Stadtumbau & Stadtteilkämpfe
Protest vor BVV Neukölln
Solidarität mit dem von Räumung bedrohten Wagenplatz Kanal

Pressemitteilung zu den Ereignissen anläßlich der BVV-Sitzung am 24.02.2016

03/2016

trend
onlinezeitung

++ Öffentliche AnwohnerInnen-Fragestunde in der BVV Neukölln wurde von starkem Protest verschiedener lokaler Kiezinitiativen, bedrohter Projekte und solidarischer AnwohnerInnen begleitet. ++ Etwa 150 Menschen nahmen an einer Kundgebung auf dem Rathausvorplatz teil. ++ Massive Präsenz von Polizeieinheiten und MitarbeiterInnen des Ordnungsamts machen den offenen Charakter der Bezirksversammlung zur Farce. ++ Auf die Fragen eines Bewohners der Friedelstraße 54 nach konkreter Unterstützung gegen die eigene Verdrängung und die Kündigung des sozio-kulturellen Zentrums im Erdgeschoss, stiehlt sich Baustadtrat Blesing aus der Verantwortung. ++

Am heutigen Mittwoch war die monatliche, öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Neuköllns Anlass eines breiten Protests verschiedener lokaler Initiativen und Projekte. Ein zentraler Akteur waren Aktive und UnterstützerInnen des Wagenplatzes Kanal, auf deren Standort eine der 68 geplanten Flüchtlingsunterkünfte des Senats gebaut werden soll. Aber auch BewohnerInnen der Friedelstraße 54 und Kollektivmitglieder des dortigen Kiezladens beteiligten sich am Protest. Ein Mieter des Hauses trug ihr Anliegen dann auch im Rahmen der Fragestunde in die BVV.

Die Antworten überraschen Matthias Sander, ein Sprecher des Kiezladen-Kollektivs, nicht. „Wir hatten keine großen Erwartungen, aber selbst die wurden noch unterboten. Das der Bezirk eine Kündigung durch einen privaten Eigentümer formal nicht verhindern kann, ist uns ja bewusst. Ebenso, was die geplanten Mieterhöhungen der BewohnerInnen durch die ungewollten Modernisierungsmaßnahmen betrifft.“ Die Antwort Blesings auf die Nachfrage, ob der Bezirk dann wenigstens die Initiierung eines Runden Tisches mit MieterInnen und der Eigentümerfirma Citec Immo Invest GmbH veranlassen könnte, macht Sander dennoch wütend. „Der Bezirk kann eine private Firma zu nichts zwingen, weder zur Abkehr von bestimmten Baumaßnahmen oder zur Teilnahme an einem Runden Tisch. Das jedoch als Begründung vorzuschieben, dann gar nicht erst tätig zu werden, zeugt von einem sehr seltsamen Verständnis seines Amtes.“

Diverse Aussagen des Baustadtrats, im Zuge seiner Antwort untermauern diese Einschätzung. „Das der Fragensteller die Möglichkeiten der BVV überschätze, obwohl es faktisch nur um eine formale Einladung geht, lässt die Frage offen, welchen Sinn eine selbsterklärte Vertretung der BewohnerInnen eines Bezirks dann noch hat.“ Und weiter: „Dann noch nachzuschieben, dass es ja nur um ein Haus gehe und sich deswegen eine Unterstützung erst recht nicht lohne, ist ein Schlag ins Gesicht aller MieterInnen des Hauses.“ Ein Satz des Baustadtrats stößt Sander besonders auf: „Sich vor der Verantwortung zu drücken ist eine Sache. Dem Mieter eines Hauses, in dem seit über 1,5 Jahren ein sich stetig eskalierender Konflikt mit den Eigentümern statt findet, dann noch zu raten, er solle doch einfach mal eine Mieterberatung aufsuchen ist eine absolute Frechheit.“

Trotzdem zieht Matthias Sander ein positives Fazit: „Durch die Kundgebung konnten wir viele Menschen erreichen und auf unsere Situation aufmerksam machen. Auch die Abgeordneten der BVV wissen, spätestens jetzt, von unserem Fall.“ Dennoch wollen Hausgemeinschaft und Kiezladen ihre Forderung weiter vertreten. „Es war für alle Anwesenden deutlich, dass Herr Blesing mit seiner rigorosen Ablehnung, eines vom Bezirk initiierten Runden Tisches, nicht die Meinung aller Abgeordneten, nicht einmal die aller Mitglieder seiner eigenen Partei, vertritt. Ich denke das eine einvernehmliche und friedliche Lösung des Konfliktes auch im Interesse des Bezirks ist. Da ist noch nicht aller Tage Abend.“ vermutet Sander.

Einen faden Beigeschmack hinterlässt das massive Aufgebot von Sicherheitskräften vor und im Rathaus. „Öffentliche Sitzungen sollen BürgerInnen eine niedrigschwellige Möglichkeit bieten, sich über das Handeln der lokalen Regierung zu informieren. Wenn man sich dafür jedoch erst durch eine Polizeikette quetschen und sich dann durch dutzende, uniformierte Beamte zum Sitzungssaal durchschlagen muss, vermittelt das kein Gefühl von Bürgernähe oder einfacher Teilhabe an politischen Prozessen.“

Kiezladen Friedel54
Soziales Zentrum in Nord-Neukölln
-
Kontakt: kiezladenf54bleibt@riseup.net

Quelle: http://nk44.blogsport.de/2016/02/25/protest-vor-bvv-neukoelln/