Sehr instruktiv war ein Gespräch
mit einem Genossen der SEK (Sozialistischen Arbeiterpartei) in
der von ihr betriebenen Marxistischen Buchhandlung (Marxistikó
Bibliopolío), die sich in der Phidiasstraße (Odós Pheidíou)
befindet, im Bereich von Exárchia. Er berichtet über den Kampf
der Cosco-Arbeiter im Hafen von Piräus. Dort haben einerseits
brutale chinesische Multis, wie Cosco, die den Arbeiternn
sämtliche Rechte verweigern, das Sagen, andererseits die Nazis.
Der Hafen ist sozusagen in chinesische und griechische Nazis
aufgeteilt.
Ein Teil des Hafens wurde von Cosco aufgekauft, wogegen die
Arbeiter übrigens einen jahrelangen Kampf geführt hatten, in
einem anderen Teil des Hafens hatte die Goldene Morgendämmerung
(XA) eine faschistische Gewerkschaft aufgebaut.
Lezteres war verbunden mit dem mafiösen Erpresserprojekt,
arbeitssuchende Proletarier zu Klienten der Faschisten
herabzuwürdigen, indem man ihnen, im Auftrag der Reeder, extrem
unterbezahlte Arbeit (2 Euro 30 die Stunde) „anbot“ – sofern sie
sich als Gefolgsleute der XA erweisen würden!
Ärger geht´s nicht mehr. Die ´ndrangheta ist harmlos dagegen.
Der Leiter der Hafenarbeitergewerkschaft bestätigte mir
anläßlich einer Kundgebung der Hafenarbeiter gegen die
Privatisierungen der Häfen, daß nun, aufgrund der Verhaftung der
Kader der XA, auch die nazifaschistischen Strukturen im Hafen
von Piräus zerfallen seien. Über Pérama, das nebenan liegt,
wisse er nichts Genaues.
Aber die Arbeiter in dem von dem Großunternehmen der
chinesischen kapitalistischen Diktatur kontrollierten Teil des
Hafens von Piräus waren mit ihrer Initiative ganz
alleingelassen. Sie mußten sich ihr Recht, eine eigene
Betriebsgewerkschaft zu gründen oder das bezahlter Überstunden
erst erkämpfen, und es gelang ihnen. Eine der paar großen
„Erfolge“ - um das kapitalistische Wort zu verwenden - der
Arbeiterkämpfe der letzten Monate, von denen die
deutschsprachige Linke bisher nur in geringem Ausmaß informiert
war.
Wie begann der Kampf? Am Anfang fand sich bloß eine Handvoll
Arbeiter vor dem Betriebsgelände ein, um zu protestieren, ohne
jegliche Unterstützung, berichtet der Genosse der SEK.
Aber bald fand sich dort die Sozialistische Arbeiterpartei ein
(es hätte auch eine andere Organisation sein können). Es gehört
zu ihrem Programm, von einem kämpfenden Betrieb zum anderen zu
gehen um Kontakte, ein Netzwerk herzustellen, von einer
kämpfenden Betriebsgewerkschaft zur anderen zu gehen und zu
gemeinsamen Aktionen aufzurufen.
Die Arbeiter, zurecht grundsätzlich mißtrauisch, pflanzten sich
vor ihnen auf, die Abweisung schien den Genossen der
trotzkistischen Gruppe anfangs sogar bedrohlich zu sein, und
sagten dezidiert: Hier wollen wir keine Zeitungen!
Von der Arbeitersolidarität (Ergatikí Allillengí) wußten sie
nichts. Sie waren skeptisch, und so muß man wohl sein.
Wir sind für euch, wir wollen euch unterstützen!
Darauf hieß es von der Gruppe: Wir wollen einen Protestbrief an
die Firmenleitung schreiben, aber wir wissen nicht, wie wir das
formulieren sollen!
Die Genossen sprangen mit ihren Kenntnissen ein, zum Schluß
enstand ein Vertrauensverhältnis und die Arbeiter fragten, ob
sie nicht so eine Zeitung haben könnten. Und jeder nahm eine
Zeitung und gab 2 Euro dafür.
Der Protest hatte „Erfolg“! Denn die Riesenfirma wußte genau,
daß sie, wenn sie den fundamentalen und selbstverständlichen
Forderungen der Arbeiter nicht nachgeben würde, ein großes
Risiko einginge. Ein einziger Tag Arbeitsniederlegung bedeutet
in diesem sensiblen logistischen Bereich Millionen und
Abermillionen Verluste!
In diesem von einer chinesischen Oligarchenbande gekaperten
Hafen kommen jeden Tag Unmengen von Waren aus China an, die von
dort nach ganz Europa weiterbefördert werden. So hatten die
Arbeiter mit Hilfe der Arbeitersolidarität für kurze Zeit die
brutale Riesenfirma in der Hand.
Letztere Bemerkung stammt von mir, aber alles Andere von dem
Genossen der Sozialistischen Arbeiterpartei, der es wohl nicht
erfunden hat. Auch wenn er es erfunden oder ausgeschmückt hätte,
so wäre es immer noch ein taugliches Exempel oder Modell dafür,
wie man im Dienste der Arbeiterklasse vorzugehen hat, auch wenn
es vielleicht Bilderbuchcharakter zu haben scheint.
Und dies im Hafen von Piräus, dessen ehedem gänzlich durch die
KKE geprägter Bereich mit Hilfe von Cosco einerseits und der
Goldenen Morgendämmerung andererseits, einem Gespann besonderer
Art, bereits völlig auf den Hund gekommen war.
Um das chinesische Dumpingkapital, das aus keinem
Produktionsstolz von Proletariern herrührende Kapital, sowie die
autokratische, pseudosozialistische Auspresserei im Lande und in
den von aus China stammenden Capos dirigierten chinesischen
Sweatshops Europas einzudämmen (mit dem Ziel, es und sie
letztendlich zu vernichten), werden in der Zukunft in Europa
wohl Aktionsbündnisse mit diesen kämpfenden Arbeitern des
chinesischen Teils von Piräus, zumindest Unterstützungsaktionen
für sie notwendig sein – denn China hat unter dem Deckmantel des
Sozialismus eine arbeiterfeindliche Diktatur eingerichtet, die
sich der iranischen an die Seite stellen kann.
Antiimperialismus und Klassenkampf sind in dem Kampf der
Arbeiter von Cosco eng verbunden.
Denn China, das ist der neue Imperialismus - ohne Sozial-.
Editorische Hinweise
Wir erhielten
den Text vom Autor für diese Ausgabe.
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