Opportunismus pur
Eine offene Antwort an Faton Topalli

von Max Brym

03/2018

trend
onlinezeitung

Die Redaktion von Kosova Aktuell hat längere Zeit nichts über die Auseinandersetzungen in der Partei „ Bewegung für Selbstbestimmung“ VV in Kosova gebracht. Dies geschah in der Hoffnung, dass die internen Differenzen in VV von dieser Partei selbst gelöst werden. Es sind mittlerweile 11 Abgeordnete von VV von ihren Parteifunktionen zurückgetreten. Darunter als letzter der Bürgermeister von ihren Prishtina Shpend Ahmeti. Die Rücktritte wurden nicht politisch begründet. Die Zurückgetretenen gaben faktisch keinen einzigen inhaltlichen Grund dafür an. Angegriffen wurde nur Albin Kurti persönlich. Jetzt zeigt sich aber zunehmend der opportunistische Charakter dieser Gruppe. Visar Yimeri (ehemaliger Parteivorsitzender) und andere stehen plötzlich auf, wenn die kosovarische Fahne gehisst wird. Bekanntlich wurde diese Fahne mit ihren Symbolen von der Kolonialverwaltung UNMIK den Menschen in Kosova aufgezwungen. In der Realität kann sich niemand mit dieser Fahne und der „ Nationalhymne“ ohne Text identifizieren. Die Opportunisten passen sich den internationalen Botschaften und dem Clan Pronto an. Sie wollen im kosovarischen System samt den dortigen illegitimen Gerichten ankommen. Mit am deutlichsten tritt der Opportunismus bei dem in der Schweiz und in Kosova lebenden Abgeordneten Faton Topalli zutage. Er gab in deutsch der Schweizer Zeitung www.aargauerzeitung.ch  ein Interview. Darauf wird Max Brym direkt antworten. Der Text von Faton Topalli ist der Aargauer Zeitung entnommen.

Max Brym – „Faton Topalli - das ist wirrer politischer Opportunismus.”

Faton Topalli:  Seit etwa anderthalb Jahren wuchs die Unzufriedenheit innerhalb der Partei mit der Art und Weise, wie die Partei geführt wurde. Es wurden politische Entscheide getroffen, ohne sie vorgängig mit den Parteiorganen zu besprechen. Zum Beispiel wurden bei Protesten und Kundgebungen Molotov-Cocktails geworfen und Gerichten wurde der Gehorsam verweigert. Jeder, der nicht mitmachte, wurde als Verräter abgestempelt. Eine offene Diskussion innerhalb der Partei zu den wichtigen nationalen Fragen gab es nicht mehr.

Max Brym:  Faton - Wer hat Molotow Cocktails geworfen. Es gibt viele Indizien dafür, dass es zivile Spezialpolizisten waren. Hinterher verbreiteten die Regierungsmedien, es wäre VV gewesen. Du wiederholst die Lügen des Mafia Regierungsclans. Zur Debatte innerhalb von VV. Meist warst du bei den Debatten abwesend. Wirklich unterdrückt wurde ein 51 seitiges Schreiben von Albin Kurti, zum Zustand der Organisation vom Mai 2016. In dem Schreiben forderte Kurti im wesentlichen drei Dinge: 1. Die hohe Zahl von Studenten im hauptamtlichen Apparat müsse abgeschafft werden. Nach Kurti benehmen sich viele -arrogant gegenüber den einfachen Menschen, ohne ihr Studium abzuschließen-. Kurti deutete an dass sie sich in ihren Funktionen mit guter Bezahlung ausruhen. 2. Besonders beliebt ist in Kosova VV bei Frauen. Kurti kritisierte in dem Brief Sexismus und sogar sexistische Übergriffe durch Hauptamtliche. 3. Kurti forderte in dem Brief, dass die Büros von VV „-Zentren der Armen sein müssten-. Er wandte sich gegen- Überheblichkeit und Privilegien-. Der Brief wurde lange Zeit durch Dardan Molliqaj dem ehemaligen Organisationsekretär unterdrückt. Dardan Molliqaj ist jetzt dein Fraktionskollege. Ihr habt politische Debatten in VV unterdrückt. In Deutsch sagt man dazu: Der Dieb schreit haltet den Dieb. Dann will Faton Topalli den Gerichten in Kosova gehorchen. Also den Gerichten welche vom Clan Pronto im Zusammenspiel mit der EULEX eingerichtet wurden. Ergo Opportunismus pur.

Faton Topalli: Der Populismus wächst dort, wo die Politik keine Lösungen hat. Die Partei "Vetëvendosje!" hat zwar Themen lanciert, in Wirklichkeit aber keine Lösungen präsentiert. Viele Unzufriedene, die mit der Situation im Kosovo nicht glücklich waren, sind zu uns gekommen: Nationalisten, Ultrarechte aber eben auch Ultralinke. Die wollte ich nicht alle vertreten. Ich bin Sozialdemokrat, gehöre in der Schweiz der SP an. Mit Ultrarechten und Ultralinken und mit Kreisen, die den Islam in die Politik einbringen wollen, habe ich nichts gemeinsam. Auch bin ich – anders, als es die offizielle Position der Partei verlangt – für Gespräche mit Serbien ohne Vorbedingungen.

Max Brym: Faton Das sind nichts weiter als Verleumdungen und politische Taschenspielertricks. VV hat ein sehr konkretes alternatives Regierungsprogramm. Das Programm kann jeder in Kosova erwerben. Kernelemente sind- „ Ein progressives Steuersystem- Entlastung der Arbeiter und der Armen-Kein neoliberaler Privatisierungsprozess- Für einen starken öffentlichen Sektor- Für eine Krankenversicherung usw. Wie kommst du dazu zu sagen VV hätte kein Programm? Wahrscheinlich deshalb weil du dich mit der Mafia und den Kapitalisten arrangieren willst. Dann sprichst du von „ Ultrarechten“ in VV. Wer ist das, wo zeigen sie sich politisch? Nichts als billige bürgerliche Propaganda durch Faton Topalli. Wahrscheinlich hast du Probleme damit, dass in Kosova albanische Fahnen gezeigt werden und VV an dem Recht sich mit Albanien zu vereinigen festhält. Du betreibst üble Verleumdung. Dann warnst du vor „ Ultralinken“ in VV. Mir ist klar, dass es Leute in VV gibt die links von dir stehen. Warum nennst du sie –Ultralinke- ohne sich z.b. mit den Texten von Arber Zaimi auseinanderzusetzen. Letzteres traust du dir wahrscheinlich nicht zu. Deshalb nimmst du einen diffamierenden Kampfbegriff. Ein schöner Diskussionsstil ist das. Den Sermon sonderst du auch noch in deutsch einer bürgerlichen Zeitung ab. In der Arbeiterbewegung nannte man das mal Klassenverrat. Dein Amalgam vergisst auch nicht zu erwähnen, dass es in VV islamistische Strömungen gäbe. Allerdings vergisst du zu erwähnen, wer das sein soll und wo sich das zeigt. Aber halt: Dein Fraktionskollege, der ach so liberale Shpend Ahmeti beauftragte seine Ekip vor der Bürgermeisterwahl in Prishtina mit der fundamentalistischen Kleinstpartei von Ramiz Kelmendi Verhandlungen aufzunehmen. Dies stieß sofort auf entschiedenen Widerstand in der politischen Leitung von VV. Übrigens Shpend Ahmeti kann gut mit der Bau Mafia in Prishtina. Die Mafioso forderten die Absetzung des Stadtarchitekten von Prishtina Liburn Aliu, sowie die Absetzung von Hysen Durmishi als Direktor für Infrastruktur. Was passierte, die von der Mafia gehassten Funktionsträger (sogenannte Albinisten) verloren ihre Posten. Die Zufriedenheit darüber erlebte der Autor persönlich in einem Restaurant in Germia. Die Mafioso sagten: „ Endlich sind die sturen Liburn und Hysen weg. Mit Shpend kann man reden.“ Klar er hat ja eine Koalition mit der Partei des Multimillionärs Pacolli AKR in Prishtina. All das setzt dir nicht zu Faton. Du bist halt ein Opportunist.

Faton Topalli: Ich bin Sozialdemokrat, gehöre in der Schweiz der SP an.

Max Brym: Damit rechtfertigst du deinen Abgang aus VV. Nebenbei vergisst du genauer zu erklären, welcher Sozialdemokrat du eigentlich bist. Es gibt höchst unterschiedliche Sozialdemokraten in Europa. Die portugiesischen Sozialdemokraten im Bündnis mit den dortigen Kommunisten führen eine soziale Offensive gegen den kapitalistischen Neoliberalismus durch. Das Land erholt sich, ohne jedoch die dortige Klassengesellschaft zu überwinden. In England nimmt der Einfluss der Labour-Partei unter Jeremy Bernard Corbyn zu. Warum weil Corbyn nicht einfach an den freien Markt glaubt, sondern soziale Standards fordert und für die Rücknahme der meisten Privatisierungen ist. Andere Sozialdemokraten in Europa sind neoliberal. Das führte zu verheerenden Wahlniederlagen in Holland, Frankreich, Deutschland und Italien. Also welcher Sozialdemokrat bist du. Die einfache Aussage Sozialdemokrat zu sein ist mittlerweile in Europa eine hohle Phrase geworden. Auch in Kosova gibt es den phrasenhaften Umgang mit dem Begriff Sozialdemokrat. Seit neustem nennt sich NISMA und Fatmir Limaj – Sozialdemokrat- Hegel schrieb einst: „ Die Wahrheit ist immer konkret“. Aber halt in zwei Fragen bist du wirklich konkret.

Faton Topalli:  Auch bin ich – anders, als es die offizielle Position der Partei verlangt – für Gespräche mit Serbien ohne Vorbedingungen.

Max Brym: Albin Kurti sagt immer er ist für Gespräche mit den in Kosova lebenden Serben. Du bist für Gespräche mit Serbien, obwohl Serbien Kosova nicht als unabhängigen Staat anerkennt. Ich persönlich würde nie mit jemanden sprechen der mich nicht akzeptiert. Du bist voll auf der Linie bestimmter Botschaften in Kosova.

Einschub:  in dem Interview erklärt Faton Topalli die LDK zu einem Bestandteil der Opposition. Dies obwohl die LDK dem Grenzabkommen mit Montenegro zustimmen wird. Dadurch verliert Kosova 8.2000 ha. Land

Faton Topalli: Zu glauben, «Vetëvendosje!» hätte je eine absolute Mehrheit erreichen und alleine regieren können, war aber illusorisch. Korruption kann nur gemeinsam und durch Systemänderungen bekämpft werden.

Max Brym: Welche Systemänderung denn ? Die Menschen sehnen sich nach einem radikalen Bruch mit dem gegenwärtigen System. Die Armen haben Hunger, die Arbeiter werden extrem ausgebeutet. Der Hungernde hat keine Zeit und kein Interesse auf eine langsame nebulöse Systemänderung zu warten. Offensichtlich will Faton Topalli nur die Korruption bekämpfen. Das ist nichts als eine hohle Phrase. Auch die korruptesten Politiker in Kosova sind offiziell heldenhafte Kämpfer gegen die Korruption. Auch bei der Systemänderung wird Faton Topalli nicht konkret. Wie wäre es denn mit Selbstbestimmung- Recht auf Vereinigung mit Albanien- und demokratischem Sozialismus. Systemänderung bitte im Sinn Rosa Luxemburgs – „ Freiheit hat ohne soziale Gleichheit keinen Wert, soziale Gleichheit hat ohne Freiheit keinen Wert“. Aber hoppla jetzt zitiere ich auch noch Rosa Luxemburg, eine wirkliche Sozialdemokratin. Dabei hätte ich fast vergessen wie weit Faton Topalli seine marxistische Vergangenheit verdrängte. Er will im kosovarischen System endlich ankommen. Er will sich mit allen möglichen Kräften in Kosova arrangieren. Nur eins wird er nicht tun: Sein Mandat an VV zurückgeben. Letzteres hätte etwas Anstand.

Quelle

https://www.aargauerzeitung.ch/ausland/kosovos-opposition-bricht-auseinander-traenengas-ist-nicht-mehr-innovativ-132300729.

P.S. Der Autor dieser Zeilen ist revolutionärer Marxist und kein Sozialdemokrat.

Editorischer Hinweis: Wir erhielten den Text von Max Brym für diese Ausgabe. Für TREND redigiert Max Brym "Berichte aus Kosova".