mit diesen kämpfenden Arbeitern des chinesischen Teils von Piräus, zumindest Unterstützungsaktionen für sie notwendig sein – denn China hat unter dem Deckmantel des Sozialismus eine arbeiterfeindliche Diktatur eingerichtet, die sich der iranischen an die Seite stellen kann.

Antiimperialismus und Klassenkampf sind in dem Kampf der Arbeiter von Cosco eng verbunden.

Denn China, das ist der neue Imperialismus - ohne Sozial-.

Editorische Hinweise

Wir erhielten den Text vom Autor für diese Ausgabe.