Betrieb & Gewerkschaft

Officina Bellinzona (CH)
Das Ultimatum der Arbeiter

dokumentiert vom "Klassenkampfblock"

03/2016

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Im Jahr 2008 streikten die Arbeiter des Eisenbahnausbesserungswerkes (Officina) im schweizerischen Bellinzona (Tessin) mit der Besetzung ihres Werkes für deren Erhalt.

Aus dem Konflikt mit der Schweizer Bundesbahn (SBB) und deren Vorstandsvorsitzenden, Andreas Meyer (bis 2007 Aufsichtsrat bei der S-Bahn Berlin), gingen mehrere Vereinbarungen mit den Arbeitern der Officina Bellinzona für deren Erhalt hervor.

Von bloßen Beteuerungen und leeren Versprechen lassen sie sich nicht länger hinhalten, die Botschaft der Arbeiter der Officina Bellinzona an die SBB-Spitze ist unmissverständlich: Bis zum 15. April müssen konkrete Schritte erfolgen, andernfalls wird die Arbeiterversammlung über die erforderlichen Maßnahmen, um die Zukunft der Officina zu gewährleisten, beschließen.

In den 2013 – nach jahrelangen Verhandlungen – abgeschlossenen Verträgen verpflichten sich die SBB, in ihrem Unterhaltsbetrieb in Bellinzona für ein mit den Vorjahren vergleichbares Auftragsvolumen in zu sorgen und diesem eine grössere Autonomie zu gewähren. Weder die eine noch die andere Abmachung wurde bisher eingehalten. Das Arbeitsvolumen in Bellinzona ist seither, aufgrund von Auftragsverlagerungen in andere SBB-Werkstätten, um mehr als 20 % zurückgegangen. Alle bisherigen Appelle und Protestresolutionen an die Adresse der SBB blieben ebenso erfolglos wie eine Zusammenkunft mit der SBB-Spitze im Februar 2016, an welcher auch verschiedene Tessiner Politiker_innen und Regierungsräte teilnahmen.

Wie die Dinge zurzeit stehen, will es Andreas Meyer, der oberste SBB-Verantwortliche, offenbar auf eine erneute Konfrontation ankommen lassen. Ein offener Konflikt wie 2008 scheint unvermeidlich. „Der Ball liegt bei der SBB, auf unserer Seite gibt es Entschlossenheit und Wille. Schauen wir nun, was die Antwort der SBB ist!“ Dies die Aussage von Gianni Frizzo auf die Frage des Fernsehreporters, ob Protestmassnahmen anlässlich der Eröffnung des NEAT-Basistunnels im Juni geplant seien. Und Ivan Cozzaglio, Mitglied des Streikkomitees, meinte vielsagend, dass der Radvorleger, mit dem während des Streiks 2008 das Zufahrtsgleis zur Officina in Bellinzona zugeschweisst worden war, auch perfekt auf die Schienen des Alp-Transit passe …

Die Kampfbereitschaft und der Durchhaltewille der Officina-Belegschaft dürften Andreas Meyer noch in lebhafter Erinnerung sein. Er ist deshalb gut beraten, rechtzeitig vor dem 15. April einzulenken. Andernfalls könnte ihm die Festlaune anlässlich der feierlichen Eröffnung des Gotthard-Basistunnels anfangs Juni gründlich vergehen. In der Zwischenzeit beginnt das Streikkomitee vorsorglich mit der Information und der Mobilisierung der Bevölkerung. Nächster Treffpunkt ist das traditionelle Officina-Fest am Samstag, 19. März in der legendären „Pittureria“. – rth/uk

Quelle: http://klassenkampfblock.blogsport.de

Der klassenkämpferische Block ist eine Initiative aus Berlin, die die Stärkung klassenkämpferischer und antikapitalistischer Positionen innerhalb der Betriebe und darüber hinaus zum Ziel hat. Angefangenen mit Mobilisierungen zu klassenkämpferischen Blöcken auf den zentralen zwei Demonstrationen am 1. Mai arbeitet unser Zusammenschluss in unterschiedlicher Konstellation dabei seit 2009.